Textsysteme im Vergleich: 1st Word Plus, BECKERtext ST Signum

Atari für Textverarbeitung

Erfahrungsgemäß werden Personal-Computer am häufigsten zur Textverarbeitung eingesetzt. Gerade hierfür empfiehlt sich der Atari ST aufgrund seines hochauflösenden monochromen Bildschirms und der flimmerfreien Darstellung mit schwarzer Schrift auf weißem Grund. Folgerichtig werden für Textverarbeitung auch die meisten Programmpakete angeboten. Dies nehmen wir zum Anlaß, einmal drei der markantesten Vertreter dieses Genres miteinander zu vergleichen. Dabei haben wir uns auf Textverarbeitung im engeren Sinne beschränkt: Systeme für Desktop Publishing, zum Beispiel Publishing Partner (Text in ST 4/87), oder Satzsysteme wie TeX (Software-Test ist in Vorbereitung) sind eigentlich schon Spezialanwendungen und eher mit Programmiersprachen als noch mit gewöhnlicher Text Verarbeitung vergleichbar.

Die Kandidaten sind also: 1st Word Plus in der neuesten, deutschen Version, BECKERtext ST, der mit heißer Nadel genähte Nachfolger von Texto-mat, und Signum, das für die Eingabe von Formeln bestens eingeführte Prachtexemplar.

1st Word Plus

Abbildung 1: Signet von 1st Word Plus

1st Word Plus wurde bereits in der ST 4/87 getestet, sodaß wir uns hier auf das Nötigste beschränken können. Die wichtigsten Leistungsmerkmale sind:

An 1st Word Plus fällt zunächst einmal das Fehlen von Bugs, also von Programmierfehlern, auf. Das ist für ein neues Produkt keinesfalls selbstverständlich und hier wohl in erster Linie der überaus kritischen Abnahme seitens der Firma Atari zu verdanken, was das Erscheinen ja auch erheblich verzögerte.

Neu gegenüber dem Vorgänger 1st Word ist die Möglichkeit, den gerade bearbeiteten Text auf Diskette (oder Festplatte) zu sichern und dann, ohne erneutes Laden, gleich Weiterarbeiten zu können.

Ein geübter Vielschreiber wird, auf die Dauer gesehen, mit 1st Word Plus einige Probleme haben: Das Abrufen der Funktionen mittels Maus und Abroll-Menüs ist zwar sehr übersichtlich und leicht zu erlernen, dauert dafür aber auch recht lange und wird, wenn man sich mit dem System erst einmal gut auskennt, schnell lästig. Die Möglichkeit, wenigstens die häufigsten Befehle auch über Tastenkombinationen ansprechen zu können, wird dann schmerzlich vermißt. Weiter können auch keine Tastaturmakros definiert werden. Diese Möglichkeit, oft auch Floskeltasten genannt, würde es erlauben, längere Eingaben, Text und auch Steuerzeichen, selbst zu definieren und dann durch einfache Tastenkombinationen abzurufen. Die Konkurrenz ist da schon weiter.

Abbildung 4: Bildschirmaufbau bei 1st Word Plus

BECKERtext ST

Abbildung 2: Signet von BECKERtext ST

BECKERtext ST ist, grob gesagt, vergleichbar mit 1st Word-Plus. Da ein Test dieses Programms erst für eine der nächsten Ausgaben von ST vorgesehen ist, müssen wir an dieser Stelle etwas ausführlicher darauf eingehen. Zunächst beherrscht BECKERtext ST natürlich ebenfalls die Standardfunktionen eines Textsystems auf dem Atari:

Daneben werden folgende Besonderheiten geboten:

Eine ordentliche Endkontrolle mußte BECKERtext ST anscheinend nicht über sich ergehen lassen, denn nur so lassen sich die vielen Unstimmigkeiten (darf ich’s Fehler nennen?) erklären, die beim Betrieb auftreten. Zwar hat man bei DATA BECKER eine umgehende Beseitigung der gemeldeten Mängel zugesagt, aber in dem gegenwärtigen Zustand (April ’87) kann man das Programm einem Anfänger eigentlich nicht zumuten. So wird etwa beim automatischen Einrücken links im Ausdruck (und NUR dort!) ein gleichgroßes Stück am rechten Rand weggelassen (wegen der Symmetrie?). Das für BECKERtext ST verantwortliche Programmierteam hat andererseits bereits dem Textomat seine Mängel gründlich ausgetrieben, und so besteht Grund zur Hoffnung. Für die Seriosität der Firma DATA BECKER spricht, daß die Updates für (legale!) Benutzer umsonst sind; daher kann man den Kauf von BECKERtext ST auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit gutem Gewissen empfehlen.

Abgesehen von diesen kleinen Widrigkeiten ist das Arbeiten mit BECKERtext ST eine wahre Freude: Auf die Befehls- und Floskeltasten möchte man bald nicht mehr verzichten; die Kennzeichnung der vom Programm eingefügten Leerstellen und der RE-TURNs ist eine sehr nützliche Hilfestellung. Beim nachfolgenden Arbeiten mit 1st Word Plus fühlt man sich dann wie ein Autofahrer, dem plötzlich der Rückspiegel fehlt.

Abbildung 5: Bildschirmaufbau bei BECKERtext ST

Das Erzeugen von reinem ASCII-Text ist bei BECKERtest ST ein echtes Problem. Richtig arbeiten kann man eigentlich nur im Textverarbeitungsmodus, der hier 'Brief-Modus' heißt. Gibt man hier nun reinen ASCII-Text ein und verzichtet man weiter auch auf sämtliche Textattribute, so wird dennoch überreichlich Steuerinformation mit dem Text abgespeichert. Das verwirrt selbst den abgehärtetsten Compiler. Dem ASCII-Modus von 1st Word Plus entspricht hier am ehesten der Modus ’C-Source’, der aber für etwas anderes als für C-Quellprogramme praktisch nicht zu gebrauchen ist: Die Betriebsart 'Einfügen’ läßt sich hier nicht abstellen, die Eingabe von geschweiften Klammern wird stets auch als Formatierbefehl verstanden und der Bildschirminhalt entsprechend gestylt. Geschweifte Klammern braucht man nicht? Dann arbeiten Sie mal mit TeX! Einzige Lösung: Den Text im 'Brief-Modus' erstellen, automatische Trennung abschalten, beim Abspeichern des Textes das Attribut ASCII auswählen. Dafür kann man das Lexikon bei Quellprogrammen, wie übrigens auch bei 1st Word-Plus, für eine einfache Syntaxprüfung einsetzen.

Signum

Abbildung 3: Signet von Signum

Das System Signum wurde bereits in der ST 1/87 vorgestellt. Die Fähigkeiten von Signum beginnen dort, wo die gewöhnlicher Textsysteme wie 1st Word Plus und BECKERtext ST enden: bei der Eingabe von Formeln. Dies umfaßt auch alle grafischen Darstellungen, die sich aus kleinen Bausteinen der Größe von Buchstaben zusammensetzen lassen. Hier leistet Signum einfach Unglaubliches: Zeichen können auf dem Bildschirm in winzigen Stufen verschoben werden, die beim Ausdruck einer horizontalen Auflösung von 1/90 Zoll und einer vertikalen Auflösung von 1/54 Zoll entspricht. Neben vielen mitgelieferten Zeichensätzen (mittlerweile können auch ein kyrillischer und ein nicht-proportionaler Zeichensatz nachbestellt werden) wird auch ein Zeichensatzeditor mitgeliefert. Dieser erlaubt es, in einfacher Weise eigene Zeichen für Bildschirm und Drucker zu erstellen oder vorhandene nach eigenem Geschmack abzuändern. Bis zu sieben verschiedene Zeichensätze sind in einem Dokument gleichzeitig möglich.

Signum ist ein echtes WYSIWYG-System (sprich: wissiwig, von: What You See Is What You Get), bei dem bereits bei der Eingabe auf dem Bildschirm alles so angezeigt wird, wie es später gedruckt werden würde. Dazu gehören die eben angeführte feine Positionierung der Zeichen, die verschiedenen Zeichensätze und Proportionalschrift. Dies alles geht natürlich nur, wenn der bearbeitete Text nicht über den Zeichensatz des Atari, sondern mittels Grafik angezeigt wird. Neben den erstaunlichen Resultaten zeitigt dies aber noch einige weitere Nebeneffekte: Die Bildschirmdarstellung wird sehr langsam; auch ein ungeübter Tipper kann das System dazu bringen, die Zeichen mit deutlicher Verzögerung anzuzeigen. Zum anderen wird die abzuspeichernde Information natürlich recht umfangreich; man rechnet mit etwa 5 KByte pro Seite.

Ein derart leistungsfähiges grafisches System bietet selbstverständlich auch leistungsfähige Hilfsmittel: Frei definierbare Tastaturmakros und Anzeige selbst des Textes am Kopf- und Fußende einer Seite gehören dazu.

Bei soviel Licht gibt es allerdings auch Schatten: Die üblichen Möglichkeiten eines Textsystems, beispielsweise Blockoperationen, sind deutlich zu kurz gekommen. Auch Serienbriefe sind nicht möglich, von dem Einbau von Bildern ganz zu schweigen.

Man kann dies alles aber auch ganz anders sehen: Signum ist nicht in erster Linie zur Bearbeitung von Texten, sondern für Formeln gedacht. Diese können direkt am Bildschirm selbst von Ungeübten nach kurzer Einarbeitungszeit meisterhaft gestaltet werden. Man sieht eben sofort, was dabei herauskommt und kann notfalls gleich korrigieren. Umfangreicher ASCII-Text kann zuvor mit einem der üblichen Textsysteme editiert und dann in ein Signum-Dokument übernommen werden. Was jedoch einmal in einem Signum-Dokument steht, ist für andere Textprozessoren unwiderbringlich verloren. Serienbriefe sind alleine schon wegen des erheblichen Druckaufwands mit Signum wenig sinnvoll; hier kann sich allerdings beim (zukünftig möglichen?) Einsatz eines Laserdruckers einiges ändern. Und was die Grafik angeht: Da sind seit der Weihnachtsfeier der Firma Application Systems Ende letzten Jahres die zuständigen Programmierer bereits dabei, die hauseigenen Produkte Signum und STAD (Test in ST 2/87) miteinander zu verheiraten. Wenn man die beiden Programmierer nach ihren Produkten beurteilt, wird man hier auf Erfolg wetten.

Abbildung 6: Bildschirmaufbau bei Signum

Einsatzgebiete

Fassen wir also das über die Einsatzgebiete Herausgefundene zusammen: 1st Word Plus und BECKERtext ST eigenen sich sehr gut für die übliche Textverarbeitung; der gebotene Leistungsumfang hat hier bereits einen sehr hohen Standard erreicht. Dagegen ist Signum gefragt, wenn es einmal schwieriger wird: Die Bearbeitung von Formeln geht damit sehr leicht von der Hand; das gewohnte Prinzip, alles auf dem Bildschirm so zu sehen, wie es später gedruckt wird, ist hier zum Wohle des Benutzers vollständig durchgehalten.

1st Word plus und BECKERtext ST auf der einen und Signum auf der anderen Seite sind in diesem Sinne keine Konkurrenten: Sie ergänzen sich zwar gegenseitig, können sich aber nicht ersetzen.

Die Wahl zwischen 1st Word Plus und BECKERtext ST ist dagegen viel schwieriger: Zwar sprechen beide Systeme die gleiche Zielgruppe an und bieten auch vergleichbare Leistungen im Bereich der Grundaufgaben, bei den Feinheiten unterscheiden sie sich jedoch erheblich. Die bei 1st Word plus mögliche Fußnotenverwaltung wird manchen Benutzern die Wahl ohnehin schon abnehmen, andererseits ist BECKERtext ST mit mehrspaltigem Ausdruck, automatischem Inhalts- und Stichwortverzeichnis, Befehlstasten und Tastaturmakros sowie der Möglichkeit, die Druckausgabe auf Datei umzuleiten, eindeutig das professionellere System. Wenn nur die kleinen Fehler nicht (mehr) wären!

Dokumentation

An die Dokumentation sind, gerade wenn das System auch für Anfänger geeignet sein soll, besondere Anforderungen zu stellen. Eine ausführliche, gut verständliche und gegliederte Anleitung ist hier unabdingbare Voraussetzung: Ein Neuling muß alles im Handbuch finden und sich dann darauf verlassen können, daß auch alles hundertprozentig so funktioniert, wie es dort beschrieben steht. Diesem hohen Anspruch genügt keines der vorgestellten Systeme.

Das Handbuch von 1st Word Plus ist ein Spiralheft im Format DIN A5. Es ist ausführlich und vollständig, aber dennoch dringend verbesserungsbedürftig. Auf Seite 7 wird vom Leser gefordert, daß er mit den Grundfunktionen des Betriebssystems bereits umgehen kann. Dies ist durchaus sinnvoll. Auf Seite 8 wird dann diesem erfahrenen Leser erklärt, wie er das Gerät einzuschalten hat. Die Krönung ist eine vollständige Hardcopy des leeren Bildschirms auf Seite 8 unten. Wird es dann wirklich schwieriger, so hat der Ungeübte Mühe, den Text beim ersten Durchlesen überhaupt zu verstehen; vieles ist mißverständlich formuliert. Ist man aber erst einmal in das System eingearbeitet, dann hat man ein leistungsfähiges Nachschlagewerk. Die winzige Schrift des Handbauchs ist allerdings eine Zumutung. Bei vielen Bildschirmausdrucken wurde nur ein Teil des Bildschirms wiedergegeben, das vollständige Bild wäre oft sinnvoller. Ein Stichwortverzeichnis fehlt.

Bei BECKERtext ST wurde mit dem Verfassen des Handbuchs ganz bewußt jemand beauftragt, der nicht an der Entwicklung des Programms beteiligt war. Das Ergebnis bestätigt dieses Konzept aufs Eindrucksvollste. Neben einem gut gegliederten Inhaltsverzeichnis gibt es noch ein Stichwortverzeichnis und sogar ein Glossar. Das Handbuch kommt in einem Ringbuch des Formats DIN A5, man kann daher noch Notizen auf eigenen Blättern ein-legen. Bei den aussagekräftigen Bildschirmausdrucken ist stets das gesamte Bild wiedergegeben; die Schrift ist groß und gut lesbar. Die Formulierung ist stets klar und auf Anhieb verständlich. Das beste Handbuch ist jedoch an den Stellen zum Scheitern verurteilt, an denen das Programm nicht so funktioniert, wie es sollte. Im Gegensatz zu 1st Word Plus und, wie wir gleich sehen werden, auch zu Signum muß bei BECKERtext ST nicht die Dokumentation, sondern das Programm verbessert werden.

Das Äußere des Handbuchs zu Signum ist ebenfalls sehr ansprechend. Auch hier handelt es sich um ein Ringbuch im Format DIN A5. Der Inhalt ist jedoch eine maßlose Enttäuschung. Der Umfang erreicht hier bei weitem nicht den bei 1st Word Plus oder BECKERtext ST. Und dieser äußere Schein trügt nicht: Es steht tatsächlich auch weniger drin. Dabei hat selbst der Profi bei Signum viel mehr zu lernen als bei den beiden anderen Systemen. Nicht, daß das Handbauch etwa unverständlich oder wortkarg geraten wäre, nein, man kann sogar wie in einem Roman darin lesen und alles gleich am Bildschirm ausprobieren. Aber wehe, wenn man einmal etwas nachschlagen möchte oder gar etwas sucht, was nicht in aller Breite behandelt wird: Das Inhaltsverzeichnis ist nicht nur witzig formuliert, sondern in der Tat ein Witz, ein Stichwortverzeichnis fehlt, und mangels Strukturierung ist die gesuchte Information im Text selbst dann nur mit Mühe zu finden, wenn man schon ungefähr weiß, wo das Gesuchte steht. Und was nicht ausführlichst behandelt wurde, steht in der Regel überhaupt nicht drin. Umgekehrt kann man dies aber auch als Herausforderung betrachten: Als erste Übung mit Signum erstelle man ein Inhaltsverzeichnis, welches wenigstens die Abschnittsüberschriften enthält. Die Schrift ist auch hier zu klein geraten und durch das Druckverfahren zudem noch von minderer Qualität. Die Originalvorlage wurde mit Signum erstellt, sodaß man wenigstens eine gute Demonstration der erreichbaren Effekte erhält.

Wörterbuch und Trennung

Bei 1st Word Plus haben Wörterbuch und Trennung nichts miteinander zu tun. Die Trennung geschieht nicht schon beim Eingeben, sondern erst beim nachträglichen Formatieren halbautomatisch mit Hilfe einer Dialogbox. Es ist schon recht lästig, daß man sich um jede Trennung selbst kümmern muß.

Das Wörterbuch kann keine zusammengesetzten Wörter erkennen und wird dadurch recht umfangreich. Für jedes ins Wörterbuch neu aufzunehmende Wort muß mit der Maus eine Menü aufgerollt und dann ein Menüpunkt ausgewählt werden. Das ist eine üble Strafarbeit.

In BECKERtext ST sind Trennung und Wörterbuch miteinander verknüpft. Die automatische Trennung, die gleich bei der Eingabe geschieht, kann dort, wo sie tatsächlich einmal versagt, über das Wörterbuch korrigiert werden. Dieses nimmt nämlich, der Duden macht’s vor, die korrekte Trennung gleich mit auf. Das Arbeiten geht einem auch hierbei viel leichter von der Hand als mit 1st Word Plus. Zusammengesetzte Wörter werden erkannt, Vorsilben können ebenfalls als selbständige Wörter abgespeichert werden. Der Umfang hält sich somit in Grenzen. Die leichte Bedienbarkeit ist hier allerdings auch unbedingt erforderlich: Das mitgelieferte Wörterbuch ist derart miserabel und erzeugt solch haarsträubende Trennfehler, daß man es am besten gleich wegwirft und ein eigenes aufbaut.

Signum besitzt kein Wörterbuch, und die Trennung ist hier am wenigsten komfortabel. Die zu trennende Stelle muß der Benutzer selbst markieren und dabei mit der Maus recht gut zielen.

Druckeranpassung

Bei der Druckeranpassung hat eindeutig 1st Word Plus die Nase vorn. Hier wird nicht nur das wahlfreie Umschalten auf Briefqualität, sondern auch die Grafikausgabe auf jeden beliebigen Drucker unterstützt. Für alle anderen Programme ist dies vorbildlich. Die Druckausgabe wird automatisch ge-spoolt, dazu muß allerdings die gewählte Datei auf dem Massenspeicher verfügbar bleiben: Also kein Diskettenwechsel! Beim Arbeiten mit einer Festplatte bedeutet dies natürlich keine Einschränkung.

BECKERtext ST erlaubt es, wie 1st Word Plus, die durch Steuerzeichen im Text angesprochenen Schriftattribute jedem beliebigen Drucker anzupassen. Zum Umschalten auf Briefqualität sind jedoch die Druckerschalter zu bemühen, dies kann man aber noch hinnehmen. Völlig unverständlich ist hingegen, daß Grafik nur auf Epson-und kompatiblen Drucker, beispielsweise Star NL 10 mit Parallel-Inter-face, ausgegeben werden kann. Dieser Pfusch wird hoffentlich in einer der nächsten Revisionen behoben sein. Im Hinblick auf semi-professionelle Druckausgabe mit 24-Nadel-Druckern ist es unverständlich, wie so etwas bei DATA BECKER durchgehen konnte. Nebenbei bemerkt ist dies bereits der zweite Sündenfall in dieser Richtung: Auch Text Design ST läuft nur mit Epson-kompatiblen Druckern und dies, obwohl der Profi Painter aus dem gleichen Hause Vormacht, wie einfach hier eine Druckeranpassung ist.

Bei Signum entfällt das Thema Druckeranpassung: Ein Druckprogramm für 24-Nadel-Drucker und eines für 9-Nadel-Drucker werden mitgeliefert. Die Programme sind nicht zu modifizieren. Die Lieferfirma empfiehlt den NEC P6; das Programm für 9-Nadel-Drucker arbeitet nur mit Epson-kompatiblen.

Grafik im Text

1st Word Plus und BECKERtext ST gestatten das Einbinden von Bildern in den Text, bei Signum ist dies (noch) nicht möglich. Allerdings kann nur bei 1st Word Plus auch die Grafik zusammen mit dem Texxt auf dem Bildschirm, wenn auch mit einem deutlich kleineren Zeichensatz, dargestellt werden. Keines der beiden Systeme ist anscheinend in der Lage, Grafikausgabe eines der verbreiteten Zeichenprogramme zu übernehmen, bei beiden muß mittels eines Hilfsprogramms ein Teil des Bildschirms als Grafik in einer Datei abgespeichert werden. Nur die mit diesen speziellen Programmen produzierten Bilder können die Textsysteme dann verarbeiten. BECKERtext ST ist dabei ein klein wenig vielseitiger: Mit „seinem“ Hilfsprogramm kann man auch Dialog- und Alarmboxen einfangen.

Speicherformat

Alle drei Programme unterscheiden sich gründlich darin, wie formatierter Text abgespeichert wird. Hält 1st Word plus die gespeicherte Datenmenge nach allen Regeln der Kunst gering, so ist dieses Unterfangen bei Signum wegen der Fülle der zu speichernden Information von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Durchschnittlich 5 KByte pro Seite sind der Preis für die äußerst flexible Textgestaltung. Wieder einmal völlig unverständlich ist allerdings das Konzept von BECKERtext ST. Hier wird jede Zeile grundsätzlich mit Bytes des Wertes Null bis zur eingestellten Zeilenlänge aufgefüllt. Jeder Informatikstudent im ersten Semester wäre bereits über eine solche Schlamperei erhaben. Hier ist, wie auch an anderen Stellen bei BECKERtext ST, Nachbesserung unbedingt erforderlich.

Kopierschutz

1st Word Plus ist nicht kopiergeschützt, hier wird auf die Ehrlichkeit der Kundschaft vertraut. Neue Produktinformationen und den vollen Service gibt es natürlich nur für legale Benutzer.

Bei BECKERtext ST hat man den von DATA BECKER bisher beschrittenen Irrweg endlich verlassen: Beim Programmstart muß nun nicht mehr jedesmal die Originaldiskette in Laufwerk A liegen. Dafür ist das Programm vor dem ersten Einsatz auf der Originaldiskette erst einmal zu initialisieren. Dabei trägt der Benutzer seinen Namen und Adresse ein und legitimiert sich dadurch für die bei BECKERtext ST noch dringend nötigen Updates. Das Programm selbst kann dann beliebig, auch auf Festplatte, verwendet werden, trägt aber den Namen des Käufers immer mit sich. Im Interesse der ehrlichen Kunden ist dies eine sehr faire Lösung.

Signum treibt den Kopierschutz am weitesten. Nach dem Einschalten des Rechners und vor dem ersten Aufruf von Signum ist das mitgelieferte Programm INSTAL.PRG zu starten, das eine Betriebssystem-Erweiterung installiert. Dabei muß eine der beiden im Lieferumfang enthaltenen Systemdisketten im Laufwerk A liegen. Dies ist recht umständlich; da man die Originaldiskette bei weiteten Programmaufrufen aber nicht mehr braucht, hält sich der Aufwand immerhin in Grenzen.

Kaufentscheidung: Stufenkonzept

Für anspruchsvolle Textverarbeitung ergibt sich somit, wenn sie nach dem WYSIWYG-Prinzip funktionieren soll, folgende Empfehlung: Ein Textprozessor herkömmlicher Art, beispielsweise 1st Word Plus oder BECKERtext ST, wird für reine Textverarbeitung auf jeden Fall benötigt und ist dafür auch am besten geeignet. Geht es um Formeln, besondere Schriftarten oder Proportionaldruck, so ist hierfür unbedingt ein im Hinblick auf diese Anwendung speziell entwickeltes System, wie etwa Signum, zusätzlich einzusetzen. Dafür ist Signum zur reinen Textverarbeitung weniger geeignet. Die Entscheidung zwischen 1st Word Plus und BECKERtext ST ist sicher nicht ganz einfach; hier gibt es allerdings auch noch andere Bewerber.

Dr. V. Kurz

Hardware-Voraussetzungen

1st Word Plus:

BECKERtext ST:

Signum:

Die Preise

1st Word Plus : 199 Mark (Atari, Raunheim)

BECKERtext ST: 199 Mark (DATA BECKER, Düsseldorf) Signum : 445 Mark (Application Systems, Heidelberg)



Aus: ST-Computer 06 / 1987, Seite 104

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