Fliegender Wechsel: Supercharger-BlOS-Version 1.4

Beta Systems entwickelte einen an den DMA-Port ansteckbaren Emulator. Seit September 1989 wird der neue »Supercharger« ausgeliefert.

Auch wenn die Hardware des »Supercharger« wenig aufregend aussieht, die Leistung überzeugt.

Da der Supercharger über eigenes RAM verfügt, kann man ihn eigentlich als eigenständigen PC ohne Tastatur bezeichnen. Aufgrund seines Speichers können Sie den Emulator mit der Tastenkombination »ALT-CONTROL^ BACKSPACE« verlassen. Der Supercharger wird dabei in seinem aktuellen Zustand »eingefroren«. Bei erneutem Start arbeiten Sie an dieser Stelle weiter, als wäre nichts gewesen.

Genau an diesem Punkt setzt die neue BlOS-Version an. Verlassen Sie den Emulator mit der Tastenkombination »SHIFT-CONTROL-BACKSPACE«, arbeitet der Supercharger im Hintergrund weiter. DOS- und TOS-Programme werden ab sofort parallel abgearbeitet.

Während Sie im ST-Modus sind, hat der Supercharger weiterhin Zugriff auf die Peripherie. Bei TOS-Laufwerken ist nur Lesen möglich. Haben Sie jedoch für den Emulator eine spezielle Boot-Partition installiert, ist dort auch Schreibzugriff gestattet.

Die Entwickler setzen dieser Möglichkeit der parallelen Abarbeitung noch die Krone auf. Sie erhalten auf der Utility-Disk auch ein Accessory, mit dem Sie aus einer laufenden GEM-Applikation zu MS-DOS wechseln. Das ST-Programm wird in diesem Fall angehalten, verlassen Sie aber den Emulator über eine der beiden Hotkey-Funktionen, wird die Bearbeitung des TOS-Programms fortgesetzt.

Der Clou: MS-DOS-Programme kann man aus GEM heraus mit Mausklick starten. Dazu müssen Sie das Pro gramm »LAUNCH.TTP« als Anwendung anmelden. Bei Selektion einer COM-, EXE-und BAT-Datei wechselt der ST zum DOS und startet die Datei. Nach Beendigung erfolgt ein Rücksprung zum TOS.

Die mitgelieferte Toolbox ermöglicht Programmierern den Zugriff auf den Supercharger. Es können »V30-« und »68000-Programme« parallel abgearbeitet werden. Der Supercharger kann also erheblich mehr, als nur einen PC emulieren.

Durch einen residenten Teil des Programms »SCTB.PRG« wird Ihnen der »Trap # 4« zur Verfügung gestellt. Der TOS-Programmierer kann nun auf Funktionen zurückgreifen, die den Datenaustausch regeln.

Als Beispiel für mögliche Applikationen erhalten Sie ein Programm, mit dem Sie den Speicher des Superchargers unter TOS als RAM-Disk nutzen können. Besonders begrüßenswert ist, daß der komplette dokumentierte Source-Code sowohl im Handbuch als auch auf Disk mitgeliefert wird. Der angehende Programmierer des Multi-Prozessor-Systems ST und Supercharger wird hier sicherlich hilfreiche Beispiele für die Realisierung seiner Programm-Projekte finden.

Durch das gute Toolbox-Handbuch ist für erfahrene Programmierer ein Einstieg in Multiprozessor-Systeme möglich. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß Gefahren bei unsachgemäßer Verwendung des DMA-Busses bestehen.

Um die möglichen Gefahrenquellen auszuschließen, gibt es eine Reihe von Funktionen, die die Adressierung und Freigabe des DMA-Busses automatisch regeln. Für eine extrem schnelle Kommunikation zwischen Supercharger und ST gibt es noch erweiterte Funktionen. Dabei ist jedoch zu beachten, daß der Programmierer sich um Adressierung und Freigabe des DMA-Busses kümmert. Diese Funktionen ermöglichen eine extrem schnelle Kommunikation zwischen »MC 68000« und »NEC V30«.

Der Supercharger wird jetzt serienmäßig mit 1 MByte Hauptspeicher ausgeliefert. Dies ist auf die entspannte Lage auf dem Speichermarkt zurückzuführen. Der Emulator läuft sowieso nur mit voller Speicher-Bestückung zur Höchstform auf.

Im Lieferumfang ist weiterhin MS-DOS 4.01 enthalten. Selbst beim Kauf eines neuen PCs ist dies keine Selbstverständlichkeit. Bei anderen PC-Emulatoren müssen Sie das Betriebssystem zusätzlich erwerben.

Ebenfalls eine Besonderheit ist der Sockel für einen »8087-Mathe-Coprozessor«. Wenn Sie viele Berechnungen ausführen lassen, wie bei Tabellenkalkulationen oder Fraktal-Berechnungen, empfiehlt sich die Anschaffung. Im Augenblick ist der Supercharger der einzige Emulator, der für einen »8087« einen Platz zur Verfügung stellt.

Für DFÜ-Reisende: Der Supercharger verfügt seit einiger Zeit über eine zweite serielle Schnittstelle. »COM1« ist weiterhin für die Atari-Maus als Mouse-System kompatible Maus reserviert. »COM2« verbindet den Emulator mit der RS232-Schnittstelle. Es sind Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu 19200 Baud möglich.

PC-Programme lassen sich durch Mausklick von TOS aus starten

Auch an den unterstützten Grafikmodi haben die Entwickler gearbeitet. Der Supercharger unterstützt jetzt neben CGA- auch noch Hercules-Grafik. besonders interessant ist die Möglichkeit, mit Hilfe des PC-Programms »SETVIDEO.EXE« den Grafik-Modus zu ändern, ohne den Emulator zu verlassen.

Durch Überarbeitung und Optimierung des »BIOS« konnte die Kompatibilität noch etwas gesteigert werden. Natürlich kann es immer noch Schwierigkeiten mit einigen Kopierschutzmethoden geben. Dies liegt jedoch keinesfalls am Emulator, sondern am Floppy-Controller des STs. Dieser ist leider nicht vollständig zu dem eines PCs kompatibel. In der Regel werden jedoch die meisten Anwendungsprogramme ohne Kopierschutz ausgeliefert.

Der Supercharger ist durch die Möglichkeit des parallelen Betriebs von TOS und DOS sicherlich für viele ST-Besitzer interessant. Bislang wurde teilweise berechtigt überlegt, ob es sich lohnt, einen Emulator mit eigenem Speicher anzuschaffen, da sich dies doch deutlich im Preis bemerkbar macht.

Mit der neuen BIOS-Version verfügen Atari ST-Besitzer über neue Funktionen beim Betrieb eines PC-Emulators. Diese neuen Möglichkeiten sind natürlich nur durch das Konzept des Superchargers mit eigenem Speicher zu realisieren.

Bleibt zu hoffen, daß sich die Entwickler nicht auf Ihren Lorbeeren ausruhen und weiterhin mit Engagement am Supercharger arbeiten. Daß es sich lohnt, beweist diese neue BlOS-Version. (mb)

Wertung

Name: Supercharger
Preis: ca. 870 Mark
Hersteller: Beta Systems, Frankfurt

Stärken: □ Parallelbetrieb von TOS und DOS, □ Accessory zum Umschalten aus laufenden GEM-Applikationen, □ Sockel für 8087-Coprozessor, □ MS-DOS 4.01 im Lieferumfang

Schwächen: □ Atari-Maus nur als Mouse-Systems kompatible Maus verwendbar, □ blockiert in ausgeschaltetem Zustand DMA-Port, □ benötigt zusätzlichen Platz auf dem Schreibtisch

Fazit: Für Anwender, die oft zwischen den Betriebssystemen switchen, ist der Supercharger das richtige Instrument

Beta Systems, Staufenstr. 42, 6000 Frankfurt 1


Thomas Lange
Aus: ST-Magazin 08 / 1990, Seite 42

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