Bildschirmschoner haben eine lange Tradition - so bestand früher die
Gefahr, dass das Computerbild "einbrannte", wenn es zu lange unbewegt auf
dem Monitor war. Zwar kam man so relativ stromsparend zu einem Computerbild,
aber beim ernsthaften Arbeiten war es doch eher störend. Es mussten
also erste Schutzmechanismen her.
Die ersten Bildschirmschoner arbeiten mit Invertierung, zyklischen
Verändern der Bildschirmfarbe und Schwarzschaltung. Wer noch Ataris
VCS2600 besitzt, wird sicher wissen, dass die Konsole nach einer
bestimmten Zeit die Farben rotieren lässt. Dabei entstehen zwar nicht
unbedingt appetitliche Kombinationen, aber der Bildschirm bleibt
geschützt. Genauso reagieren auch noch Ataris 8-Bitter und hatten damit
den Commodore-Heimcomputern zumindest dies voraus. Dort mussten kleine
residente Programme gestartet werden, was jedoch nicht mit allen Spielen
funktionierte.
Was mit Invertieren oder einfachem Abschalten des Bildes begann, wurde mit der
Zeit aufwendiger. Kleine Animationen mussten gezeigt werden, manchmal sind
es sogar richtige Zeichentrickfilme. Legendär war bspw. der
Bildschirmschoner After Dark auf dem Apple Macintosh. Auch die Werbeindustrie
hat die Möglichkeiten entdeckt: der Screensaver zum Film, zur Firma oder
zur Musikgruppe ist zur Normalität geworden. Fast vergessen hat man
inzwischen, das die modernen Bildschirme gar nicht mehr auf Bildschirmschoner
angewiesen sind...
Auf dem Atari ST ist der Bildschirmschoner nicht Teil des Betriebssystems, so das sich verschiedene Bildschirmschoner etabliert haben, deren Modulformate natürlich völlig inkompatibel zueinander sind.
Dieser Schoner von Richard-Gordon Faika, der schon zu Protesten beim Verein
zur Reinerhaltung der deutschen Sprache geführt hat, existiert schon eine
ganze Weile. Die Installation beschränkt sich auf das Kopieren eines
kleinen Programms in den Auto-Ordner und des Accessories auf Laufwerk C. Beide
können auch nachträglich nachgestartet werden. In jedem Fall wird ein
Multitaskingbetriebssystem benötigt.
Der Hauptdialog präsentiert sich im typischen RGF-Look mit einer etwas
unübersichtlichen Buttonleiste am unteren Ende. Es besteht die
Wahlmöglichkeit zwischen Einzelmodul und Zufallsauswahl. Bei letzterem
wird ein Schoner zufällig ausgewählt. "Timeout" ist die Zeit, nach
der der Schoner startet.
Bei der Schonmethode unterscheidet das Programm alt und neu. "Alt" sperrt die
Bildschirmausgabe für andere Programme während des Schonens, "Neu"
nicht.
Die Schlafecke, also ein Bereich, der den Bildschirmschoner mit geringer
Verzögerung sofort anwirft, sollte sich der Mauszeiger dort befinden, ist
bei Schon Me 16*16 Pixel groß. Das Gegenstück ist das Wachfeld, eine
Art "starker Kaffee" für den Computer: solange sich der Mauszeiger dort
befindet, wird der Schoner nicht aktiviert. Des weiteren lassen sich
MOD-Dateien über Paula abspielen.
Mit 36 Schonmodulen ist Schon Me gut ausgestattet. Das Schon-Repertoire
umfaßt die üblichen Linien, Kreise und mathematischen Effekte. Zwei
Module seien an dieser Stelle jedoch hervorgehoben:
Starshot ist ein Arcadeschießspiel alter Schule. Während Sterne
dreidimensional aus dem Raum herangeflogen kommen, zielt man mit dem Fadenkreuz
auf die Sterne und löscht sie per Mausklick aus. Das geht bei diesem Spiel
nicht nur schneller als beim Todesstern, sondern macht auch Sinn:
schließlich könnten von diesen Planeten die "Space Invaders"
starten.
Matrix ist der Schoner zum Film und lässt dunkelgrüne und
hellgrüne Buchstaben aus dem ST-Zeichensatz fallen. Dies sieht der Matrix
im Film tatsächlich etwas ähnlich, aber mit dem offiziellen
Matrix-Schoner für Windows-Systeme kann das Modul nicht mithalten.
Leider war keine Dokumentation der Modulschnittstelle im Programmpaket
enthalten. Kleines Ärgernis beim nachträglichen Start von Schon Me
ist die Bildschirmausgabe direkt auf den Bildschirm - das muss nicht sein.
Auch verschwand ab und zu der Mauszeiger.
Ehemals kommerziell, ist Twilight nun Freeware. Allerdings ist die
Weiterentwicklung eingestellt. Die Installation erfolgt ähnlich wie bei
Schon Me: ein Autoordner-Programm, ein Accessory und ein Modulordner wollen auf
die Festplatte befördert werden.
Beim Aufruf präsentiert sich Twilight sehr aufgeräumt. Am oberen
Fensterrand liegt das Popup-Menü, darunter die große Modulauswahl,
die etwas an XControl erinnert. Die Schonzeit wird durch ein weiteres Popup
geregelt - leider nicht stufenlos.
In den Grundeinstellungen kann die Rechenzeitbeanspruchung, die
Mausempfindlichkeit beim Aufwachen und die Bildrestauration geregelt werden.
Twilight kann eine Reihe von Schnittstellen überwachen, so das nicht nur
Maus und Tastatur den Schoner deaktivieren. Wie Schon Me bietet auch Twilight
eine Wach- und Schlafecke. Auch Twilight unterstützt Paula. Selbst
für den Aufwachgong wird Sound unterstützt: wahlweise ein
Standard-"Ping" oder ein Soundsample.
Um den eigenen Rechner zu schützen, ist ein Paßwortschutz aktivierbar.
Die Modulauswahl ist üppig und kann durchaus mit Windows-Schonern
mithalten.
Da wäre zum einen das klassische Pong zum mitspielen mit
Einstellmöglichkeiten. Der Computer spielt allerdings bestenfalls
mäßig und ein Spiel zu zweit ist nicht möglich. Wer auf
Schläger steht, kann auch Breakout auswählen - dort gibt es sogar
Extras(!).
Ein weiteres Highlight ist der Dosensimulator mit einstellbarem Grafiktreiber,
Monitortyp und Prozessortyp. Es folgt ein typischer MS-DOS-Bootvorgang mit dem
verzweifelten Versuch des Benutzers, das Top-Spiel "KLO" zu starten.
Dann gibt es noch die berühmten kotzenden Pinguine, die über den
Bildschirm watscheln und sich ab und zu übergeben.
Modulmäßig ist Twilight wohl eine Klasse für sich, aber das
relativiert sich beim Blick auf die Stabilität: beim Test trat mit
Twilight häufiger ein "Runtime Error" auf. Auch im Usenet gab es
häufiger Beschwerden, gerade was die Lauffähigkeit auf modernen
Atari-Systemen angeht. Es ist nicht gerade erfreulich, wenn ein, eigentlich
entbehrbarer, Bildschirmschoner evtl. die Arbeitsergebnisse durch einen Absturz
mit in den Abgrund reißt. Wer Twilight benutzen möchte, sollte es
zumindest ausgiebig vorher testen.
Dieser Bildschirmschoner für den Falcon kennt keine grafischen Effekte, dafür wird aber das Videosystem während des Schonens abgeschaltet. Dadurch können Berechnungen im Hintergrund schneller ausgeführt werden.
Der neueste Bildschirmschoner soll als letztes angeschaut werden. Bubbles
ist ein Freeware-Schoner von RUN Software und wird noch weiterentwickelt. Das
Bubbles ein modernes Programm ist, merkt man schon bei der Installation: dem
Benutzer bleibt ein weiteres Auto-Ordner-Programm erspart. Eine einzige
Anwendung enthält den Schoner, natürlich müssen die Module auch
irgendwo abgelegt werden. Bubbles läuft sowohl unter Multitasking als auch
unter Singletasking-Systemen. Unter MagiC kopiert man Bubbles am besten in den
Start-Ordner.
Nach dem Start präsentiert sich Bubbles mit einer eigenen Menüleiste
und einem übersichtlichem Dialog. Dieser konzentriert sich
hauptsächlich auf die Modulauswahl. Auch hier ist eine Zufallsauswahl
möglich, evtl. Parameter lassen sich einstellen und testen. Die Optionen
sind in einem extra Dialog untergebracht.
Auch bei Bubbles gibt es Wach- und Schlafecken, deren Größe sich
einstellen lassen. Die verschiedenen Schnittstellen (Parallel, Seriell, MIDI)
lassen sich überwachen - hier könnten sicherlich noch weitere
hinzukommen. Unter "Diverses" findet sich u.a. eine Option für das Dimmen:
bevor der Schoner auf dem Bildschirm ausgibt, wird das Bild stufenweise
verdunkelt.
Bei den Modulen verfolgt Bubbles ein neues Konzept: die Module sind im Prinzip
eigenständige Anwendungen. Es lassen sich somit sehr einfach eigene Module
schreiben, allerdings muss man sich um Animation und Sound selber
kümmern. Wenn ein Modul abstürzen sollte, kann man den
Übeltäter einfach entfernen, das Schonerprogramm selber läuft
stabil.
Bei den Schon-Modulen bietet Bubbles zunächst einmal kleine
Grafikspielereien, bei denen durchaus mal moderne Kunst rauskommen kann.
Allerdings hat Bubbles eine kleine Überraschung zu bieten, denn es ist
über das After Dawn-Modul kompatibel zu dem Bildschirmschoner Before Dawn.
Before Dawn war eine Zeitlang ein sehr beliebter Schoner und so gibt es eine
sehr große Anzahl von Modulen. Die Module zeigen hauptsächlich
große animierte Objekte, die über den Bildschirm flitzen. Da gibt es
z.B. Daffy Duck, rotierende Atari-Logos, Luftballons oder Handwerker auf
Glühbirnen. Bubbles sollte nur noch eine Bremse eingebaut bekommen, denn
auf schnellen Systemen erkennt man bei einigen Modulen eher wenig. Before
Dawn-Module tragen die Endung BDI und kommen i.d.R. mit einer (X)IMG-Datei.
Richtig spektakuläre Module wie bei Twilight fehlen, dafür läuft
Bubbles stabiler und kann die Zeit der Inaktivität stufenlos einstellen.
Ebenso wie Schon Me unterstützt Bubbles auch BubbleGEM.
... ist Bubbles. Das Programm hat zwar weder die Optionsvielfalt noch die
aufwendigen Module von Twilight, kann dafür aber im Bereich
Stabilität und Handhabung punkten. Besonders hervorzuheben ist die
Kompatibilität mit After Dawn und die einfache Programmierung von Schonern
- jeder kann Schoner-Module entwerfen, ohne auf Beschränkungen durch ein
festes Modulsystem zu achten. Weitere Import-Module wären nicht schlecht,
so wäre es zumindest denkbar, das Schon Me-Module auch von Bubbles
unterstützt werden könnten.
Schon Me schneidet ebenfalls gut ab, bekommt aber Minuspunkte bei der
Handhabung (unübersichtlicher Dialog und Auto-Ordner-Programm) und den
Schonermodulen.
Zum Abschluß sei noch erwähnt, das diese Auswahl an
Bildschirmschoner natürlich nicht vollständig ist. Alte Schoner-Hasen
werden sich da an Midnight, Dark Lord, Dark Star, Nightfall oder Screen Artist
erinnern. Zumindest Midnight hatte ein paar nette Module zu bieten. Aber all
diese Schoner sind nicht mehr auf der Höhe der Zeit und dürften auf
moderner Hardware für so manche unangenehme Überraschung sorgen.
Bezugsquellen: Twilight, http://student.merz-akademie.de/user/drx/twilight/
Schon Me, http://www.rgfsoft.com/
BUBBLES, http://www.run-software.de/
Matthias Jaap