GMX-1: Kraftpaket

Erstmals durchbricht ein Synthesizermodul die 500-Mark-Schallgrenze. Dabei beweist der Sample-PlayerGMX-1 erstaunliche Klangvielfalt.

Nicht nur Musiker helfen dem ST-Klangchip mit externen Synthesizermodulen auf die Sprünge: Hochwertige 16-Bit-Klänge reizen viele ST-Anwender, den Atari beim Vertonen eigener Videoproduktionen oder Computerprogramme einzusetzen, entdecken die Freude am Singen zu Karaoke-MIDI-Files oder untermalen Mind-Machine-Sessions mit mit eigenen, wohlklingenden Sphärenklängen.

Preiswert und technisch ausgefeilt: GMX-1 Sampler

Der GMX-1 ist angesichts seiner Größe stimmgewaltig: 20 verschiedene Töne gibt das Sound-Modul zeitgleich wieder. Dabei sendet der Player auf allen MIDI-Kanälen gleichzeitig — wobei er neben gesampelten Naturklängen auch algorithmische Synthesizersounds integriert. Die MIDI-Kanäle lassen sich per Hardware-DlP-Schalter zu drei Gruppen konfigurieren: Kanal zehn enthält Drumklänge — die Kanäle eins bis neun und 11 bis 16 können entweder gesperrt oder per MIDI mit einem von 128 Preset-Klängen belegt werden. Bei der Klangzuordnung hält sich der Hersteller strikt an den neuen »General Midi Standard« (GS). Außerdem versteht das Modul alle neuen MIDI-Befehle wie z.B. Bank-Select (ermöglicht bis zu 16384 verschiedene Klänge) und die Kombination der beiden Controller 100 und 101 (z. B. zum Einstellen der Pitchbend-Sensitivity). Die GS-Vorteile sind eindeutig: Die Klänge sind nach Kategorien wie Piano, Streicher, Gitarren, Bässen u.s.w. geordnet. Der Anwender kann sicher sein, daß die verschiedenen Speicherplätze eines GS-Synthesizers mit ähnlichen Klangfarben belegt sind. Eine Komposition läßt sich somit auch auf fremden Anlagen abspielen. Damit ist ein Austausch von MIDI-Songs unter Musikern möglich.

Obwohl das GMX-1 den MIDI-Standard umfassend wie kaum ein anderes Gerät integriert hat, läutet es selbst das Nach-MIDI-Zeitalter ein! Neben dem MIDI-Interface besitzt der Player eine serielle RS232-Schnitt-stelle, die eine Ansteuerung per Computer auch ohne MIDI erlaubt. Angeschlossen wird der Player am Modem-Port. Zusätzlich läßt sich parallel dazu eine MIDI-Tastatur anschließen. Die Baudrate läßt sich für jeden Rechner passend einstellen.

Das neue Windows 3.1 Betriebssystem (für PCs) nutzt Soundeffekte bereits intensiv. In Verbindung mit dem Sample-Player lassen sich dabei Desktop-Operationen, wie z.B. Öffnen und Schließen eines Fensters, bestimmte Klänge zuordnen. Mausklicks werden z. B. mit unterschiedlichen Melodien begleitet. Fehlermeldungen bzw. Bomben könnten mit Page 0/Nr. 127 (Applause) bzw. Page 1/Nr. 127 (Gelächter) kombiniert werden. Da Atari-Utility-Programmierer mit zu den Erfindungsreichsten zählen, dürften auch am ST bald ähnliche Klangkollagen die Mausaktionen begleiten.

MIDI-Kanal 10 wurde eigens für Perkussionklänge reserviert. Fünf verschiedene Drumsets mit jeweils 61 unterschiedlichen Klängen bringen Tanzbeine auf Touren. Toms sind in allen Variationen vorhanden — »In the Air Tonight«-Wirbel, mit Kellerechos, mit Hall oder als kompletter Paukensatz — über eine ganze Oktave hinweg, gestimmt in Halbtönen von f bis f. Auch den großen Pausengong haben die Entwickler nicht vergessen.

Das Gerät wird über zwei Cinch-Buchsen (Stereoklang) an einen Verstärker oder Mischpult angeschlossen. Außerdem gibt es einen Kopfhörerausgang und drei MIDI-Buchsen. Der einzige Regler am Gerät steuert das Volumen. Alle anderen Funktionen wie Panorama, der Lautstärkepegel der verschiedenen Klänge, Tuning etc. werden über MIDI-Befehle eingestellt. Der GMX-1 erkennt alle wichtigen MIDI-Events wie Pitchbend, Velocity, Aftertouch, Modulation, Portamento, Sustainpedal.

Etwas ungewöhnlich ist die Wahl der Stromversorgung: Das beiliegende Netzteil liefert nämlich 9 Volt Wechselstrom! Sollten Sie versehentlich ein übliches Gleichstrom-Netzteil anschließen, kann das Gerät unter Umständen schwer beschädigt werden. Sollte der Klang Ihren Vorstellungen nicht entsprechen, nimmt Doepfer innerhalb von 14 Tagen bei voller Kaufpreisrückerstattung das Gerät zurück.

WERTUNG

GMX-1

Hersteller: Doepfer Musikelektronik GmbH
Preis: 498 Mark

Vorteile: hervorragende 16-Bit-Sample-Sounds, diverse Synthesearten, neue MIDI-Befehle implementiert, Ansteuerung gleichzeitig über RS232 und MIDI, 20stimmiger Multi-Mode, mehrere Perkussion-Pages,

Einschränkungen: reines Preset-Gerät, kann nur interne Werk-Sounds wiedergeben, keine Soundkarten-Erweiterung möglich, Wechselstrom-Netzteil

Vertrieb: Doepfer Musikelektronik GmbH, Lenbachstr. 2,8032 Gräfelfing bei München


Manfred Neumayer
Aus: ST-Magazin 12 / 1992, Seite 24

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