Der Sprung an die Spitze: Statistikprogramm »ALMO« in neuer Version

Mit einem neuen Outfit und einer Vielzahl praktischer Erweiterungen präsentiert sich »Almo« in der aktuellen Version. Was sich geändert hat und was die neue Version bietet, haben wir unter die Lupe genommen.

Bild 1. Alle Menüs auf einen Blick

Natürlich steht »ALMO_E« in der Tradition seiner Vorgänger. Doch schon der erste Blick genügt, um etliche Änderungen festzustellen. Wie es sich für eine gute Applikation auf dem Atari gehört, läuft Almo nunmehr komplett unter GEM. Die meisten Funktionen sind eingängig, ohne erst mühsam das mehr als 800 Seiten umfassende Handbuch gewälzt zu haben. An Komfort gewonnen haben auch die Hilfefunktionen. Mit der linken Maustaste öffnet man kontextsensitive Infofenster, die dem Benutzer alles im Moment Wissenswerte mitteilen. Dem Anfänger in Sachen Statistik helfen insbesondere die vielen Masken und Beispielprogramme. Sie machen das Anlegen eigener Programmstrukturen zu einem Kinderspiel. Dadurch wird das Programm auch für den Statistik-Anfänger sehr interessant. Dazu paßt recht gut, daß es von Almo_E auch eine Diskettenversion gibt. Sie brauchen also vor dem Installieren keineswegs zuerst ihr Sparschwein zu schlachten, um eine große Festplatte oder gar einen leistungsstärkeren Computer zu kaufen. Daß solche Anschaffungen in Verbindung mit einer Statistiksoftware sinnvoll sind, wird allerdings kaum jemand bestreiten.

Mit neuer Eleganz kommt der Editor daher. Hier werden nicht nur die lauffähigen Programme erzeugt, sondern auch gestartet und korrigiert. Die Bezeichnung Manager wäre wohl angemessener. Die Features zum Edieren wurden weitgehend überarbeitet und um einige Funktionen erweitert. Bild 1 liefert einen Überblick über die Funktionsvielfalt.

Sehr praktisch ist, daß man eventuelle Fehler in der Programmstruktur nun direkt mit F1 oder der rechten Maustaste anspringen kann. Auch eine UNDO-Funktion gibt es. Leider lassen sich so zentrale Funktionen wie »suchen« oder »speichern unter...« nicht per Tastatur bedienen.

Um die Vielfalt der Software zu nutzen, lassen sich sieben Fenster gleichzeitig öffnen. In diesen Fenstern kann man Hilfstexte, Programme, Datensätze und Tabellen gleichzeitig bearbeiten. Die Fenstertechnik bietet gerade für den Umgang mit der Programmiersprache von Almo enorme Erleichterungen. Einmal erzeugt lassen sich umfangreiche Definitionen und Variablenzuweisungen einfach in ein paralleles Fenster und das dort befindliche Programm einfügen. Schade nur, daß das gute Dateneingabe-Modul nicht in das Hauptprogramm integriert wurde. Wie wunderbar wäre es etwa, wenn komplexe Datenbankoperationen in der Eingabemaske eingeleitet und die Ergebnisse dort überprüft werden könnten. Der zweite Kritikpunkt ist wohl weniger Almo_E als dem Atari-GEM anzulasten. Den ungewohnten Komfort erkauft man sich mit einem recht langsamen Bildschirmaufbau. Die Empfehlung der Entwickler, NVDI in einer neueren Version zu verwenden, hat durchaus seine Berechtigung.

Die Statistik erhebt den Anspruch, bei der Zusammenfassung und anschaulichen Aufbereitung großer Datenmengen behilflich zu sein. Mit typischen statistischen Funktionen konnte bereits die Version 3.0 glänzen. Was ist an wesentlichen statistischen Innovationen hinzugekommen?

Bild 2. Reliabilitätskoeffizienten
Bild 3. Häufigkeitsverteilung mit Balkendiagramm
Bild 4. Ergebnisdarstellung der Clusteranalyse anhand eines Dendrogramms

Ganz oben auf meinem Wunschzettel stand das Anliegen, die teststatistische Güte vorhandener oder selbst konstruierter Variablenaggregationen (Skalen) überprüfen zu können. Das ist nun möglich. Die neu hinzugekommenen Reliabilitäts- und Itemanalysen lassen nichts zu wünschen übrig. Wie aus Bild 2 hervorgeht werden standardmäßig eine Vielzahl von Koeffizienten berechnet, die teilweise über das Übliche hinausgehen (z.B. THETA und OMEGA).

Zusätzliche statistische Funktionen betreffen etwa die kanonische Korrelationsanalyse, die Korrespondenzanalyse, die Clusteranalysen (z.B. Reproduktions- und Stabilitätskoeffizienten), die Faktorenanalyse (z.B. Alpha und Image-FA) und natürlich das allgemeine lineare Modell. Letzteres kann nun mit ungleichen Zellenhäufigkeiten noch besser umgehen und wurde um das Probit-Modell und ein multivariates Messwiederholungs-Design erweitert. In diesem Programmteil ist Almo sicherlich einzigartig. Fast schon überflüssig zu erwähnen, daß nun auch beim Mega ST ein mathematischer Coprozessor automatisch erkannt und genutzt wird. Für den TT gibt es wieder eine sehr schnelle Sonderversion.

In punkto Grafik unterscheiden sich die verfügbaren Statistikpakete ganz erheblich. Manche Zahlenfresser bieten hier praktisch alles, was ein reines Grafikpaket leistet. Andere hingegen eignen sich vor allem für das Verrechnen großer Datenmengen und messen dem grafischen Aspekt weniger Gewicht zu. Almo gehört eindeutig zur zweiten Kategorie. Dennoch gibt es auch im Grafikbereich Neues zu vermelden. Bei Häufigkeitsprogrammen werden über IBM-Grafik-Zeichen einfache Säulendiagramme ausgegeben (s. Bild 3). Weitaus wichtiger für die Interpretation sind aber die Baumdiagramme (engl. dendrogram) im Zusammenhang mit den Clusteranalysen (vgl. Bild 4). Für die statistisch Interessierten: Die Linienzüge eines Baumdiagramms vermitteln einen optischen Eindruck davon, welche Fälle zu einem Cluster vereinigt wurden und wie groß die Distanzen sind, die dazu überwunden werden mußten. Auch wenn Almo mit solchen Abbildungen noch lange nicht in den Rang eines Präsentationsprogrammes rückt, ist das ein Schritt in die richtige Richtung.

Das erweiterte Almo präsentiert sich als Statistik-Software allerbester Güte. Von der Oberfläche über die Gesamtorganisation bis zu den statistischen Algorithmen überrollt es den Fachmann mit zahlreichen nützlichen Funktionen. Zwar sind in der Bedienung einige Ungereimtheiten zu vermerken, aber viele hilfreiche Features, die in diesem kurzen Abriß gar nicht alle Erwähnung finden konnten, wiegen diesen Nachteil leicht auf.

Mit seiner Geschwindigkeit, seiner Benutzerfreundlichkeit und der Vielfalt des allgemeinen linearen Modells katapultiert sich Almo_E auf den ersten Rang unter den Statistikprogrammen auf dem Atari ST/TT. Almo_E braucht aber auch über die Rechnergrenzen hinaus keinen Vergleich zu scheuen. (wk)

Info: Prof. Dr. Kurt Holm, Am Schlößlberg 8, A-4060 Leonding

TOS-INFO

Name: ALMO_E
Hersteller: Prof. Kurt Holm
Preis: ALMO_E mit neuem Handbuch 498 Mark, ALMO V3.1 mit Handbuch 248 Mark, von ALMO 3.0 auf ALMO_E (incl. Handuch) 248 Mark, von ALMO 3.0 auf ALMO 3.1 (incl. Handbuch) 40 Mark (jeweils zzgl. 20 Mark Versand)


Klaus Konrad
Aus: TOS 03 / 1993, Seite 38

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