Editorial: Programmierer gesucht!

Ich habe die Atari-Messe vor einigen Wochen dazu genutzt, mich gezielt mit Programmierern und Softwareentwicklern über aktuelle und mögliche Atari-Software zu unterhalten, um herauszufinden, welche Möglichkeiten es gibt, wichtige Programme und Programmgenresauf das TOS-Betriebssystem umzusetzen.

Ein zentrales Thema betraf z.B. die Umsetzung von MP3-Playern. Bei MP3 handelt es sich um ein hervorragendes Kompressionsverfahren, mit Hilfe dessen Musik in CD-Qualität um den Faktor 10 komprimiert werden kann. Der Vorteil, der sich daraus ergibt, ist, dass künftig Musik über das Internet erworben, aber auch komfortabel und in großer Stückzahl auf der Festplatte archiviert werden kann.

Voraussetzung für das Abspielen von MP3 kodierter Musik ist das Vorhandensein eines sogenannten "MP3-Players", der die komprimierten Musikdaten in Echtzeit dekomprimiert und über die Audio-Ausgänge des Computers abspielt. Darüber hinaus sollte diese Software MP3 komprimierte Daten in ein CD-taugliches Format wandeln können, damit man daraus eigene Musik-CDs zusammenstellen kann.

Rainer Baumgärtner, Programmierer der Firma SoundPool, erklärte mir, dass man den Quelltext für das MP3-Verfahren kostenfrei über das Fraunhofer Institut beziehen könne. Eine Umsetzung bedürfe eines neuen Kompilierens und einiger Detail-Arbeit, würde aber vergleichsweise wenig Zeit in Anspruch nehmen. Ataris mit einem 68030-Prozessor sollten dann in der Lage sein, MP3-Daten abzuspielen, so seine Einschätzung.

Er könne sich außerdem vorstellen, dass eine handoptimierte Umsetzung mit DSP-Unterstüt-zungauchdas Komprimieren der Daten in Echtzeit zuließe, schließlich sei der "alte" Falcon-DSP für diese Aufgabe zum Teil noch immer effektiver und schneller als ein Pentium 400 Prozessor. Das konnte er mir mathematisch erklären.

Aber auch über das Thema MP3 hinaus ergaben sich im Verlauf meiner Gespräche viele interessante Möglichkeiten, Atari-Software relativ einfach aus bestehenden Programmen, deren Quelltexte verfügbar sind, zu generieren. Man denke da nur an "MAME", den Spielhallen-Maschinen-Emulator, für den bereits über 1000 Spiele verfügbar sind. Diese wurde erst kürzlich für das Amiga-System umgesetzt; warum sollte eine Portierung auf das TOS-System dann nicht möglich sein? Damit würden Atari-User auf einen Schlag um 1000 Spiele und mehr bereichert. Aberauch im "seriösen" Software-Segment gibt esattraktive Projekte. Ein Beispiel: Carsten Bauer hat einen Apple-Emulator für AmigaOS, Linux und BeOS entwickelt, der einwandfrei und perfekt seine Arbeit verrichtet. Die Sourcen hierfür stehen jedem, der sich einer Portierung annehmen möchte, kostenfrei zur Verfügung. Unterstützung gibt es von Seiten des Entwicklers. Auf Rechnern wie dem Falcon, Atari TT, insbesondere aber auf dem Milan oder dem Hades könnte dies vollkommen neue Perspektiven eröffnen: Word, Netscape und Photoshop auf dem Atari wären ab sofort keine Besonderheit mehr.

Was wir also benötigen, sind engagierte, enthusiastische und motivierte Programmierer, die ihre Zeit zur Verfügung stellen, um gemeinsam mit uns entsprechende Projekte umzusetzen. Wir sind sicher, dass neben uns auch eine Reihe weiterer Softwarehäuser bereit ist, jeden Programmierer zu unterstützen, der sich gemeinsam mit uns in diesem Bereich engagieren möchte. Innerhalb kürzester Zeit könnte es gelingen, die Softwarepalette rund um den Atari erheblich zu erweitern. . .

Und sollten Sie prinzipiell an einer Softwareumsetzung interessiert sein, aber noch keine Erfahrungen gesammelt haben, sind wir selbstverständlich gerne bereit, Kontakte zu erfahrenen Programmierern zu vermitteln, die sich bereit erklären, Ihnen unter die Arme zu greifen. Auch das Problem, eine adäquate Programmiersprache zu erhalten, dürfte sich klären lassen, denn zum einen kann man Pure C, die wohl komfortabelste C-Programmiersprache, die leider nicht mehr vertrieben wird, vielfach gebraucht erwerben, zum anderen gibt es nach wie vor GNU C++, für das ACS Pro, die vielseitige Entwicklungsumgebung, derzeit umgesetzt wird. Auch GFA-Basic erlebt derzeit nicht nur eine Wiedergeburt, eine Reihe zusätzlicher Tools macht GFA auch für heutige Ansprüche attraktiv. Man denke da nur an "Licom", eine Art GFA-Update mit einer Vielzahl von Neuerungen und Optimierungen oder faceVALUE, das Visual-Basic für Ataris.

Also, wer immer sich angesprochen fühlt, sich nun zu engagieren, möge sich bei uns melden, damit wir eine gute Chance auf eine Software reiche Atari-Zukunft haben. Ich setze auf Sie!

Ihr Ali Goukassian

P.S. Nähere Informationen zur Integration der "Revolution", dem CD-Magazin für TOS-Systeme, entnehmen Sie bitte unserem Newsteil "Aktuelles".



Aus: ST-Computer 05 / 1999, Seite 3

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite