M.E.S.S. - Der Super-Emulator

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Neues aus der Welt der portablen Emulatoren: MESS schickt sich an, ein ähnliches Multitalent zu werden, wie MAME.

MAME ist wohl einer der leistungsfähigsten Emulatoren und wird auf immer mehr Systeme umgesetzt. Doch nicht nur die Anzahl der Spiele (z.Z. über 600) ist beeindruckend, auch die Liste der emulierten CPUs, Grafik- und Soundchips kann sich sehen lassen. In dieser Liste finden sich so legendäre Chips wie Pokey und Antic (Atari XL-Sound- bzw. Grafikchip, 6502/6510 (XL, Oric, C64) und 68000 (Amiga, ST, Mac). Da die Sourcen zu MAME frei erhältlich sind, ist das Programm fast eine Art Eldorado für Emulatorenprogrammierer.
Mit MESS hat sich ein Programmierteam an die Arbeit gemacht, die MAME-Bestandteile zur Emulation ganzer Computer- und Videospielsysteme zu nutzen. Auch dieses Projekt ist offen konzipiert und schon in der derzeit verfügbaren v0.1 ist die Anzahl der unterstützten Systeme beeindruckend.

Arbeitsweise

Jeder Programmierer kann einen eigenen Emulator dem MESS beisteuern. Da die meißten Bestandteile bereits emuliert werden, reduziert sich die Programmierarbeit. MESS ist komplett in C geschrieben und dies wird sich auch nicht ändern, da das Programm auf möglichst viele Systeme umsetzbar bleiben soll.

Systeme

In der v0.1 emuliert MESS folgende Systeme: NES, Sega Mega Drive, TRS-80, Colour Genie und Colecovision.
Version 0.2 ist momentan nur angekündigt und enthält neben überarbeiteten Version der bereits verfügbaren Emulatoren, neue Systeme: Apple 2, Atari 800, VCS5200, Sega Master System/Game Gear, Bally Astrocade, PDP-1, Kaypro 2x (CP/M), Gameboy, Vectrex und VCS7800.
Bally Astrocade, Kaypro 2x und das VCS7800 werden dabei zum ersten Mal überhaupt emuliert.

NES

Das NES wird auf dem Falcon bereits von Godlenes "emuliert". Jedoch ist bisher jedes Release auf ein Spiel fixiert und das entspricht natürlich nicht dem, was man unter Emulation versteht. Der MESS-NES kann fast jedes NES-ROM verwenden und die Emulation ist bis auf kleine Schönheitsfehler sehr gut gelungen. Dies liegt sicher auch daran, das MESS-NES auf dem NES-Emulator iNES aufbaut, während Godlenes auf einem C64-Emulator basiert.

Sega Mega Drive

Noch nicht sehr fortgeschritten ist die Mega Drive-Emulation. Auf einem Pentium2 betrug die Geschwindigkeit des Testspiels "Streets of Rage" ca. 50 % eines echten Mega Drives. An der Optimierung wird noch gearbeitet, bei einer Milan-Version könnte zumindest die CPU-Emulation erheblich beschleunigt werden, da im Mega Drive die gleiche CPU wie im ST arbeitet. Trotzdem wäre es illusorisch, eine ST- oder Falcon-Version für möglich zu halten, denn mit dem "Rest" des Mega Drives wären die Ataris völlig überfordert. Für v0.2 ist eine teilweise Sound-Emulation angekündigt.

TRS-80

Ein echter Oldie unter den 8-Bittern wird von MESS bereits überzeugend emuliert. Auch von der Geschwindigkeit weiß die Emulation zu überzeugen, die TRS-80 ROMs müssen jedoch erst besorgt werden, was im Internet jedoch kein größeres Problem darstellt.

Colour Genie

Nicht ganz so bekannt wie das TRS-80 ist das Colour Genie. Der Name war durchaus zutreffend, denn immerhin standen 16 Farben zur Verfügung und das Gerät war auch noch grafikfähig. Dank MESS wird das Colour Genie jetzt nicht nur auf PCs, sondern auch auf Amiga, Mac und Unix-Derivaten emuliert.

Colecovision

Der größte Konkurrent des VCS2600 ist auch heute noch einen Blick wert, denn die Grafik ist besser und die Spiele-Qualität gut. Die zwei getesteten Spiele Pitfall 2 und HERO liefen ohne Probleme.

Die Zukunft

Neben den verfügbaren und angekündigten Systemen wären noch folgende Emulationen denkbar: Atari ST, Oric, ZX81, ZXSpectrum, ABC80, Acorn BBC, CPC und Dragon32 - prinzipiell also alle Systeme, die ohne hochgezüchtete Spezial-Chips auskommen. Zudem sind für diese Systeme bereits Emulatoren erhältlich.
Schwieriger wird es da schon bei Systemen wie dem Amiga, Lynx oder C64. Diese Systeme bieten entweder Grafik- und Soundchips die nie in Automaten verwendet wurden (Lynx, Amiga) oder werden von den Programmierern derart gut ausgenutzt, dass eine 90-prozentige Emulation nicht ausreichen würde (C64).
Gerüchteweise soll sogar eine NeoGeo-Emulation dazukommen - das war eine Konsole mit 512 Farben gleichzeitig (aus 65000) und Stereosound, deren Spielepalette zu 85% aus Prügelspielen besteht. Da die MAME-Gruppe bereits das Automatengegenstück in ihren Emulator eingebaut hat, braucht die MESS-Gruppe nur noch darauf zuzugreifen. Allerdings wäre auch ein Milan mit der Emulation einer solchen Konsole überfordert.

Atari-Version

MESS wäre ein Programm für die nächste Generation der "Atari"-Computer, also den Clones wie Milan, Hades und vielleicht auch Phenix. Zwar könnte sich ein Programmierer daran machen, MESS komplett in Assembler umzusetzen, wäre damit aber von der Weiterentwicklung abgeschnitten. MESS wird von einem großen Team weiterentwickelt und prominente Beispiele wie Linux, Gimp oder Apache zeigen, wie leistungsfähig Software durch freien Sourcecode werden kann.

Fazit

MESS ist ein sehr interessantes Projekt und wird - dank des engagierten MESS-Teams - wohl der Multi-Emulator schlechthin werden. Schon jetzt hat man mit einem Emulator praktisch fünf verschiedene Systeme auf der Festplatte - der Zuwachs an dadurch verfügbaren Programmen läßt sich kaum beziffern.

WWW: http://mess.emuverse.com


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 03 / 1999, Seite 61

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