Line Audio - HiFi mit dem Falcon

Sind Sie die durchschnittliche Sound-Ausgabe-Qualität des Falcon leid, und möchten Sie endlich mit einer ansprechenden Wandler-Hardware arbeiten?

Shiuming Lai durchleuchtet das Falcon-Problem und testet eine Lösung, die nun endlich auch in Deutschland ihren Vertriebspartner hat.

Daß Atari seinerzeit für den Atari STE die Ausgabe in 8-Bit-Stereo gewählt hatte, mag - gemessen am heutigen Standard - nicht adäquat erscheinen, doch mußte Atari damals die Grenzen des Computer-Arbeitsspeichers und der Harddiskrecording-Fähigkeit in die Entscheidung mit einbeziehen. Doch wie sieht es beim Falcon aus? Dieser verfugt ja über acht 16-Bit-Kanäle.

Der aufmerksame Flörer wird unschwer erkennen können, daß die Soundqualität des Falcon dennoch erheblich zu wünschen übrig läßt. Die Eingänge sind für den direkten Anschluß eines Mikrofons gemacht, die Ausgänge sind wiederum vorverstärkt und für Kopfhörer geeignet. De facto überschwämmt der Bass das komplette Soundspektrum, die Höhen sind unklar, und eine permanente Geräuschkulisse untermalt die Soundausgabe.

Sind es doch keine 16 Bit?

Die Antwort ist ebenso einfach wie die Antwort auf die Frage, warum verschiedene CD-Player ein und dieselbe CD in unterschiedlicher Qualität abspielen. Vergessen wir also für den Moment die Zahlenspiele in Bezug auf Bits und Kilohertz. Es geht bei unserer Betrachtung um die Wandler, die Bausteine, die aus einem digitalen Element ein Audio-Erlebnis schaffen und umgekehrt.

Da der Falcon seinerzeit für ein Low-Cost-Publikum konzipiert wurde, legte Atari aus Kostengründen keinen Wert auf hochwertige Komponenten für die Soundbearbeitung. Daraus resultierte, daß der von Atari gewählte CODEC, der Audio I/O-Chip, anscheinend nur auf eine Funktionalität überprüft wurde.

CODEC steht für enDOder/DECoder. was für das Wandeln von Audio-Daten in digitale Daten und umgekehrt steht. Und Bausteine wie die CODEC des Falcon, der beide Funktionen in einem beinhaltet, werden in der Regel nur für Low-Cost-Geräte verwendet. Hochwertig ausgestattete Hardware wird hingegen mit separaten Chips für diese Funktionen ausgestattet.

Neben wir ein Beispiel: In der Schule haben Sie gewissermaßen auch den Einsatz einer Art CODEC erlernt, nämlich den des Lineals. Wenn Sie also etwas ausmessen, betreiben Sie A/D (die Wandlung von analogen Daten in digitale). Wenn Sie wiederum etwas konstruieren, dann betreiben Sie D/A.

Und je höher die Präzision des von Ihnen gewählten Werkzeuges, desto besser ist die Qualität Ihrer Zeichnungen bzw. Messungen. Ein Lineal, das über eine Millimeteranzeige verfügt, wird also 10mal bessere Ergebnisse liefern als eines, das nur Zentimeterangaben besitzt. Stellen Sie sich weiterhin vor. Sie zeichnen eine Linie der Länge 65 mm, aber Sie haben nur einen stumpfen Stift, der Tisch vibriert, Lärm stört Sie, das Lineal ist nicht regelmäßig gezeichnet. Davon ausgehend, daß Sie nur die digitale Ziffer "65" vor Augen haben, kann man sagen, daß es schwer wird, die gewünschte Linie exakt und akkurat zu zeichnen.

Wenn wir nun versuchen, dieses Beispiel auf den Falcon zu übertragen, wird deutlich, daß es nicht ausreicht, daß der Falcon CODEC mit 16 Bit arbeitet. Physikalische Faktoren aller Art, egal ob externer oder interner Natur, spielen eine erhebliche Rolle. Und um alles noch schlimmer zu machen, als es eh ist (so scheint es zumindest), hat Atari auf Höhe des Audio-Outputs auch noch einen nichts taugenden Art Bass-Boost eingesetzt.

Sicherlich ist es Fakt, daß eine Multimedia-Maschine mit einer "all inklusive-Qualität", wie der Falcon sie bietet, bei diesem Preis nicht die hochwertigsten Komponenten beinhalten kann. Einige Firmen haben in der Vergangenheit auch immer versucht, die Fehler Ataris durch Hardware-Ersatzlösungen zu kompensieren. So wurde z.B. der Bass-Boost deaktiviert und das I/O soweit heruntergeregelt, daß es nicht mehr für unverstärkte Geräte geeignet ist.

Die Firma C-LAB aus Deutschland hat aus dem Standard-Falcon einen C-LAB-Falcon kreiert, der zwar über optimierte Anschlüsse mit höherer Qualität verfügt, jedoch nicht das Herzstück der Problematik zu optimieren vermochte.

Ataris Ingenieure müssen sich der mangelnden Qualität des CODES bewußt gewesen sein, denn die Falcon-Architektur wurde so konzipiert, daß eine Hintertür, die das Optimieren der Falcon-Schwächen zuläßt, offengehalten wurde.

So wurde die Signal-Routen-Matrix des Falcon in der Form gestaltet, daß Audio-Daten auf digitalem Weg über den DSP-Port ein- und ausgegeben werden können, indem sie umgelenkt werden, wodurch die eingebauten Wandler überflüssig werden. Der Vorteil ist auf jeden Fall, daß schon allein auf diesem Wege die intern im Falcon-Gehäuse entstehenden Störelemente umgangen werden können.

Und darüber hinaus ist ein weiterer Vorteil, daß - je nach Anspruch an die Qualität - für jeden Kanal eine eigene Anschlußbuchse angeboten werden kann.

Retter in der Not

Line Audios Falcon-Audio I/O-Expander haben sich in den vergangenen Jahren einen guten Namen in diversen Studios rund um Europa gemacht. Jedes Gerät ist handgemacht und wird ausführlichen Tests unterzogen, um die vom Hersteller angegebenen Spezifikationen auch wirklich einzuhalten. Verschiedene Varianten dieser Hardware sind inzwischen erhältlich, doch alle basieren auf der Verwendung des gleichen High-Speed I-Bit Converters mit einer Auflösung von 18 Bit. Die Produktfamilie startete mit JAM eine Reihe mit professionellen Ein- und Ausgängen mit abgeschirmten Anschlüssen, was wichtig ist, wenn sich der Computer bzw. die Wandler in einem von vielen elektronischen Störfaktoren durchsetzten Raum bzw. Studio befinden. Jam PRO In-und Out werden entweder in separaten Gehäusen geliefert oder der Käufer erwirbt die Out-Variante in einem schicken 19"-Rack-Gehäuse, das mit einem Jam-In-Upgrade (2 oder 8 Kanäle) versehen werden kann.

Neben der Jam PRO-Serie gibt es auch die FAD- (Falcon Audio Digital) Geräte.

Die Komplettlösung mit Ein- und Ausgängen

Und wie klingen diese Erweiterungen? In etwa so, als wenn Sie nach einer halben Ewigkeit Ihr Lieblingsessen endlich wieder riechen dürften! Meine erste Reaktion war auf jeden Fall helle Begeisterung. Denn das, was die Line Audio-Hardware liefert, beinhaltet einen absolut linearen Frequenzverlauf und einen kaum wahrnehmbaren Geräuschpegel (siehe Abbildung 2). Ganz klar: Die Musik aus meinem Falcon hat niemals auch nur annähernd so kristallklar geklungen.

In einem akustischen Test konnte ich sofort heraushören, daß die Klangkulisse ohne Verzögerungen auf ihrem Volume-Niveau startete und einen ausgewogenen, klaren und unverzerrten Sound bot.

Diese Klangqualität hat natürlich zur Folge, daß schlechte Aufnahmen auch als solche ohne Beschönigungen zu hören sein werden. Es dürfte klar sein: Wo "Müll" hineinkommt, wird auch "Müll" wieder herauskommen. Wird also ein 8-Bit-Sample durch diese Hardware geschleust, so wird die Detail-Untreue und Unschärfe in allen Details zu hören sein. Auf diesem Weg konnte ich schon die eine oder andere Sample-CD als Schrottsammlung enttarnen.

Hingegen ist die Arbeit bei Einsatz der mitgelieferten externen Wandler wiederum eine Wohltat, denn jeder Atemzug eines Sängers, jedes Zufpen der Seite einer akustischen Gitarre wird mit einer studiotauglichen Detailtreue aufgezeichnet, und jede orchestrale Aufnahme und Widergabe wird zum Klangerlebnis.

Und um auch den Vätern des Falcon gerecht zu werden, wurde die Bass-Präsenz nicht untergraben. Im Gegensatz zum Original verfügt die neue Hardware aber auch über einen reichhaltigen Anteil an Mitten und Höhen.

Bei mir ist Klaus Heynes CD-Reader-Software insofern gut zum Einsatz gekommen, als ich mit ihrer Hilfe und meinen neuen Wandlern Audio-CDs mit einer ausgezeichneten Qualität habe einiesen können, da diese das Einlesen von Audio-Daten über den SCSI-Bus in der Form erlaubt, daß die Daten über den Falcon-DSP-Bus in den Falcon eingespeist werden können. Wenn Sie also Ihre Audio-CDs wirklich mit einem CD-ROM-Laufwerk abspielen wollen, dann tun sie es, sofern die Line Audio-Hardware vorhanden ist, am besten auf diesem Weg.

Fazit

Die Hardware der schwedischen Firma Line Audio läßt keine Wünsche offen. Die Soundqualität, das habe ich mehrfach herausgestellt, genügt höchsten Ansprüchen und ermöglicht es dem Falcon-Anwender, ohne den Einsatz teurer ADAT-Recorder oder dergleichen über eine adäquate Soundhardware für die Ein- und Ausgabe von Audio-Signalen zu verfügen. Während ich meine Hardware über Umwege aus dem Ausland bestellen mußte, können Sie ab März 1999 ihre Hardware auch bei June Audio in Deutschland beziehen. Das June Audio-Team arbeitet seit Jahren ausschließlich mit Atari-Hardware und verwendet die vorgestellte Hardware seit geraumer Zeit im eigenen Studio. Und wer meinen klangvollen Worten nicht volles Vertrauen schenken möchte, der kann sich über die Hardware bei June Audio oder auf der Atari-Messe in Neuss selbst überzeugen und sich die Wandler vorführen lassen. Ihren Ohren werden Sie doch vertrauen?

Preise: Ab ca. 450,- DM

Bezugsquelle: Siehe Newsteil dieser Ausgabe


Shiuming Lai
Aus: ST-Computer 04 / 1999, Seite 48

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