Java - Another Cup of Coffee

Nach einer "kreativen Pause" meldet sich nun die Java-Rubrik wieder zurück. Und diesmal gibt es auch für Atari-Fans interessante Neuigkeiten.

Einiges ist passiert in den letzten Monaten, und deshalb gibt es wie immer einige Java-News.

Mozilla, die Sourcecode-Version des Netscape Navigators, wird z.Z. eifrig von der Netz-Gemeinde weiterentwickelt. Eine Besonderheit ist dabei die Open-JAVA-VM-Schnittstelle, die das Einbinden von beliebigen Java-Interpretern erlaubt. Netscape durfte nämlich nicht den ursprünglichen Java-Interpreter als Source-Code ins Netz stellen, da die Rechte teilweise bei Sun liegen. Eben diese Firma möchte übrigens ihre Lizensierungspolitik ändern - viele vermuten, daß der Sourcecode von Java zur Weiterentwicklung freigegeben wird. Beides sind zumindest gute Nachrichten für die Portierung von Java auf andere Systeme, denn bislang führten frei erhältliche Java-Interpreter wie z.B. kaffe eher ein Schattendasein.

In Redmond, dem Sitz von Microsoft, ist man im Moment nicht besonders gut auf Java zu sprechen; Grund ist eine Richterentscheidung, die besagt, dass Microsoft die eigene Java-Variante so anpassen muß, daß sie den Sun-Kompatibilitätstest besteht. Die Produkte, die betroffen sind, sind neben dem Internet Explorer und der Entwicklungsumgebung J++ auch Windows98 - ob man in Redmond wohl inzwischen bereut, den IE zum festen Bestandteil von Win98 gemacht zu haben?

Um die Nicht-PC-Geräte tobt inzwischen ein heftiger Kampf zwischen WindowsCE und Java. Es geht um so alltägliche Geräte wie Handys, stationäre Telefone, Kühlschränke oder die Mikrowelle. Zusätzlich würde Microsoft auch gerne das Auto WindowsCE anvertrauen, und mit der Mikrowelle lassen sich dann auch endlich Tabellen verwalten und im Internet surfen - darauf hat die Welt gewartet. Java soll hingegen die Geräte nur etwas intelligenter machen, ob dann der Kühlschrank mit einem eingebautem Web-Browser ausgestattet wird, liegt ganz beim Hersteller.

In letzter Zeit gab es immer wieder Verwirrung um Begriffe wie Java und JavaScript, Applet und Application. Bevor also die Java-Applets dieses Monats vorgestellt werden, gibt es eine kleine Begriffskunde.

Java=JavaScript

Java und JavaScript haben bis auf den Namen nichts miteinander zu tun. JavaScript ist eine Erfindung von Netscape und trägt diesen Namen, um eine Nähe zu Sun zu demonstrieren. Die Anweisungen von JavaScript stehen im Klartext in der HTML-Seite, sind also für jeden einsehbar. Dementsprechend ist die Sprache auch um einiges langsamer als Java, und der Spra-chumfang schränkt den Nutzen auch sehr ein. Trotzdem gelingt es einigen geschickten Programmierern, aufwendige Spiele mit JavaScript zu programmieren, primär dient die Sprache aber zur Erweiterung der Interaktivität von HTML. Viele Web-Seiten sind inzwischen auf JavaScript angewiesen, eine Anpassung für den Atari ist in Vorbereitung.

Java ist hingegen eine vollwertige Programmiersprache, mit der sich so ziemlich alles entwickeln lässt. Die häufigste Erscheinungsform - im Web-Browser - ist nicht zwingend, denn es existieren auch externe Applet-Viewer, die zum Teil deutlich schneller sind. Der Sprachumfang von Java lässt sich durch Programm-Bibliotheken erweitern, es gibt z.B. Erweiterungen für 3D-Grafik, eine standardisierte Benutzeroberfläche und vieles mehr. Ein Applet ist in der Regel nicht allzu groß, und zwar mit Rücksicht auf die Geschwindigkeit des WWW. Um die Sicherheit des Systems zu gewährleisten, unterliegen Applets diversen Beschränkungen - ein Applet kann nicht die Festplatte formatieren.

Eine Java-Application ist hingegen eine ausgewachsene Anwendung, die nicht im Web-Browser läuft. Dies macht auch Sinn, denn was will man mit einer Textverarbeitung im Web-Browser?

Ob Applet oder Application, das Prinzip von Java lautet stets "Write once run anywhere" - ein Java-Programm soll auf jeder Maschine laufen, die über eine Ja-va-VM verfügt. Dies gilt auch für JavaScript - sofern keine System-spezifischen Eigenheiten benutzt werden (beispielsweise Microsofts "Erweiterungen" von Java und JavaScript).

Prinzipiell sind beide Sprachen sicher, entgegen der Panikmache in den Medien. Um den Benutzer auszuspionieren, braucht man kein JavaScript/Java, und wer bösartige Applets auf seine Seite stellt, die den Browser zum Absturz bringen, braucht sich über mangelnde Besucher nicht zu wundem. Und wer dem Rat der Fernsehsender folgt und Java/Java-Script abschaltet, wird deren Homepages kaum vernünftig angezeigt bekommen.

J64

Nach der etwas längeren Einführung kommt nun das erste Applet, und es ist sicherlich eines, auf das viele gewartet haben: ein C64-Emulator in Java! Wer will, kann also den vertrauten blau/hellblauen C64-Bildschirm auf seine Internet-Seite packen und in Basic programmieren. Entstanden ist der Emulator aus einem verschollenen C64-Emulator für den Atari, dem "Incredible C64-Emulator". Ganz so unglaublich, wie der Name suggeriert, war der Emulator jedoch nicht, denn es fehlte der original C64-Font. Es folgte eine Umsetzung auf den PC, aber dort gibt es mittlerweile zu viele C64-Emulatoren, aber die Java-Umsetzung ist einzigartig. Emuliert wird dabei der C64 mit Basic, Betriebssystem und Grafik. Leider wird das Diskettenlaufwerk noch nicht unterstützt, daher kann man seine Ergebnisse nicht speichern. Auch dauert es etwas, bis das Applet bereit ist - aber dies ist auch erst die erste Version. Interessant wird das geplante Vertriebskonzept sein: Der Sourcecode des Emulators wird zur Verfügung gestellt ,und der Autor übernimmt die Koordination der Weiterentwicklung. Damit mehr Zugriffe auf die J64-Homepage erfolgen, darf man sogar das Applet auf den eigenen Webseiten verwenden - wenn man auf die J64-Seite verweist.

URL: http://www.pure.de/thomas/

MSX-Emulator

Der erste Ausflug von Microsoft in den Heimcomputerbereich: Im Jahr 1983 sollte der MSX-Standard Schluß mit den ganzen verschiedenen Heimcomputern machen. Der C64 hatte jedoch den MSX1 -Rechnern den Garaus gemacht und Amiga/Atari ST taten das gleiche mit der Nachfolgegeneration MSX2. Trotzdem existieren einige interessante Spiele (vorwiegend aus Japan) und diese können mit diesem Applet im Browser gespielt werden. Die Webseite des Emulators stellt eine große Auswahl an Spielen zur Verfügung, die per Klick ausgewählt und nach einiger Wartezeit gespielt werden können.

URL: http://www.emunews.com/jmsxemu/

Java-Gästebuch

Gästebücher werden normalerweise in Perl oder einer ähnlichen Scriptsprache (JavaScript ist dafür ungeeignet!) verfasst und in ein Verzeichnis namens cgi-bin kopiert. Dummerweise ist bei vielen Providern die Benutzung eines solchen Verzeichnisses verboten, denn schließlich könnte so etwas auch missbraucht werden in solchen Fällen hat man entweder zwei Möglichkeiten: entweder eine fremde Seite finden, die den Gästebuch-Service an-

bietet oder das Java-Applet "Guestbook". Letzteres hat sogar einige Vorteile: Es ist komfortabler und man kann Zeichnungen mitschicken! Der, der sich im Gästebuch eintragen möchte, zeichnet einfach mit der Maus in ein graues Zeichenfeld. Die Zeichnungen sind immer in schwarz/weiß und erinnern an die einfachen Zeichengeräte für Kinder (Etch-A-Sketch) - auf jeden Fall eine gelungene Auflockerung in sonst so drögen Gästebüchern!

URL: www.renzop.com

Java-Chat

Java-Chats gehören meistens zu den besten Chats (IRC einmal ausgenommen), die Chats finden dabei immer noch im Browserfenster statt, aber die Schwächen von HTML+JavaScript oder einer anderen Scriptsprache werden durch Java umgangen. Der CrZy-Chat bietet die Möglichkeit, eigene Chat-Räume zu erzeugen und sie sogar registrieren zu lassen. Letzteres kostet allerdings 10 Dollar im Monat, benutzt man dieses Feature nicht, ist die Benutzung kostenlos. Für Chat-Genuß außerhalb des Browsers lässt sich der Chat herauslösen, d.h. er öffnet ein eigenes Fenster. Einzelne User lassen sich auch aussperren, ebenso sind Gruppen-Chats und Zweier-Chats möglich.

Es muss natürlich darauf hingewiesen werden, dass so ein Chat nur Sinn macht, wenn die eigene Homepage öfters besucht wird. Ebenso sollte man sich der Verantwortung bewusst sein, denn nur wenn sehr viele Leute sich gleichzeitig im Chat-Raum befinden, ist eine gewisse Selbstkontrolle des Chats möglich - dies ist allerdings kein spezifisches Problem des CrZy-Chats.

URL: www.crzy.com

Das nächste Mal ...

geht es um die Java-Portierung auf den Atari.


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 01 / 1999, Seite 27

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