Ursachensuche für Datenverluste

Einige Tips zur Bekämpfung von Viren und anderer Ursachen von schwerwiegenden Datenverlusten und zur Vorbeugung.

Was so alles passieren kann: Eine weitgehend mit Textdateien gefüllte 127 MB-Partition einer 1 GB- SCSI-Festplatte zeigte statt des üblichen Inhaltsverzeichnisses nur ein verstümmeltes, in dem die Namen durch Sonderzeichen ersetzt waren. Außerdem erreichten die Dateilängen riesige Ausmaße. Da ich zunächst einen Virus vermutete, kopierte ich noch die allerwichtigsten Textdateien von den anderen Partitionen und die häufigst benutzten Programme auf getrennte Disketten, erstere, um sie nicht zu verlieren, letztere sozusagen zur Beweissicherung, als Chance für Viren bewußt auf Disks ohne Bootsek- torschutz. Nachdem ich vorher einige z.T. ursprünglich gepackte internationale Public-Domain-Programme ausprobiert hatte, nahm ich an, dass den CD-Herstellern doch einmal ein Virus entgangen war. Da ich alle von mir eingesetzte Software als Original bzw. auf CD-ROM besitze, formatierte und partitionierte ich die ganze Festplatte neu, was sich bei einem zerstörten Inhaltsverzeichnis ohnehin empfiehlt. Dies beseitigt auch Viren 100%ig, falls nicht die Formartierungssoftware oder deren Disk verseucht ist. Letzteres war jedoch ausgeschlossen, da ich bei Disks den Schreibschutz nur selten, nämlich zum Abspeichern von Texten o.ä. und dann nur vorüberge- hend öffne. Bei mechanischen Defekten der Festplatte ist es natürlich sinnvoll, alle noch brauchbaren Partitionen vorher zu sichern (z.B. Streamer oder andere Fest-/Wechselplatten).

Anschließend ging es an die Virensuche. Ich installierte einen kommerziellen Online-Virencheck (nicht den von POISON, da ich dieses Programm nur auf einer CD-ROM ohne Handbuch besitze) und probierte außerdem ein gutes halbes Dutzend verschiedener Virenscanner, ohne dass bei diesen eine Virenwarnung erfolgte. Nur die o.g. Onlineprüfung meldete, eingestellt auf das Unterbinden unbekannter Vektoränderungen, relativ häufig, aber nicht immer, beim Einlesen des Inhaltsverzeichnisses den Versuch, ein paar Vektoren zu verbiegen. Mit POISON stellte ich dann fest, dass diese Vektorverbiegungen nur vorkamen, wenn die o.g. Online-Prüfung aktiv war. Obwohl ich die Disks bewußt ohne Schreibschutz beließ, war also höchstwahrscheinlich kein Virus vorhanden - nur der Wächter warnte vor sich selbst! Um diese Diagnose abzusichern, ging ich zur umständlichsten aber wohl sichersten Virenprüfung über: zeichenweiser Vergleich mit garantiert unverseuchten Originalen. Viren können nämlich beim ATARI mit Disks nur über den Bootsektor (evtl. auch über nicht ausführbare!) oder über durch einen Virus veränderte Programme übertragen werden (Bootsektor- bzw. Linkviren). Makro-Viren spielen bei ATARIs keine Rolle, da es glücklicherweise keinen Software-Marktführer gibt. Den zeichenweisen Vergleich führte ich natürlich nicht "zu Fuß" durch - dieser Beitrag erschiene sonst erst "etwas" später - sondern mit einem klassischen kommerziellen Texteditor (TEMPUS) per automatischem Textvergleich.

Verglichen wurden alle Programme, die sich auf den wenigen zuletzt von mir mit offenem Schreibschutz verwendeten Disks und den Kopien von der "beschädigten" Festplatte befanden. Kein Unterschied zu den Urversionen! Genauso war es mit Bootsektoren. Von dem Fehlalarm-Virensucher besitze ich zwei Exemplare, ein gekauftes und eines auf CD-ROM. Vergleich beider und mit der "meckernden" Arbeitskopie: identisch! Virenalarm abgeblasen! Aufatmen!

Echten Virenkontakt hatte ich nur dreimal in meiner über 10jährigen ATARI-Praxis:

Erstmals beim Kauf meines ersten ATARI (eines gebrauchten 520ST mit 1/2 MB) von einem Schüler, der einen größeren anschaffen wollte. Ich erhielt ich nur wenig Software dazu, aber die hatte es in sich! Keine Disk war schreibgeschützt, und sogar der Bootsektor der Systemdisk enthielt den Ghost-Virus, einen Bootsektorvirus, der gelegentlich die vertikale Bewegungsrichtung der Maus umkehrt. Vermutlich glaubte der Vorbesitzer an einen Hardwarefehler. Den zweiten Kontakt hatte ich bei einer Disk der verblichenen Zeitschrift TOS (GFA- Basic 3.5 einschließlich harmlosem Bootsektor-Virus). Der dritte Kontakt der unangenehmen Art erfolgte, als ich von einem fliegenden Händler auf dem wöchentlichen Flohmarkt eine PD-Disk erwarb. Alle drei Viren waren damals kein Problem dank SAGROTAN - inzwischen durch diverse Nachfolger überholt.

Des Pudels Kern

Aber was war die Quelle der Festplattenstörung? Nach Beratung im ATARI- Bekanntenkreis gab es drei Möglichkeiten, eine vierte fand ich im ATARI- Hardware-Handbuch von Bernhard Reimann:

  1. Lockere Verbindung zwischen Computer und Festplatte (ich baue häufig auf und ab, was man schon im Interesse der Lebensdauer der Kontakte nicht machen sollte, und ich ziehe dann auch nicht die Befestigungsschrauben des DMA- Steckers fest).
  2. Mögliche Nebenwirkung des Pool-Fehlers (ich verwende TOS 1.6 und hatte das Pool-Fix-Programm nicht im Auto-Ordner, auch nicht Folderxx).
  3. Fehler auf der Festplatte. SCSI ersetzt - die beste denkbare Lösung - fehlerhafte Bereiche automatisch durch leere Ersatzsektoren. Was ist jedoch, wenn zufälligerweise die FAT betroffen ist?
  4. Ein Spannungsabfall im DMA-Prozessor unter 4.1 Volt (möglicherweise durch Alterung) erzeugt genau den geschilderten Effekt. Abhilfe brächte dann ein Prozessor-Austausch. Es gibt noch einige weitere Kleinbausteine, die schuld sein können.

Ziemlich viele Möglichkeiten. Glücklicherweise kenne ich über einen alten Bekannten einen der wohl besten Hardwarekenner auf unserer Plattform. Möglichkeit 4 war die richtige, also DMA-Chip ersetzen.

Schutzmaßnahmen

Was können Sie und ich zur Verhütung solcher Vorfälle und zur Vermeidung eines derartigen Arbeitsaufwands vorbeugend tun?

Immer noch richtig ist: Vorbeugen ist besser als Heilen!


Dieter Koch
Aus: ST-Computer 01 / 1998, Seite 40

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