Amigamorphose: Macintosh-Emulator für den Amiga


Es sieht genauso aus wie der Mac — und doch stammt dieses Bildschirmfoto von einem Amiga. Um mit der höheren Auflösung des Mac mithalten zu können, stellt der Amiga nur den halben Bildschirm dar.

Der Amiga spielt Apple Macintosh. Ein kleiner grauer Kasten und zwei Disketten, denn daraus besteht der Mac-Emulator ”A-Max”, sollen den erstaunlichen Wandel vom Volks- zum Luxuscomputer bringen. Was taugt der Amiga als Low-Cost-Mac?

Der Macintosh ist das Paradepferd der kalifornischen Nobelcomputer-Firma Apple. Die Mac-Baureihe gilt allgemein als gelungenes Beispiel für eine Computertechnik, die sich durch einfache Bedienung an den Menschen anpaßt, statt ihn ihrer Tyrannei zu unterwerfen. Ein weiterer Vorteil der Macintosh-Reihe ist das große Angebot an ausgereifter und leicht zu bedienender Software, wie sie für andere Computersysteme nicht so einheitlich zu bekommen ist. Kennt man ein Programm, kommt man sehr schnell auch mit allen anderen klar.

Das alles wirkt sich auch deutlich auf den Preis aus: Das kleinste Mac-Modell, der Mac Plus, kostet in der Mindestausstattung mit einem Disketten-Laufwerk und verhältnismäßig wenig Speicher von 1 MByte rund 3800 Mark.

Fast ein Luxus-Computer also Dagegen ist der Amiga mit seinem günstigen Preis ab 1000 Mark ein Volkscomputer für jedermann. Und jetzt ist ein Gerät auf den Markt gekommen, das aus dem kleinen Amiga einen großen Macintosh machen soll: A-Max, der neue Macintosh-Emulator der kanadischen Firma Ready-soft. Er läuft auf allen Amiga-modellen und ist für rund 450 Mark zu haben.


Der A-Max: Disketten, Handbuch und Hardware

Ein Emulator ist ein Gerät, ein Programm oder eine Kombination aus beidem, das dem Betriebssystem des Macintosh und jeder weiteren Software vorgaukelt, sie würden auf der Original-Apple-Maschine laufen; er fangt also jeden Zugriff auf Macintosh-spezifische Bauteile ab und lenkt sie auf die entsprechenden Amiga-Komponenten um. Aber der Amiga-Mac ist erst wirklich komplett mit den Speicherchips (ROM) des Mac-Betriebssystems, Kosten: rund 300 Mark. Die Mac-ROMs werden in den A-Max, einen kleinen grauen Kasten, eingebaut. Den A-Max steckt man in den AnschluB für zusätzliche Laufwerke. An der Hinterseite hat der Emulator eine weitere Buchse, an der nun zusätzliche Disketten-Laufwerke Anschluß finden. An der rechten Außenseite gibt es eine etwas kleinere Steckdose für original Macin-tosh-Disketten-Laufwerke — schließlich muß man ja irgendwie die Mac-Programme in den Amiga hineinbekommen, und das geht am bequemsten mit einem Macintosh-Lauf-werk; denn — ein großer Nachteil — die Commodore-Lauf-werke können Apple-Disketten nicht lesen.

Der Anschluß an die Laufwerksbuchse — oder gegebenenfalls an die Laufwerkskette — hat einen guten Grund: So paßt A-Max an alle Amigas, vom 500er über den 1000er bis hin zum 2000er.

Nach dem Anschluß kann dann das Startprogramm geladen werden; sofort zeigt der Monitor einen Auswahlbildschirm an, mit dem man den Emulator an seinen Amiga anpaßt. Hier stellt man per Mausklick den verwendeten Monitor, Drucker und Speicherplatz ein. Besonders vorausschauend von Readysoft: A-Max unterstützt bereits den von Commodore bisher nur angekündigten Grafik-Chipsatz ”ECS” (Enhanced Chipset), der eine höhere Grafikauflösung flimmerfrei bringen soll. Aber noch kann der Amiga die hohe Auflösung des Mac nur in seinem flimmernden, sogenannten "Interlace"-Modus darstellen. Und mit dem Flicker-Fixer, einer Zusatzsteckkarte für den Amiga 2500, die das lästige Flimmern beseitigt, verträgt sich A-Max überhaupt nicht — da wäre die ECS-Erweiterung eine nützliche Sache.

Wer aber nicht so lange warten und sich mit dem Flimmern nicht anfreunden will, kann sich inzwischen behelfen, indem er den Mac-Bild-schirm in zwei Hälften teilt. Ein Druck auf die rechte Maustaste oder eine schnelle Bewegung mit der Maus schaltet dann zwischen den beiden Hälften hin und her; wem das seitenweise Umblättern nicht gefallt, der kann mit seinen Mausbewegungen den Bildschirminhalt auch sanft rollen. Ein effektives Arbeiten wie am Original-Mac ist jedoch in keinem Fall drin, also weder mit Flimmern noch mit nur teilweise sichtbarem Bildschirm.

Der A-Max verlangt handfestes Fachwissen

Eine lästige Prozedur vor dem Start muß man noch hinter sich bringen: Die komplette Systemsoftware des Mac, annähernd vergleichbar mit der Workbench des Amiga, muß in das Commodore-Diskettenformat übertragen werden. Das geht entweder mit einem Mac-Laufwerk (falls vorhanden), das man hinten am A-Max anschließt oder indem man auf einem Macintosh mit Konvertierprogrammen von der zweiten mitgelieferten Diskette (im Mac-Diskettenformat) die Programme mühsam umkopiert — sehr mühsam sogar, denn eine Diskette faßt maximal 800 KByte Daten, die Systemprogramme sind aber größer. Also sind Abstriche nötig, da der A-Max keine Festplatten unterstützt; das ist erst für spätere Versionen angekündigt. Zwangsläufig verzichtet man also auf verschiedene Zeichensätze, verteilt Hilfsprogramme auf verschiedene Disketten und verleidet sich so die Lust auf den Mac.

Ist erst die Hürde mit viel Geschick und handfestem Fachwissen umschifft, zeigt sich A-Max jedoch von seiner besten Seite Der Amiga verhält sich vollkommen wie ein Macintosh, die Tests mit der Benutzeroberfläche "Finder”, den Programmen Microsoft Word und Macpaint zeigten lOOprozentige Übereinstimmung — A-Max ist hochkompatibel. Allerdings weist Readysoft daraufhin, daß Programme die unter Umgehung des Betriebssystems direkt auf die Mac-Hardware zugreifen, nicht mit A-Max Zusammenarbeiten. Das betrifft hier einige kopiergeschützte Programme und MIDI-Software (zur Ansteuerung von Musikgeräten).

Schwierigkeiten traten nur beim Ausdrucken auf einem Epson-Drucker auf, das Bild war verzerrt; Readysoft weist sogar im knappen, 29seitigen und englischsprachigen Handbuch darauf hin.

Kompliziert ist auch der Programmtransfer vom Mac zum Amiga. Außerdem schränkt die geringe Diskettenkapazität — Festplatten unterstützt A-Max schließlich nicht — die Power der Software ein, und die zu magere Bildschirmauflösung des Amiga verleidet schnell die Freude am Möchtegern-Mac.

Probleme tauchen auch bei der Beschaffung der Original-Macintosh-ROMs auf. Von Apple selbst sind sie nicht zu erhalten, da Apple verständlicherweise kein Interesse daran hat, daß Emulatoren statt Original-Mac’s betrieben werden. So bleibt nur, die ROMs über mühselige Kleinanzeigen-Wälzerei oder in direkt aus den USA importierenden Computershops zu beschaffen.

An die Benutzeroberfläche "Finder” kommt man da schon einfacher: Bei vielen Programmen für den Macintosh wie etwa WordPerfect ist eine Systemdiskette mit allen benötigten Programmen im Lieferumfang enthalten.

Tip: Zunächst erst die ROMs kaufen und erst, wenn man sie sicher hat, den Emulator A-Max.

AUF EINEN BLICK
Produkt Macintosh-Emulator A-MAX
Hersteller/VertriebReadysoft, Fachhandel
Preis (Mark)450
LieferumfangGehäuse für Mac-ROMs. 2 Disketten. Handbuch
Ausstattung
Hardware
SoftwareAmiga-Macintosh,
Besonderheiten
Dokumentationenglisch (knapp 30 Seiten)
Zubehörpreise (Mark)
Betriebssystem-ROMs für Macintosh (zirka)300
Macintosh-Diskettenlaufwerk600
Wertungen
Kompatibilitätgut
Installationmangelhaft
Bedienungsehr gut
Praxistauglichkeitmangelhaft
Druckeransteuerungausreichend
Gesamtwertungausreichend
* Preisangaben beruhen auf Information der Hersteller/Vertriebe und enthalten die gesetzliche Mehrwertsteuer. Marktpreise können abweichen. Computer live vergibt folgende. Inedgend. ausreichend und mangelhaft
klassenbezogenen Wertungen: sehr gut gut befriedigend, ausreichend und mangelhaft.
** Zum Betrieb unbedingt notwendig

Alfred Poschmann
Aus: Happy Computer 01 / 1990, Seite

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