Scene - Atari-Zeitschriften im Netz

Epaper wird propagiert, aber wenig praktiziert. Anders ist es beim größten Zeitschriftenarchiv mit Atari-Inhalten.

Das Digital Antic Project wurde am 27.Juli 1996 ins Leben gerufen, um die gleichnamige Zeitschrift komplett ins Netz zu stellen. Antic gilt als eines der legendärsten Magazine auf dem Atari-Markt, obwohl es mit acht Jahren Laufzeit vergleichsweise weit hinter der st-computer zurückliegt (sechzehn Jahre). Das Magazin begleitete den Aufstieg und Fall Ataris und wurde zum Schluß dadurch unrentabel, das die ST-Serie in den USA nie richtig Fuß fassen konnte. Das Schwester-Magazin STart hat es immerhin noch auf 42 Ausgaben gebracht. Beide Magazine hatten prominente Autoren, die auch nach dem Ende der Magazine weit gebracht haben. Heute noch bekannt ist wohl Tom Hudson. Seine Artikel fanden sogar in Deutschland Anklang, denn das ST-Magazin schloß einen Vertrag mit Antic/STart ab, um diese zu veröffentlichen. Was heute selbstverständlich ist, galt damals als unüblich.

Das Archiv hat sich inzwischen umbenannt in "Classic Computer Magazine Archive" (nicht zu verwechseln mit dem Computer-Magazin Archiv a.k.a. stc-Archiv), da der Fokus erheblich erweitert wird. So werden im neuesten Magazin im Archiv, der Creative Computing, nicht nur Ataris, sondern auch Commodore, Apple und andere Computer der 80er behandelt. Prominentester Autor dürfte Bill Gates sein, der schon damals gerne seine Visionen der Computer-Zukunft mitteilte.

Antic

Im Spiele-Bereich finden sich in der Antic einige Klassiker. Im Mai 1983 wurde das Atari 5200 getestet und es schnitt sehr gut ab. Im gleichen Jahr warf Antic einen Blick auf die Entwicklung von E.T. für Ataris Heimcomputer. Bilder zeigten die Programmierer, die mit modernsten Mitteln versuchten, den Film zu übertragen. Als besondere Leistung wird die digitalisierte Sprache hervorgehoben: so wurde der Satz „E.T. nach Hause telefonieren“ in ein KB gequetscht, womit auch schon ein Teil der 16KB verbraucht waren. E.T. sollte der „System-seller“ für den 1200XL werden.

Die Ausgaben zeigen deutlich die Trends der Zeit. So galt 1983 Sprachausgabe als sehr fortschrittlich und Antic widmete Artikelserien dem Erzeugen von Sprache. Ebenfalls "in" waren Roboterarme, die mit dem Computer gesteuert werden konnten. Mit ein bißchen Geschick erledigte der Atari per Roboter das Aufklopfen des Frühstücksei.

Für den ST ist vor einiger Zeit ein Interpreter für Adventures von Scott Adamas erschienen. Wer wissen möchte, wer Scott Adams war, findet in der Antic ein Interview.

Wenigen bekannt sein dürfte das Engagement von Atari im Sport sein. So wurde das Damen-Volleyball-Team der U.S.A. 1984 gesponsert.

Ein Highlight waren natürlich die Listings. Diese müssen zum Glück nicht mehr abgetippt, sondern können heruntergeladen werden. Da wäre zum Beispiel "Olympic Dash", ein 100m Lauf für zwei Spieler in einem 3KB Basic-Programm.

Der ST taucht 1985 auf und dann ausgerechnet in der April-Ausgabe. Dort wurden von Atari der 130ST (mit 128 KB RAM), der 260 ST (256 KB) und der 520 ST angekündigt. Auch die 8Bit-Jünger wurden bedacht: der 65XEP, ein portabler Atari 800XL mit eingebautem Grünmonitor und 3 1/2-Zoll-Laufwerk.

Antic war, wie auch STart, eher ein Anwender- und Programmiermagazin. Deshalb gibt es sehr viele Grundlagenartikel.

STart

STart orientiert sich sehr an Antic. Auch hier findet sich eine bunte Mischung aus Spieletests, Anwendungsprogrammen und Grundlagenartikeln.

Einige der Programme, die getestet werden, haben es nie oder nur in geringen Stückzahlen nach Europa geschafft: Microsoft Write, Swift Basic und andere. Leider fehlen zu vielen Programmen Screenshots oder sind zu klein.

Amüsant sind immer Artikel die in die Zukunft schauen. Der Bericht "ST: 1999" landet durchaus einige Treffer, so etwa CD-ROMs oder die Bedeutung von Hypertext. Bis zu einer funktionierenden Spracherkennung ist es aber immer noch ein weiter Weg.

Für Programmierer finden sich einige interessante Artikel in STart: so befindet sich ein Defender-Clone in der Ausgabe 12/89 - inkl. GFA-Quelltext. Allerdings ist der Anteil der Programmierartikel geringer als in der Antic.

Creative Computing

Die Creative Computing ist der Neuzugang im Archiv. Das Magazin läßt sich grob mit der Happy Computer vergleichen und behandelt alle Heimcomputer. Der Anteil an Artikeln für Entwickler hält sich sehr in Grenzen - das Magazin hat immerhin eine Menge Computer abzuhandeln.

Die Heimcomputer, die damals in den U.S.A. populär waren, haben natürlich einen größeren Anteil an Artikeln: Tandy und Apple II. Fast jeden Monat konnte die Creative Computing mehrere neue Heimcomputer testen, sowie Programme, von denen sich einige als sehr langlebig erwiesen haben, wie z.B. WordPerfect.

Empfehlenswert ist das Interview mit Bill Gates aus dem Jahr 1984. Hier preist er sowohl MS Word als auch Windows als die Antworten auf die Fragen an, die sich erst in der Zukunft stellen werden.

So interessant die Artikel sind, so nüchtern werden sie präsentiert: es gibt keinerlei Bilder in den Artikeln. Ob diese noch hinzugefügt werden, ist nicht bekannt.

Bisher sind die letzten drei Jahre (1983-1985) von CC online, die Archivatoren dürften an der Zeitschrift einiges zu tun haben, da sie ihre Premiere im Jahr 1974 feierte.

Hi-Res

Ein sehr kurzlebiges Magazin - bei der Archivierung hatte es das Atarimagazines-Team besonders einfach, da es von der Hi-Res nur vier Ausgaben gab. Die Hi-Res war ein Multiformat-Magazin, das sich hauptsächlich den "großen Drei" widmete: Apple II, Atari 800 und C-64. Vereinzelt gibt es auch Artikel zum VCS2600/5200 und Colecovision. Interessant ist unter anderem ein Hintergrundbericht zu David Crane, dem Schöpfer von Pitfall. Einige Programmierartikel runden das Magazin ab.

atariarchives

Ein Nebenprojekt von Kevin Savetz ist atariarchives.org. Diese Seite enthält Atari-Bücher zum Online-Lesen. Die meisten der Bücher liegen im Volltext vor und wurden per OCR in Text umgewandelt. Alle Bücher haben den 8-Bit-Atari als Thema. Unter den Büchern befinden sich Titel wie Machine Language for Beginners, Atari Graphics, Creating Adventure Games und Computer Animation. Einige der Titel bieten auch heute noch wertvolles Grundlagenwissen.

Neben den Büchern existiert eine kleine Software-Bibliothek und wohl die einzige Seite, die XL-Software-Programmierer um die Erlaubnis für die Veröffentlichung gefragt hat. Die Auswahl ist noch mager und lediglich Fort Apocalypse und Dimension X dürften in Deutschland bekannt sein.

Fazit

Die beiden Seiten sind immer einen Besuch wert. Im Gegensatz zum deutschen Magazin-Archiv wird weniger Wert auf Bildqualität gelegt, sondern mehr darauf, die Artikel möglichst schnell online zu stellen. Natürlich hilft dabei auch die Sprache selber, denn Englisch ist für OCR-Programme einfacher zu verdauen, da es keine Umlaute gibt.

[1] atarimagazines.com
[2] atariarchives.org


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 09 / 2002, Seite 54

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