Messebericht: PCW-London

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So stand es in großen Lettern vor dem "Atari Village" auf der PCW Show in London geschrieben. Mit 1000 Quadratmetern war es die bisher größte Ausstellungsfläche von Atari. In dem "Village" waren wieder zahlreiche Softwarehäuser, User Gruppen und auch Händler vertreten. Nachdem in der letzten ST schon ein Überblick Über die Neuheiten gegeben wurde, soll hier noch einmal auf die interessantesten Produkte genauer eingegangen werden.

Bei Atari selbst kündete ein Schild an, worüber es schon einige Spekulationen gab: "The Atari Blitter". Das Wort Blitter wurde zum erstenmal bei einem Amiga Chip benutzt, der dort über einen DMA Kanal mit hoher Geschwindigkeit unabhängig vom 68000 auf den Speicher zugreifen und Speicherbereiche bewegen konnte.

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Der neue Blitter-Chip war zu sehen

Demonstriert wurde an zwei Atirl Rechnern, einem mit und einem ohne Blitter [Blitter und einem normalen Rechner], welcher Geschwindigkeitsvorteil sich mit dem Chip ergibt. Auf beiden STs bewegten sich einige Vögel über den Bildschirm, der Blitter ST war dabei ca. dreimal so schnell wie der normale ST. Interessanter als dieses Demo ist die Tatsache, daß der Blitter mit neuen ROMs geliefert werden soll, die ihn direkt benutzen. Das bedeutet, daß einige GEM-VDI- Funktionen ohne Änderung der bestehenden Software deutlich schneller sind. So zum Beispiel auch der Desktop, bei dem dann der Aufbau der Fenster schneller erfolgt. Der Blitter paßt in die normalen ST Rechner mit einer Zwischenplatine. Die Verfügbarkeit bei uns dürfte auf der Orgatechnik bekannt gegeben werden.

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Der MAC-Emulator

Ein MAC Emulator wurde von der Firma Robtek vorgestellt. Auf einer kleinen Platine für den Expansionport befinden sich die Original Roms vom Apple Macintosh sowie eine batteriegepufferte Uhr. Nach dem Starten des Bootprogramms unter GEM verhält sich der ST wie ein normaler MAC. Das Betriebssystem wird wie beim Original von Diskette gebootet, und der FINDER (Desktop) des MAC erscheint auf dem ST Bildschirm. Dabei wird die komplette Auflösung von 640*400 Punkten benutzt, die auf dem MAC ja nur 512 * 342 Punkte beträgt. Einen weiteren Vorteil bietet der Emulator auch bei der Geschwindigkeit: der ST arbeitet kontinuierlich mit einer Taktfrequenz von 8 MHz, der MAC muß beim Zugriff auf das Ram auf ca. 5 MHz herunterfahren. Durch die Struktur des MAC Betriebssystems sollte gewährleistet sein, daß die sauber programmierten Programme auf dem ST-Emulator laufen. Als Einschränkung ist anzusehen, daß der Emulator nur mit den alten 32K Roms arbeitet und das hierarchische Filesystem (HFS) nicht unterstützt wird. Außerdem war vorerst nur ein Druckertreiber für den Imagewriter am RS-232 Port verfügbar. Es bleibt zu hoffen, daß eine Einigung mit der Firma Apple stattfindet, da dann für den ST eine wahre Flut von erstklassiger Software erscheinen könnte.

Wer bisher immer neidisch zum Amiga geschielt hat, weil es dort das Programm Deluxe Paint von Electronic Arts gab, kann wieder normal schauen: auf der Messe wurde das Programm ART DIRECTOR von Andromeda vorgestellt, das Deluxe Paint in nichts nachsieht. Es arbeitet im LORES Modus mit 16 Farben und zwei Bildschirmen. Es ermöglicht, einen beliebigen Ausschnitt des Bildschirms als Pinsel zu definieren und damit zu zeichnen. Der Ausschnitt kann dabei gedreht, vergrößert, verkleinert und verzerrt werden.

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Film-Director

Außerdem besitzt das Programm alle Standardfunktionen, die von Neochrome bekannt sind. Insgesamt arbeitet ART DIRECTOR mit zwei Menüleisten, da in einer kein Platz für alle Funktionen war. Der Preis beträgt ca. 200 DM. Als Erweiterung ist von der gleichenfirma ein Animationsprogramm mit dem Namen FILM DIRECTOR gezeigt worden, mit dem Animationen programmiert werden können. Dazu werden aus normalen Bildern bestimmte Bereiche kopiert, die beliebig vergrößert werden können. Man kann bestimmte Bilder zu einer Sequenz zusammenstellen, mit Musik unterlegen und schließlich als Film ablaufen lassen. Die gezeigten Demos mit einer animierten Comicfigur zeigten recht eindrucksvoll die Fähigkeiten des Programms. Der Preis wird auch bei ca. 200 DM liegen.

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Der 4 MByte Rechner 4160 STF

Doch nun zum unterhaltsamen Teil Messe: sehr viele Softwarehäuser haben eine Reihe von Spielen für den ST vorgestellt. Fast alle Spiele laufen dabei in Farbe im LoRes Modus.

Von Activision UK wurden insgesamt 8 interessante Spiele vorgestellt: HACKER II ist der Nachfolger von Hacker. Diesmal wird man vom CIA engagiert und hat die Aufgabe, in einem geheimen Gebäudekomplex einen kleinen Roboter zu steuern und wichtige Papiere zu finden und zu sichern. Dabei kann man die Tätigkeiten des Roboters auf insgesamt vier Monitoren gleichzeitig beobachten und in diese Monitorbilder auch eigene Videoaufzeichnungen einspeisen, um den Aufsehern der Monitor ein falsches Bild zu vermitteln. Insgesamt ist die Grafik sehr realistisch gelungen, so daß z. B. am Anfang mit V-Hold das Bild eingefangen werden muß und beim schnellen Vorspielen des Videorekorders sogar die VHS üblichen Störstreifen simuliert werden.

Für alle Sport Fans wurden die Sportsimulationen von GAMESTAR unter dem ACTIVISION Label angekündigt. Es handelt sich dabei um die Basketball Simulation TWO ON TWO, wo man sich aus insgesamt 10 Teams eine Mannschaft aussuchen kann und damit versuchen muß, ins Finale zu kommen. Golf Fans, die bei LEADERBOARD schon alle Tricks kennen, können sich bei CHAMPIONSHIP GOLF versuchen, wo in der ersten Version der Golfplatz Pebble Beach simuliert wird. Als weitere Umsetzung für den ST wurde CHAMPIONSHIP BASEBALL angekündigt, das den Lieblingssport der Amis auf Bildschirmformat ermöglicht.

Wer einem farbigen Bildschirm die eigene Phantasie vorzieht, ist seit jeher mit den Textadventures von INFOCOM bestens bedient. Inzwischen hat ja ACTIVISION die komplette Palette der INFOCOM Spiele übernommen, und auch drei neue Adventures werden von ACTIVISION vertrieben. Den neuen Adventures "TRINITY", "LEATHER GODESSES OF PHOBOS" und "MOONMIST" ist ein neuer Parser mitgegeben, der rund 2000 Wörter verarbeiten kann und auch ziemlich unverdauliche Satzkonstruktionen schluckt:

"TRINITY" ist die harmlos anfangende Geschichte eines Touristen in London (passend zur Messe), der durch ein Zeitfenster in einer anderen Welt landet und dort die Möglichkeit erhält, die Entwicklung der Atombombe und dadurch einen Konflikt zwischen den Weltmächten zu verhindern.

"LEATHER GODESSES OF PHOBOS" ist ein Spiel, bei dem man sich im klaren darüber sein sollte, daß es zu nicht ganz eindeutigen Abläufen kommen kann, die für sittlich strenggläubige Mitmenschen vielleicht nicht ganz koscher sind. Da das Adventure aber von Steve Meretzky ("PLANETFALL", "HITCHHIKER") ist, sollte man sich auf eine Menge Spaß und eine humorvolle Story einstellen und die Handlung mit einem blinzelnden Auge genießen. Uni wirklich alle Sinne zu befriedigen, ist noch ein 3D Comic (mit Blau-Rot-Brille) sowie eine Tafel mit sechs Duftstoffen beigefügt. Für den Rest dürfte das Spiel sorgen.

"MOONMIST" spielt in einem Schloß in England, wo man sich mit allerhand komischen Gestalten, geheimen Gängen, versteckten Schätzen und natürlich einigen Geistern auseinandersetzen muß. Mitgeliefert wird eine Beschreibung der wichtigsten Geister der Region, ein lieber Brief einer Freundin und sogar ein T-Shirt mit dem Namen des Adventures. Dieses Adventure ist besonders für Einsteiger bei INFOCOM geeignet, da es an einigen Stellen Hilfestellungen bietet.

Die genannten Programme werden nach Aussage von Activision Deutschland voraussichtlich bis Ende Oktober erschienen sein, das Programm Hacker 11 wird sogar in deutscher Sprache herauskommen.

Von RAINBIRD ("THE PAWN") wurde eine Vorversion von STAR GLIDER vorgestellt, die eine sehr schnelle 3D Grafik zeigte und mit einem recht guten Sound versehen war. Angekündigt wurde weiterhin SILICON DREAMS, ein Text/Graphik Adventure, mit über 600 Grafik Bildern, dessen Handlung sich im Weltall abspielt.

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Karate Kid II

Für Anhänger von Karate Spielen gab es gleich zwei Neuvorstellungen für den ST: bei PARADOX wurde ST KARATE vorgeführt, und MICRODEAL hat eine Vorversion von KARATE KID PART II vorgestellt, wobei mehrere Szenen des Films zu einem Spiel zusammengefaßt wurden.


Oliver Joppich
Aus: ST-Computer 11 / 1986, Seite 104

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