Auf der Atari-Fachmesse '99 in Hannover war er erstmals zu sehen, der Milan 060 von Milan-Computersystems. Die inoffiziellen Nachfolger von Atari haben neue Zeichen gesetzt und bewiesen, dass das Unternehmen "Milan" keine Keller-Bastelei à la "GE-Soft" ist, sondern durchaus das Potential hat, eine Computerfamilie vorzustellen, die mehr als nur gute Überlebenschancen hat.
Die Geschichte des Milan begann vor zweieinhalb Jahren, als die Idee geboren wurde, das Know-how mehrerer Atari-Spezialisten zusammenzubringen, um einen würdigen Nachfolger zu entwickeln und zu produzieren. Auf der Atari-Messe im Herbst 1997 konnte erstmals ein Prototyp vorgestellt werden, der allerdings lediglich einen S/W-Desktop mit 640x400 Bildpunkten bot.
Die Kunden und Anwender hatten jedoch erstmals die Chance, einen Blick auf das technisch ausgereifte und nahezu komplettierte Motherboard zu werfen. Nur wenige Wochen später, auf der Atari-Messe in Paris, hatten die Entwickler den Prototypen soweit zum Laufen gebracht, dass er von einer Diskette booten und Programme wie GemBench starten konnte. So wurde der erste Einblick in die sagenhaften Geschwindigkeitsergebnisse des Milan gewährt.
Für die Entwickler ging die Arbeit jetzt aber erst richtig los, denn von nun an hieß es, das TOS-Betriebssystem auf die gesamte neue Hardware-Peripherie anzupassen. Der Grund: Das TOS, wie Atari es entwickelt hatte, war natürlich nicht für moderne Schnittstellen wie den IDE-Port und ISA- bzw. PCI-Slots vorgesehen, und auch die Grafikausgabe musste für Grafikkarten optimiert werden.
Nach einem weiteren dreiviertel Jahr war es endlich soweit: Mit etwas Verspätung kam der Milan 040 im August in die Geschäfte von über 20 Atari-Systemfachhändlern und verkaufte sich von dort an kontinuierlich ab. Trotz der Tatsache, dass weiterhin Verbesserungen vorgenommen werden mussten, konnten viele zufriedene User gewonnen werden, denn eine der Besonderheiten des Milan war und ist von Beginn an, dass das Betriebssystem auf einem sogenannten Flash-Eprom sitzt und daher einfach per Software aktualisiert werden kann.
In den vergangenen Monaten wurde es dann wieder ein wenig stiller um Milan Computersysteme, so schien es zumindest. Und bis vor kurzem gab es auch nur eine Reihe von unbestätigten Gerüchten um einen Nachfolger mit 060-Prozessor. Wie dieser ausgestattet sein und wann er auf den Markt kommen würde, war lange Zeit ein wohl gehütetes Geheimnis. Dieses Geheimnis wurde auf der Atari-Fachmesse dieses Jahres nun endgültig gelüftet. Die AXRO GmbH und Milan Computersysteme haben ihre Zusammenarbeit erstmals mit einem gemeinsamen Messestand bekundet und den Usern alle Daten und Fakten zum neuen Milan II mitgeteilt.
Der auf der Messe vorgestellte Milan II entspricht laut Angaben der Entwickler in weiten Zügen dem endgültigen System. Das Motherboard wurde komplett auf den weltweit verbreiteten ATX-Standard umgestellt, und die Verteilung der Komponenten wurde nochmals optimiert. Durch den ATX-Standard werden nicht nur alle gängigen und künftigen Computergehäuse des PC-Marktes unterstützt, sondern auch Besonderheiten wie z.B. der Energiesparmodus gehören nun auch Standard auf dem Atari-Markt
Der Milan II wird serienmäßig mit einem Motorola 68060-Prozessor ausgeliefert, der mit 66 MHz bzw. 80 MHz getaktet ist. Der Speicherausbau erfolgt künftig über SDRAMS (auf der Messe noch mit EDO-Chips), und eine zusätzliche Schnittstelle, nämlich der USB-Port, wurden nun serienmäßig integriert.
Zu den Details: Für die Grafikausgabe sorgt eine ATI-RAGE PRO mit 8 MB RAM. Diese Karte ist Garant für schnellen Bildschirmaufbau bei hohen Auflösungen und Bildwiederhol-Frequenzen. Der Treiber wird es aber auch ermöglichen, dass der Anwender wahlweise auch 16 MB-Karten einsetzt.
Die Soundkarte wird von der weltweit bekannten Firma "Creative" geliefert, wobei bis Redaktionsschluss nicht bestätigt werden konnte, ob es sich tatsächlich um die SB 64pro handelt.
Eine von Maxtor gelieferte rund 10 Giga-Byte große Festplatte sowie ein schnelles 40fach CyberDrive CD-ROM-Laufwerk bilden die Grundlage für die Verwaltung größerer Datenmengen.
Die Besonderheit des Milan 060 ist sicherlich der integrierte USB-Bus (Universal Serial Bus), ein sehr schnelle serielle Schnittstelle. Treiber müssen für diese Schnittstelle noch entwickelt werden, doch hardwaremäßig grundsätzlich darauf zu setzen, war sicherlich klug, denn eine Vielzahl von externen Geräten (CD-Brenner, Scanner, Drucker ...) erscheint mittlerweile im USB-Format. Dank der integrierten Schnittstelle wird der Milan II also nicht von der künftigen PC-Welt ausgeschlossen sein.
Hardwarespezifikationen:
System: Atari-kompatibler Personal-Computer im modernen ATX-Design
Hauptprozessor: Motorola 68060 mit 66 MHz - 80 MHz
RAM-Speicher: 64 MB-SDRAM, erweiterbar auf 512 MB-RAM
Festplatte: 10,8 Gbyte IDE
Soundausgabe: SoundBlaster SB64, PCI-Card
Grafik: ATI Mach 64 mit 4 - 16 MB, PCI-Card
Schnittstellen: 2 x IDE, 3 x seriell, 1 x parallel, USB, Tastatur, PS/2-Mouseport, ...
Steckplätze: 3 x ISA, 4 x PCI (zweifach belegt für Grafik/Sound)
Laufwerke: TEAC Floppy 1.44 MB, Cyberdrive CD-ROM 40fach
Peripherie: Tastatur, Mouse, externe Aktivboxen uvm.
Softwarepaket:
Betriebssystem: MagiC auf Basis des Milan-OS, NVDI (True-Type-Fonts und globale Druckertreiber), Jinnee und Iconnect.
Grafik/Bildbearbeitung: Pixart, Smurf Silver-Edition, Photoline Textverarbeitungen: Tempus Word 4, papyrus home (noch nicht entschieden) Tabellenkalkulation: Texel home
DTP: Ein Gutschein für Calamus SL'99 zum Preis von 199 DM anstatt 999 DM. Internetsoftware: Draconis PRO Komplettlösung mit WWW, E-Mail, FTP usw. Kommunikation: COMA, der Kommunikationsmanager ermöglicht Fax-Versand, Empfang und moderne Voicemail-Systeme
Spiele: Running Milan (brandneue 3D-Action) Impulse (moderner Arkanoid-Clone) Eine Reihe weiterer Games von 3rd-Party-Herstellern ist bereits in Arbeit
Entwicklungsumgebungen: GNU C/C+ + , ACS-Pro (neue Version als Entwicklungsumgebung für GNU C/C+ + ), Object Gern, BubbleGEM, OLGA, UDO, UDO-Shell, ST-Guide, Omikron-Baisc 6, faceVALUE
Auch in punkto Software hat sich eine Menge getan, denn der Milan II wird künftig mit einem riesigen Programmpaket ausgeliefert. Die wichtigsten Bestandteile sind sicherlich das Betriebssystem MagiC in der neuesten Version, inklusive dem Super-Desktop jinnee sowie der Erweiterung für standardisierte Druckertreiber; Systemfonts usw., NVDI 5, werden serienmäßig vorinstalliert ausgeliefert.
Der Grund, diese Betriebssystemkomponenten zu wählen, liegt darin, dass man sowohl optisch als auch technisch auf dem neuesten Stand der Dinge sein möchte, wenn der Milan in den Computerfachhandel kommt, und in diesem Zusammenhang hätte es voraussichtlich viel zu lange gedauert, das TOS an den aktuellen Stand der Dinge anzupassen.
Weiterhin wurde uns bestätigt, dass eine Vielzahl bekannter und beliebter Programme zum Lieferumfang des Milan 060 gehören wird. Dazu gehören die Neuauflagen von Klassikern wie Tempus Word 4, Photoline, PixArt 5 usw. Diese Programme werden in topaktuellen Vollversionen vorliegen, und für DTP-Fans wird es einen Calamus'99-Gutschein in Höhe von 800,- DM geben, was bedeutet, dass das DTP-Programm für 199,- anstatt 999,- DM erworben werden kann.
Ganz zeitgemäß und ganz am Erfolg des iMac orientierend, wird der Milan II von Anfang an mit einem 56K-Modem sowie einer kompletten Internet-Software (iConnect und Draconis) ausgestattet. Diese ist für über 60 Internet-Provider vorkonfiguriert, so dass jeder Käufer in der Lage sein wird, binnen weniger Minuten seinen Milan II zum Surfen zu verwenden.
Aber der Milan 060 wird auch die komplette Büro-Kommunikation übernehmen, denn dafür gibt es das komplette COMA-Softwarepaket, mit Hilfe dessen Sie den Milan zum Faxgerät und Anrufbeantworter - auf Wunsch mit Voicemail-Funktion - verwandeln.
Für Spiele-Freaks ist auch eine Menge dabei: Das spannende Falcon 3D-Action-Spiel "Running", im weitesten Sinne ein Doom-Clone, ist in einer speziellen, stark aufgebesserten Milan-Version verfügbar, erste Demos konnten auf der Atari-Fachmesse in Hannover gesehen werden, als die Programmierer mit einer Vorabversion das Milan-Team aufsuchten. Darüber hinaus wird eine neue, spezielle Version des Breakout-Clones Impulse ausgeliefert, die an die speziellen grafischen Fähigkeiten des Milan angepaßt wird. Das Spiele-Angebot wird durch zahlreiche GEM-Games abgerundet, die gut fürs Spielen zwischendurch geeignet sind.
Ein Computer leibt und lebt von seiner Software, und diese hat es nicht in großen Mengen für den Atari gegeben. Aus diesem Grunde haben sich die Herausgeber dazu entschlossen, den Milan mit einer Handvoll Entwicklungssystemen auszustatten. Dazu gehören GNU C/C++ mit einer neuen Version von ACS-Pro, die speziell für GNU C/C++ geschrieben wurde, Object Gern, BubbleGEM, OLGA, UDO, UDO-Shell, ST-Guide, Omikron Basic 6 (neue Version) und faceVALUE. Also sowohl für Basic- als auch C-Fans gibt es eine solide Basis zum Entwickeln von Software, und es ist zu hoffen, dass aus den Reihen einiger Hobby-Programmierer und Milan-Neukunden gute und interessante Software entstehen wird.
Der Milan II verfügt nicht nur über eine ausgezeichnete Hard- und Softwareausstattung, sondern kommt noch mit einem weiteren Clou daher, der überzeugend wirkt:
Die Produktion des Motherboards findet nicht in irgend einem Wald- und Wiesenwerk, sondern direkt bei Motorola in England statt. Damit möchten Milan Computersystems und AXRO garantieren, dass die Qualität des Gerätes in allen Punkten den Ansprüchen der Anwender genügt.
Die Perspektiven für den Milan II sind derzeit so gut wie für noch keinen anderen inoffiziellen Atari-Clone. Die Überlegung ist, dass es nach wie vor Tausende von aktiven Atari-Usern gibt, die gerne einen Nachfolger kaufen und sich nur vor davor scheuen, eine doch vierstellige Investition für ein Computersystem ausschließlich über den Versand zu tätigen. Aufgrund der Tatsache, dass der Milan aber auch über viele Kaufhäuser zu haben sein wird, kann es leicht zu Spontankäufen kommen, so dass kurzfristig zufriedenstellende Stückzahlen des Milan II über den Ladentisch gehen sollten.
Darüber hinaus ist das weltweite Interesse am Milan II riesig, denn nie hat es einen serienmäßigen Homecomputer mit 060-Prozessor gegeben. Außerdem wächst die allgemeine Anti-Windows-Front, und damit meinen wir nicht, dass der Milan jemals Bill Gates von seinem Thron verstoßen könnte, doch die Stimmung reicht aus, um auch einem System wie dem Milan Platz einräumen zu wollen. Nicht nur bedeutende Computermagazine wie z.B. die "c't" haben Interesse daran bekundet, ausführliche Tests zu veröffentlichen, auch das Fernsehen will gern mit dabei sein, wenn das Serienmodell auf der Ce'Bit 99 in Hannover vorgestellt wird.
Und damit sind wir beim abschließenden Punkt: Die Herausgeber des Systems wollen endlich 'mal wieder einiges in das Marketing des Gerätes investieren, und das beinhaltet nicht nur den sicherlich kostspieligen CeBit-Auftritt im Februar 2000, sondern auch Werbung, die z.B. in Gemeinschaftsarbeit mit einer der größeren Kaufhausketten geschaltet werden. Also: Wenn auch kein Massenmarkt im herkömmlichen Sinne angestrebt wird und werden kann, so ist es doch zu hoffen, dass mehrere Tausend Milan-Computer verkauft werden. Dies würde dem gesamten Atari-Markt einen enormen Auftrieb geben.
Testsysteme:
Milan-Modell | Milan 060 (II) | Milan 040 (I) | ||
"Make all" von Freemint 1.14 | 11min 16sec | 18min 02sec | ||
STZip 2.6 (573 Dateien 115 Ordner 13.2 MB) | 2min 48sec | 6min 18sec |
GEM Bench
Atari-Fans und -User sollten sich auf ein wirklich tolles Gerät freuen, denn allein schon das umfangreiche Softwarepaket mit vielen nützlichen Programmen und sogar Spielen ist sicherlich einen vierstelligen Betrag wert, und für DTP-Freunde lohnt sich mit den 800 DM Rabatt für Calamus SL'99 ohnehin die Anschaffung eines Milan.
Mit dem ASH-Kraftpaket "MagiC, jinnee und NVDI" kann es der Milan von Beginn an auch in punkto Bedienung und Betriebssystemkomfort mit jedem aktuellen Heimcomputer-System aufnehmen. Die Arbeitsgeschwindigkeit ist enorm, auch wenn die CPU selbst sicherlich nicht die Power eines Intel oder G4 mit 500 MHz hat, denn noch immer besteht das Herz des Milan aus einem nur rund 1 MB großen Betriebssystem, und die darauf laufende Software ist ebenfalls sagenhaft geschwindigkeitsoptimiert geschrieben, da sie bislang auf 8- und 16-MHz-Systemen ihre Leistung vollbringen musste. Infolge dessen geht auf dem Milan 060 so richtig die Post ab, und ein Arbeitsfeeling wie bei den neuesten PCs ist garantiert.
Und wenn man datenkompatibel bleiben möchte, dann sollte man auf papyrus zurückgreifen, denn diese Textverarbeitung beherrscht mittlerweile den perfekten Im- und Export von Winword-DOC-Dateien. Wenn sich nun auch noch das Gerücht bewahrheiten sollte, dass eifrig an einer Lösung gearbeitet wird, MagiC netzwerkfähig zu machen, dann wäre dieser Computer wirklich perfekt. Die Hersteller haben ganz klar signalisiert: Sollte sich der Milan 060 in ansprechenden Stückzahlen verkaufen, dann besteht kein Zweifel daran, dass sowohl das Betriebssystem als auch die Hardware an den PPC-Standard (G3/G4) angepasst würden. Wir sind gespannt darauf!
Kontakt:
Milan Computersystems
An der Holsatiamühle 1
24149 Kiel
http://www.milan-computer.de