»Star Designer«, Grafikprogramm von Galactic

Fast unübersehbar groß ist die Zahl der Grafik-programme für den ST. Um trotzdem in die Berichterstattung einer Fachzeitschrift zu gelangen, muß ein Kandidat schon bemerkenswerte Leistungen aufweisen. Der »STar Designer« schaffte es durch seine außergewöhnlichen Effektfunktionen.

Schon die einfachen Zeichenfunktionen beweisen, daß Galactic nicht übertreibt, wenn sie über 600 Funktionen bewirbt. Allein der Befehl »Linie« bietet normal verschiebbare Linien, Verbindungslinien für Polygonzüge, Strahlen, Bemaßungslinien mit zweierlei Endformen, Bezierkurven mit einem oder zwei Magnetpunkten sowie eine Spline-lnterpolation mit maximal elf Stützpunkten. Gerade der letzte Befehl bringt zeichnerische Freiheiten, die sonst nur von erheblich teureren Programmen bekannt sind. Der Anwender zeichnet damit einen Linienverlauf von beispielsweise sechs Punkten. Das Programm berechnet daraus einen Kurvenverlauf, der sich wie mehrere zusammengesetzte Bezierkurven verhält. Dabei wirken die verschiedenen Stützpunkte gegenseitig aufeinander ein. Auch das Freihandzeichnen wartet mit Überraschungen auf. Diese Funktion ist immer ein besonderer Prüfstein für Zeichenprogramme. Hier müssen sie beweisen, wie weit es gelingt, traditionelle Zeichentechniken mit Stift oder Pinsel umzusetzen. Die Auswahl der Stiftformen beeindruckt. 20 Variationen stehen zur Verfügung. Besonders hilfreich ist eine Glättungsfunktion, die zittriges Zeichnen oder eine ruckelige Mausführung mildert. Die Pinselfunktionen zeigen, was gute Programmierer leisten. Vier Pinselformen warten auf den schwungvollen Einsatz. Die Größe der ersten beiden Formen ist frei wählbar. Sie unterscheiden sich in der »Tinte«, mit der sie malen. »Füllmuster fest« verwendet das eingestellte Füllmuster, »Füllmuster Wechsel« läßt die ersten sieben Atari-Füllmuster zyklisch durchlaufen und bringt damit abwechslungsreiche Verläufe zustande. Für diese beiden Pinselformen gilt außerdem: Bei gedrückter rechter Maustaste wächst der Pinseldurchmesser, nach dem Loslassen schrumpft er wieder auf das Ausgangsmaß. Das entspricht dem verstärkten oder nach lassenden Druck beim Zeichnen mit einem echten Pinsel. Der »Tuschepinsel« arbeitet geschwindigkeitsabhängig. Ein gezeichneter Bogen erscheint bei schneller Mausbewegung »aufgefächert«, beim langsamen Zeichnen bleibt der Linienverlauf schmal. Zusätzlich sind verschiedene Grunddicken anwählbar. Die letzte Pinselform verwendet einen rotierenden Pinsel, d. h. Grundformen wie Linie, Dreieck oder Quadrat rotieren während des Zeichnens und formen so ungewöhnliche Gebilde.


Atari—Pseudo—Fenster, 3d—Projektionen und schwungvoller Freihand— Pinsel zeigen nur eine Auswahl der riesigen Funktionsmenge

Aus Platzgründen beschränke ich mich hier auf Funktionen, die STar Designer von den meisten anderen Grafikprogrammen unterscheiden. Dazu zählt z.B. die Behandlung der Füllmuster. Neben den Atari-Füllmustern verfügt das Programm über eine eigene Musterbibliothek, die sich beliebig aus Bildteilen ergänzen läßt. Spannend wird es beim Füllen mit den gewählten Mustern. Neben dem statischen Füllen unterstützt der STar Designer Rasterverläufe. Computerkünstler bestimmen zunächst die Intensität des Musters durch einen Start- und Endwert. Als nächstes setzen sie die Verlaufsrichtung, z.B. von links unten nach rechts oben, und markieren die zu füllenden Flächen. Das Programm berechnet darauf sehr schnell die Rasterverläufe und zeichnet sie in das Bild. Es stehen Verläufe in acht Richtungen, eine beliebig plazierbare Lichtquelle und eine zentral beleuchtete Kugeloberfläche zur Auswahl. Die Effektfunktionen wissen besonders zu überzeugen: Mit einer der fünf Variationen des Befehls »Outline« beispielsweise erreichen Sie Solarisationsbilder, wie sie aus der Fotografie bekannt sind. Outline legt jeweils einen Rahmen um alle schwarzen Flächen, auch wenn es nur ein Pixel ist, und setzt den Rahmen entweder als Linie, mit dem aktuellen Füllmuster oder gesprüht. Besonders »griffige« Malfunktionen stecken hinter dem Menüeintrag »Special Effects«. Verdicken, Ausdünnen und Abrunden erklären sich von selbst. Bei der Funktion »Rastern« taucht eine Auswahl box auf, die 20 verschiedene Rasterformen bietet. Hier hinterlegen Sie Ihre Bilder mit Samt, Leinen, Stickerei oder Tapetenmuster. Die Effekte ähneln der Verwendung von Rasterfolien in der Fotografie. Besonders schnell konstruieren Sie einfache oder auch komplexere geometrische Figuren mit Hilfe der 3D-Projektionen. Hier lassen sich z.B. Trapezformen auf eine Kugel projezieren und nach der Umwandlung beliebig weit rotieren. Apropos drehen: Die Drehfunktion für Blöcke erinnert mich an die entsprechende Funktion von »Freehand« auf dem Macintosh. Ein Rahmen wird per Maus in Echtzeit in den gewünschten Winkel gedreht und das entsprechende Objekt dann sehr schnell entsprechend berechnet. Zugunsten einer hohen Geschwindigkeit errechnet der STar Designer diese Drehung über Tabellen. Dadurch treten bei gefüllten Flächen manchmal kleine Flecken auf, die sich jedoch in der Lupe schnell beseitigen lassen. Überhaupt die Lupe: Ein Dankeschön an den Programmierer für einfache Zeichenfunktionen innerhalb der Lupe. Es sind acht Grundfunktionen verfügbar. Selbstverständlich besitzt der STar Designer auch eine Textfunktion. Neben den einfachen Textzeilen unterstützt das Programm sogar Spaltensatz. Die Einbindung von Signum-und GEM-Fonts arbeitet problemlos. STar Designer unterstützt alle gängigen Bild- und Blockformate und beherrscht die Konvertierung von Farbbildern im Degas-Format. Dabei speichert es seine Bilder auch in den Farbauflösungen. Sehr praktisch, wenn man die Vielfalt des STar Designers zum Entwerfen der Bilder nutzt und sie dann nur noch in Degas koloriert.

Ein Nachteil ist die Beschränkung der Zeichenfläche auf die Bildschirmgröße. Es lassen sich für den Ausdruck mehrere Bilder zusammensetzen. Die direkte Verknüpfung z.B. mit »Calamus«, ist zur Zeit etwas umständlich. Abhilfe schafft das angekündigte Update. Es soll eine Blattgröße von DIN-A4 bei 300 * 300 dpi Auflösung unterstützen. Dazu sind Zeitungsraster und Vektorfonts vorgesehen. Außerdem arbeitet der Programmierer an einer Farbanpassung für den STE. Galactic hofft, die neue Version bereits zur Düsseldorfer Atari-Messe zu zeigen. Mit der Auslieferung wird für den Herbst gerechnet. Trotzdem sollte sich niemand von dieser kleinen Einschränkung abhalten lassen. Wer ein kreatives Werkzeug zum Malen von Bildern sucht, der ist mit STar Designer bestens bedient. Die Stärke des Programms ist seine große Funktionsvielfalt. Trotz der vielen vorgegebenen Objekte wird das Zeichnen nie langweilig, da sich fast unendliche Kombinationen ergeben. Durch seine eindeutige Zielsetzung für den kreativen Hobbymaler und -Zeichner hebt es sich positiv aus der Masse der Grafikprogramme hervor. Die Demoversion bietet einen guten Überblick über die Funktionen.

Galactic, Burggrafenstr. 88,4300 Essen 1

WERTUNG

Name: STar Designer
Preis: 149 Mark
Hersteller: Galactic

Stärken: Viele Mal- und Zeichenfunktionen □ Rasterverläufe □ Rastern der Bilder □ Zeichenfunktionen in der Lupe □ zweifach Lupe um Mauszeiger (Fadenkreuz) immer verfügbar □ gelungene Umsetzung traditioneller Maltechniken

Schwächen: Zeichenfläche bisher nur auf Bildschirmgroße

Fazit: Unentbehrlich für alle, die schnell und einfach effektvolle Bilder malen und zeichnen wollen


Wolfgang Klemme
Aus: TOS 06 / 1990, Seite 32

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