Spektrum 1 TC: Meisterstück

Test: VME-Bus-Grafikkarte mit 16,7 Millionen Farben

Wer glaubt, daß die Entwicklung von Grafikkarten bei 32768 Farben endet, den belehrt die »Spektrum 1 TC« der Firma Wilhelm Mikroelektronik eines Besseren. Diese Erweiterung bietet 16,7 Millionen Farben, die erstmalig gleichzeitig darstellbar sind und eröffnet damit eine echte True-Color-Darstellung.

Die Spektrum 1 TC bringt bis zu 16,7 Mio Farben auf den Monitor

Auch diese Grafikerweiterung liegt als Steckkarte für den Systembus eines Mega ST oder den VME-Bus vor. Wir testeten unser Exemplar mit einem Mega STE und einem Multiscan 9070 S von Eizo. Die Platine im Normformat trägt 1 MByte Video-RAM. Leider ist der Typ des Grafikprozessors nicht erkennbar, da ein groß dimensionierter Kühlkörper auf diesen Chip geklebt ist. Wilhelm Elektronik scheint auch Angst vor abkupfernden Konkurrenten zu haben, da man sogar von einem weiteren Chip die Typenbezeichnung abgeschliffen hat.

An unserem Testmodell waren noch kleine Layout-Änderungen erkennbar. Bedenklicher finden wir, daß der Grafikprozessor offenbar so nah an seinen Leistungsgrenzen arbeitet, daß er auf einen Kühlkörper angewiesen ist. In Tests erwärmte sich die gesamte Platine bedenklich, zeigte aber keine Ausfallerscheinungen.

An der Rückseite der Spektrum 1 TC liegt eine genormte 15polige VGA-Buchse. Das bedeutet, daß Sie Zugriff auf eine unüberschaubare Palette verschiedenster Farbmonitore haben. Natürlich ist auch der Anschluß eines Multiscan-Monitors ohne weiteres möglich. Auch bei der Wilhelm-Grafikkarte können Sie alle Monitorparameter frei einstellen. Um dem Anwender Arbeit abzunehmen, speicherten die Entwickler fertige Konfigurationsdateien für 18 geläufige Monitore. Diese Liste erweitert der Hersteller nach eigenen Angaben aber ständig, so daß sie bis zum Erscheinen dieses Heftes eigentlich schon angewachsen sein müßte. Das selbständige Anfertigen solcher Dateien durch den Anwender ist nicht ungefährlich. Wählen Sie bestimmte Parameter zu groß, können Sie relativ leicht Ihren Bildschirm »schießen«. Das Konfigurationsprogramm überprüft auch nicht, ob die Kombination bestimmter Angaben sinnvoll ist. Der Hersteller sollte unserer Meinung nach unbedingt eine Warneinrichtung vorsehen, die den Anwender vor der Zerstörung seines Monitors bewahrt.

Die Installation der Software erleichtert ein automatisch arbeitendes Programm. Dieses fragt den Anwender nach benutztem Monitor, Bootlaufwerk und ähnlichem. Zum Testzeitpunkt hatte dieses Utility noch einige kleine Fehler. Diese sollten aber leicht behebbar sein. Mit im Lieferumfang finden Sie auch ein Programm, das Calamus zur Zusammenarbeit mit der Spektrum-Karte veranlaßt.

Die Spektrum 1 TC verwendet zur reibungslosen Zusammenarbeit mit dem Betriebssystem GDOS. Auch die Installation der Fonts und der Assign.Sys-Datei erfolgt durch das Installationsprogramm.

Die Grafikmodi der Wilhelm-Erweiterung stellen auch verwöhnte PC- oder Macintosh-Anwender voll zufrieden. Die Videokarte arbeitet mit maximal 84 MHz Pixeltakt. Dies ermöglicht beispielsweise bei einer Auflösung von 640 x 480 Bildpunkten 16777216 Farben. Auch bei 832 x 626 Pixel stehen Ihnen 65536 Farben zur Verfügung. Der Anwender kann auch höhere virtuelle Auflösungen bei unveränderter Farbzahl nutzen. Diese unterscheiden sich aber nicht gravierend von den herkömmlich wiedergegebenen.

Wir erhielten mit unserem Testexemplar noch ein kopiertes Handbuch. Dieses machte jedoch schon einen sehr guten Eindruck. Die klar formulierte Anleitung unterstützt den Anwender sehr gut in der Installation von Hard- und Software.

Die Spektrum 1 TC arbeitete in unseren Tests trotz der oben schon erwähnten starken Erwärmung sehr zuverlässig. Der Anwender steht nun aber vor dem Problem, daß kaum ein Programm den 24-Bit-Grafikmodus (also 16, 7 Millionen Farben) unterstützt. Im Lieferumfang der Wilhelm-Karte fanden wir eine Demoversion des Programms »Charly Image«, das sehr eindrucksvoll die Fäh gkeiten dieser Erweiterung demonstriert. Nun sind eindeutig die Fiersteller von DTP- und EBV-Programmen angesprochen, ihre Programme an die Fähigkeiten der Spektrum 1 TC anzupassen.

In Grafikmodi mit weniger Farben zeigte sich die Erweiterung von ihrer besten Seite. Nur sehr alte Programme verweigerten den Dienst. Praktisch jedes moderne beziehungsweise »saubere« Programm arbeitete anstandslos. Auch die Geschwindigkeit des Videoadapters stellte uns voll zufrieden. Die Qualitäten der Wilhelm Spektrum 1 TC sind unbestritten. Es obliegt zum jetzigen Zeitpunkt den Herstellern der entsprechenden Anwendungsprogramme, ob sich die Karte mit 16, 7 Millionen Farben auf dem Markt durchsetzen kann. Wir finden, daß bei entsprechender Unterstützung diese Erweiterung ein großer Knüller im DTP- und besonders im EBV-Markt werden kann. (uh)

Wilhelm Mikroelektronik GmbH, Suggelstraße 31. 4670 Lünen

TOS-INFO

Name: Spektrum 1 TC
Hersteller: Wilhelm Mikroelektronik
Preis: 1698 Mark

Stärken: Geschwindigkeit □ gute Kompatibilität bei 32 768 Farben und niedriger

Schwächen: Noch geringe Unterstützung durch Softwarehersteller

Fazit: Leider ist die Spektrum 1 TC ihrer Zeit etwas voraus. Wir meinen aber, daß sie gute Chancen auf dem heiß umkämpften Markt hat.


Gerhard Bauer
Aus: TOS 08 / 1992, Seite 21

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