Ein Gang über die Atari-Fachmesse'99

Nachdem wir im Frühjahr angekündigt hatten, aufgrund Zeitmangels keine Herbstmesse veranstalten zu wollen, hat sich in diesem Jahr die Firma ROM logicware aus Berlin bereit erklärt, in Hannover eine Fachmesse für Atari-Anwender zu organisieren.

Erfahrungen hat ROM aus den „Fez a Bit“-Messen in Berlin (1994/1995) mitgebracht, so dass einem guten Ablauf nichts im Wege stand. Norddeutsche Atari-Fans freuten sich darauf, nach über drei Jahren mal wieder eine solche Veranstaltung in ihrer Nähe zu haben.

Zwei für den Atari-Markt wichtige Ankündigungen dienten als Publikumsmagneten: Der erste lauffähige Phenix 060 (wir berichteten in Ausgabe 11/99) und ein Prototyp des Milan 060 sollten erstmals dem Publikum vorgestellt werden. Dazu später aber mehr.

Gut 30 Aussteller aus dem gesamten Atari-Markt kamen am Donnerstag in der 1500 qm großen Halle „Am Großmarkt“ zusammen und bauten ihre Stände auf. Darunter auch das Team von AXRO/Milan Computer, das mit einem gut 120qm großen Stand die auffälligste Präsenz bot. Und einige der Aussteller hatten wirklich interessante Neuigkeiten parat, mit denen sie ihre Besucher am kommenden Tag erwarten konnten. Um es vorwegzunehmen: Es ist sogar der eine oder andere Knüller dabei gewesen, von dem der Atari-Markt bislang nur träumen durfte.

Messe-Neuheiten und mehr

Den Anfang mache ich mit ROM logicware, die es trotz des Messe-Vorbereitungsstresses geschafft hatten, rechtzeitig eine nagelneue Papyrus-8-Version auf den Markt zu bringen. Neben der nun endlich verfügbaren Relationalität der Datenbank des Office-Paketes kann nun auch die Textverarbeitung selbst mit einigen Stärken aufwarten:

Für die verbesserte Systemunabhängigkeit spricht die überarbeitete Erkennung von Fremdformaten wie Word-Document, RTF-Format oder dBase-Datenbanken.

Unbefugten kann der Zugang zu bestimmten Dokumenten nun mittels einer Passwortabfrage erschwert werden.

Eine echte Weltneuheit dürfte die HyperOFFICE-Funktion sein. Der Anwender kann nun einen Hypersprung aus einer beliebigen Textstelle auf einen frei ausgewählten Datensatz machen. Klickt der Leser dieses Textes dann auf die markierte Textstelle, erhält er die dafür vorgesehenen Daten. Mit dieser Funktion kann man z.B. einfach Lexika, Literaturverzeichnisse usw. erstellen. Auf Wunsch werden z.B. auch Inhaltsverzeichnisse mit automatischen Hypertext-Funktionen erstellt.

Als neuen Grafikobjekt-Typ gibt es jetzt für Anmerkungen zu eigenen Texten oder für das Redigieren von fremden Dokumenten überall im Dokument einsetzbare, Textobjekt-ähnliche Klebezettel, die den Status erhalten, nicht mitgedruckt zu werden. Form, Farbe und weitere Objektattribute können individuell eingestellt werden. Eingefugt werden die „sticky notes“, indem sie einfach aus der Menüleiste in den Text gezogen werden.

Aber auch die gesamte Benutzeroberfläche wurde überarbeitet und optimiert. Grundlage der Verbesserungen waren die Erfahrungen aus den Support-Arbeiten der vergangenen Monate. Die Rechtschreibkorrektur wurde ebenfalls überarbeitet und deutlich verbessert. Als Besonderheit kann der Schreiber nun aussuchen, ob er nach alter, neuer, streng neuer- oder gemischter Rechtschreibung korrigieren lassen möchte.

Letzter kleiner Bonus ist „papyrus view“, ein Nur-Lese-Programm, das für nicht kommerzielle Zwecke frei weitergegeben werden kann und dem Lesen von papy-rus-Dateien dient.

Damit hat papyrus still und heimlich einen riesigen Schritt nach vorn gemacht, so dass die Versionsnummernbezeichnung 8 vollkommen gerechtfertigt ist.

Das Upgrade von der Version 7.5 kostet 89 DM, eine Vollversion des Office-Paketes für Atari bekommen Sie für 299,- DM.

Der Berliner Nachbar woller Systeme hatte ebenfalls Neuigkeiten, auf die wir schon lange gewartet hatten. So z.B. N.AES 2.0, die neueste Version des Multitasking-Systems, das derzeit auch die Grundlage für das Milan-Multi OS bietet. N.AES hat in vielen Punkten des Funktionsumfanges den Stand von MagiC 6.0 erreicht und ist nun ebenfalls ein modernes und ausgereiftes System, das z.B. über eigene Fenster-Zeichen-Routinen verfügt, so dass die gesamte Optik des Betriebssystems wunschgemäß variiert werden kann. Weitere Infos über die Neuerungen entnehmen Sie bitte dem Newsteil.

Doch das ist noch längst nicht alles, was woller Systeme vorzustellen hatte. Ebenfalls neu ist die Meßwerterfassung „Hertz-Software“, die mit Hilfe von DSP-Technologie das Aufnehmen und Auswerten von Signalen aller Art auf professionellste Weise ermöglicht und damit für den vielfältigen wissenschaftlichen Einsatz geeignet ist. Die Hertz-Software läuft derzeit nur auf einem Falcon-Computer, sobald die DSP-Card verfügbar sein sollte, auch auf dem Milan oder dem Hades. Das Programm gibt es in zwei Ausführungen für Einsteiger und für Profis zum Preis von 99,- bzw. 169,- DM.

Weiterhin bleibt woller Systeme nach wie vor Anbieter besonderer Hardware-Anpassungen, die dem Atari-User das Tor zur PC-Welt eröffnen. So konnte man direkt vor Ort den Adapter zum Anschließen herkömmlicher Parallel-Zip-Drives oder die Anpassung für die Quick-Cam erwerben. Letztere dient der Aufnahme von Filmdaten mittels einer handlichen CCD-Kamera.

Last but not least wurde die neue Version 2.0 von Rational-Sounds vorgestellt, dem Programm, das Ihrem Computer mal so richtig Leben einhaucht. Mit Rational-Sounds können Sie eine Vielzahl von Betriebssystem-Aktionen wie das Öffnen und Schließen von Fenstern, das Verwenden der Mülltonne und vieles mehr mit gesampleten Sounds versehen, so dass das Arbeiten mit dem Computer gleich noch viel mehr Spaß macht. Diese Geräuschkulisse kostet 79 DM. Und wo wir schon ‚mal bei den Geräuschen sind: woller sy-steme ist die mir einzige noch bekannte Quelle im Atari-Markt, bei der man Steinbergs Cubase 3 neu erwerben kann. Der Preis beträgt hier 299 DM.

Der nächste im Bunde der Software-Produzenten ist die Firma Crazy-Bits, die wie ein Phönix aus der Asche plötzlich wieder aufgetaucht ist und nach gut zwei Jahren Pause eine Vorab-Version 5 von PixArt vorgestellt hat. Das Programm wurde in wesentlichen Punkten überarbeitet, und die schon längst überfällige Einbindung der farbtiefen-unabhängigen Bearbeitung von Bildern (auch wenn Sie im 16-Far-ben-Modus arbeiten, bleiben Bilder auf Wunsch im True-Colour-Format) ist nun endlich integriert. Dieser Schritt stellt u.a. die Grundlage für die künftige Erweiterung in Richtung Bildbearbeitungssoftware dar, denn endlich können echte Profi-Effekte eingebunden werden.

Aber auch was z.B. die Ansteuerung von Druckertreibern und die Verwendung von Dither-Routinen betrifft, wird nun endlich auf die Betriebssystem-Erweiterung NVDI 5.x zurückgegriffen, was den Speicherbedarf von PixArt enorm reduziert. Auf der Messe wurde eine Beta-Version an den Mann gebraucht, und gleichzeitig informierte sich das Programmierer-Team mit Hilfe von Formularen über die Bedürfnisse und Wünsche der Anwender, um Anfang 2000 eine ausgereifte Software vorstellen zu können. PixArt wird also erwachsen, und wir halten Sie darüber auf dem laufenden.

Um die Runde der Berliner Aussteller zu vervollständigen, komme ich nun auf den Programmierer Richard Gordin Faika zu sprechen, der unübertrieben der wohl aktivste Atari-Programm-Autor der Szene ist. Seine Softwarekollektion, die er nun erstmals auf einer reinen Vollversionen-CD zum Preis von 69 DManbietet, hat sich auf der Messe zum kleinen Verkaufsschlager entwickelt. Grund dafür ist die hohe Qualität der Programme, über die wir in unserem CD-ROM-Test dieser Ausgabe etwas ausführlicher berichten. Ich kann aber vorwegnehmen, dass z.B. der Texteditor Luna 1.4x eines der großen Gesprächsthemen dieser Messe wurde. An allen Ecken und Enden hieß es: „Hast du Luna in der neuesten Version gesehen? Das ist ja wohl atemberaubend!“.

Und so konnte ich es mir nicht nehmen lassen, mir am Samstag eine halbe Stunde zu nehmen und mir Luna 1 .4x vorführen zu lassen. Fazit: So einen hochwertigen und komfortablen Texteditor hat es für Atari-Programme bislang noch nicht gegeben! Schon die Block-Funktionen sind so mächtig wie bei nahezu keinem anderen Programm. Ob man nun Mehrfachblöcke, Spaltenblöcke oder Objektblöcke anlegen möchte, nahezu alles ist möglich. Und durch die Drag- & Drop-Fähigkeit kann man einen Block z.B. unter jinnee automatisch zum Notizzettel machen, indem man ihn einfach auf den Desktop zieht.

Eine ansprechende Icon-Leiste eröffnet modernstes Arbeiten auf Atari-Systemen. Aber die Fähigkeiten von Luna in einem Messebericht darzulegen, wäre übertrieben. Daher verweise ich auf den ausführlichen Test, der in Heft 1/2000 oder 2/2000 folgen wird.

Hoffen wir aber, dass RGF-Software weiterhin so fleißig programmiert. Schließlich ist Luna neben vielen anderen Projekten innerhalb von weniger als einem Jahr so weit herangewachsen, und solche Programmierer braucht das Atari-Land.

RUN!-Software ist die Programmschmiede, die für das Programmier- Tool Face-Value zuständig ist, und überraschenderweise ist dieses GFA-Basic-Tool auf der Messe in einer brandneuen Version 3 vorgestellt worden. Eine Vielzahl von Anwenderwünschen wurde in diesem Update berücksichtigt:

Lange Dateinamen, Farbicon-Unterstützung, Einsatz von MagiC-Objekten, wodurch nun automatisch auch proportionale Fonts unterstützt werden, verbesserte Kommandozeilen- Auswertung, erzeugte Listings sind besser auf ergo! -Pro abgestimmt usw. faceVALUE kostet nun 89,- DM, wobei günstige Updates von der Version 1.x und 2.5 aus angeboten werden.

Außerdem wurde OT/OB-Lib vorgestellt, eine Bibliothek, die echtes objektorientiertes Programmieren ermöglicht und für 39 DM zu haben ist. Zu beiden Programmpaketen haben wir einen ausführlichen Test vorgesehen.

Um beim Thema Basic zu bleiben, sollte ich nicht unerwähnt lassen, dass auch Berkhan-Software mit der neuesten Version von Omikron-Basic vor Ort gewesen ist. Ein Überraschungsgast für alle diejenigen, die nicht wußten, dass Omikron-Basic aufgrund der Milan-Aktivitäten von der aktuellen Mac-Version 6 zurück auf den Atari portiert wird. Omikron-Basic hat nicht immer zu den beliebtesten Programmiersprachen auf dem Atari gezählt, doch verspricht die aktuelle Version einige interessante Funktionen. In der Version 6 ist das Programm auf jeden Fall nicht mit den alten Vorversionen zu vergleichen und besticht insbesondere dadurch, dass es einen unglaublich schnellen Programmcode erzeugt. Im ersten Quartal 2000 werden wir ausführlicher darüber zu berichten wissen.

Kommen wir nun zu den größeren, seit längerem etablierten System- und Softwarehäusern des Marktes. Dazu gehört mit Sicherheit auch die Firma Seidel, die mit einem großen Stand vertreten war und das gesamte Produktsortiment auffuhr. Neben einer Reihe von Atari-CDs, Hardwareerweiterungen, Monitor-Adaptern und Programmpaketen konnten die Kunden hier auch aus einer Vielzahl von Spielen schöpfen. Darunter auch einige super Klassiker wie No Second Price, das atemberaubend realistische Vektor-Motorradrennen, das zu meinen persönlichen Spiele-Highlights gehört. Wie wir aber erfuhren, neigen sich einige der Titel langsam, aber sicher dem Ende zu, so dass Spiele-Fans lieber rechtzeitig zuschlagen sollten, wenn sie die Messe dafür nicht nutzen konnten.

Selbstverständlich auch auf dieser Messe mit einem aufgeräumten Stand vertreten, war die Firma Atari-Gebrauchtfachmarkt Peter Denk, die eine reichhaltige Auswahl an Hard- und Software mitbrachte, so dass man das Gefühl bekommen konnte, sie habe ihr Ladeninventar nahezu komplett dabei gehabt. Egal, ob es um eine originale Atari-Maus oder um ein verschollen geglaubtes Programm ging, nahezu alles konnten die Suchenden hier finden.

M.u.C.S. aus Hannover hatte nicht nur ein Heimspiel, sondern auch viele interessierte Kunden am Stand, die sich für den Einstieg ins Internet via Draconis interessierten. Neben diesem Internet-Komplettpaket (wir berichteten in Ausgabe 10/99 und 11/99) wurde eine Vielzahl von CD-ROMs und weiteren Programmen rund um den Atari vorgestellt und zum Verkaufangeboten.

Beim Falke-Verlag gab es leider noch keine echten Software-Neuigkeiten. Die Infopedia-Lexika waren endlich wieder verfügbar, und auch der STemulator, einer der beliebtesten Atari-Emulatoren über PC-Systeme überhaupt, erfreute sich großer Beliebtheit.

Es wurden von uns aber zwei Projekte angekündigt, die für den Atari-Markt von Interesse sein dürften: Zum einen arbeiten wir an der Portierung eines MP3-Players und zum anderen wurde kürzlich ein Kooperations-Vertrag mit Pontis geschlossen, der die Treiberanpassung für die Pontis-, Grundig- und Hexaglt-Mp3-Taschenplayer zum Ziel hat. Während der MP3-Software-Player ca. Februar 2000 auf den Markt kommen soll, wird die Software zur Datenübertragung vom und zum Taschenplayer wohl als offizieller Treiber den o.g. Geräten zur Verfügung stehen und weltweit ausgeliefert.

Selbstverständlich wurde auch die aktuelle Ausgabe der ST-Computer vorgestellt, und eine Reihe von Kunden nutzte die Gelegenheit, um ein Abonnement abzuschließen.

Rechts der Video Game Service mit dem Inhaber Wolf Groß. Auf seinem Stand bekam man nicht nur ein reichhaltiges Angebot an Atari-Konsolen und Zubehör aller Art, Besucher hatten auch die Chance, exklusiv die Jaguar Entwickler- Cardriges zu Skyhammer und anderen Games zu sehen und zu spielen.--> Abonnements gab es auch anderswo, nämlich bei dem Atari-Fanzine „Classic Atari“. Fanzines sind Magazine, die von Fans für Fans gemacht werden und nicht auf Basis betriebswirtschaftlicher Überlegungen entstehen. Und ich muss sagen: Die vor Ort vertriebene dritte Ausgabe machte einen hervorragenden Eindruck. Das über 30 Seiten starke Magazin konnte nun mit Farbcover und einer ersten eigenen CD-ROM aufwarten und lenkte viel Interesse auf sich. Kein Wunder, denn den Markt freut es eben immer wieder, wenn neue Aktivitäten, die den Informationsfluß wahren sollen, entstehen. Weitere Informationen zur Atari-Classic entnehmen Sie bitte dem gesonderten Artikel in dieser Ausgabe.

Ein bekannter Exot im Atari-Geschäft hat es sich nicht nehmen lassen, auch bei dieser Veranstaltung dabei zu sein: Bradley Koda von der Firma Best electronics aus den USA kam wieder einmal mit zwei riesigen Hartschalen-Koffern voll mit nahezu allem an elektronischem Zubehör, was Atari 8-bit-, 16-bit- und Konsolen-Fans begehren. Und noch eine Besonderheit gibt es eigentlich nur bei Bradley Koda: Original Atari-Stecker, mit denen man Farbe bekennen kann. Ich habe beschlossen, mich um den Import nach Deutschland zu bemühen, damit wir sie ganzjährig anbieten können.

Schließlich sind gerade auch diese Kleinigkeiten sehr gut bei den Kunden angekommen.

Für die Konsolen-Freunde gab es darüber hinaus noch einen „richtigen“ Spiele-Stand, nämlich den der Firma Video Game Service Groß. Wolf Groß, der Inhaber, berichtete mir, dass er wieder in der gesamten Welt eingekauft hätte (Autralien, USA ...), so dass Jaguar-Konsolen und -CD-ROMs, Lynx I und II-Handhelds und eine riesige Vielfalt an Spielen wieder lieferbar wären. Und Sie sollten die Chance nutzen, diese einmaligen Geräte noch neuwertig zu bekommen. Ich kann Ihnen versichern: Der Lynx II mit Shanghai, Lemmings und Klax sind auf jeder kleineren und größeren Reise dabei, denn kaum eine andere Konsole für die Tasche kann so viel Spaß bieten.

Aber nicht nur Altes wurde angeboten, auch zwei brandneue Spiele namens Skyhammer und Protector wurden exklusiv vorgeführt. Die Entwicklermodule machten schon einen atemberaubenden Eindruck; ich habe ein paar Fotos davon geschossen, damit Sie einen Eindruck gewinnen können.

Eindruck hat auch das Programm Fun Media geschunden, und zwar nicht zu wenig. Das unter der Federführung von Patrick Eickhoff entstandene Programm, das erstmals 1996 als Funpaint, ein Freeware-Malprogramm, bei uns auftauchte, ist zu einem echten Multimedia-Künstler herangewachsen. Primäres Ziel der Software ist nun nicht mehr nur das Malen und Zeichnen sowie Bildbearbeitung, sondern der professionelle Videoschnitt. Ähnlich wie bei dem mehrere Tausend Mark teuren „Premiere“ von Adobe kann man hier aufgezeichnete Videosequenzen vielfältig bearbeiten, mit tollen Überblendeffekten versehen, schneiden und ineinander fließen lassen. Texte können animiert hin-einprojiziert und Tonspuren separat synchronisiert werden. Einziges Manko ist derzeit leider noch, dass es die Matrix-Video-Capture-Card zum Aufnehmen von Videos für den Falcon nur noch gebraucht gibt, und dass die entsprechende Milan-Video-Karte nicht vor März 2000 verfugbar ist. Was das Programm sogar von seinem großen Vorbild absetzt, ist die Tatsache, dass ein zusätzlicher 3D-Part integriert ist, der das Darstellen von Videosequenzen auf dreidimensionalen Flächen ermöglicht. Aber dann kann es so richtig abgehen. Und allen Interessenten würde ich empfehlen, das für 79 DMspottbillige, auf einer CD ausgelieferte Programm schon jetzt zu erwerben, denn mehrere Hundert MB an Beispiel-Videos können vorab zum Üben genutzt werdern.

Kaum einer kennt sie, und doch haben sie so viele für den Atari-Markt produziert, wie kaum ein anderer Hardware-Hersteller, der noch aktiv ist: WRS Softwaredesign aus Gelsenkirchen. Die Entwickler der PAK 68-Karten für Standard-Ataris boten auf der Messe nicht nur den Beschleuniger, sondern auch ihre GAL-Brenner, einen ISA-Bus-Adapter (einfach und zweifach) sowie last but not least ein digitales Englisch-Wörterbuch. Auch von diesem noch sehr aktiven Team soll es in Zukunft mehr in der ST-Computer zu lesen geben, denn das Angebot umfaßt noch immer rund 20 eigene Produkte, die kontinuierlich gepflegt werden.

Centek: Das Phenix 060-Entwicklerteam wurde vor Ort vertreten durch den Hardwareentwickler Rudolphe Czuba und einen Kollegen. Leider trafen sie mit ein wenig Verspätung ein. Grund dafür waren etliche Schneeschauer auf der über 1300 km langen Route nach Hannover. Im Gepäck hatten sie nicht nur die Centurbo II-Karte, sondern auch ein erstes Phenix-Motherboard, das dem entsprach, welches wir in der vergangenen Ausgabe 11/99 im Rahmen des Phenix-Sonderberichtes abgedruckt haben.

Also spanne ich Sie doch mal ein wenig auf die Folter und berichte zunächst von der Centurbo II-Karte: Diese ist nach wie vor extrem beliebt und wurde auf der Messe zum Sonderpreis von nur 500,- DM angeboten. Die Beschleunigung, die der Falcon durch diese Karte erlebt, ist enorm, und das Besondere ist, dass die Kompatibilität in großen Maße erhalten bleibt (z.B. Cubase Audio läuft exzellent). So konnte sie auch vor Ort wieder viel Eindruck unter den Falcon-Fans schinden. Leider, so teilte man mir mit, wird aber nur noch die aktuelle Auflage abverkauft, und eine neue Serie ist nicht geplant, da die finanziellen Mittel nun gänzlich in den Phenix fließen müssten. Es wäre aber möglich, die Produktionslizenzen an Dritte weiterzugeben, so dass die Karte nicht zwangsläufig vom Aussterben bedroht ist.

Wer aber bislang noch mit dem Kauf gezögert hat, sich aber sicher ist, die Karte besitzen zu wollen, sollte recht bald zugreifen, um keine Risiken einzugehen.

Der Phenix machte von der Verarbeitung her einen sehr ausgereiften Eindruck, allerdings - und das ist sehr schade - warf er noch kein Bild auf den Monitor. Grund dafür ist, dass Dolmen, das Atari-kompatible Betriebssystem, noch nicht fertiggestellt ist. Rudolphe konnte mir leider auch nicht sagen, wann dies der Fall sein würde. Derzeit könnte er keine Fehler mehr, in der Hardware entdecken, doch es sei abzuwarten, was passiert, wenn man erst einmal das Betriebssystem auf den Super-rechner loslässt.

Gleichzeitig wurden auch Gespräche darüber aufgenommen, ob Milan-Computersysteme vielleicht Interesse daran hätte, das hauseigene Betriebssystem TOS an den Phenix anzupassen. Was sich aber in diesem Bereich ergeben kann oder könnte, bleibt abzuwarten. Centek versicherte mir aber, dass es auf jeden Fall zur Veröffentlichung des Phenix kommen würde -das sei schon eine Frage der Ehre.

AXRO/Milan Ein weiterer Anwärter auf den Titel „Atari-Nachfolger“ ist das Gespann „AXRO/Milan“. Dabei hat Milan-Computersystems bereits Mitte vergangenes Jahr den noch immer erfolgreichen Milan 040 auf den Atari-Markt gebracht.

Seit geraumer Zeit gibt es eine Zusammenarbeit zwischen dem europaweit agierenden und bekannten Vertriebspartner AXRO und Milan-Computersysteme. Die Früchte dieser Kooperation sind der Milan 060 und all seine besonderen Ausstattungsmerkmale.

Das erste Vorseriengerät konnte auf der Messe vollkommen funktionsfähig mit MagiC als Betriebssystem vorgestellt werden und begeisterte viele der z.T. extra wegen des Milan angereisten Besucher. Der Milan, nun im ATX-Design (passend für moderne ATX-Gehäuse und mit Vorteilen wie Stromsparmodus usw. versehen) wird als 060-Variante Mitte bis Ende des zweiten Quartals 2000 erscheinen und dank der Arbeit von AXRO bundesweit über Kaufhäuser vertrieben. Schon mit der ersten Serie werden mehrere Tausend Geräte auf den Markt gebracht. Und während Milan-Computersysteme die technische Seite der Entwicklung und Produktion sowohl der Hard- als auch der Software übernommen haben, kümmert sich AXRO um die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Partnern, die dem Milan 060 zu einem qualitativ hochkarätigen Homecomputer verhelfen. Nicht nur, dass viele der relevanten Komponenten von Firmen wie ATI, Creative Labs, Maxtor usw. zugeliefert werden, die Produktion des Motherboards wird in England durch Motorola selbst vorgenommen, wodurch sich alle Vertragspartner eine enorm hohe Qualitätssicherung versprechen. Aber auch in punkto Softwareausstattung darf der Milan II als der Mac für den schmalen Geldbeutel daherkommen, denn mit MagiC 6 und NVDI 5 sowie einer Reihe von weiteren Systemtools und vielen Zusatzprogrammen wie Photoline oder Tempus Word 4 ist der Milan II perfekt ausgestattet. Und wer sich um das Thema Internet sorgt, kann sich ebenfalls beruhigt zurücklehnen, denn der Milan 060 wird von Haus aus mit einem 56K-Modem sowie einem kompletten, uneingeschränkten Internet-Paket daherkommen. Ein richtiger Rechner zum Anschalten und Loslegen also. Weitere Details gibt’s es in unserem Milan-Spezial-Artikel dieser Ausgabe.

Weitere Messe-Impressionen

Zwar war die Messehalle nicht besonders ansprechend, auch war die Messe nicht übermäßig gut gefüllt, was aber auch auf die relativ kurze Vor-Ankündigungszeit zurückzuführen ist, aber dennoch hat sie einen positiven Eindruck hinterlassen: AG-Computertechnik stellte z.B. die neueste Version der Software „Olympus“ zum Ansteuern von digitalen Kameras vor und machte damit einen Schritt in Richtung „Atari und moderne Hardware im Einklang“, und auch das Programmiererteam von Smurf, der Grafiksoftware der Extraklasse, zeigte sich trotz der Tatsache, dass es keine neue Version gab. Aber immerhin konnten die beiden Entwickler Perspektiven aufzeigen und zusagen, dass es im kommenden Jahr ein interessantes Update geben wird.

Darüber hinaus wurde die Messe genutzt, um viele Gespräche mit Kunden, aber auch mit wichtigen Anbietern zu führen. AXRO startete z.B. eine Umfrage unter den Besuchern, um das genaue Kundenprofil zu erfassen und ggf. in Zusammenarbeit mit Milan Computersystems noch Optimierungen am Milan vorzunehmen.

Druckerhersteller HP war nicht nur mit einem eigenen Stand vertreten, eine führende Kraft aus Deutschland schaute sich den Milan 060 an und sicherte begeistert jeglichen Support zum Erstellen von Druckerund Scannertreibern vor Ort zu.

Spiele-Software-Entwickler aus dem Amiga-Markt nutzen die Gelegenheit, um die Basis für Spiele-Entwicklungen auf dem Milan II in Zusammenarbeit zu schaffen.

Alles in allem kann man also sagen, dass diese Messe Signale gesetzt hat, die eindeutig beweisen, dass der Atari-Markt nicht einfach nur am Leben ist oder überlebt hat, sondern auch einen neuen Schub erwarten darf, der sich in den kommenden Monaten positiv für uns alle auswirken wird. Ich freue mich darauf, mit diesen guten Gefühlen eine Atari-Zeitschrift in das neue Jahrtausend begleiten zu dürfen.


Ali Goukassian
Aus: ST-Computer 12 / 1999, Seite 14

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