Börsenprogramme: Russisches Roulette

Sie fürchten weder Tod noch Teufel und lieben Risiko und Nervenkitzel? Dann ist das Spiel mit Termingeschäften garantiert nach Ihrem Geschmack.

Seit Januar 1990 gibt es in Frankfurt eine neue Variante des Märchens »Vom Tellerwäscher zum Millionär«: die Deutsche Terminbörse (DTB) macht’s möglich. Mit relativ geringem Einsatz lassen sich innerhalb kürzester Zeit astronomische Gewinne erzielen. Risiko: gesalzene Verluste! Alles was Sie brauchen ist ein Computer, etwas Grundkapital und ein Programm wie z.B. »Options« von Lutz Dievel.

Die DTB kauft und verkauft ausschließlich über Computer. Rund 50 Kreditinstitute sind mit dem DTB-Zentralrechner verbunden. Direkten Kontakt mit Maklern gibt es nicht — alle Geschäfte werden on line abgeschlossen. Handelsgegenstand sind Gutscheine, genannt Optionen, die den Besitzer innerhalb eines bestimmten Zeitraums zum Kauf eines Wertpapiers oder Rententitels berechtigen. Der Preis wird dabei vorher festgelegt.

Das Prinzip ist einfach: Angenommen Sie wissen aus sicherer Quelle, daß BMW ein Auto erfunden hat, das statt Benzin Wasser tankt. Daraus ziehen Sie den Schluß: BMW-Aktien steigen. Sie könnten nun bis zur letzten Mark in BMW-Aktien investieren. Für z.B. 1000 Mark bekommen Sie bei einem Kurs von ca. 500 Mark allerdings nur zwei Wertpapiere. Optionsscheine sind dagegen sehr viel billiger. Für den Einsatz von 1000 Mark könnten Sie z.B. das Recht erwerben, in den nächsten drei Monaten stolze 100 BMW-Aktien zum Kurs von 500 Mark zu kaufen. Steigt der Aktienkurs dann tatsächlich, z.B. auf 1000 Mark, winkt ein fetter Gewinn. Dabei müssen Sie noch nicht mal das Kapital zum Erwerb der Papiere besitzen. Sie können schließlich auch Ihren Optionsschein, der ja einen Kursgewinn von 50 000 Mark garantiert, wieder verkaufen. Steigt der Kurs im vereinbarten Zeitraum nicht (was keineswegs selten ist), lassen Sie die Option verfallen. Dann haben Sie freilich Ihren kompletten Einsatz verloren.

Viele Börsenprogramme besitzen mittlerweile Optionsmodule, die Strategien berechnen und vorschlagen. Lutz Düvels Options bewertet eine Option nach der berühmten Black & Scholes Formel. Obwohl diese von relativ unrealistischen Annahmen ausgeht — z.B. dürfen während der Restlaufzeit keine Dividenden ausbezahlt werden, außerdem dürfen nur europäische Optionen bewertet werden — findet sie in der Praxis bei vielen Banken und Spekulanten Verwendung. Manche Kreditinstitute bewerten damit auch Optionsscheine — sie berechtigen zum Erwerb einer Aktie und haben meist eine Laufzeit von mehreren Jahren —; eine umstrittene Praxis, da sich Dividenden und Volatilität (Kursschwankungen) schlecht über Jahre hinweg schätzen lassen.

Options im Zusammenspiel mit »Gecko«

Die Ergebnisse der Black & Scholes Formel wurden vielfach empirisch untersucht. Dabei zeigt sich, daß Unterbewertungen meist bei Calls (das sind Kaufoptionen) mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Monat auftreten sowie bei Papieren mit geringer historischer Volatilität. Im Gegensatz dazu neigen Papiere mit hoher historischer Volatilität zu Überbewertungen. Gute Ergebnisse liefert die Black & Scholes Formel bei durchschnittlicher Volatilität und bei Restlaufzeiten von über zwei Monaten.

Düvels Options läßt sich entweder als ACC oder PRG installieren. Das Programm besteht lediglich aus zwei Dialogboxen, einer Mainpage zur Berechnung des Papiers nach der Black & Scholes Formel und einer Box zur Einstellung der Parameter.

Zur Berechnung benötigt das Programm eine Reihe von Inputdaten: Name des Papiers, aktuelles Datum und Kurs, Bezugskurs, Volatilität, einen kurzfristigen risikolosen Zinssatz sowie das Bezugsverhältnis. Auf Knopfdruck werden entweder die Fälligkeitstermine der DBT oder die des alten Optionsmarkts errechnet.

Mainpage von »Options« am Beispiel einer BMW-Aktie

Die Formel verlangt die Angabe der Restlaufzeit in Tagen. Wollen Sie mehrere Termine berechnen, genügt es, jeweils das Berechnungsdatum und das Verfallsdatum einzugeben. Die Differenz berechnet Options mit Hilfe eines internen Kalenders. Umstritten ist die Behandlung der Wochenenden. Dazu geben Sie die gewünschte Methode in die Parameterbox ein.

Schwer zu bestimmen ist die Volatilität. Sie ist ein Maß für die Schwankungsintensität eines Kurses. Dabei unterscheidet die Black & Scholes Formel zwei Formen von Volatilitäten: Die historische Volatilität wird statistisch auf der Basis der letzten 30 oder 250 Tage berechnet. Im »Handelsblatt« wird täglich für alle DAX-Werte (Deutscher Aktienindex) die historische Volatilität abgedruckt. Diese Tabellen können Sie direkt ins Programm übernehmen.

Die implizite Volatilität errechnet sich nach dem realen Marktpreis und wird durch Iteration ermittelt. Sie stellt den Wert dar, den die Marktteilnehmer einer Option zuerkennen. Nach Eingabe der Daten stellt Options für Kauf- und Verkaufsoptionen die Ergebnisse der Black & Scholes Formel in einer Serie dar. Durch Einzelanalysen lassen sich interessante Kennzahlen — u.a. auch die implizite Volatilität — und die spezifischen Abhängigkeiten einer Option untersuchen. Dabei läßt sich z.B. der Faktor berechnen, um den sich der Kurs einer Option stärker ändert als der Aktienkurs. Die Berechnung erfolgt nach der Formel: Aktienkurs/(Bezugsverhältnis x Optionskurs).

Vier Kennzahlen — Delta, Theta, Rho und Vega — zeigen, wie der Optionskurs während der Restlaufzeit reagiert, wenn sich ein bestimmter Basiswert um eine Einheit ändert. Praktisch ist hier die integrierte Zielkursberechnung.

Leider lassen sich die Werte nicht aus anderen Programmen bzw. aus einem Btx-Modul importieren. Da sich ohnehin immer nur eine Option nach der anderen bewerten läßt, ist dies freilich kein allzu großer Umstand. Ergebnisse lassen sich zwar drucken, nicht aber speichern oder exportieren. Darüber hinaus ist das Programm auf Restlaufzeiten bis zu maximal vier Jahren begrenzt.

Ob die Bewertung eines Papiers nach der Black & Scholes Formel alleine für einen Erfolg im risikoreichen Optionsgeschäft ausreicht, ist allerdings fraglich. Andere Programme wie z.B. das Optionsprogramm »Cato« warten hier mit über 30 Strategien auf — solche Programme kosten freilich auch wesentlich mehr (1390 Mark).

WERTUNG

Options

Hersteller: Lutz Düvel
Preis: 98 Mark

Vorteile: Einzelbewertung einer Option, als ACC und PRG lauffähig, DTB-Fälligkeitstermine, einfache Bedienung

Einschränkungen: keine Im- und Exportmöglichkeit, keine Datensicherung möglich

Vertrieb: Lutz Düvel, Sperberweg 14, 3258 Aerzen 1

Programm Beschreibung Preis Vertrieb Telefon
Auiofonds Series 300 prof. Finanz- u. Börsenprg. 6270 Mark Stäche 06151- 712517
BTX-Börsenmanager liest aktuelle Kurse per BTX ein 248 Mark Bopp 06034- 7961
Cato Analyse von Optionsstrategien 1390 Mark Stäche 06151-712517
CW-Chart 8.0 200000 historische Daten 997 Mark Stäche 06151-712517
Depotverwaltung unbegrenzte Zahl an Wertpapieren 229 Mark ifa 0221- 520428
Gecko 2.0 einfache und praktische Bedienung a.A. Lutz Düvel 05154- 4049
Invest Verwaltung von Investment clubs 2990 Mark MFA 09723- 4902
James 3.0 Optionsschein-Analyse; Kaufempfehlung 299 Mark ifa 0221- 520428
Option Bewertung von Optionsscheinen u. Anleihen 890 Mark MFA 09723- 4902
Options Black/Scholes-Bewertungsprogramm 98 Mark Lutz Düvel 05154- 4049
Q-Börse Auslisten von Wertschriftbeständen; Termingeschäfte 490 Mark Q-Line 031- 258958
Progno Chartanalyse mit Trendkanal 835 Mark Lieberoth 2204- 71672
S. & P.-Charts Analyse von Aktien, Optionsscheinen etc. 498 Mark Q-Line 031- 258958
Werapo Depotverwaltung v. Wertpapieren 1590 Mark MFA 09723- 4902
Werdfue Übernimmt BTX-Kursdaten 290 Mark MFA 09723- 4902

Manfred Neumayer
Aus: ST-Magazin 10 / 1992, Seite 32

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