Editorial: Absahnen per Abmahnung?

Wenn Sie in letzter Zeit den Kleinanzeigenteil der einschlägigen Fachpresse studiert haben, wird Ihnen sicher aufgefallen sein, daß der Anteil an Angeboten für Massenspeicher deutlich zurückgegangen ist.

Der Grund dafür ist die Abmahnaktion eines norddeutschen Händlers. Er läßt ein Anwaltsbüro Abmahnungen an Händler verschicken, die Geräte ohne FFZ-Nummer vertreiben. Diese FFZ-Zulassung, eine Art TÜV-Plakette, brauchen aber seiner Meinung nach alle Geräte, die in der Bundesrepublik betrieben werden. Besagter Händler verkauft natürlich nur Floppies und Festplatten, die diese Nummer besitzen. Mit seiner Abmahnaktion versucht er zuerst einmal den Markt »dicht zu machen« und sich selbst einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Jeder Vertreiber aber, der diese Abmahnung unterschreibt, erklärt sich damit auch zu einer Kostenerstattung von etwa 900 Mark an das Anwaltsbüro bereit. Bedenkt man nun, daß etwa 200 solcher Schreiben abgeschickt wurden, so ergibt dies eine ansehnliche Summe ...

Die rechtliche Grundlage solcher Abmahnungen ist aber durchaus nicht gesichert.

Hoffentlich läßt eine gerichtliche Überprüfung der Gesetzeslage nicht mehr allzulange auf sich warten, da sonst der Vertrieb solcher Geräte für einige Zeit quasi unterbunden wäre. Am Ende der Verkaufs-Kette steht nämlich der Verbraucher, und der ist schließlich der »Angeschmierte«, da ihm nur noch ein erheblich verringertes Marktangebot zu höheren Preisen zur Verfügung stünde. Dagegen muß man sich wehren.

In diesem Sinne
Ihr Uwe Wirth
Stellv. Chefredakteur


Uwe Wirth
Aus: ST-Magazin 08 / 1990, Seite 3

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