Gut Ding will Weile haben: MS-DOS-Emulator Supercharger im Vergleich mit PC-Speed

Thomas Lange Ulrich Hofner

Bereits vor fast zwei Jahren geisterte der MS-DOS-Emulator »Supercharger« durch verschiedene Fachzeitschriften, alleine zu kaufen gab es dieses Gerät nirgends. Den Entwicklern der Firma Beta Systems gelang es aber doch noch, den Supercharger zur Serienreife zu bringen.

Der »PC-Speed« der Firma Sack Electronic ist bereits seit einigen Monaten erhältlich. Einen ausführlichen Testbericht finden Sie in Ausgabe 7/89. Bei zwei Hardware-MS-DOS-Emulatoren stellt sich die Frage, welcher mehr Leistung für sein Geld bringt.

Wenden wir uns zuerst der Hardware des Superchargers zu. Mit diesem Gerät erwirbt man ein deutschsprachiges Handbuch, ein Steckernetzteil, ein Anschlußkabel und das Betriebssystem MS-DOS Version 4.01. Den Emulator verbindet man über den DMA-Port mit dem ST. Festplattenbesitzer, deren Platte über keinen durchgeschliffenen DMA-Bus verfügt, müssen keinesfalls auf den Supercharger verzichten. Der Emulator besitzt zwei zum Atari-Hard-Disk-Port kompatible Anschlußbuchsen. Die Festplatte schließen Sie in diesem Fall als zweites Gerät an.

Öffnet man das etwa zigarrenkistengroße Gehäuse des Superchargers, so erhält man Zugang zur aufgeräumten Platine des Emulators. Auf den ersten Blick fallen einem neben dem mit 8 MHz getakteten NEC-V30-Prozessor und einem von Beta Systems entwickelten Gate-Array sofort fünf leere Steckplätze auf. Vier dieser Sockel sind für 1-Megabit-Chips reserviert. Damit läßt sich der verfügbare Arbeitsspeicher von 512 KByte auf 1 MByte aufrüsten. Da sehr viele Programme einen voll ausgebauten Speicher benötigen, sollten Sie den Preis dieser Chips bereits beim Kauf mitkalkulieren. Der fünfte freie Sockel nimmt bei Bedarf einen 8087-Arithmetik-Coprozessors auf.

Der Supercharger ist hardwaremäßig ein Minimal-PC mit eigenem Prozessor, der eigens für das Zusammenspiel mit dem ST konzipiert wurde. Daher sucht man Peripherie wie Bildschirm, Tastatur Schnittstellen und Laufwerke vergebens.

Der Emulator unterstützt die ST-Maus vorbildlich. Lädt man einen DOS-Maustreiber, erkennt Supercharger die ST-Maus an der seriellen Schnittstelle COM1 und bedient sie korrekt. Im Gegensatz zu früheren Versionen des Supercharger-BIOS läßt sich der Mauszeiger nun exakt und schnell positionieren.

Die Besitzer eines Lasers SLM 804 dürfen sich freuen: Seit der Version 1.10 unterstützt der Emulator sogar dieses Ausgabemedium. Ärgerlich ist, daß der Supercharger im Augenblick nur über die CGA-Auflösung verfügt. Da der Emulator keine Slots besitzt, muß man auf EGA, Hercules und VGA verzichten.

Neben den ST-Disketten-Laufwerken arbeitet Supercharger auch mit Festplatten zusammen. Allerdings werden zur Zeit nur Hard-Disks unterstützt, die zum original Atari-Treiber kompatibel sind.

Wie kompatibel sind die Emulatoren?

Die Programme wurden auf einem Supercharger mit 1 MByte RAM getestet. Mit nur 512 KByte arbeiten lediglich sehr wenige Programme.

Der Supercharger wird über den DMA-Port mit dem ST verbunden
Die Superchargerplatine läßt sich auf 1 MByte RAM aufrüsten
Programm Supercharger PC-Speed
Archipelagos + -
Balance of Power 1990 + -
Chessmaster 2100 - +
Curse of the Azure Bonds + +
dBase III plus + +
DOS 3.2b + +
DOS 3.30 + +
Flight Simulator III + +
Framework III + +
Gold Rush + +
King’s Quest IV + +
Leisure Suit Larry + +
Leisure Suit Larry II + +
Lombard Rally - -
Lotus 1-2-3 + +
MS-Multiplan 3.00 + +
MS-Windows + -
Manhunter -New York + +
Manhunter -San Francisco + +
Norton Utilities 4.0 + +
Pirates! + -
Police Quest + +
Police Quest II + +
Pool of Radiance + +
Psion-Chess + +
Quick-Basic 3.0 + +
Skweek - -
Space Quest II + +
Space Quest III + +
Sword of Aragon + +
Tetris + +
Turbo-Basic + +
Turbo-C 1.0 + +
Turbo-Pascal 3.0 + +
Turbo-Pascal 4.0 + +
Wall Street Wizard + -
XTreePro + +

Wir danken der Firma Profisoft, Osnabrück, für die freundliche Bereitstellung von Programmen.

Da der Supercharger über eigenes RAM verfügt, können Sie mit der Tastenkombination Alt-Ctrl-Backspace MS-DOS jederzeit ohne Datenverlust verlassen. Der Emulator wird dabei in seinem augenblicklichen Zustand »eingefroren«. Später nehmen Sie Ihre Arbeit an genau der Stelle auf, an der Sie sie unterbrochen haben.

PC-Speed verfolgt ein etwas anderes Konzept als der Supercharger. Auch dieser Emulator ist um einen V30-Prozessor aufgebaut, jedoch verfügt er über kein eigenes Gehäuse, da er in den ST eingebaut wird. Leider ist der nachträgliche Einbau eines 8087 bei diesem Emulator nicht vorgesehen. PC-Speed kommt ohne eigenes RAM aus. Bei einem ST mit 1 MByte Speicher und ROM-TOS stehen unter MS-DOS 704 KByte zur Verfügung.

PC-Speed emuliert neben der CGA- noch die Hercules- und die Olivetti-Grafikkarte. Bedingt durch die Auflösung im ST-Monochrommodus ist es nicht möglich, im Hercules-Grafikmodus den Bildspeicher vollständig anzuzeigen. Dieses Manko ist jetzt für Besitzer unserer Hardware-Bastelei »Hyperscreen« aus der Ausgabe 5/89 beseitigt. Ab Version 1.25 der Emulationssoftware stellt PC-Speed im Hercules-Modus das ganze Bild dar.

  PC-Speed Time in seconds Speed Index Relative to 4,77. MHz-PC Speed Index Relative to 8 MHz-AT Supercharger Time in seconds Speed Index Relative to 4,77. MHz-PC Speed Index Relative to 8 MHz-AT
CPU
128K NOP Loop: 4,62 2,2 0,9 4,28 2,4 1,0
Do-Nothing Loop: 5,42 1,8 0,7 4,50 2,2 0,8
Integer Add Loop: 4,05 2,4 0,5 3,57 2,8 0,6
Integer Multiply Loop: 2,79 3,6 0,4 2,47 4,0 0,5
String Sort and Move: 4,56 2,3 0,7 3,90 2,7 0,7
Prime Number Sieve: 6,68 2,3 0,6 5,82 2,6 0,7
Floating point no
8087: 57,52 3,4 0,8 51,13 3,0 0,7
Memory
Conventional Read: 1,95 3,1 0,7 1,76 3,4 0,8
Conventional Write: 1,93 3,1 0,7 1,82 3,3 0,7
Speed CGA HERC Olivetti CGA
Teletype to refresh: 6,43 6,33 6,34 6,04
Teletype with scrolling: 10,44 10,13 10,18 7,69
Blitz screen: 1,84 1,63 1,68 1,76

Wer ist der beste im Land?

Festplatten-Laufwerke, die zum Atari- oder ICD-Treiber kompatibel sind, unterstützt PC-Speed ohne Probleme.

Kommen wir nun zum direkten Vergleich der beiden Emulatoren. Beide laden ihr BIOS von Diskette. Dies hat den Vorteil, daß die Entwickler in der Lage sind, Änderungen ohne großen Aufwand vorzunehmen. Ein wesentlicher Punkt bei Emulatoren ist die Kompatibilität. Die wichtigen kommerziellen Programme laufen auf beiden Geräten. Bedingt durch den Floppy-Controller des ST versagen jedoch viele kopiergeschützte Programme ihren Dienst. Bei unseren Tests stellte sich heraus, daß der Supercharger im bezug auf den Floppy-Controller etwas kompatibler ist als der PC-Speed.

Neben der Kompatibilität ermöglicht erst eine ausreichende Geschwindigkeit ein professionelles Arbeiten mit einem Emulator. Im Vergleich zu einem XT ist diese bei beiden Emulatoren als sehr schnell zu bezeichnen. PC-Speed besitzt einen Norton-Faktor von 4.0, der Supercharger einen Faktor von 4.2. Die genauen Ergebnisse unserer Benchmark-Tests entnehmen Sie bitte der Tabelle.

Sie fragen sich nun sicher, welcher Emulator für Sie am besten geeignet ist.

PC-Speed findet seinen Platz auf dem MC 68000 und nutzt den RAM-Speicher des ST

PC-Speed ist eine preisgünstige Lösung. Jedoch gehört das Betriebssystem MS-DOS nicht zum Lieferumfang. Können oder wollen Sie auf die Hercules- oder Olivetti-Grafik nicht verzichten, dann haben Sie im Augenblick ohnehin keine Wahl. Ferner ist dieser Emulator allen zu empfehlen, die nie ein freies Plätzchen auf ihrem Schreibtisch finden.

Falls Sie die Anschaffung eines Mathematik-Coprozessors planen, empfiehlt sich der Supercharger. Dieser ist auch etwas schneller und kompatibler als sein Konkurrent, jedoch steht ausschließlich CGA zur Verfügung. Mehrere Grafikmodi wären wünschenswert, (uh)

Wertung

Name: PC-Speed
Preis: 598 Mark
Hersteller: Sack Electronic

Stärken: □ unterstützt CGA-, Hercules- und Olivetti-Grafik □ nutzt das RAM des ST □ benötigt keinen zusätzlichen Platz

Schwächen: □ kein DOS im Lieferumfang □ schlechter Maustreiber

Wertung

Name: Supercharger
Preis: 798 Mark
Hersteller: Beta Systems

Stärken: □ sehr kompatibel □ gute Unterstützung der ST-Maus □ Sockel für 8087-Coprozessor

Schwächen: □ nur CGA-Grafik □ nur 512 KByte RAM

Beta Systems Computer AG, Staufenstr. 42, 6000 Frankfurt

Sack Electronic, Bleichstr. 49, 4792 Bad Lippspringe



Aus: ST-Magazin 11 / 1989, Seite 24

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