Nach einigen kurzen Berichten in anderen Zeitschriften folgt hier ein ausführlicher Testbericht des Textverarbeitungsprogramms von Data Becker. Das Programm hat sehr interessante Fähigkeiten, die es bei anderen Textverarbeitungen für den ATARI ST bis jetzt noch nicht gibt. Dazu gehören die praktische Funktionstastenbelegung, die Silbentrennung, die Mehrspaltenverarbeitung, das Stichwort- und Inhaltsverzeichnis und die Möglichkeit zur Serienbriefschreibung. Doch kein Programm ist frei von Fehlern und Einschränkungen. Der Testbericht erläutert deshalb neben den Möglichkeiten, die es bietet, auch diese Punkte.
TEXTOMAT ST ist, wie man es erwartet ein GEM unterstütztes Textverarbeitungsprogramm, das in der hohen und auch in der mittleren Auflösung betrieben werden kann.
Es werden bis zu 180 Zeichen pro Zeile bearbeitet. Davon können jeweils 77 Zeichen angezeigt werden, am Zeilenende wird dann in angenehm gleitenden Schritten weitergescrollt.
Über sechs Pull-Down-Menüs sind alle Funktionen leicht zu finden. Zusätzlich gibt es eine Möglichkeit, nahezu alle Befehle auch mit sogenannten 'Shortcuts' (ESC und eine weitere Taste) aufzurufen.
Der auffälligste Unterschied zu dem bekannten Textverarbeitungsprogramm 1ST_WORD sind die Steuerzeichen, die im Text verstreut sind. Damit werden die Schriftarten und andere Zusätze beim Ausgeben auf Drucker und Bildschirm bestimmt, beim Editieren treten sie nicht in Erscheinung. Dies hat den Vorteil, daß das Scrollen durch den Text sehr schnell geht. Dafür kann man die Effekte nicht direkt beim Eingeben des Textes kontrollieren.
Es gibt drei Modi, mit denen Texte bearbeitet werden können. Der 'Brief-Modus' erlaubt die Verwendung aller Kontroll- und Steuerzeichen; der 'Quick-Modus' speichert den Text als ASCII-Code ab und der 'C-Source'-Modus ist der Bearbeitung von C-Quellprogrammen vorbehalten. Dabei wird bei jeder geschweiften Klammer der Text um drei Positionen ein- oder ausgerückt, wodurch man eine gute Kontrolle über die geöffneten Programmteile hat.
Neben diesen Betriebsarten gibt es noch die Möglichkeit zwischen dem Einfüge- und Überschreib-Modus zu wählen. Der Überschreib-Modus hat den Vorteil, daß hierbei der 'WORD WRAP' (Zeilenumbruch) aktiviert werden kann. Dafür ist das Editieren des Textes recht umständlich und ein im Text gedrücktes 'Return' löscht unwiederbringlich (leider!) eine Zeile. Noch schlimmer ist jedoch in diesem Modus das Dazuladen eines Programmfiles, dadurch wird der zuvor im Speicher befindliche Text ganz oder teilweise gelöscht (sehr ärgerlich!).
Zu empfehlen ist deshalb immer der Einfüge-Modus, zumal hier nachträglich ein Absatz mit 'WRAP ABSATZ' behandelt werden kann.
In einer speziellen Statuszeile werden die wichtigsten Informationen angezeigt. Dazu gehört u. a. der Bearbeitungsmodus, Word Wrap, Einfügen/ Überschreiben und die jeweils aktuelle Spalten-, Zeilen- und Seitenzahl. Besonders durch die letzteren Angaben hat man jederzeit eine gute Kontrolle über die bereits eingegebene Textmenge.
Um das Arbeiten mit dem Programm noch weiter zu erleichtern, können die Funktionstasten belegt werden (dreifach). Dies geschieht sehr einfach und komfortabel über ein Menü. Auf die Tasten können interessante Controll-Sequenzen (Cursorsteuerung usw.) gelegt werden. Man kann sich auch eine kleine Adressdatei anlegen, denn auf jede Taste passen 160 Zeichen. Die Tastenbelegung kann natürlich auch gespeichert werden, allerdings wird sie nicht automatisch beim Starten des Programms geladen.
Nachdem man 30 Tasten belegt hat, würde man manchmal gerne wissen, was denn nun darauf ist, doch leider wird die aktuelle Funktionstastenbelegung nicht angezeigt. Da hilft nur Probieren oder Aufschreiben.
Umfangreich und anwenderfreundlich sind die Such- und Ersetzfunktionen. Man kann nach Zeichen, Text und Steuerzeichen suchen. Der Suchtext kann dabei bis zu 80 Zeichen lang sein. Bei diesen Funktionen muß man berücksichtigen, daß die Suche nur zum Textende hin erfolgt und eine Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinbuchstaben^) macht. Bei der Funktion 'ERSETZEN' wird bei jedem gefundenen Wort angehalten und man kann entscheiden ob ersetzt, weitergesucht oder abgebrochen wird. Außerdem gibt es die Option 'AUTO'. Damit ist es möglich im gesamten Text die Umwandlung automatisch durchführen zu lassen. Diese Möglichkeit ist sehr praktisch und erspart u. U. viel Zeit.
Das Kopieren und Verschieben von Texten ist gewöhnungsbedürftig, weil es nicht mit der Maus durchzuführen ist, es stehen jedoch einige Möglichkeiten zur Auswahl. Es können Blöcke von Zeilen und Bereiche mit beliebig vielen Zeilen und Spalten verschoben werden. Doch die Möglichkeit der Bereichsverschiebungen ist recht begrenzt, der markierte Bereich kann nur nach links und rechts bewegt werden und löscht dabei den im Weg stehenden Text.
Die Möglichkeit, Textpassagen aus anderen Dokumenten zu übernehmen (CUT & PASTE), ist ebenfalls eingeschränkt, da nur ein Dokument im Speicher verwaltet werden kann.
TEXTOMAT ST verfügt über eine automatische Silbentrennung. Sie arbeitet, in Anbetracht der schwierigen deutschen Trenngrammatik, sehr zuverlässig. Wenn man beim Kontrolle-sen einen Trennfehler entdeckt, dann kann man im Text einen Trennvorschlag einsetzen und den Fehler korrigieren.
Wie schon oben erwähnt, werden Text-Attribute wie z. B. Fettschrift, Blocksatz und eingerückte Textteile erst bei der Ausgabe auf dem Bildschirm oder dem Drucker sichtbar. Zusätzlich läßt sich noch die Papierlänge, der Zeilenabstand, Ort und Inhalt der Kopf- bzw. Fußzeile, die Spaltenbreite und die Spaltenanzahl (bis zu fünf) bestimmen.
Für die Ausgabe gibt es, außer dem Menüpunkt, ein separates Programm OUTPUT.PRG. Um es aufzurufen, muß die Textverarbeitung verlassen werden. Die Möglichkeiten zur Textausgabe sind nun umfangreicher. So kann z. B. der Text vertikal ausgedruckt werden, jedoch nicht auf allen Druckern (angegeben sind EPSON FX und TAXAN KP 810 ST). Dadurch können bis zu 108 Zeichen nebeneinander ausgegeben werden.
Vor der Ausgabe werden die gewünschten Programme in eine Liste eingetragen, womit sich Texte nahtlos zusammenfügen lassen.
Besonders interessant sind jedoch die Funktionen, die sich hinter dem Menüpunkt 'OPTIONEN' verbergen. Mit 'INHALT' kann man sich ein Verzeichnis der zuvor im Text markierten Überschriften mit Seitenangabe erstellen lassen. Das Verzeichnis wird auf der Diskette abgelegt und kann beliebig weiterbearbeitet werden. Äquivalent ist es mit dem Punkt 'INDEX'. Hierbei werden die im Text speziell markierten Wörter in ein Verzeichnis übernommen und mit bis zu 20 Seitenverweisen versehen. Das Verzeichnis wird dann alphabetisch sortiert und in einer Datei abgelegt.
Die letzte Funktion dieses Menüs ist der Erstellung von Serienbriefen (Mail Merge) vorbehalten. Wenn man also den gleichen Brief an mehrere Personen schreiben will, so kann man mit dieser Option automatisch verschiedene Adressen und Anreden in den Brief einsetzen lassen (!). Dazu werden im Text Platzhalter gesetzt, die dann mit Daten einer Adressdatei entsprechend aufgefüllt werden. Die Dateien dafür lassen sich mit einem Dateiverwaltungsprogramm oder in einer Programmiersprache erstellen. Kleinere Dateien lassen sich sogar mit TEXTO-MAT ST erstellen. Diese Methode ist zwar nicht sehr komfortabel, sie ist aber leicht und schnell zu realisieren.
Die softwaremäßige Anpassung an den jeweiligen Drucker ist sehr einfach zu bewerkstelligen. Man lädt nur das File 'STANDARD.PRT' und ändert die Codes der benötigten Umlaute und Sonderzeichen mit Hilfe des eigenen Druckerhandbuchs.
Das File wird dann abgespeichert und beim nächsten Starten automatisch mitgeladen.
TEXTOMAT ST beherrscht nicht den gesamten Zeichensatz des ATARI ST. Es fehlen sämtliche Sonderzeichen anderer Sprachen und auch die mathematischen und grafischen Zeichen sind von der Tastatur aus nicht erreichbar. Die einzige Möglichkeit, diese Zeichen dennoch aufs Papier zu bringen, ist, sie als 'SPEZIAL' in der Druckeranpassung zu definieren. Dafür werden vom TEXTOMAT die 10 Digitalziffern verwendet.
Da eine solche Definition bis zu 512 Zeichen enthalten kann, ist es möglich, recht umfangreiche Grafiken im Bit-Map-Mode zu übertragen.
Das Programm TEXTOMAT ST ist mit einem Kopierschutz versehen. Soweit sogut, aber wenn man mit einer Ram-Disk arbeitet und im Laufwerk eine Datendiskette hat, so kann man einige Überraschungen erleben. Auf einmal läßt sich der mühsam erstellte Text nicht mehr auf dem Drucker ausgeben, aber nicht nur das - auch das Abspeichern ist nicht mehr möglich. Der Text ist also unwiederbringlich verloren!
Um eine einfache Handhabung des Textverarbeitungsprogramms, insbesondere in seiner Verwendung als Editor, zu gewährleisten, sollte man sich einen geeigneteren Schutz einfallen lassen, der dem Benutzer weniger schadet.
Eine Sicherheitskopie kann für DM 20 angefordert werden. Auch im Falle eines Defektes der Diskette bekommt man für diesen Betrag die Originaldiskette ausgetauscht.
Das Textverarbeitungsprogramm wird natürlich mit einer deutschen Anleitung geliefert. Diese besitzt jedoch kein Inhaltsverzeichnis. Sie ist übersichtlich gestaltet und in ihrem Umfang ausreichend.
Auf der Diskette sind noch die Programme SPLIT.TTP und CONV.TTP enthalten. Das erstere teilt ein Programmfile, das auf der Diskette steht, in zwei gleichgroße Teile. Dadurch können auch auf einem 260er Programme bearbeitet werden, die auf einem 'Großen' erstellt wurden. Das Programm CONV.TTP paßt Programmfiles, die mit 1ST_WORD erstellt wurden, an das TEXTOMAT ST Format an. Dabei werden auch die Text-Attribute (Fettschrift usw.) übernommen.
Zur grafischen Aufbereitung der mit TEXTOMAT ST erstellten Texte hat Data Becker bereits das Programm TEXT DESIGN ST angekündigt.
Vorteile
Nachteile
TEXTOMAT ST ist ein interessantes Textverarbeitungsprogramm. Es hat einige Vorzüge, aber auch Nachteile. Inwieweit das Programm für den jeweiligen Bedarf geeignet ist, muß nun jeder selbst entscheiden. Die wichtigsten Punkte wurden im Bericht angesprochen und sind in der Tabelle 1 zusammengefaßt.
Der Preis von 99 DM ist für die gebotene Leistung auf jeden Fall sehr günstig.
(MN)