CD-Produktion von zu Hause aus - ein Praxisbericht

Die Gebrauchtgeräte-Preise im Atari-Markt machen es möglich: Harddiscrecording und CD-Produktion sind zu erschwinglichen Preisen von zu Hause aus möglich.
Doch trotz der übersichtlichen Software kann es immer wieder zu kleinen Stolpersteinen kommen. Der Erfahrungsbericht von Claus Rogge soll dabei helfen, Fehler zu vermeiden.

Auch wer nicht das Equipment vom "June-Audio"-Studio in Köln sein Eigen nennt (wir berichteten im Frühjahr 1998), kann sich als Atari-Besitzer guten Gewissens von veralteter Magnetband - Technologie verabschieden. Mit den aktuellen TOS-Systemen ist es bestens möglich, in den eigenen vier Wänden CDs mit eigener Musik oder eigenen Musikdaten zu brennen. Zwar berichteten wir bereits über die CD-Recorder-Software, doch dies ist ein Erfahrungsbericht, der anderen bei der Vermeidung häufiger Fehler behilflich sein soll.

Der Absturz der Preise am Gebrauchtmarkt machte es mir möglich: Der lang gehegte Wunsch nach der einstigen Power-Maschine aus dem Hause Atari, dem Falcon, konnte endlich erfüllt werden. Ganz oben auf der Wunschliste war natürlich der C-LAB Falcon MKX Als mein Bargeldbestand es endlich zuließ, dieser aber bei C-LAB nicht verfügbar war, stürzte ich mich auf die Kleinanzeigen der ST-Computer, wo ich meinen Traumcomputer auch zu einem sagenhaften Preis entdeckte. Aber so etwas geht wohl auf das Konto "Schicksal".

Nun gut, nachdem die Maschine gekauft war, wurde mir klar: Ein HD-RecordingProgramm muss her. Als langjähriger Anwender von Cubase Score, dem bekannten Sequenzer- und Notendruckprogramm, gingen meine Gedanken zunächst in Richtung "Upgrade" auf eine AudioVersion. Eine vorsichtige Anfrage beim österreichischen Distributor der Firma Steinberg brachte jedoch an den Tag, das dieses Update rund 550,- DM (4.000 öS) kosten würde.

Bedenken wurden wach. Gut, Steinberg ist mit dem Geld der Atarianer groß geworden - aber mein Cubase Score aus dem Jahre 1994 wird nicht mehr weitergepflegt. An Cubase Audio für den Falcon würden laut Aussagen des Hauses Steinberg hier und da noch Fehlerbereinigungen vorgenommen und Teile der Software verbessert, aber das Hauptgewicht läge dennoch am PC-Sektor mit der VST-Version des Programmes. Es ist also wohl eher eine Frage der Zeit, wann auch hier nichts mehr gemacht wird.

Also gingen meine Überlegungen in Richtung der Alternativen. Der ursprüngliche Plan, den alten STFM zu ersetzen und nur mehr am Falcon zu arbeiten, wich der Idee, den ST -für den man ja am Gebrauchtmarkt sowieso keinen adäquaten Betrag mehr erhält- zu behalten, Cubase Score als Sequenzer zu verwenden und am Falcon eine reine HD-Recording-Software einzusetzen. Als Instrumentallehrer, der sehr viele Stücke selber schreibt, bin ich mit meinem Notationsprogramm so per Du, dass ein Umlernen von Unlust begleitet wäre. Nach wie vor entstehen daher meine Arrangements und Kompositionen für Schüler auf dem Atari ST.

Audio-what!?

Ein sehr guter Artikel in der ST-Computer 3/96 über den Audio-Tracker der Firma SoundPool legte nahe, sich doch einmal mit diesem sehr günstigen Programm zu beschäftigen. Eine Demoversion wurde ausfindig gemacht, getestet und für wunderbar befunden. Also wurde der Bestellschein abgeschickt.

Hier sollte nebenbei erwähnt werden, dass, wer sich sein HD-Recordingprogramm nach der freundlichsten Telefonstimme aussucht, bei SoundPool an der falschen Adresse ist. Ich erwische dort häufig einen Herrn, der seinen Mißmut über seine Arbeit am Telefon nicht zu verbergen versucht, so dass sein Spektrum von Wortkargheit bis sonstwohin reicht und der Weg bis zu telefonischen Klärung manchmal steinig wird.

Aber für alle die, die andere Kriterien (z.B. professionell geschriebene Software, übersichtliche Bedienerfunktion, Erweiterbarkeit bis fast ins Unendliche ...) für den Erwerb einer Software befolgen, ist SoundPool sicherlich in erster Reihe zu bewerten.

Der erste Fehler

Während die Post emsig daran arbeitete, das von mir bestellte Paket dem Empfänger zukommen zu lassen, wurden natürlich Vorbereitungen getroffen. Im Unterschied zu Menschen, die zuerst den Tee kochen und dann ins Geschäft gehen, um sich eine Tasse zu kaufen, besorgte ich mir eine - für meine bisherigen Verhältnisse riesige - neue SCSI-Festplatte der Größe zwei Gbyte. Wie viele andere Anwender sicherlich auch, dachte ich mir, dass SCSI „das“ Format für solche Zwecke sei (ich erinnere da nur an den Titel der c’t 2/98: „Profis nehmen SCSI“, durch den ich mich geschmeichelt angesprochen fühlte).

Dann war es soweit: Auf einer Diskette, begleitet durch ein kleines Handbuch, kam der Audio-Tracker eines Mittags bei mir an. Das Programm wurde selbstredend ohne Umwege fieberhaft ausgepackt und installiert (was übrigens kinderleicht war).

Als ich das Handbuch voller Neugier aufschlug, las ich auf den ersten Seiten voller Erschrecken, dass ich übrigens auch eine SCSI-Platte verwenden könnte, wenn ich dies unbedingt wollte, aber nicht damit rechnen dürfte, dass damit auch alles reibungslos funktionieren werde. Wenn ich aber sichergehen wolle, dass dies der Fall sei, solle ich doch lieber auf eine IDE-Festplatte zurückgreifen, die entgegen anders lautender Meinungen besser geeignet sei.

Da stand ich nun mit meiner tollen Festplatte, von der ich allen meinen Bekannten vorgeschwärmt hatte. Und tatsächlich: Es funktionierte nichts richtig. Manchmal konnte ich vier und manchmal sechs Spuren aufnehmen, irgendwann brach die Aufnahme aber ab und es hieß "You HD is too slow!°, was bedeutet, dass meine Festplatte zu langsam war.

Also wurde die schöne neue Festplatte wieder verkauft, mit nur ein wenig Aufpreis wurde eine neue 4,3 Gbyte IDE-Festplatte erworben und nach dem Einbau mit der Überlegung partitioniert, dass pro Partition nur ein Track angelegt werden kann und pro Track höchstens 16 Songs.

Der zweite Fehler

... gar nichts. Die Musik, die ich aufnahm, erschien fetzenhaft. Es kam drei Sekunden nichts, dann ertönte vier Millisekunden ein Klang, dann wieder fünf Sekunden nichts. Rätselraten, Haareraufen (wenn auch nicht vorhanden)der schwere Griff zum Hörer brachte dann die Lösung: Zufällig erwähnte ich in einem Nebensatz meiner Fehlerbeschreibungen, dass ich das Programm auf einer alten 450 MB Festplatte, die auf IDE-0 eingestellt sei, installiert hätte, die Musik aber von meiner neuen IDE-1-Festplatte abgespielt würde. Merkwürdigerweise wurde ich dafür "kritisiert", wie ich denn überhaupt auf die Idee käme, zwei Festplatten einzubauen... Wie immer kam ich mir ein wenig schlecht behandelt vor, aber nichts desto trotz: Der Anruf konnte mir die erwünschte Hilfestellung bieten.

Problem gelöst - jetzt ging's! Hätte ich vorher um die kleinen Hindernisse beim Betreiben der Audio-Software gewußt, hätte ich mir nicht nur wegen des Verzichts auf meine amüsanten Telefonate das Leben ein wenig leichter gemacht.

Der Wandler - ein Problem?

Die eingebauten Wandler des Falcon werden häufig ob ihrer schlechten Qualität als untauglich dargestellt. Und in der Tat: Sie haben drei erhebliche Nachteile. Einerseits ist ein Mikrophon-Signal zu verstärken, was auch ein Verstärken des natürlichen Rauschpegels mit sich führt, das nicht nur meinem alten Vierspur-Kassettenrecorder das Wasser reicht, sondern zeitweise in einer Brandung untergehen läßt, andererseits ist ein Line-Signal z.B. aus einem Gitarrenverstärker zu hoch, so dass ein Widerstand eingebaut werden muss. Ich habe mir von einem Bastler (hallo, Gerhard) ein schwarzes Kästchen bauen lassen, das einen regelbaren Widerstand pro Kanal besitzt und an die Mikrophonbuchse des Falcon angeschlossen werden kann. Für die Mikrophon-Vorverstärkung eignet sich auch ein (gutes!) Mischpult, in meinem Fall kommt ein Dinosaurier der Studiotechnologie wieder zu Ehren: Ein Zwei-Spur-Spulengerät für 26°-Bänder, Baujahr Mitte der 70er Jahre (als ich mit Homerecording anfing), verstärkt das Mikrophon-Signal fast ohne Rauschen auf den Line-Pegel.

Das dritte Problem ist ein schwerwiegenderes: Der Wandler ist von Haus aus mit ca. 49.17 kHz getaktet - ein Format, das sonst nirgends in der Welt auftaucht. Atari glaubte wohl damals, einen neuen und besseren Standard setzen zu müssen, leider zu Unrecht, wie sich herausgestellt hat, denn der Falcon wurde mit Hinblick auf seinen Erfolg im weltweiten Homerecording-Markt ein Flop, und niemand war daher gezwungen, sich dem neuen Quasi-Standard anzupassen.

Heute wird mit den etablierten Taktfrequenzen 44,1 kHz (CD) oder 48 kHz (DAT) gearbeitet, und das weltweit. Wer meint, das Aufgenommene mit der Funktion "Convert Sample-Rate" einfach in eine andere Samplefrequenz konvertieren zu können, irrt. Das Programm liest nämlich nur das selbe Signal mit einer anderen Samplerate ab. Resultat: Das "Band" läuft zu langsam ab, so dass die Tonhöhe um ca. einen Ganzton tiefer erklingt.

Von Haus aus wird angeboten, mit dem S/PDIF-Interface die internen Wandler zu umgehen und vorhandene Wandler, z.B. von einem DAT-Recorder, zu verwenden. Dazu soll man das DAT-Gerät auf Aufnahme schalten und das Signal an den Falcon per Kabel weiterleiten.

Um mich nun vollends zum Gespött derer zu machen, die meinen, ein Musiker sei nur, wer mindestens 20.000 DM in Equipment investiert hat, muss ich gestehen, dass ich nicht nur keinen DAT-Recorder besitze, sondern auch nicht im Traum daran denke, mir einen zuzulegen.

Meine Vorstellung war von vornherein: Ich erwerbe anstatt eines DAT-Recorders zum Mastern und eines Wechselplattenlaufwerks zur Datensicherung einen CD-ROM-Brenner. Denn ein Gerät weniger bedeutet nicht nur weniger Kabelsalat, sondern auch weniger Hardware, die kaputt gehen könnte, weniger Kosten, weniger Arger...

Jetzt gibt es also die Möglichkeit, sich gebraucht eine sogenannte CAC (Cubase Audio Clock - funktioniert aber nur mit dem Programm "FDI INIT" oder "MATRIX.PRG") zu besorgen. Diese kann man dann erhalten, wenn CubaseAudio-Besitzer sich ein S/PDIF-Interface zugelegt haben, denn da diesem ebenfalls extern die Taktfrequenz von 44.1 kHz zur Verfügung steht, wird die CAC überflüssig. Der Nachteil dieser Lösung ist aber folgender: Der Falcon schafft es mit angeschlossener CAC nicht mehr, sowohl die aufgenommenen Spuren als auch die neue Aufnahme an den Output zu routen, d. h., man hört zwar das vorher Aufgenommene, nur sich selber hört man nicht mehr. Meine Lösung sieht daher so aus, dass ich z.B. den Gitarrenvorverstärker über den Kopfhörerausgang mit dem Mischpult verbinde, in das auch das Signal vom Audio-Tracker kommt. Hier ist ein wenig Phantasie gefragt oder eben eines der unzähligen Zusatz-Hardware-Geräte, die SoundPool anbietet.

Das war zumindest meine Lösung, aber je nach Inhalt des Portemonnaies gibt es sicher unterschiedlich professionelle und komfortable Möglichkeiten für den Musiker. Andere habe ich selbst aber nicht ausprobiert, denn mit der aktuellen Gerätekonstellation bin ich recht zufrieden.

Das Programm "FDI INIT" gibt es übrigens auf der SoundPool-Homepage (http://www.soundpool.de) oder auf deren Demo-CD, die eine Reihe von Demoversionen der Programme aus dem Vertriebsprogramm bietet.

Im kommenden Heft

In der kommenden Ausgabe berichte ich über weitere kleinere Probleme und deren Lösung sowie den Einsatz des Programmes CD-Recorder zum Brennen eigener Musik-CDs. In der Hoffnung, dem einen oder anderen Anwender die Furcht vor dem Einstieg in das digitale Homerecording genommen zu haben, verbleibe ich bis zur kommenden Ausgabe mit den besten Grüßen


Claus Rogge
Aus: ST-Computer 02 / 1999, Seite 39

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