Software-Test: MagiC 4.0

Lange Zeit mussten die Besitzer eines Falcon (ATARI oder C-LAB) auf ein alternatives Multitasking-Betriebssystem verzichten. Nun endlich ist das schnelle "MagiC 4.0" erhältlich, so dass wir es genaustens unter die Lupe nehmen können.

Es herrscht Dynamik im Atari-Softwaremarkt. Original Atari-Hardware kann man leider getrost ad acta legen. Stattdessen gibt es Atari-Clones: den C-Lab Falcon MK I/II, den Eagle und die Medusa. Und schließlich eine große Palette neuer Apple-Rechner. Außerdem boomt die Atari- Software, obwohl keine original Atari-Rechner mehr existieren. Wie kommt es dazu " Nun, Softwareentwickler müssen, um überleben zu können, wirtschaftlich denken. Daher ist das MagiC 4.0 ein ideales Betriebssystem. Manch ein Entwickler schätzt die Treue der Atan-User & die Dynamik der Apple-Hardwareplattform. Somit ist MagiC 4.0 die ideale, neue Softwareplattform. Man kann auf dem Atari entwickeln & arbeiten und trotzdem auch Mac-User ansprechen. Warum sollte man sich zusätzlichen Kunden verschließen? Die Installation ging problemlos, rasch und vollautomatisch von statten. Am Anfang erscheint eine große Dialogbox. Dort gibt man die große Seriennummer, die sich auf dem Aufkleber der Originaldiskette befindet, den Namen und die Adresse ein. Die Angabe bei der Auflösung ist nur dann relevant, wenn Sie mit einer bestimmten Auflösung booten wollen. Im Normalfall reicht "Default". Unter Laufwerk besteht die Möglichkeit eine Bootpartition anzugeben, auf der MagiC 4.0 installiert werden soll. Außerdem können noch die Pfade für Accessoires, Applikationen, die nach dem Systemstart geladen werden sollen und Auto- Ordnerprogramme gewählt werden. Wichtig ist es, danach unbedingt Ease zu installieren, denn es ist optimal an MagiC 4.0 angepaßt. Im Ordner: "MAGIC\ZUSATZ" finden sich noch einige Programme, die man bei Bedarf installieren kann, aber nicht muss.

Erster Eindruck

Die MagiC Version 4.0 wurde, wie versprochen, rasch geliefert und hat mich wirklich beeindruckt. Obwohl ich dachte, dass MagiC 4.0 länger auf sich warten ließe und außerdem etwas skeptisch war bezüglich Verbesserungen und neuen Features. Natürlich kann man in bestehenden Programmen immer neue Features implementieren, aber bei MagiC 4.0 ist es gelungen viele neue, sinnvolle Features zu integrieren, ohne die Systemperformance zu drosseln. Da MagiC 4.0 (29.11.i995), Mag!X-Desk V3.0 & Ease 4.0 und NVDI optimal aufeinander abgestimmt sind, denn es kommt alles aus einer Hand (Behne-Brüder im Auftrag von ASH) und ist konsequent durchdacht, gelang es sogar, das System im Redraw weiter zu beschleunigen. Dies sieht man z.B. an den klassischen Multitaskingdemos. Während ich dachte, es könne sich nicht so schnell allzu sehr viel ändern, musste ich zugeben, dass ich mich - zum Glück ! - getäuscht habe. MagiC 4.0 ist verfügbar und im Redraw (meinem subjektiven Eindruck nach) noch flotter und auch sonst wirklich gut durchdacht.

MagiC 4.0 für den Falcon

MagiC 4.0 beherzigt lange geäußerte Wünsche vieler Falcon-User, denn es wurde nicht nur an den Falcon angepaßt, sondern es läuft tadellos auf dem Falcon und besitzt einen völlig überarbeiteten MagiC-Desk.

Der neue MagiC Desk 3.0

Im MagiC 4.0 Softwarepaket steckt viel Arbeit drin und man sieht, dass mit Begeisterung und viel Liebe zum Detail gearbeitet worden ist. Statt lediglich ein paar kleinere Korrekturen zu machen, hat man dem MagiC Desk ein totales Redesign spendiert und viele neue Funktionen integriert. Wenn man z.B.: dem Desktop neue Icons spendieren will, so war dies bisher ziemlich kompliziert. Man hätte in Resourcefiles ändern müssen, damit ist jetzt Schluß. Alles geht intuitiv und kinderleicht von der Hand. So wurden zum Disketten Formatieren (siehe Bild oben) und Kopieren neue MagiC Desk Tods konzipiert. Auch die Zuweisung von Icons ist endlich ganz intuitiv per Mausklick rasch zu erledigen. Es lassen sich in drei Fensterdialogen für Pfade, Anwendungen und den Desktop passende Icons auswählen. So macht das Arbeiten wieder richtig Spaß. Weiterhin kann MagiC 4.0 mit dem DSP umgehen und beherrscht die neuen Farbmodi (inkl. 32.000 Farben). Außer, der bereits erwähnten Hardwareanpassung, hat man einen neuen Fileselektor entwickelt und Fensterinhalte werden per Online-Scrolling bewegt. Somit entfällt das Herantasten mit Textstelle und zählt damit zur Vergangenheit Zeitgemäß sind auch die Titelleisten der Fenster: im neuen 3D Design.

Der neue "3D Look"

Der neue 3D-Look ist wirklich schön, obwohl dies natürlich Ansichtssache ist. Im Handbuch der MagiC 3.0 Version heißt es zum 3D Look in eigenen Programmen schlicht: "Farbicons, die das AES in den neuesten TOS-Versionen bietet, sind nun auch mit MagiC 3.0 möglich. Auch hiermit ist eine sehr einfache Möglichkeit gegeben, eigene Programme ein wenig aufzupeppen [..] (Seite 6)". Es wird dabei auf die Flags in MAGXDESK.RSC verwiesen und, dass man diese mit INTERFACE laden solle. Ein paar weitergehende Erklärungen fehlen aber. Programmierer brauchen diesen Hinweis meist nicht, da sie es ohnehin schon längst wissen. Aber der normale User könnte damit überfordert sein. Der große Vorteil ist, dass man Programme aufpeppen kann, ohne den Autor des Programms bemühen zu müssen. Hier nun Schritt für Schrift ein paar Erklärungen, damit nicht nur Programmierer, sondern auch ganz normale User in der Lage sind ihr Lieblingsprogramm zu aktualisieren. Zuerst startet man INTERFACE und öffnet die Datei MAGXDESK.RSC. Es erscheint ein Icon Namens: MAGXDESK. Ein Doppelklick darauf öffnet ein weiteres Fenster, indem sich 11 Icons befinden: MENU1, FORM2, ..., FORM11. Bei MENU1 handelt sich es um die Pulldownmenüleiste und FORM2 bis FORM11 sind 3D Look-Dialoge. Mit Doppelklick auf Icon FORM6 erscheint nun Bild 5. Man sieht den 3D Look-Dialog: FORM6. Mit einem Doppelklick auf den grauen Hintergrund erscheint Bild 6. Hierin erkennt man ein INTERFACE-Fenster zur Editierung des Objektes. Links unten in diesem Fenster befindet sich eine kleine Box mit dem Text: "Extended Flags". Mit einem Doppelklick darauf erscheint nun Bild 7: Wie erhält man denn nun ganz konkret den 3D Look in GEM-Dialogen " Nun, nach einem Doppelklick auf den Hintergrund eines Dialoges gelangt man in den Objektditherdialog (also Bild 6). Hier muss man unter Farben folgendes einstellen: Textfarbe 1, Musterfarbe 0, Rahmenfarbe 1 und als Muster weiß. Jetzt muss man noch links unten im Dialog eine Box mit dem Text: "Extended Flags" anwählen. Im dann erscheinenden Dialog (also Bild 7) wählt man unter AES 4.0 3D Flags: "Background" und selektiert den Typ: "objflags 10". Jetzt verläßt man den kleinen Dialog (Bild 7) mit OK, dann den Großen Dialog (Bild 6) auch mit OK verlassen und nun speichert man das Ressourcefile ab und dem 3D Look in eigenen oder fremden Programmen steht nichts mehr im Wege. Anhand dieser Snapshots kann man leicht selbst sehen, dass mit einem minimalen Aufwand Programmierer & Endanwender (die INTERFACE erworben haben) ihre Programme schnell und unkompliziert aktualisieren können.

Wie man erkennen kann, haben sich die Behne-Brüder richtig "ins Zeug gelegt" und eine Menge neuer Features implementiert. So hat man z.B. an Tastaturshortcuts für das Aufräumen, Einblenden und Ausblenden gedacht Ebenfalls durchdacht ist die Fähigkeit Accessoires nicht nur wie ein Programm zu starten, sondern auch nachträglich installieren und deinstallieren zu können. Außerdem wurde, auf meine Anregung per E-Mail hin, das Beenden von Tasks mit der CTRL-Taste und gleichzeitigem Mausklick (wie unter MultiTOS), eingeführt. Da die Falcons intern eine IDE-Platte besitzen und die Apple-Low Cost-Reihe ebenfalls, ist es recht klug MagiC 4.0 das Booten von IDE-Platten zu ermöglichen. Ebenfalls umgestylt wurde der VT52-Emulator: nun ist auch er im zeitgemäßen 3D Design.

Für Programmierer gibt es in der ASH-Mailbox eine Library, die es ermöglicht MagiC-Features auch ohne installiertes MagiC zur Verfügung zu stellen. Ein netter Zug, aber MagiC 4.0 ist so empfehlenswert, dass man auf jeden Fall updaten oder es neu erwerben sollte. MaglX-Desk ist effektiv programmiert und belegt lediglich 90 KB, zumindest in Schwarz-Weiß. In Farbe sind es unabhängig vom gewählten Modus: ca. 200 KB. Etwas Speicher muss man aber trotzdem hergeben, um ein paar nützliche Programme zu starten. So ist der Write Back-Cache besonders anzuraten und eine wahre Freude.

Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, Programmen, Ordnern und Laufwerken einfach per Drag & Drop Icons zuweisen zu können. Zusätzlich erfüllt es die Aufgabe von Limitmem (begrenzt den Speicher, der von Programmen angefordert werden kann), die Zuordnung von Extensions zu Programmen und auch die Parameterübergabe an Programme.

Neu: Der Medienauswurf unter MagiC Desk!

MagiC-Desk beherrscht nun auch den Auswurf von Medien, wie z.B.. CD-ROMs, Wechselplatten und unter MagiCMac sogar den Auswurf von Disketten. Außerdem gibt's unter MagiC Mac nun endlich auch lange Dateinamen auf dem Desktop. Den User wird es freuen, dass man große Änderungen und auch viele Detailverbesserungen realisiert hat.

Ease 4.0

Ease 4.0 ist ein sauber geschriebener Desktop von höchster Flexibilität. Er ist unter MagiC, MagiC Mac, MultiTOS & Single TOS lauffähig. Auf den ersten Blick unterscheidet er sich nur kaum von anderen Desktops, denn er bietet alles, was andere Desktops auch beherrschen. Aber die Details sind wirklich klasse. Sie wollen eine Datei ausdrucken " Nun schieben Sie diese auf das Drucker-Icon und es wird problemlos ausgedruckt. Das Telefon klingelt und Sie wollen eine kurze Notiz auf dem Desktop hinterlassen, damit sie ein wichtiges Ereignis nicht vergessen. Nun mit dem Notiz-Icon können Sie z.B. Telefonnumern, wichtige Ereignisse etc. notieren, damit auch Wichtiges immer präsent ist. Der Hintergrund ist Ihnen zu langweilig " Sie können auch problemlos ein Hintergrundbild (in verschiedenen Modi: Replace, XOR, OR) einbinden.

Anleihen bei MultiTOS

Zwar ist die Entwicklung von MultiTOS gestoppt, da Atari nichts mehr entwickelt aber die guten Ideen von MultiTOS sind in MagiC 4.0 übernommen worden. So findet sich z.B. das Laufwerk U auch unter MagiC. Es enthält alle ansprechbaren Floppy- & Festplattenpartitionen und außerdem die Verzeichnisse: u:\dev, u:\pipe, u:\proc\ und u:\shm. U:\DEV

Dieses Verzeichnis enthält sogenannte Pseudodateien, die Geräte bzw. Schnittstellen repräsentieren. Je nach vorhandener Hardware sind verschiedene Schnittstellen verfügbar. Man kann auch weitere Gerätetreiber installieren, um einen genormten Zugang auf Schnittstellen und externe Geräte zu erhalten. Eine Ausgabe einer Datei unter: u:\dev\con entspricht der Ausgabe über den VT52-Emulator (d.h. als Text auf dem Bildschirm).

U:\PIPE

Dieses Verzeichnis enthält Objekte, die für den Datenaustausch zwischen Programmen verwendet werden können. Eine konkrete Anwendung dafür ist z.B.: OLE für Atari, welches auf OEP (Object Exchange Protocol for GEM Applications) von Alexander Lorenz basiert. Es nutzt den Drag & Drop-Datentyp "OEPD", welcher für OEP reserviert wurde. Nähere Informationen zu OLE finden Sie auf de Spezial-Disk 5 der Atari Inside.

U:\SHM

Das Shared Memory Konzept erlaubt es Programmen unter MagiC 4.0 gemeinsam genutzte Speicherblöcke zu verwalten. Dieses Konzept stammt auch aus der Unix-Welt und ist in Multitaskingumgebungen sehr sinnvoll.

Zum Schluß erwähnenswert ist noch der Write Back Cache. Dieser erlaubt es Floppy- und Festplattenzugriffe enorm zu beschleunigen. Dazu sollte man den Cache des Festplattentreibers großzügig dimensionieren (falls Ihr Harddisktreiber dies vorsieht). Gute Effekte lassen sich mit 10 bis 20 Sektoren für Daten und mit 15 bis 30 Sektoren für die FAT erzielen. Um nun den Cache zu nutzen sollte man: WBDAEMON (also Write Back Daemon) installieren.

Licht und Schatten

Alles in allem macht es viel Spaß mit MagiC 4.0, Ease 4.0 & MagiC Desk 3.0 zu arbeiten, da alles mit viel Liebe zum Detail realisiert wurde. Zur Kompatibilität kann man sagen, dass MagiC auf allen Ataris & Clones läuft. Zumindest auf ST/STE/TT/Falcon (!) & Apple Rechnern. Zu Gemulator 95 & Janus kann ich prinzipiell nichts sagen, da ich keine PCs besitze. Theoretisch müßte MagiC 4.0 aber auch dort funktionieren. Sehr erfreulich ist, dass MagiC endlich auch auf dem Falcon läuft und dort die erweiterte Grafikmodi (32.000 Farben) nutzt. Zur Programmstabiltiät möchte ich sagen, dass es - wie auch schon MagiC 3.0 - absolut stabil läuft und mir bisher noch nie abgestürzt ist. Obwohl ich mit vielen Programmen gleichzeitig arbeite und oft Programme beende und wieder Neue starte. Dies ist wohl auch der exzellenten Speicherverwaltung zu verdanken.

Lieferumfang

Die Anleitung ist übersichtlich und vollständig und besteht aus einer HD-Diskette und einem DIN AS Handbüchlein. Es ist für Atari & Mac identisch und gliedert sich im wesentlichen in 4 Teile: Allgemeines, MagiC Mac, MagiC & MagiC Desk.

Fazit

Allen Atan-Usern sei MagiC 4.0 ans Herz gelegt, da es auf allen Maschinen das Optimum herausholt und sich damit zum Primus im Bereich Atari - Betriebssysteme mausert. Note: 6 von 6 Atari-Logos (Referenzklasse)

Bezugsquelle:
Application Systems Heidelberg Software GmbH
Postfach 10 2646
69016 Heidelberg

Preis:
MagiC 4.0: 248,- DM
MagiC Mac 4.0: 298,- DM


Filipe P. Martins
Aus: Atari Inside SH / 1996, Seite 57

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