Street Gang: Terror in New York City

center Technisch brillant, aber mit extrem hohem Schwierigkeitsgrad: "Street Gang"

Besitzer eines C 64 kennen dieses Prügelspiel bereits. Bei ihnen schlägt sich Protagonist Mickey schon seit Oktober 1987 durch New Yorks Straßen. Die AtariST-Version ist brandneu und enthält selbstverständlich dieselben Features wie die C-64-Vorlage.

Am ganzen Spiel ist die Hintergrundstory am unterhaltsamsten. Sie präsentiert sich dem ehrlichen Käufer in Form eines Comicstrips in der Anleitung. Mickey, der Held von "Street Gang", lebte lange Zeit in einer kleinen, verträumten Stadt. Sein Leben war friedlich und ausgeglichen. Doch als er mit seinen Eltern nach New York zog, fingen die Probleme an. Eine Straßenbande belästigt und verprügelt ihn. Dem Terror kann Mickey nur ein Ende machen, wenn er eine Mutprobe besteht: Er muß die Haartolle des Bandenführers Locke stehlen. Wenn ihm dies gelingt, wird er in die Gang aufgenommen und hat nichts mehr zu befürchten. Doch Locke denkt gar nicht daran, sich seinen ganzen Stolz abschneiden zu lassen. Er hetzt eine Meute wilder Schlägertypen auf Mickey. Mit Tränengas, Pistolen, BaseballSchlägern, Messern und der bloßen Faust versuchen sie, unseren Helden unschädlich zu machen. ,Als Spieler haben Sie nun in der Rolle von Mickey die Aufgabe, sich Ihrer Haut zu wehren und am Ende des Terrors Bandenführer Locke die Haartolle abzuschneiden.

Auf dem Bildschirm erscheint eine farbenfrohe Grafik. Mickey läuft herum und wehrt sich gegen die zahlreichen Angreifer, die sich von beiden Seiten auf ihn stürzen. Wenn die Situation zu brenzlig wird, kann er durch die Gully-Deckel in den Kanal verschwinden. Doch auch hier ist ihm keine Atempause vergönnt; schon nach wenigen Sekunden kommen die ersten Gegner auf Mickey zu. Bei Beginn des Spiels sind alle Widersacher mit Tränengasdosen und Revolvern ausgerüstet. Bei jedem Kontakt mit einem Angreifer verliert unser Held Energie. Die dafür vorgesehene Anzeige ist originell gestaltet. Ein Bizeps am oberen Bildschirmrand schrumpft bei jeder Berührung mit den Schlägertypen. Wenn er schließlich ganz klein ist, verliert Mickey eines seiner fünf Bildschirmleben. Diese Darstellung ist neu und verdient zum einen ein großes Lob. Andererseits hat sie aber auch den Nachteil, daß der Spieler im Eifer des Gefechts nicht auf den ersten Blick erkennen kann, wie es um seinen Schützling steht.

Besonders negativ fiel der extrem hohe Schwierigkeitsgrad auf. Der Spieler wird nicht motiviert, sondern frustriert. Er hat beispielsweise überhaupt keine Chance, wenn ihn mehrere Pistolenschützen angreifen. Die Heckenschützen, die sich in den Mülltonnen verstecken, sorgen ebenfalls unweigerlich für den Verlust eines Lebens. Den Schüssen, die sie in schneller Folge abfeuern, ist sehr schwer auszuweichen. Allen Figuren, die Tränengas verschießen, ist man wiederum chancenlos ausgeliefert. Egal, ob man sich duckt oder mit Faustschlägen wehrt, Energie verliert man immer. Bei meinem Test keimte der Frust bereits nach 10 Minuten Spielzeit auf. "Street Gang" ist unspielbar!

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Es fiel aber noch ein weiterer Schwachpunkt auf. Der Autor der Anleitung und der Grafiker des Programms scheinen nie über ihr gemeinsames Projekt gesprochen zu haben. In der Anleitung steht: "Mickey muß sich jetzt mit Klauen und Zähnen gegen die Bande verteidigen". Im Spiel sind jedoch nur Jogger, Geschäftsleute und andere friedfertige Bürger zu sehen, die in "Street Gang" zu reißenden Bestien werden. Von Straßenbanden fehlt jede Spur. Haben sich die Schlägertypen vielleicht alle als brave Bürger verkleidet, oder liegt beim Hersteller ein kleiner organisatorischer Fehler vor?

Nach all diesen negativen Gesichtspunkten gibt es aber auch noch etwas Positives zu vermelden. Die Hintergrundgrafik, die Häuser aus den Slums von New York zeigt, ist sehr eindrucksvoll gestaltet. Genauso erstklassig ist der Sound. Was hier an Effekten klar und vernehmlich aus dem Monitor ertönt, darf man getrost zum Besten zählen, was je auf dem ST komponiert wurde. Alles in allem ist "Street Gang" ein technisch brillantes Spiel. Grafik und Sound sind vom Feinsten. Aber was nützt das, wenn der Schwierigkeitsgrad so hoch ist, daß das Game unspielbar wird?

System: Atari 16 Bit
Hersteller: Time Warp Productions
Bezugsquelle: Rushware


Carsten Borgmeier
Aus: Atari-Magazin 07 / 1988, Seite

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