Atari ST als Datenbrenner: Flott gebrannt und fest gespeichert

Ein unscheinbares schwarzes Kästchen und knapp 75 KByte Disketten-Software verwandeln den ST in ein EPROM-Programmiergerät mit GEM-Komfort. Wir testeten den Komfortbrenner EP 16/512 aus deutscher Produktion.

Festspeicherbausteine spielten bis vor kurzer Zeit auf dem RAM-Millionär (oder zumindest Halbmillionär) Atari ST lediglich eine untergeordnete Rolle. In nur 16 KByte ROM (Read Only Memory = Nur-Lese-Speicher) befand sich die sogenannte Boot-Software zum Laden des ST-Betriebssystems von der Diskette. Diese Übergangslösung hat ungeduldige ST-Benutzer auf manch harte Probe gestellt. Denn der ST rotierte zunächst einmal eine geraume Zeit die Diskette, bis er endlich sein Betriebssystem an Ort und Stelle in den RAM-Speicher (Random Access Memory = Schreib-Lese-Speicher) bugsiert hatte.

Nach jedem Abschalten des Computers oder nach einem der ach so beliebten »Systemabstürze« muß diese Prozedur immer wieder neu gestartet werden, weil RAM-Bau-steine leider die unangenehme Eigenschaft besitzen, daß ohne Betriebsspannung ihr gesamter Speicherinhalt ins Computernirwana verschwindet.

Seit Erscheinen des ROM-Betriebssystems (die ersten Exemplare waren auf der CeBIT 1986 zu bewundern) ist das Festspeichervolumen des ST auf immerhin 192 KByte angewachsen, weitere 128 KByte kann er über seinen ROM-Port verwalten. Die Software im ROM, ob Betriebssystem oder Programm, steht dem ST ohne langwierige Ladevorgänge von der Diskette direkt beim Einschalten zur Verfügung — ein Vorteil, der nicht zu unterschätzen ist. Für individuelle Modifikationen des ROM-Betriebssystems oder für Kleinserien an ROM-Modul-Programmen sind weniger die ROM-Bausteine als vielmehr die sogenannten EPROMs (Erasable Programmable ROM = lösch- und programmierbares ROM) von großer Bedeutung. Leider lassen sich EPROMs nicht so einfach programmieren wie Diskettensoftware, die im großzügigen RAM-Speicher des ST programmiert und auf einer Diskette dauerhaft gespeichert wird.

Zur EPROM-Programmierung sind spezielle Programmiergeräte notwendig, die sogenannten EPROM-Brenner. Unter dem geradezu poetischen Namen »EP 16/512« wurde ein Gerät auf den Markt gebracht, das in Leistungsfähigkeit und Bedienungskomfort kaum Wünsche offen läßt. Für 395 Mark werden ein unbedeutend aussehendes schwarzes Kästchen und eine Diskette mit der Brennersoftware geliefert. Eine kurze Bedienungsanleitung ist ebenfalls beigelegt. Zum Tast stand uns ein vollkommen funktionsfähiges Gerät der Nullserie zur Verfügung, allerdings noch ohne Bedienungsanleitung. Da jedoch die Software in eine GEM-Oberfläche eingebunden und in jedem Pull-Down-Menü eine aussagekräftige Hilfe-Funktion enthalten ist, bereitete die Bedienung auch ohne Anleitung keinerlei Schwierigkeiten.

Software festgebrannt

Erfreulicherweise hat der Hersteller für den Anschluß des Hardwareteils auf weitere Kabel oder gar auf ein zusätzliches Netzteil verzichtet. Das einzige sichtbare Bedienungselement ist ein 28poliger Textool-Sockel zur Aufnahme der EPROMs. Eine Markierung verdeutlicht, in welcher Richtung die EPROMs in den Sockel gesetzt werden müssen. Neben dem Sockel befindet sich eine kleine Leuchtdiode, die immer dann aufleuchtet, wenn das EPROM weder eingesetzt noch herausgenommen werden darf. Aus der rechten Seite des schwarzen Kunststoffgehäuses ragt ein Plastikteil mit 40 Leiterbahnen heraus, die zur Inbetriebnahme des Gerätes in den ROM-Port des ST hineingeschoben werden muß (selbstverständlich bei ausgeschaltetem Computer). Da beim EPROM-Brennen Daten in den Brenner geschrieben werden, ist es dem Entwickler des »EP 16/512« allen Absichten der ST-Schöpfer zum Trotz nun wohl doch gelungen, die Schreibsperre des ROM-Ports durch Softwaretricks zu überlisten.

Mehr gibt es über die Hardware des Brenners eigentlich nicht zu berichten, da dieser keine weiteren Bedienungselemente benötigt. Eine derartige Brennerkonzeption macht Bedienungsfehler von der Hardwareseite her nahezu unmöglich.

(K)eine Schonzeit für den ROM-Port

Allerdings ist der ROM-Port durch den Brenner belegt, was besonders bei der Entwicklung von Modul-Software sehr hinderlich ist. Wül man nämlich die gerade gebrannten EPROMs auf ihre Funktionsfähigkeit hin testen, müßte man den ST ausschalten, den Brenner aus dem Port entfernen und durch die passende Testplatine mit den frischgebrannten EPROMs ersetzen. Dies wäre ein recht mühsames Unterfangen, da in der Testphase der EPROM-Software mit großer Sicherheit mehrfach Fehler auftreten, die nach ihrer Korrektur einen neuen Brennvorgang und damit immer wieder Ausschalten, Entfernen der Testplatine und Neuanschluß des Brenners erfordern. Doch auch an dieses Problem hat der Hersteller gedacht. Zum Preis von 195 Mark wird eine auf den EP 16/512 abgestimmte Modultestplatine mit vier Textool-Sockeln angeboten, die zwischen Computer und Brenner gesetzt wird. Sie läßt sich mit einem einfachen Schalter aktivieren und schaltet dabei gleichzeitig den Brenner ab. So kann man ohne lästiges Platinenwechseln ROM-Software entwickeln und austesten. Der ROM-Port wird es Ihnen danken.

Zum EPROM-Brenner gehört auch Software. Auf der mitgelieferten Diskette befinden sich das Programm »PROM.PRG« und die dazugehörige Ressource-Datei »PROM. RSC«. Die Brenner-Software ist bei hoher und mittlerer Bildschirmauflösung lauffähig. Nach Programmstart durch Doppelklick erscheint auf dem Bildschirm eine Dialogbox zur EPROM-Auswahl (Bild 1). Mit der vorliegenden Version sind die 27er-Reihe vom 2716 bis zum 27512 und die 25er-Reihe vom 2516 bis 2564 programmierbar. Ein einfacher Klick auf das entsprechende Feld besorgt alle notwendigen Anpassungen für einen bestimmten EPROM-Typ. Auch hier hat der Programmierer die Bedürfnisse der Entwickler berücksichtigt und einen Programmiermodus für gepufferte RAM-Bausteine 6116 und 6264 vorgesehen. Außerdem lassen sich sechs RAM-Bereiche aus dem Hauptspeicher des Computers für Editierarbeiten an ROM-Software reservieren. Die wählbaren Bereichsgrößen entsprechen den augenblicklich auf dem Markt verfügbaren EPROM-Typen. Nach Aussagen der Entwickler ist das vorliegende Programm konsequent modular aufgebaut und erlaubt so auf einfache Weise Anpassungen an zukünftige Entwicklungen bei den Festspeichern. Für die nähere Zukunft ist ein Programmiermodus für elektrisch löschbare EEPROMs vorgesehen, der sogar Teilbereiche dieser Bausteine löschen kann.

Vor Verlassen der oben genannten Dialogbox durch Drücken der Return-Taste oder Anklicken von »ok« ist festzulegen, ob die fertigen EPROMs in 8-Bit- (»normal«) oder 16-Bit-Systemen (»68000«) eingesetzt werden sollen. Da die heutigen Festspeicherbausteine byteweise organisiert sind, müssen bei einem 16 Bit (= 2 Byte) breiten Datenbus, wie er zum Beispiel im Atari ST vorhanden ist, je ein EPROM für das untere und das obere Datenbyte programmiert werden. Die Auswahl des 68000-Modus berücksichtigt diese Tatsache bei allen Operationen mit dem EPROM (Bild 2). Bei 32-Bit-Computern sind sogar vier Bausteine für ein 32 Bit langes Datenwort notwendig. In der endgültigen Auslieferung wird der EP 16/512 auch dafür einen entsprechenden Programmiermodus besitzen.

Nach erfolgter EPROM-Auswahl öffnet sich auf dem Bildschirm ein GEM-Fenster mit Angabe von Typ und Modus in der Kopfzeile. Das Fenster verwaltet einen Speicherbereich in der Größe des ausgewählten EPROMs. Angezeigt werden die Adressen der Speicherzellen und ihre Inhalte als Hexadezimal- und ASCII-Werte. Es können bis zu zwei Fenster für verschiedene EPROMs, RAMs oder Speicherbereiche gleichzeitig geöffnet sein (auf dem 260 ST ohne ROM-Betnebssystem und bei Auswahl eines 27512 ist nur ein Fenster möglich). Alle Operationen, die durch Anklicken der verschiedenen Menüpunkte der vier Pull-Down-Menüs (Bild 3) ausgelöst werden, beziehen sich stets auf das jeweils aktive Fenster. Die Fenster sind in gewohnter Weise mit der Maus manipulierbar. Die einzige Ausnahme besteht in der Wahl der maximalen Fensterbreite, die auf die in Bild 2 sichtbare Breite (Adresse, 8 Byte in Hexadezimal- und ASCII-Format) begrenzt ist.

Diskettenhäppchen

Im Menü »Diskette« sind die Diskettenoperationen abrufbar. Beim Laden kann ein Offset-Wert vorgegeben werden, der festlegt, ab welcher Position in der Diskettendatei die Daten in das aktive Fenster geladen werden. »Blockgrenzen eingeben« erlaubt die Markierung eines Bereiches im aktiven Fenster mit Hilfe der Tastatur. Der markierte Bereich erscheint auf dem Bildschirm grau hinterlegt.

Außer dem Öffnen und Schließen der Fenster (beim Öffnen eines neuen Fensters erscheint die bereits beschriebene Dialogbox zur EPROM-Auswahl) erlaubt das Menü »Fenster« die Positionierung des Cursors auf eine bestimmte Speicherstelle (»Gehe zu...«) und die Eingabe eines weiteren Offset-Wertes, mit dem die Startadresse des aktiven Fensters geändert wird (»Offset eingeben«). Der Menüpunkt »Editieren« schaltet einen speziellen Editor an, der weitgehende Bedienungskompatibilität zum bekannten »L_ST WORD« aufweist. Veränderungen des Fensterinhaltes sind sowohl im Hexadezimal- als auch im ASCII-Feld möglich.

Die höheren Funktionen dieses Spezialeditors sind über die Wahlangebote des »Monitor«-Menüs zugänglich. Man findet hier komfortable Blockoperationen mit Markierung der Blöcke durch Tastatur oder Maus, Kopieren von Speicherbereichen zwischen zwei Fenstern ist ebenfalls vorgesehen (»Ausschneiden« und »Kopieren«). Selbst eine außerordentlich ausgefeilte Suchfunktion wurde nicht vergessen. Die Suchbegriffe können als ASCII-Strings oder Bytefolgen eingegeben werden. Bei der Suche nach Bytefolgen lassen sich sogar einzelne Bits aus dem Suchbegriff ausblenden (Bild 4).

Das Menü »Eprom« endlich steuert das Lesen, Programmieren und Testen der ausgewählten EPROMs. Wiederum entscheidet das aktive Fenster, je nach Festlegung im Auswahldialog, über alle notwendigen Einstellungen für eine erfolgreiche Programmierung des EPROMs. Gut durchdachte Dialog- und Warnboxen verringern das Risiko einer Fehlbedienung auf ein Mindestmaß. Der Verlauf einer Programmierung wird grafisch auf dem Bildschirm dargestellt.

Die Leistungsfähigkeit des EP 16/512 paßt sich nahtlos an den außerordentlich hohen Bedienungskomfort an. Selbstverständlich verfügt das Gerät über zwei Programmieralgorithmen, über den normalen Algorithmus mit Brennimpulsen von jeweils 50 Millisekunden Dauer und einen intelligenten Schnellbrennalgorithmus. Als Tsst für die Brenngeschwindigkeit sollte ein neues EPROM 27256 vollständig mit dem Wert 0 gefüllt werden. Wie allgemein bekannt sein dürfte, kann man einem EPROM-Brenner unmöglich mehr Arbeit aufbürden als durch einen solchen Test, muß er doch dabei ausnahmslos alle Feldeffekt-Transistoren im EPROM-Chip in ihrem Schaltzustand verändern. Das Ergebnis des Tests übertraf die Erwartungen bei weitem. Alle 32768 Speicherplätze des Test-EPROMs waren nach lediglich 150 Sekunden mit dem Wert 0 gefüllt. Das entspricht einer durchschnittlichen Brenndauer von nicht einmal fünf Millisekunden pro Byte.

Nach diesem ersten Kontakt mit dem EP 16/512 kann man dem Prüfling nur die besten Noten ausstellen. Das wohldurchdachte Softwarekonzept muß hinsichtlich Leistungsumfang, Bedienungskomfort und Bedienungssicherheit als richtungweisend auf dem Gebiet der EPROM-Brenner-Software für den Atari ST bezeichnet werden. Die Abstimmung zwischen Software und Hardware (darin sei ausdrücklich der ST selber mit eingeschlossen) ist optimal gelungen. Eigentlich bleiben nur noch ein paar äußerst bescheidene Wünsche offen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem integrierten Disassembler und Direktassembler für schnelle Korrektur der Fehler bei der Entwicklung von ROM-Modul-Software oder einem ordentlichen Debugger, oder...??!

Büd 1. Nur Exoten fehlen: EPROM-Wahl ohne Qual Bild 2. Oben oder unten: 16-Biter mit doppelstöckigem Datenbus Bild 3. Alles auf einen Blick: Auslauf für die EPROM-Maus

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Bild 4. Wer suchet der findet: Maskerade für Bytes


Wolfgang Fastenrath
Aus: Happy Computer 07 / 1986, Seite 148

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