SIGNUM! Textverarbeitung in einer anderen Dimension

Bild 1: Textverarbeitung

SIGNUM verfolgt ein völlig neues Konzept bei der Textverarbeitung. Es arbeitet ausschließlich im Grafikmodus und bietet dadurch ungeahnte Möglichkeiten. Der Zeichensatz kann frei definiert werden und die einzelnen Zeichen sind pixelweise positionierbar. Der Clou ist aber, daß Blocksatz und Proportionalschrift auf dem Bildschirm dargestellt werden und dies genau dem späteren Ausdruck auf dem Drucker entspricht.

Das klingt vielleicht alles sehr utopisch, doch das Kunststück ist wirklich gelungen. Die Druckqualität eines 24-Nadel-Druckers erinnert somit sehr an die eines teuren Laserdruckers.

Neben den Funktionen, die man von einem Textverarbeitungsprogramm erwartet, verfügt SIGNUM noch über einige ungewöhnliche Features. Sieben(!) Zeichensätze können gleichzeitig in einem Dokument verwendet werden. Dabei sind drei direkt erreichbar (normal mit ’Alternate’, mit ’Control’), die restlichen sind über Escape-Sequenzen aufrufbar.

Da die gesamte Textverarbeitung im Graphikmodus abläuft, gibt es bei Signum keine Beschränkung bei der Positionierung der Zeichen. Nicht Zeilen und Spalten bestimmen das Schriftbild, sondern der Benutzer kann jeden Buchstaben frei plazieren. Somit ist das Schreiben von naturwissenschaftlichen Formeln und Brüchen ein Kinderspiel. Diese Anwendung war auch der Anlaß für Franz Schmerbeck, den Autor von SIGNUM, ein neues Textverarbeitungskonzept zu entwickeln.

Zusammen mit dem komfortablen Zeichensatzeditor kann außerdem jedes beliebige noch so exotische Zeichen erstellt werden; auch für eigene Kreationen ist der Weg offen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem kleinen, aber persönlichen Emblem oder Wappen als Briefkopf?

Bild 2: Zeichensatzeditor

Das Editieren auf dem Bildschirm ist teilweise etwas gewöhnungsbedürftig. Dies ist jedoch in erster Linie auf die vielfältigen Möglichkeiten zurückzuführen, die dem Anwender zur Verfügung stehen. Der Cursor ist schnell, mittels Maus auf dem gesamten Bildschirm positionierbar. Das Scrollen (Blättern) des Textes ist ebenfalls mit der Maus möglich und in diese Art sehr einfach und vor allem erfreulich schnell. Dazu fährt man, bei gedrückter rechter Maustaste, an den Bildschirmrand - und der Text bewegt sich gleitend in die gewünschte Richtung.

Die Cursortasten bewegen den Cursor normalerweise in Zeichenabständen und vertikal auf den sogenannten ’Hauptzeilen’. Die Bewegungen können jedoch auf Minischritte (pixelweise) reduziert werden. Gleichzeitiges Drücken von Shift & Control bewegt den Cursor auch gemäß der verwendeten Proportionalschrift, damit wird das Editieren dieser Texte erst möglich.

Eine Unmenge von weiteren Tastenkombinationen erleichtert das Anspringen von Worten, Zeilen und Marken. Textattribute, wie z. B. Fett- oder Kursivschrift, werden entweder direkt mit der Maus angeklickt oder über Escape-Sequenzen ausgewählt.

Sehr praktisch ist der Textpuffer, der über Funktionstasten mit Textstücken aufgefüllt wird. Auf Tastendruck kann dieser Text an einer beliebigen Stelle (auch mehrfach) ausgegeben werden.

Die Funktionstasten sind vorbelegt und nicht änderbar. Dafür gibt es die Möglichkeit, beliebige Tasten mit Befehlen oder Makros (Befehlssequenzen) zu belegen. Dieser Vorgang ist sehr einfach, denn nach dem Anwählen der gewünschten Taste wird der von nun an eingegebene Text (auch Steuerzeichen) übernommen. Erst nach Beenden dieser Funktion ist die Taste aktiv erbar.

Zum Bearbeiten von Textteilen stehen dem Anwender eine Reihe von Blockoperationen zur Auswahl. Der Blockbereich wird dazu mit der Maus angewählt und durch ein Raster kenntlich gemacht. Die S hriftart kann in einem solchen Feld einfach geändert werden, auch Operationen wie Löschen und Verschieben sind durchführbar. Dies ist vor allem zum Editieren von Formeln gedacht, falls diese nicht das gewünschte Aussehen haben.

Verschieben erfolgt mit den Cursortasten in großen oder kleinen Schritten (pixelweise), allerdings geht dabei der Hintergrund verloren. Hier wäre ein Bildschirmpuffer angebracht, der ein versehentliches Löschen rückgängig macht.

SIGNUM besitzt Formatierbefehle, die es erlauben einen geschriebenen Text umzuformatieren. So kann ein Text mit Flatterrand in den schöneren Blocksatz überführt werden.

Eine weitere Option ist der Zeilenumbruch, der auf Wunsch automatisch durchgeführt wird. Es gibt aber auch eine halbautomatische Einstellung, die beim Erreichen eines über den rechten R and gehenden Wortes anhält. Der Benutzer entscheidet dann mit einem einfachen Mausklicken, an welcher Stelle das Wort getrennt werden soll. Diese Methode ist zwar nicht so komfortabel wie eine vollautomatische Silbentrennung, sie hat aber den Vorteil, daß sie keine Fehler machen kann.

Bei SIGNUM gibt es einen gesonderten Menüpunkt für Parameter. Dort läßt sich z. B. das Seiten- und Zeilenformat einstellen. Dazu gehört auch die Lage der Kopf- und Fußzeilen. Da alle Angaben in Zoll eingegeben werden müssen, ist es erforderlich, die Maße umzurechnen. Durch Betätigen der Option 'Parameter abspeichern’ werden diese Parameter und zusätzlich auch noch die gewählten Zeichensätze und die programmierten Tasten abgespeichert. Die Parameter werden beim Starten des Programms automatisch mitgeladen.

Dem Zeichensatzeditor ist ein eigener Abschnitt gewidmet, weil er sich nicht in einer Zeile abhandeln läßt. Außerdem ist er ein eigenständiges Programm, welches nicht von SIGNUM aufgerufen wird. Zum Erstellen eines Zeichens steht ein Raster von 30 mal 40 Punkten zur Verfügung. Diese Auflösung ist höher, als sie auf dem Bilschirm (15x24) dargestellt wird, aber ein 24-Nadel-drucker kann damit problemlos arbeiten, so erklärt sich die hohe Qualität des Ausdrucks.

Die Zeichen können im Editornetz oder im Druckernetz erstellt werden, wobei sich das Druckernetz, wegen der besseren Auflösung, anbietet. Durch einen einfachen Mausklick werden sie dann in das jeweils andere Netz übernommen.

Zum Entwerfen von Zeichen stehen umfangreiche Funktionen zur Verfügung, neben Linien, Kreisen und Bögen, gibt es Funktionen zum Verschieben, Spiegeln und Strecken.

Zum Schluß noch ein Wort zum Ausdruckvorgang an sich, denn der hat auch so seine Besonderheiten. Jede Zeile wird bei einem 24-Nadeldrucker in ca. zwei Durchgängen erstellt, je nach Höhe des Zeichensatzes. Bei einem 8- bzw. 9-Nadeldrucker wird jede Zeile sogar sechsmal abgefahren, um die erwünschte Qualität zu erreichen. Dies wirkt sich, wie man sich denken kann, direkt auf die Geschwindigkeit aus, mit der ein Ausdruck erfolgen kann. So braucht z. B. der 24-Nadeldrucker von NEC (P6), je nach eingestellter Druckqualität, ca. eine bis vier Minuten für eine DIN A4 Seite, ein 8- bzw. 9-Nadeldrucker, entsprechend seiner Geschwindigkeit und dem dreimal häufigeren Durchlauf, erheblich länger. Da jedoch das Aussehen des Ausdrucks mit dem des Bildschirm identisch ist, entfallen die Kontrollausgaben völlig. Außerdem wird die erreichte Qualität des Ausdrucks mit Sicherheit den Benutzer über die etwas längere Wartezeit hinwegtrösten.

Bild 3: verschiedene Texte

SIGNUM kann ASCII-Dateien einladen und versieht sie dabei mit einem beliebigen Zeichensatz. Das Abspeichern im ASCII-Format ist jedoch nicht möglich. Somit ist das Programm zum Erstellen von Source-Code ungeeignet und auch Korrekturprogramme wie z. B. 1ST-LEKTOR können nicht eingesetzt werden. Eine Option für MATT. MERGE oder das Einbinden von Graphiken fehlt ebenfalls. Wie mir Herr Schmerbeck versicherte, wird die eine oder andere Funktion noch realisiert werden und in Form eines Updates für den Käufer erhältlich sein.

Zum Arbeiten mit SIGNUM ist mindestens eine ATARI ST mit 512 K RAM und dem TOS auf ROMs notwendig. Auf dieser Konfiguration können dann jedoch nur ca. drei Seiten editiert werden. Ein vernünftiges Arbeiten erfordert deshalb mindestens einen 1 MB Rechner, am besten ebenfalls mit dem TOS auf ROMs, falls man mit einer größeren RAM-Disk arbeiten will.

Ein Vergleich mit dem weitverbreiteten 1ST-WORD ist eigentlich nicht möglich, da die Zielgruppe eine andere ist. Während 1ST-WORD eher ein Programm zum einfachen und schnellen Erstellen von Texten ist, gehört SIGNUM in die gehobenere Kategorie. Es ist für Anwender gedacht, die Funktionen zum freien Positionieren von Zeichen benötigen und Interesse oder Bedarf an speziellen Zeichensätzen haben. Natürlich ist es damit auch für jene von unschätzbarem Wert, die den Text in seiner endgültigen Form (mit Blocksatz und Proportionalschrift) schon auf dem Bildschirm sehen wollen, um sich mehrmaliges Ausdrucken zu ersparen.

SIGNUM bietet zum Preis von DM 445,— ein außergewöhnliches Textverarbeitungsprogramm, einen komfortablen Zeichensatzeditor, verschiedene (komplette) Zeichensätze und Druckertreiber für 24- und 8/9-Nadeldrucker. Angesichts der gebotenen Leistungen ein faires Angebot und in seiner Art völlig konkurrenzlos. (mn)

Vertrieb:
Application Systems /// Heidelberg Postfach 10 26 46 6900 Heidelberg



Aus: ST-Computer 01 / 1987, Seite 74

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite