Interview: Problemfall Emulatoren

Festplatten sind sichere und komfortable Datenträger — kurzum ein ideales, leicht bedienbares Speichermedium für diskettenmüde Zeitgenossen. Daß diese Vorstellung zuweilen trügerisch ist, erfuhr die Redaktion in einem Gespräch mit Bernd Schröder vom Festplattenhersteller »Frank Strauß Elektronik«.

ST-Magazin:
Wieso gibt es gerade im ST-Bereich immer wieder Probleme mit Festplatten? Von Benutzern IBM-kompatibler Systeme hört man kaum Klagen. Sind Atari-User ungeschickter im Umgang mit der Computer-Peripherie?

Bernd Schröder:
Eigentlich ist eher das Gegenteil der Fall. Auch beim PC gibt es Probleme, die werden jedoch über den Support abgefangen. Der Käufer erhält in den meisten Fällen ein komplett installiertes System gebrauchsfertig zu Hause aufgestellt. Atari-Rechner sind — von ihrer Grundkonzeption — nicht unbedingt für den Festplattenbetrieb ausgelegt. Die Festplatte ist nicht integriert, sondern wird extern ins System eingeklinkt.

ST-Magazin:
Externen Systemen sagt man nach, daß sie Anwender ohne Grundkenntnisse durch ihre komplizierte Systemeinbindung überfordern...

Bernd Schröder:
Das ist sicherlich nicht ganz unberechtigt. Beim Atari genügt es schon, wenn z.B. eine bestimmte Einschaltreihenfolge der externen Systeme eingehalten wird. Wenn jetzt alle Geräte über eine Steckerleiste und einen Hauptschalter miteinander verbunden sind, hat die Festplatte gute Chancen, nicht erkannt zu werden. Es gibt da ein bekanntes Problem mit dem Betriebssystem. Das TOS fragt nach dem Systemstart in der geringen Zeitspanne von 0,1 s eingeschaltete Laufwerke ab.

ST-Magazin:
Der Betrieb von mehreren Festplatten am Atari ist ebenfalls nicht zufriedenstellend gelöst. Gibt es da nicht bei vielen Benutzern Informationsdefizite?

Bernd Schröder:
Viele unserer Atari-Kunden verfügen erstaunlicherweise über Expertenwissen. Lediglich von 10 Prozent der Festplattenkäufer erhalten wir bereits am ersten Tag eine Rückmeldung.

ST-Magazin:
Könnte man solche Rückfragen nicht ganz abfangen? Zum Beispiel durch bessere Installationsbeschreibungen?

Bernd Schröder:
Ich denke, wir haben bereits gute Arbeit geleistet. Allen Platten liegt ein 80seitiges Handbuch bei. Zusätzlich liefern wir nur partitionierte und autobootfähige Geräte aus. Trotzdem ziehen wir uns den Schuh gerne an: In Zukunft werden wir weiter an der Verbesserung der Dokumentation arbeiten. Auf der anderen Seite können auch Fachzeitschriften, wie das ST-Magazin, den Lesern wichtige Tips geben.

ST-Magazin:
Das ist gerade der Grund dieses Gesprächs. Welche Probleme machen Festplattenbesitzern am meisten zu schaffen? Hintergründe im Zusammenhang mit Atari haben wir ja bereits kurz angerissen.

Bernd Schröder:
Das Problem ist tatsächlich der Atari. Was viele Anwender als positiv empfinden, macht gerade uns das Leben schwer. Der ST emuliert eine Reihe von Betriebssystemen. Wie Festplatten für Atari-Rechner installiert werden, wissen die meisten unserer Kunden. Viele benötigen nicht einmal Handbücher. Ist aber erst mal ein PC-Speed-Emulator eingebaut, gibt es erste Schwierigkeiten. Gerade in diesen Tagen hatte ich mehrere Anfragen von Kunden, die sich ein Update der »ICD«-Software besorgt hatten und Probleme mit dem Treiber bekamen.

Bernd Schröder:
Ich habe den Anrufern geraten, zur Treiber-Installierung nicht das »HDUTIL. PRG« zu benutzen, sondern den neuen Treiber auf die C-Partition zu kopieren und danach in »ICDBOOT.SYS« umzubenennen. Damit konnte ich allen Anwendern helfen. Sehen Sie, das sind eigentlich Expertentips, die Atari-typisch sind. Kein weiterer Computer ist so verwandlungsfähig wie dieser Rechner. In unseren Handbüchern ist gerade der Betrieb unserer Platten mit Emulatoren wie »Spectre« oder PC-Speed minutiös beschrieben: der »Supercharger« z.B. Auch dazu bekommen wir Nachfragen. Besitzer dieses Emulators können die ID-Adresse 6, über die das Gerät angesprochen wird, ausblenden. Manchmal verträgt sich auch die Host-Adapter/Supercharger-Kombination nicht. Das ist durch einen Adaptertausch leicht zu beheben. Dazu muß allerdings die Platte eingeschickt werden.

ST-Magazin:
Eine recht knifflige Angelegenheit ist die Neupartitio-nierung. Es kann mitunter Vorkommen, daß sich die Platte danach nicht mehr ansprechen läßt...

Bernd Schröder:
Das ist ein bekannter Effekt, der auftreten kann, aber völlig unproblematisch ist. Dazu braucht man nur eine Diskette mit dem »ICD-BOOT.PRG« im Autoordner in Laufwerk A: zu schieben. Anschließend kann die Platte eingeschaltet werden. Wenn nun der Rechner auf Floppy A: zugreift, drückt man die Tastenkombination »Control-Shi ft-Altemate«.

Bringt auch dieses Verfahren nicht den gewünschten Erfolg, ein heißer Tip: Bei ausgeschalteter Platte den Computer mit der beschriebenen Diskette starten und das »ICDFMT.PRG« aufru-fen. Auf die Frage: »Sind alle Festplatten angeschlossen?« schaltet man die Platte ein, führt einen Re-Scan aus und kann mit der Partitionierung fortfahren.

ST-Magazin:
Herr Schröder, wir bedanken uns für das informative Gespräch, (em)



Aus: ST-Magazin 11 / 1990, Seite 58

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