Kreativ mit dem Atari: Rainbow's End

Der Atari ist nach wie vor bei Musikern sehr beliebt. Besonders Künstler mit geringem Budget und trotzdem großen Ambitionen wissen den Atari zu schätzen und setzen ihn für die professionelle Musikproduktion ein.

Die Rendsburger Band "Rainbows' End" ist ein Paradebeispiel dafür. Adisas' Smile nennt sich das Erstlingswerk des Pop-Duos aus Rendsburg. Wer die CD zum ersten Mal hört, kann nicht umhin, das präzise Arrangement und die gefühlvollen Kompositionen vom ersten Augenblick an zu mögen.

Der Musikstil erinnert an die 80er Jahre: Es klingt eine angenehme Nähe zu Stücken von OMD oder auch Ten Sharps an. Gleichzeitig besitzen die Stücke aber auch ein hohes Maß an Individualität, die besonders durch die ungewöhnliche Soundauswahl erreicht wird.

Um so gespannter war ich natürlich, die Künstler persönlich kennenzulernen.

Beim Betreten ihres Studios konnte ich mich einmal mehr der Frage nicht erwehren, die mich so oft bei modernen Studios befallt: Wie kann derart gefühlvolle Musik aus dieser Ansammlung von Technik erwachsen?

"Musik kommt aus dem Gefühl", sagt Christian Kriegei, einer der beiden Musiker des Duos, und scheint damit meine Frage zu erahnen. "Genau das war unser Ziel", ergänzt sein Kollege Joachim Berg. "Unser erstes Album sollte in erste Linie Balladen liefern, später machen wir dann vielleicht etwas anderes."

Sowohl Joachim als auch Christian sind Keyboarder. Christian komponiert hauptsächlich auf seinem Roland D-10, während Joachim eine ganze Reihe von Synthesizern bzw. Expandern nutzt. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht aber in jedem Fall der Atari. Das Studio ist mit einem Mega ST ausgerüstet, Christian nutzt zu Hause noch einen 1040 ST zum Komponieren. "Der Atari ist das Herzstück der ganzen Anlage", erklärt Joachim, "ohne den Atari wäre die ganze Sache hier nicht möglich. Als ich mir damals den ST zulegte, war das besonders wegen der integrierten MIDI-Schnittstellen, die zu der Zeit noch nirgends anders geboten wurden."

Rainbows' End beziehen den Atari auch aktiv beim Erarbeiten ihrer Kompositionen ein. Als Software setzen sie hier den Creator ein. "Oftmals halte ich Ideen direkt am Atari fest", sagt Christian, "man probiert etwas herum und spielt es dann in den Creator ein. Mit dem Stück arbeitet Achim dann weiter." Tatsächlich treffen sich die Musiker nur höchstens einmal pro Woche, um Gedanken und Ideen auszutauschen, die Arbeit der Woche befindet sich nicht nur in ihren Köpfen, sondern auch auf Diskette. "Ein Song entwickelt sich wie ein Bild", meint Joachim, "beide tragen einige Farben dazu bei. Wenn Christian hier einige Ideen mitbringt, setzen wir diese auch auf anderen Geräten um. So kommt eines zum anderen."

Natürlich stellt sich die Frage, warum sich die beiden nicht schon längst einen vermeintlich zeitgemäßeren Rechner, wie den PC oder Mac, zugelegt haben. "Zuerst einmal ist hier natürlich der finanzielle Aspekt", erklärt Joachim, "außerdem arbeiten wir seit Jahren zufrieden mit dem System. Es ist sowieso unser Ziel, das Maximum aus den Sachen zu machen, die wir haben. Der Atari, und speziell die dafür erhältliche Software, ist übersichtlich und einfach zu bedienen. Kein anderes Gerät stellt einen derart leistungsfähigen und günstigen Sequencer dar." Joachim Berg bestätigt damit die Meinung vieler Musiker, die mit dem Atari arbeiten, da er ihre Ideen unterstützt und nicht erst sonderlich viel Beschäftigung mit der Technik verlangt. Das Betriebssystem ist einfach, aber sicher - auch im Liveeinsatz.

Zur Herstellung der CD mußten die beiden allerdings auf fremde Hilfe zurückgreifen. "Wir haben hier die kompletten Stücke direkt auf DAT aufgenommen. Die CD-Herstellung lag dann bei der Firma Audio-House", erzählt Achim.

Der nächste logische Schritt wäre die Komplettproduktion im eigenen Studio. Hier hat man sich aber noch nicht für ein HD-Recording-System entscheiden können. Der PC lockt zwar, gleichzeitig möchte man auch nicht die Unkompliziertheit des Atari aufgeben, ein Grund, der viele Musiker zögern läßt.

"Wir werden jetzt erst mal abwarten, was passiert", sagen die Künstler übereinstimmend. Unser Ziel mit Adisas' Smile war es, erst einmal zu zeigen, was wir überhaupt machen. Dann werden wir weitersehen."

Diese Intelligenz und Gelassenheit spiegelt sich - kombiniert mit sehr viel Wärme - auch in vielen der Stücke von Rainbows' End wieder und ist auch Teil des Konzepts: "Schau Dich doch um", sagt Joachim, "überall sind die Menschen im Streß. Die wollen nicht noch abends Techno hören. Wir wollten eher etwas Gefühlvolles machen."

Leser-CD

Daß das den beiden gelungen ist, können Sie übrigens auf unserer kommenden Le-scr-CD nachprüfen. Dort wird es einige Hörproben für den CD-Player geben geben.

Kontakt: Joachim Berg Dorfstraße 37 24783 Osterrönfeld


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 04 / 1999, Seite 20

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite