Liverpool: Die Kicker von der Anfield Road

Grandslam geht mal wieder mit großen Namen auf Käuferfang: »Liverpool« ist eine Fußballsimulation für Freunde der ersten britischen Division.

Zwei Disketten sind’s, die das Fußballspektakel fassen und neben einer ziemlich abgemagerten Anleitung in der Packung klappern. Die erste Speicherscheibe dient ausschließlich dazu, eine Reihe gescannter Visagen als »stimmungsvolles« Intro einzublenden. Offenbar sind das die prominenten Originale aus der englischen Fußball-Hochburg, die an Spieltagen dem vernähten Leder hinterhertreten. Auf dem Computer sieht das Ganze allerdings eher nach einem Fahndungsbericht von Interpol aus. Sei’s drum.

Schon schluckt das Floppy die zweite Spieldiskette und alsbald zaubert der Computer ein umfangreiches Hauptmenü auf den Screen.

Der Platztyp muß festgelegt werden (normal, naß oder trocken), die Matchdauer und viele andere Kleinigkeiten, die dem Computer verraten, wie er sich zu verhalten hat.

Untermenü

Einsteiger bolzen erstmal im Übungsmodus, entweder gegen Kollege Computer oder gegen einen richtigen Mitkicker. Bald geht’s in die erste englische Division. Um auch mal ein paar Kickern vom Festland vors Schienbein treten zu können, nimmt der ambitionierte Wettbewerber an Europapokalrunden teil. Bevor es auf den kurzgeschorenen Rasen geht, muß der Akteur natürlich zunächst mal ein Team zusammenstellen. Dabei kann er seine Elf aus einem Kader von zwanzig Mann rekrutieren. Jeder Spieler bringt ganz unterschiedliche Fähigkeiten mit und wird entsprechend im Mittelfeld eingesetzt oder als Verteidiger. Wer noch nicht in Form ist, muß erstmal auf die Ersatzbank. Anschließend gibt’s viel Grün auf dem Bildschirm, denn die Mannschaft stürmt das Spielfeld.

Aus leicht erhöhter Perspektive betrachtet der Spieler seine digitalen Bolzer in 3D.

Wie in den meisten Fußballsimulationen ist immer das Sprite aktiv, das dem Ball gerade am nächsten steht. Die Kamera zoomt den nett animierten Männchen stufenlos hinterher. Natürlich ist der sichtbare Spielfeldausschnitt ziemlich mickrig und von Übersicht kann keine Rede sein. Ein schneller Flankenwechsel z. B. ist reines Zufallsspiel. Um diesen Umstand zu kompensieren, hilft eine kleine Spielfeld-Draufsicht nach »Kick-Off«-Manier in der linken oberen Bildschirmecke. Damit läßt sich’s dann ganz gut leben. Trotzdem bleibt der Flankenwechsel schwierig, denn es ist nicht gerade einfach, die fliegende Lederkugel zu erhaschen. Nur mit einem beherzten Tritt an die Haxen geben die beinharten Gegner das Leder frei. Dummerweise versteht der Schwarzkittel mit der Pfeife keinen Spaß und ahndet Fouls sofort mit den berüchtigten bunten Karten oder Freistößen und Elfmetern.

Hat sich einer der eigenen Kicker erst einmal die Kugel gesichert, sind — zumindest laut Anleitung — allerlei Kapriolen möglich. Die blöde Steuerung nimmt allerdings so mancher Bananenflanke den Effet, Fallrückzieher oder Kopfbälle gehen meist ins Leere. Die abgemagerte Anleitung spart sich jegliche Kommentare dazu. Nach einer Weile Spielpraxis stellt sich heraus, daß das Spielfeld wohl am Hang liegen muß: Wer nach oben kickt, hat wesentlich bessere Siegchancen.

So reiht sich Liverpool trotz guter Ideen in die Liste der charakterlosen Durchschnittsware, die nach einigen Wochen ohne große Resonanz wieder von der Bildfläche verschwindet... (hu)

Leisuresoft, Robert-Bosch-Str. 1, 4703 Bönen

Viel Grün, wenig Sprites: Spielbeginn
Steilpaß

WERTUNG

Liverpool

F030 ▢ TT ▢ STE ▣ ST ▣

Hersteller Grandslam
Preis: ca. 80 Mark
Harddisk: nein
Mono: nein
Genre: Fußballsimulation

Grafik: 4 von 6
Sound: 2 von 6
Motivation: 4 von 6


Carsten Borgmeier
Aus: ST-Magazin 04 / 1993, Seite 96

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite