Olympia - Das digitale Auge des Atari

Bereits in der Ausgabe 6/99 berichteten wir im Rahmen des Artikels zur digitalen Fotografie von einer neuen Atari-Software, die den direkten Anschluß digitaler Kameras an Atari-Systeme ermöglicht. Kurz vor Redaktionsschluß erreichte uns eine nahezu vertriebsreife Vorversion, die wir für Sie getestet haben.

Die Firma AG-Computertechnik präsentiert mit diesem Programm eine Software, die seit langem heiß ersehnt wird. Schon vor zwei Jahren veröffentlichte die Firma „Parx" aus Frankreich eine Software, mit Hilfe derer es möglich war, digitale Kameras der Marke Casio an den Atari anzuschließen. Wenngleich die Software fast ausschließlich zum Herunterladen der Fotos diente, verrichtete sie ihren Dienst zufriedenstellend. Doch leider ging das Produkt wieder unter, da sich die Firma Parx aufgrund eines internen Disputes Ende 1997 trennte.

Voraussetzungen

Das Softwarekonzept sieht vor, daß grundsätzlich alle digitalen Kameras betrieben werden können, die ihre Datenübertragung zum Computer über eine serielle Schnittstelle realisieren. Die meisten der digitalen Kameras produzieren über integrierte Mini-Computersysteme gängige Bildformate wie z.B. TIFF (mit LZW-Kompression) oder auch JPEG. Und um die Datenübertragung zum Computer so einfach und komplikationsfrei wie möglich zu gestalten, werden viele der Kameras mit einer kleinen seriellen Schnittstelle versehen, die direkt mit dem Computer verbunden werden kann.

Dieser Umstand macht es möglich, theoretisch jeden Computer dazu zu überreden, die Bilder von der Kamera herunterzuladen.

Die Software aus dem Hause AG-Computer wurde in Angriff genommen, um Kameras der Marke Olympia am Atari zu betreiben, doch inzwischen sind weitere An passungen erfolgt (siehe Liste).

Doch neben der passenden Kamera werden auch folgende Voraussetzungen an den Atari gestellt:

Softwarekonzept

Die Olympia-Software beschränkt sich nicht auf die Funktionen, die Bilddaten von der jeweiligen Kamera herunterzuladen, sie unterstützt auch alle Zusatzfunktionen der jeweiligen Kameras und ver- fügt über weitere Features, die digitales Fotografieren mit dem Atari auf professionelle Weise ermöglicht.

Zum Betreiben der Software wird empfohlen, einen HTML-Browser zur Anzeige der Thumbnail-Übersichten (Dia-große Bilder) sowie einen AV-fähigen Desktop zu installieren.(z.B. jinnee). Schließlich bietet es sich zur Weiterverarbeitung der Bilder an, eine JPG-fähige Bildbearbeitungssoftware wie Smurf zu installieren.

Nun ist es möglich, Bilder samt aller mitgelieferter Informationen (Datum, Bildqualität usw.) herunterzuladen, anzuzeigen, zu modifizieren und abzuspeichern.

Das Programm

Nach dem Start der Software sollte man zur korrekten Kommunikation der Software mit der Kamera die gewählte serielle Schnittstelle sowie die Übertragungsgeschwindigkeit wählen. Die maximale Geschwindigkeit der meisten Kameras beträgt 115.000 Baud, wobei die Besitzer älterer Atari ST/Mega-ST maximal mit 19.200 Baud übertragen können, wenn keine nachträgliche Schnittstellenbeschleunigung vorgenommen wurde.

Über das Kamera-Setup kann wiederum der Fotoapparat eingestellt werden. Die Systemuhrzeit, das aktuelle Datum, die Helligkeit des LCD-Bildschirms sowie die Stromspar-Abschaltzeit werden hier eingestellt.

Und nun noch ein Schritt, den man vornehmen sollte, bevor man anfängt: die Auswahl der Bilddarstellungen. Diese können dazu benutzt werden, die geladenen Bilder in einer reduzierten Qualität darzustellen (wobei die Originaldaten nicht verändert werden). Je nach Geschwindigkeit des verwendeten Rechners sollte man die Qualität reduzieren, um die Rechengeschwindigkeit zu optimieren.

Sehr praktisch ist auch die Funktion, übergroße Bilder automatisch auf die maximal mögliche Größe zur Bildschirmdarstellung zu reduzieren. (Siehe Bild l).

Anschließend kann es sofort losgehen. Wenn Sie bereits Fotos auf der Speicherkarte der Kamera vorliegen haben, können Sie über die Funktion Download die gewünschten Bilder von der Kamera herunterladen.

Bild 2 entnehmen Sie die Einstellungs-möglichkciten, die Sie dabei haben. Über das Download-Menü wählen Sie aus, welches Bild bzw. welche Bilder Sie herunterladen möchten.

Darüber hinaus kann man angeben, ob auch die Thumbnails zum jeweiligen Bild geladen werden sollen.

Im Gegensatz zur Windows-Software erhält der User bei Olympia zusätzlich die Möglichkeit, zu entscheiden, ob er die fortlaufenden Bildnumerierungen der Kamera als Dateinamen übernehmen möchte (was dazu führen kann, daß alte, im selben Verzeichnis vorlegende Bilder überschrieben werden) oder ob er eine eigene Numerierung vornehmen will.

Anschließend beginnt die Download-Prozedur, die eine Weile andauern kann, da serielle Schnittstellen naturgemäß langsam sind.

Um die heruntergeladenen Bilder im Überblick zu behalten und darüber hinaus noch weiterreichende Informationen über jedes einzelne Bild im Detail zur Verfügung zu haben, gibt es folgenden Weg:

Olympia besitzt die Fähigkeit, eine Bildübersicht zu generieren. Dabei ist der Lösungsweg, der gewählt wurde, sehr geschickt und systemunabhängig gewählt worden: Olympia erzeugt eine HTML-Seite (internet-taugliche Seite) mit Thumbnails inkl. aller gewünschten Zusatzinformationen.

In Bild 3 sehen Sie, welche Möglichkeiten Ihnen dabei zur Verfügung stehen. Nach Auswahl des Pfades, in dem sich die zu archivierenden Bilder befinden, kann man für die Übersicht noch einen Titel sowie zwei Sub-Infozeilen eingeben und darüber hinaus bestimmen, welche der von der Kamera gelieferten Informationen zu dem jeweiligen Bild auf der Übersicht angezeigt werden sollen.

Nun gibt es zwei Wege, die HTML-Seite aufzubauen: Aktiviert man „erzeugen", so wird die Seite direkt erzeugt, und über das AV-Protokoll wird der gewählte HTML-Browser aufgerufen und die Seite wird angezeigt. Damit verwendet Olympia den Browser im Multitasking parallel zur Anzeige der Übersichten.

Wenn man nicht glücklicher Besitzer eines AV-Protokoll tauglichen Desktops wie Thing! oder jinnee ist, erhält man anstatt einer schönen Übersicht ein reines HTML-Listing. Aber Verzweiflung ist nicht nötig, denn alternativ kann man sich die erzeugte Seite in das Verzeichnis speichern lassen, aus dem die Bilder gelesen wurden, um die Seite manuell mit dem Browser aufzurufen.

Das Ergebnis einer solchen Seite entnehmen Sie bitte Bild 4.

Leckerbissen

Damit das Potential der Software mit den oben genannten Funktionen auch noch nicht ausgeschöpft ist, gibt es einen echten Leckerbissen, nämlich die Druckfunktion, die in Zusammenarbeit mit NV-DI ermöglicht wird. Und zwar können Sie mit dieser Funktion einzelne Bilder ebenso ausgeben wie eine gesamte Übersicht, die ähnlich wie die HTML-Seite diverse Informationen zu den einzelnen Bildern enthält.

Mit Hilfe von Bild 5 können Sie sich einen Eindruck darüber verschaffen, die die Auswahl des Seitenlayouts und der Druckausgabe funktioniert. In Kombination mit einem Farbdrucker kann man auf diese Weise herrliche Kataloge zu den digitalen Photos erstellen.

Fazit

Olympia ist der lebende Beweis dafür, daß moderne Techniken wie die der digitalen Fotografie dem Atari-User nicht vorbehalten sein müssen. Mit einem vielfältigen Funktionsumfang und einer angenehmen Bedienung hat sich Olympia schnell zum Liebling der Redaktion gemausert. Anstelle der umständlichen und langsamen Windows-Variante, die lediglich über einige Funktionen mehr verfügt, die man mit jedem Grafikprogramm wesentlich ausgereifter erhält, wird zukünftig nur noch Olympia eingesetzt.

Allerdings muß man auch deutlich anmerken, daß die Integration moderner Hardware in das Atari-System ihre Ansprüche an die Ausstattung der jeweiligen Rechner stellt. Zwar kann man Olympia theoretisch auch auf einem einfachen Atari l (MOST mit Single TOS einsetzen, doch dann kann man nur wenige der komfortablen Zusatzfunktionen nutzen.

So richtig viel Spaß macht die Anwendung erst unter MagiC oder N.Aes in Verbindung mit einem alternativen modernen Desktop und NVDI. Erfreulicherweise weist die Bedienungsanleitung separat darauf hin, was bei der Verwendung auf einem Milan-System beachtet werden muß. Und auf eben diesem System wirkt das Arbeiten mit Olympia wesentlich flüssiger und komfortabler als mit der Original-Software, die z.B. seitens Olympia für ihre Kameras mitgeliefert wird.

Für die Zukunft sind weitere Kameraanpassungen geplant, und Sie können aktiv daran mitwirken, daß diese Adaptionen auch erfolgen. Wenn Sie eine digitale Kamera besitzen, die über eine serielle Schnittstelle zur Übertragung der Bilddaten verfügt, so setzen Sie sich doch direkt mit dem Programmautor Durs Locher aus der Schweiz in Verbindung.

Einziges kleines Manko aus der Sicht des Atari-Users mag sein, daß er als TOS-Anwender für seine Software separat bezahlen muß, während PC- und Mac-Anwender die Übertragungssoftware mitgeliefert bekommen, doch wie gesagt: Dafür erhält der Atari-Anwender auch ein Programm, bei dem sich die Originale eine Scheibe abschneiden dürfen.

Preis: 99 DM
Spezielle Bundle-Angebote bitte direkt beim Vertrieb anfragen.

Demoversion:
Eine Demoversion erhalten Sie über die aktuelle Spezial-Diskette 7-8/1999
Der Programmautor: Durs Locher Sahlistr. 29 CH-3012 Bern


Ralf Schneider
Aus: ST-Computer 07 / 1999, Seite 10

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