GENEA 5.04: Ahnenforschung pur

Schwer hat es der Ahnenforscher: so viele Namen, so viele Daten, die es vernünftig und übersichtlich zu katalogisieren und archivieren gilt, ohne dabei den Überblick zu verlieren. Einen Stammbaum aus Dutzenden von Personen zu erstellen gleicht einer Sisyphusarbeit. Doch es gibt Abhilfe für den gestressten Genealogen: GENEA ermöglicht es, die eigenen Ahnen ohne viel Aufwand übersichtlich zu katalogisieren und Stammbäume, Statistiken und vieles mehr aus den Daten herauszuholen.

Installation

Die Installation des knapp 900 KBytes umfassenden Programms gestaltet sich auch ohne Installer sehr einfach: es muss lediglich das ZIP-File in den Ordner entpackt werden, in dem man später den GENEA-Ordner vorfinden möchte. Schon an dem Umfang erkennt man, dass GENEA besser nicht von einer Diskette betrieben wird. Viele Funktionen greifen auf zum Teil recht umfangreiche Daten zu, was das Arbeiten von einem Diskettenlaufwerk schnell zur Qual werden lassen dürfte. Neben einer empfohlenen Festplatte braucht der Anwender nur noch 1 MByte freies RAM und eine Auflösung von mindestens 640 * 400 Bildpunkten. GENEA läuft also trotz des hohen Funktionsumfangs ohne Probleme auf jedem Standard-ST.

Der erste Start

GENEA präsentiert sich in einem sehr zeitgerechten Aussehen, auch wenn auf Icons oder Grafiken verzichtet wurde. Viele Dialoge sind mit Karteikarten versehen, sodass diese keineswegs überladen aussehen, sondern im Gegenteil sehr benutzerfreundlich und übersichtlich wirken. Ungewohnterweise fehlt in der Menüleiste das Datei-Menü, das hier jedoch nicht zwingend benötigt wird. GENEA lädt selbständig den zu bearbeitenden Datensatz und speichert diesen nach der Eingabe neuer Personen oder Hochzeiten wieder ab. Um also einen anderen Datensatz bearbeiten zu können, muss man in den Optionen einen anderen Daten-Pfad angeben. Zusätzlich zu der Menüleiste wird dem Anwender noch eine weitere Leiste zur Verfügung gestellt, die zum einen die Funktionstasten-Belegung darstellt und zum anderen gewisse Funktionen für die Maus schneller erreichbar macht. Positiv ist auch, dass alle Dialoge in nonmodalen Fenstern dargestellt werden, die ein Multitasking-System nicht lahmlegen. Und wie es für ein modernes Programm üblich ist, werden diverse Standards wie GDOS und die BubbleGEM-Hilfe unterstützt.

Los geht's

Jeder Personen ordnet GENEA eine einmalige Satznummer zu. Möchte man beginnen, Personen in die Datenbank hinzuzufügen, ruft man entweder aus dem Bearbeiten-Menü den Unterpunkt „Personen" auf oder drückt die Taste [F1]. Es erscheint eine Dialogbox, bei der man nun entweder eine schon vorhandene Person editieren oder per „Neu“-Button eine neue Satznummer anlegen kann. Die Eingabemöglichkeiten zu jeder Person sind sehr vielfältig und lassen wirklich keine Wünsche offen. Neben Vor- und Nachnamen lassen sich Geburts- sowie ein Rufname eintragen. Wurde in den Einstellungen der Geschlechtstest aktiviert, ist GENEA sogar in der Lage, das Geschlecht anhand des Vornamen zu interpretieren. In den allermeisten Fällen geht dies gut, bei sehr exotischen Namen sollte man die Einstellung dennoch überprüfen.

Um später auch einen Stammbaum erstellen zu können, lassen sich zu jeder Person die Satznummern des Vaters und der Mutter eingeben. Weiß man diese gerade nicht, klickt man neben das editierbare Feld, woraufhin ein Index mit allen bisher vorhandenen Personen erscheint. Die Liste enthält die Personen sowohl nach Vor- als auch nach Nachnamen sortiert.

Für schon weiter fortgeschrittene Ahnenforscher bietet sich die Möglichkeit an, in der Liste zu suchen, wobei sich auch Filter für Geschlecht oder Rufname einstellen lassen. Ist die Person also bereits vorhanden, wird man keine Probleme haben, diese zu finden.

Hier ist es recht umständlich, den korrekten Stammbaum zu erstellen, wenn man von der Gegenwart in die Vergangenheit arbeitet. Nach Eingabe einer Person, müssen deren Eltern eingegeben werden, woraufhin man wieder zum Kind der Eltern manövrieren muss, um dort schließlich die sich hoffentlich korrekt gemerkten Satznummern der Eltern einzutragen. Eleganter wäre es vielleicht, wenn man gleich zu einer Person die Nummer eines Kindes angeben könnte, da dann das lästige Umschalten zwischen den Personen vermieden werden könnte. Neben den Eltern lassen sich schließlich noch Beruf, Religion und ein beliebiger Zusatz zu der Person eintragen. Für längere Bemerkungen kann man die Kartei „Bemerkungen“ nutzen, die ausschließlich die Möglichkeit bietet. Text zur Person hinzuzufügen.

GENEA kommt zur Datumseingabe mit so ziemlich jedem denkbaren Format zurecht. Auch wenn ein Teil des Datums fehlt, stellt dies kein Problem dar. Auch Eingaben wie „etwa 1750" kann die Datumseingabe verkraften. Zu jedem Datum - also egal ob Geburts-, Tauf-, Sterbe- oder Beerdigungsdatum - lassen sich Ort, Region, Staat und Quelle eingeben. Zusätzlich zur Taufe können die Taufpaten eintragen werden, die ebenfalls wieder aus bereits vorhandenen Personen wählbar sind. Zu guter letzt lässt sich GENEA auch prima als Adressverwaltung nutzen: jeder Person kann neben Adresse sowohl Telefon- und Faxnummer als auch eine E-Mail-Adresse zugeordnet werden. Und da man nicht davon ausgehen kann, dass sein zehnfacher Urgroßvater noch an seiner alten Adresse wohnt und seine E-Mail-Adresse noch gültig ist, können diese Daten als gültig oder ungültig klassifiziert werden.

Nach der Eingabe mehrerer Personen, empfiehlt es sich nun auch die Heiratsliste zu erstellen. Analog zu den Personen werden auch diese in Satznummern verwaltet und über das „Bearbeiten“-Menü editiert. Die Heiratssätze sollte man schon deshalb anlegen, da GENEA zwischen ehelichen und unehelichen Kindern differenzieren kann. Unterschieden werden neben der kirchlichen und amtlichen Trauung auch das Verhältnis der Personen zueinander. Diese können entweder verheiratet, geschieden, getrennt oder Lebensgefährten sein. Es stellt also kein Problem dar, wenn eine Person dreimal geheiratet hat, da diese dann lediglich in drei Heiratssätzen auftauchen wird. Was GENEA allerdings noch nicht verkraftet, ist eine homosexuelle Ehe. Die Ehepartner müssen stets unterschiedlichen Geschlechts sein, da ansonsten eine Fehlermeldung erscheint.

Nachdem der Ahnenforscher alle Daten seiner Forschungen eingegeben hat, was je nach Datenfülle recht lange dauern könnte, lassen sich viele weitere nützliche Funktionen von GENEA nutzen. Um sicher zu gehen, dass nicht versehentlich irgendwelche Fehler in der Datenbank eingearbeitet wurden, kann man diese mit dem Plausibilitätstest überprüfen. Dieser ist in der Lage zu erkennen, ob eine Person zwei unverheiratete Eltern hat (könnte ein Fehler sein), ob eine Frau unter 15 oder über 45 Jahren noch ein Kind bekommen hat (wobei man die Parameter wählen kann), ob eine Person älter ist als überhaupt möglich, oder sie zu jung geheiratet hat. All diese Problemfälle können auf eventuelle Eingabefehler, oder Fehler in den zu Grunde liegenden Quellen schließen lassen.

GENEA nutzt die Möglichkeiten moderner GEM-Programmierung voll aus und bietet für die Eingabe und Anzeige von Daten moderne Fenster mit Karteireitern usw.
GENEA bietet die verschiedensten Möglichkeiten zur Verwaltung und Darstellung personenbezogener Daten. Ahnenforschung ist auf dem Atari also eine angenehme Beschäftigung.

Ausgabe der Daten

Eine weitere Stärke von GENEA sind die vielfältigen Möglichkeiten der Datenausgabe, bei der ebenfalls kaum Wünsche offen bleiben. Die Daten jeder Person lassen sich z.B. einzeln anschauen. Entweder aus dem Fenster für die Person oder aus dem Menü kann man sich nun folgende Dinge darlegen lassen:

Was mir persönlich fehlt, ist das Blättern durch die Datensätze. Es ist leider nicht möglich, z.B. von Datensatz 72 direkt zu 73 zu springen. Häufig sind aufeinander folgende Sätze auf Grund der chronologischen Eingabe jedoch auf irgendeine Weise miteinander verbunden. Insbesondere beim Erstellen von Personendaten könnte dadurch das oben genannte Problem der Eingabe der Eltern erleichtert werden. Zurzeit ist es daher so, dass man leider recht häufig mit der Menüleiste arbeiten muss.

Drucken

Zum Drucken gibt es zweierlei Möglichkeiten: entweder lässt man sich von GENEA den Fensterinhalt des gerade aktiven Fensters ausdrucken („Bearbeiten“-Menü), oder der Anwender greift auf die vielfältigen Möglichkeiten im Druck-Menü zurück. Es können hier Personendaten, Ahnentafel, Nachfahren, Familie oder Geschwister einer Person ausgedruckt werden. Zusätzlich gibt es die Ahnen- und Nachfahrenliste, die wesentlich detailliertere Informationen enthalten als z.B. die Ahnentafel. Darüber hinaus lassen sich Listen der vorkommenden Orte, Namen, Personen und Hochzeiten ausdrucken. Wie erwähnt unterstützt GENEA hierfür ein GDOS, bzw. kommt gar nicht ohne eines aus. Die einzige Ausnahme gibt es bei der Ahnentafel: diese lässt sich nicht nur direkt auf Papier, sondern auch in dem DXF-Format ausgeben. Dies ist ein gebräuchliches AutoCAD-Vektorformat, mit dem gegebenenfalls auf einem zur Verfügung stehenden Plotter ausgedruckt werden kann. Für normal Sterbliche bleibt das Problem, dass die Ahnentafel schnell größer als eine DIN A4-Seite werden kann. GENEA teilt diese daraufhin in mehrere Seiten auf. Es ist allerdings nicht zu ersehen, wie viele Seiten die Ahnentafel denn nun bei der gewählten Schriftart und Schriftgröße einnimmt. Kurzerhand hat GENEA einmal mit knapp 110 IMG-Dateien meine Festplatte in Beschlag genommen.

Je nach Komplexität der Ahnentafel muss der Anwender ein wenig Geduld aufbringen, bis GENEA die Daten zum Drucken vorbereitet hat. Für den obigen Missdruck in Dateien konnten selbst auf dem verwendeten Falcon mit 32 MHz schon einmal 24 Minuten dem Mauszeiger in Form von scrollendem Text gewidmet werden. Mit der Standard-Einstellung lassen sich kaum gute Ergebnisse erzielen, da der Text dann zwar lesbar, aber dennoch sehr klein gehalten ist. Ein Kompromiss zwischen Größe und Qualität zu finden, scheint ebenfalls schwierig, da man nicht einfach abschätzen kann, wieviele Seiten man denn nun fabriziert hat und hier auch keine Hilfestellung bekommt. Bei kleinen Ahnentafeln mit wenigen Personen ist dies auch kein allzu großes Problem. Hat man es aber schon mit ausgereifteren Ahnentafeln zu tun, also z.B. solche mit einer Personenzahl jenseits der 100, kann fleißig Papier verschwendet werden, bis ein zufriedenstellendes Druckergebnis erzielt wird. Eine kleine Hilfe seitens GENEA, das z.B. zu den eingestellten Parametern die Seitenzahl berechnet, wäre mehr als sinnvoll und nützlich.

Hat man es dann doch geschafft, seinen Stammbaum auszugeben, dürfen zuguterletzt die ganzen Seiten fleißig zusammenklebt werden, um eine ganze Ahnentafel zu erhalten. Einfacher verhält es sich da mit der Ahnenliste, die ebenso wie die Ahnentafel alle Personen aufführt, allerdings in Textform mit wesentlich mehr Informationen zu den Personen. Und um auch hier Kinder den Eltern zuordnen zu können, wird jeder Person die zugehörige Kekule-Zahl beigefügt. Diese lässt sowohl auf die Eltern, als auch den Nachfahren einer Person schließen. Beispielsweise hat die Person mit der Kekulé-Zahl 8 die Person 16 als Vater, 17 als Mutter und das Kind mit der Ziffer 4. Ist eine Nummer der Eltern nicht vorhanden, hat man über diese Person keine Informationen, und ein Ast des Stammbaums ist am Ende angelangt. Logischerweise hat die Person, deren Ahnenliste ausgegeben wird, dann Zahl 1.

Nützlich ist auch die Möglichkeit, dass viele der zum Druck zur Verfügung stehenden Ausgaben sich ebenso als ASCII-Text exportieren lassen, die dann zur weiteren Verarbeitung oder Publikation, beispielsweise im Internet, zur Verfügung stehen.

Kleine Schmankerl

Als kleines Bonbon kann GENEA auch Statistiken erstellen. Errechnet werden z.B. die Lebenserwartung von Männern und der Frauen, eine Statistik der Geschlechter und Religionen, die älteste Person, die größte Familie, das mittlere Heiratsalter und eine grafische Auswertung über das Alter von Personen sowie Geburts- und Sterbemonate. Menschen, bei denen nicht genau klar ist, wie alt sie geworden sind (z.B. weil das Geburts- oder Sterbedatum nicht oder nur teilweise bekannt ist), werden in den zeitbezogenen Statistiken nicht berücksichtigt. Leider gibt es jedoch keine direkte Möglichkeit, diese Statistiken auszudrucken oder in eine Datei auszugeben.

Außerdem kann GENEA nützliche Module einbinden: eines dieser Module ist beispielsweise in der Lage, alle Personen bis zu einem gewissen Alter mit Geburtsdatum auszugeben, wodurch dem Anwender gegebenenfalls eine komplette Geburtstagsliste von Bekannten bzw. Verwandten zur Verfügung steht. Ermöglicht wird auch die Rohdatenausgaben aller Daten, ebenso wie eine weitere Ausgabeform der Namens- und Personenliste.

Zur Kommunikation mit anderen genealogischen Programmen gibt es das GEDCOM-Format. GENEA ist sowohl in der Lage, dieses zu importieren und den bereits vorhandenen Daten hinzuzufügen, als auch die Ahnen oder Nachfahren einer Person oder gleich alle Personen in einer GEDCOM-Datei zu speichern. Hierbei wird erfreulicherweise die Systemerweiterung „Keytab“ unterstützt, die dafür sorgt, dass man keine Probleme mit den Umlauten aus anderen Rechnerwelten hat. Sollte man als Ahnenforscher also einmal einen Rechnerwechsel in Betracht ziehen oder mit einem anderen Genealogen Daten austauschen wollen, wird man mit GENEA keine Probleme haben.

Fazit

Ohne Zweifel ist GENEA ein sehr ausgereiftes und stabiles Programm, an dem bereits viele Jahre gearbeitet wird. Es verrichtet hier nun schon viele Wochen seinen Dienst und ich kann mich -trotz der beinahe 200 Personen in meiner Datenbank - nicht erinnern, dass es auch nur einmal abgestürzt wäre. Auch die Arbeitsgeschwindigkeit bleibt bei dieser Datenmenge, zumindest auf einem Falcon 030, noch recht angenehm. Das Einsatzgebiet des Programms liegt dabei nicht einmal nur bei der Ahnenforschung. Es lässt sich durch Anlegen weitere Datenverzeichnisse ebenso gut zur einfachen Adressverwaltung einsetzen.

Nur kleine Punkte sind in meinen Augen zu bemängeln, insbesondere der Druck der Ahnentafel sei hier genannt. Der Entwickler weiß jedoch von diesem Problem, weshalb eine komplette Überarbeitung der Druckfunktionen geplant ist. Weiterhin sollen bald zu jeder Person externe Dateien - also Text oder Bilder - verwaltet werden können.

Der Status von GENEA ist Fairware, es ist also irgendeine Einschränkung voll nutzbar. Der Programmautor bittet daher um eine kleine Spende, um ihn weiterhin zu motivieren, das Programm weiterzuentwickeln. Die aktuelle Version 5.04.03 vom 16.8.2001 sollte zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser st-computer im Internet erhältlich sein. Und ein Download ist dieses Programm auf jeden Fall wert, da GENEA schnell die Begeisterung für die eigenen Wurzeln entflammen kann.

Das Ergebnis aller Bemühungen: aus den eingegebenen Daten generiert GENEA einen kompletten Stammbaum, der verwaltet und auch ausgegeben werden kann.

home.ewr-online.de/~gstoll/


Matthias Alles
Aus: ST-Computer 12 / 2001, Seite 14

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