Eclipse - PCI für den Atari Falcon

Unglaublich, aber wahr: Endlich konnten wir die Eclipse-Karte testen. Wildfremde Redakteure fallen sich in die Arme, Feuerwerk über den Redaktionsräumen…

Jaja, lange genug hat es ja gedauert. Von Monat zu Monat schleppten wir unsere Ankündigung des Tests des Eclipse PCI-Adapters für den Atari Falcon durch unsere Ankündigungen. So weit haben wir es getrieben, dass wir selbst und einige unserer Leser schon lachen mussten, wenn der Name “Eclipse” fiel. Das monatelange Ausbleiben des Tests lag aber nicht (oder zumindest nicht ausschließlich) an unserer sprichwörtlichen Schludrigkeit. Vielmehr gab es in Verbindung mit unserem Redaktions-Falcon einige Probleme, außerdem mussten besonders die Treiber optimiert werden. Außerdem mag man uns scheinbar in Großbritannien nicht sonderlich...

Aber: Was lange währt, wird endlich gut. Nachdem die Eclipse lange Zeit scheinbar nur in Großbritannien erhältlich war und cortex design unsere mehrfachen Anfragen nach einem Testmuster konsequent ignorierte, übernahm das deutsche Hardware-Haus Frontier Systems, das auch die sehnlich erwartete DSP-Audiokarte Déesse in Arbeit hat, den deutschen Vertrieb und sandte uns ein Testmuster. Nach einigen Rücksprachen konnte endlich, endlich ein Test durchgeführt werden.

Etwas Geschichte

Die Eclipse-Karte für den Falcon ist grundsätzlich keine Neuheit mehr. Bereits Ende der 90er machte sich das britsche Unternehmen Titan Design (jetzt firmiert das Unternehmen unter dem Namen “cortex design”) daran, eine PCI-Erweiterung für Ataris Raubvogel zu entwickeln. Heraus kam die Eclipse Karte, die zwei vollständige PCI-Steckplätze bieten sollte. Der Vorteil liegt auf der Hand: da Grafikkarten für den Falcon praktisch außer einigen Gebrauchtexemplaren der Nova nicht erhältlich sind, können die Anwender auf angepasste Erweiterungen aus der PC- bzw. Mac-Welt zurückgreifen, in denen der PCI-Standard schon längst etabliert ist. Voraussetzung ist natürlich die Unterstützung mit der entsprechenden Grafiktreiber-Software. Darüber hinaus ist die Nutzung von anderen PCI-Erweiterungen (z.B. Ethernet-, SCSI- und Soundkarten) mit der Eclipse möglich: Widerum gilt: einfach reinstecken bringt gar nichts, Treiber müssen vorhanden sein.

Vornehmlich wurde die Eclipse jedoch für die Verwendung mit moderner und vor allem schneller Grafikhardware entwickelt, denn hier liegt ja einer der Problempunkte des Falcon. Angepasst wurde bisher die Rage II-Grafikkarte von dem renommierten Hersteller ATI, die den enstprechenden 3D-Chipsatz bietet. Damitkönnen die Grenzen der eingeschränkten Falcon-Grafikhardware nun endlich wieder endgültig gebrochen werden.

Voraussetzungen

Der Eclipse PCI-Adapter sollte sich in jedem Atari Falcon sowie den in Lizenz gebauten Modellen von C-Lab einsetzen lassen. Der Vorteil ist, dass der Betrieb keinen Umbau in ein Towergehäuse voraussetzt, denn die PCI-Karten werden nicht direkt in den Adapter gesetzt. Erweiterungen wie z.B. ein Skunk-Beschleuniger oder eine Speicherkarte können weiter verwendet werden, sofern sie den Erweiterungsbus des Falcon durchschleifen. Reine Grafikerweiterungen wie z.B. der Screenblaster müssen selbstverständlich softwareseitig abgeschaltet werden.

Aufbau

Das Eclipse-Paket besteht aus zwei verschiedenen Teilen. Der eigentliche Adapter wird in die interne Erweiterungsschnittstelle des Falcon gesetzt. Über zwei 25-polige Flachbandkabel wird eine weitere Platine verbunden, die die eigentliche PCI-Schnittstelle enthält. Diese etwas ungewöhnliche Methode bietet einen riesigen Vorteil: Wie erwähnt muss der Falcon nicht in einen Tower umgesetzt werden und kann im Tastaturgehäuse verweilen. Da keine eigene Stromversorgung für den Bus vorhanden ist, muss auch das interne Netzteil nicht ausgebaut werden.

In den PCI-Bus wird dann natürlich die ATI-Karte gesteckt.

Installation

Die Erweiterung eines relativ geschlossenen Systems ist immer mit einigen Problemen verbunden, immerhin kann der Anwender nicht einfach wie bei einem Tower die Seitenwand abnehmen, um an die Schnittstellen zu gelangen. Der Erweiterungsbus des Atari Falcon ist anders als z.B. der des Amiga 1200 nicht nach außen geführt, weshalb der Besitzer den Rechner öffnen muss. Glücklicherweise wird die Installation der Eclipse-Hardware in dem von Frontier Systems ins Deutsche übersetzten Handbuch Schritt für Schritt beschrieben, weshalb auch ungeübte Anwender damit zurechtkommen sollten.

Wie erwähnt wird der Eclipse-Adapter auf den Erweiterungsbus des Falcon gesetzt. Eventuell muss von diesem ein Jumper entfernt werden. Steckt bereits eine Erweiterung in dem Bus, kann diese nur dann weiter genutzt werden, wenn sie den Falcon-Bus durchschleift -- die zwei Steckleisten müssen also an ihrer Oberfläche sein. Da die Leisten unterschiedlich lang sind, ist eine Verwechslung bzw. ein falsches Aufsetzen nicht zu befürchten.

Auch der Anschluss der PCI-Steckerplatine bzw. der Grafikkarte macht keine Probleme und sollte selbst ungeübte Anwender nicht überfordern. Ganz ohne Löten kommt allerdings auch die Eclipse-Karte nicht aus: Damit die Stromversorgung gesichert ist, muss ein Kabel an die 12V-Versorgung des Falcon-Netzteils gelötet werden. Diese hebt sich durch ihre blaue Farbe hervor. Sollten Sie sich aufgrund fehlender Löterfahrung (Grundkenntnisse sollten schon reichen) den Einbau nicht zutrauen, sollten Sie sich direkt an Frontier Systems oder Ihren Händler wenden.

Die Grafikkarte passt selbstverständlich nicht in das Tastaturgehäuse des Atari Falcon, weshalb sie extern abgelegt werden muss. Bei unserem Test haben wir das Flachbandkabel kurzerhand über den Cartridge-Port auf der linken Seite herausgeführt und beim Zusammenbau die Schrauben auf dieser Seite einfach nicht so fest gedreht. Da die Maus in den meisten Fällen rechts vom Rechner liegt, kann die Grafikkarte also zumeist problemlos an der linken Gehäuseseite angebracht werden.

Natürlich ist es etwas riskant und unelegant, eine nackte Karte auf dem Schreibtisch liegen zu haben. Das Flachbandkabel ist aber zu kurz, um die Hardware z.B. unter den Schreibtisch verschwinden zu lassen. Frontier Systems bietet jedoch Gehäuse für jeweils zwei Karten an, die die Hardware schützen. Für Besitzer eines Standard-Falcon ist dies sicher die beste Lösung.

Fein raus sind selbstverständlich die Anwender, die ihren Falcon in ein Tower-Gehäuse gesetzt haben. Hier kann einfach ein Schnittstelleneinschub auf der Rückseite des Gehäuses genutzt werden. Platz bietet auch der C-Lab Falcon MK X: Eclipse und ATI-Karte finden hinter dem Diskettenlaufwerk Platz, sofern hier kein anderes Gerät eingebaut ist.

Die Grafikkarte bietet einen VGA-Ausgang zum Anschluss gängiger Monitore und LC-Displays.

Software

Die beste Grafikkarte und die beste Schnittstelle nutzen nicht, wenn sie nicht durch die entsprechende Treibersoftware unterstützt werden. Beim Atari erfolgt die Bildschirmausgabe über das VDI (Virtual Device Interface). Dieser Teil des Betriebssystems macht das System relativ hardwareunabhängig und dient der Zusammenarbeit mit Ein- und Ausgabegeräten.

Das VDI des TOS hat schon immer zu Kritik Anlass gegeben und wird von vielen Anwendern durch optimierte Systeme ersetzt. NVDI ist sicher die bekannteste Variante. Da NVDI die ATI-Karten nicht unterstützt, wird die Eclipse mit einem neuen VDI ausgeliefert: fVDI. Dieses ist praktisch als Nebenprodukt des einstmals geplanten Atari-Clones Fénix entstanden. fVDI ist im Gegensatz zum NVDI kostenlos und kann unter der GNU General Public License frei weiterentwickelt werden.

Im Gegensatz zu NVDI bietet fVDI keine Druckerunterstützung und ist bisher nur für die Ansteuerung der Grafikhardware zuständig. NVDI kann daher parallel zur Druckausgabe genutzt werden.

Weitere Installation

Nach dem Einbau der Hardware empfiehlt es sich, den Falcon erst einmal von der beiliegenden Diskette zu booten. fVDI wird dabei in der Standardauflösung von 640 x 480 Bildpunkten bei einer Farbtiefe von 16 Bit initialisiert, was gleich die Hardware prüft.

Natürlich können Sie fVDI auch auf Ihrer Festplatte installieren. Sie müssen dazu einen eigenen Ordner anlegen, in den alle wichtigen Komponenten kopiert werden.

Etwas aufgepasst werden muss bei der Installation der Software für den AUTO-Ordner, denn heir kommt es auf die korrekte Reihenfolge an. Besonders bei gleichzeitiger Nutzung von NVDI muss hier richtig kopiert werden. Die hervorragende deutsche Anleitung erläutertr jedoch das Prinzip.

Eleganter wäre auf jeden Fall die Installation des fVDI-Systems mittels eines Installers wie GEMSetup, um dem Anwender hier noch weiter entgegen zu kommen.

Zurück zum VDI

Zur Verwendung von NVDI müssen noch einige Worte verloren werden. Das beliebte alternative VDI ist zusammen mit fVDI auf der ATI-Karte nur sehr eingeschränkt nutzbar. Es fällt nicht nur die Unterstützung propotionaler Bildschirmfonts weg, auch die Druckausgabe beschränkt sich nur noch auf das GDOS. Was dies zu bedeuten hat, dürfte jedem Anwender klar sein: Truetype- und Bitstream-Schriftsätze sind nicht mehr darstellbar.

Als Ersatz empfiehlt sich daher das Speedo GDOS von Atari bzw. die Compo-Version größer als 5.0. Bedenkt man den Geschwindigkeitszuwachs, der durch die Entlastung der CPU bewerkstelligt wird, so kann hier getrost zugegriffen werden. Speedo ist jedoch nicht mehr im Handel erhältlich, weshalb der Anwender auf Kleinanzeigen und Online-Auktionen angwiesen ist.

Eclipse in der Praxis. Die neu hinzugekommenen Bildschirmmodi stellen selbstverständlich einen unschätzbaren Wert für jeden Falcon-Anwender dar, der vorher mit der originalen Grafikhardware oder mit Zusätzen wie dem Screenblaster arbeiten musste. Die verfügbaren Grafikmodi entnehmen Sie bitte unserer Tabelle 1 in der Printausgabe. Auch das Geschwindigkeitsverhalten haben wir in einer eigenen Tabelle aufgeführt.

Bildschirmredraw

In ca. 95 % aller bisher getesteten Fälle verlief der Bildschirmaufbau bei den aktuellen GEMDOS-fähigen Programmversionen reibungslos. Lediglich am unteren Desktoprand sind ca. 2mm der Bildschirmfläche zu beanstanden, die sich scheinbar noch der Kontrolle der Programmierer entziehen und Probleme bereiten. Hier muss nachgearbeitet werden.

Zum Laufen bekamen wir auch einige kritische Programme wie z.B. Cubase Audio Falcon, die voll von den neuen Bildschirmmodi Gebrauch machen können.

Beschleunigte Falcons

Probleme können immer dann auftreten, wenn im Falcon vorhandene Hardwareneschleiniger den Bustakt beeinflussen. Da man hier im Grenzbereich arbeitet, sind diese Probleme allerdings nicht der Eclipse-Karte anzulasten.

Stabilität

Im Hinblick auf die Systemstabilität kamen wir zu zum Teil drastisch voneinender abweichenden Ergebnissen. Während die Kombination aus Eclipse und ATI Rage II auf zwei Testrechnern (Atari Falcon 030, TOS 4.02, 4 MB RAM, keine FPU bzw. TOS 4.04, 16 MB RAM, Skunk) tagelang ohne nennenswerte Beanstandung ihren Dienst verreichtete, startete ein anderer Falcon (TOS 4.04, 14 MB RAM, Skunk) erst gar nicht. Auf einem anderen Falcon zeigten sich im betrieb unter MagiC “Hänger”, sobald der Info-Dialog des MagiC Desk aufgerufen wurde.

Getestet wurden ohne wesentliche Beanstandungen verschiedene Programme und Betriebssysteme, darunter TOS 4.02/4.04, FPATCH2, HSMODEM, MagiC 6.20, Speedo GDOS 4/5.0c, NVDI5.03, WORDPLUS 5, Atari Works 1.207, Papyrus 8.20, Gemview 3.18 sowie SE-Fakt2000.

Fazit

Die Eclipse-Erweiterung ist ohne Zweifel eine der interessantesten Hardware-Entwicklungen der letzten Jahre für den Atari Falcon. Nachdem die Nova-Karten nicht mehr oder nur schwer auf dem Gebrauchtmarkt erhältlich sind, erhalten Besitzer des beliebten Atari-Rechners hier die Möglichkeit, mit Hilfe der ATI-Karte professionell hohe Auflösungen zu fahren und somit in Leistungsebenen vorzustoßen, die bisher nur Mega STE-, TT- und Clone-Besitzern vorbehalten waren. Die Kombination Eclipse/ATI macht aus dem Atari endlich wieder eine interessante Maschine, die immer noch so manchen Computeranwender erstaunen kann. Aufwändige Grafikbearbeitungen in Echtfarben sind nun endlich kein Problem mehr.

Verschwiegen werden dürfen natürlich nicht die Probleme, die das bisher unzureichende Ersatz-VDI fVDI erzeugt und die auch Frontier Systems nicht verheimlicht. Wir wollen hoffen, dass hier bald weitere Überarbeitungen folgen, die die Stabilität drastisch erhöhen. Besonders die Tatsache, dass das Eclipse-System äußerst sensitiv auf verschieden konfigurierte Falcons reagiert, schreckt etwas ab.

In hohem Maße zu loben ist hingegen die Verarbeitung und die leichte Installation der Hardware. Da lediglich ein Lötpunkt gesetzt werden muss, werden heir aucxh unerfahrene Anwender kaum Probleme haben.

Wünschenswert für die Zukunft wäre sicherlich die Anpassung von NVDI hinsichtlich der TrueType-Fonts, da das Speedo GDOS doch schwer in die Jahre gekommen ist. Außerdem wäre eine Unterstützung einer leicht erhältlichen Ethernet-Karte für den zweiten PCI-Steckplatz zu erhoffen, damit der Falcon problemlos in ein Netzwerk integriert werden und/oder DSL nutzen kann. Frontier selbst arbeitet derzeit an einer Treiberanpassung für die DSP-Audiokarte Déesse an die Eclipse.

Trotz der Güte der Hardware, dem durchdachten Konzept (Einsatz auch in Tastaturgehäusen) und der leichten Installation ist die Eclipse bisher (so schwer es auch fällt, dies auszusprechen), nur Entwicklern und Anwender ans Herz zu legen, die experimentierfreudig sind und leichte Instabilitäten in der Anfangszeit nicht allzu sehr scheuen. Es bleibt zu hoffen, dass wir schon bald eine positivere Aussage treffen können, damit die Eclipse zu dem werden kann, was sie verdient: ein neuer Standard.

Preise:
Eclipse mit 1 x PCI: EUR 178.95
inkl. gebrauchter ATI Rage Pro II: EUR 199.--
zweiter PCI-Steckplatz: EUR 39,99
externes Gehäuse: auf Anfrage

Thomas Raukamp und Sönke Diener



Aus: ST-Computer 04 / 2002, Seite 44

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