Calamus und seine Module (1)

Das legendäre Maskenmodul

Es gibt viele kleine Software-Hilfen, die im DTP-Alltag eine große Rolle spielen können. Manch einer wird da gar nicht wissen, daß ein Modul oder eine Anwendung, die er eigentlich dringend benötigt, bereits zur Verfügung stehen. Am Anfang unserer kleinen Serie zu diesen nützlichen Ergänzungen und Hilfen fürs DTP sollen einige der wichtigsten Calamus-Module vorgestellt werden, die inzwischen zur Arbeit im Programm erhältlich sind.

Oberflächlich betrachtet liegt mit dem Calamus SL lediglich ein Programmgerüst vor, das sich mit diversen beiliegenden oder auch optional erhältlichen Programmteilen (Modulen) erst zum arbeitsfähigen Programm machen läßt. Bis auf das Clippboard, das zum kurzfristigen Speichern oder Verschieben von beliebigen Rahmen, Text und Vektorobjekten dient, liegt jeder Programmteil als ein solches Modul vor. Diese sind einzeln zuladbar und klinken sich in die Benutzeroberfläche mit einem entsprechenden Icon ein. Von nun an werden sie so behandelt, als seien sie immer schon ein Teil des Programms gewesen, versehen mit eigenen Befehlsgruppen, Bearbeitungsfeldern usw. und nutzen dabei auch Funktionen anderer im Programm vorhandenen Module. Calamus ist also ein Programm, das sich selbst auch wie ein Betriebssystem verhält. Die Module kommunizieren mit Calamus und nicht direkt mit dem TOS-Betriebssystem.

Seit der Markteinführung von Calamus SL sind Module für die unterschiedlichsten Anwendungen erschienen. Einige davon sind für sehr spezifische Anwendungen gedacht, z.B. der „Jobmanager", der lediglich für den Belichterservice interessant ist. Die meisten Module sind aber auch für den DTP-Normalanwender interessant, manche davon für ein effektives Arbeiten oder den Datenaustausch mit anderen Rechnerwelten sogar unverzichtbar.

Die Toolbox

Die Arbeit mit Rahmen ist das „A und O" bei der Layout-Gestaltung im Calamus. Mit kleinen, überaus nüzlichen Zusatzfunktionen zum im Calamus schon vorhandenen Rahmenmodul soll die Toolbox das Arbeiten mit den Calamus-Rahmenelementen insgesamt leichter und eleganter machen. Müssen beispielsweise einzelne Textrahmen für den Tabellensatz zueinander ausgerichtet oder in anderen Gestaltungen unterschiedliche Rahmentypen exakt zentriert gesetzt werden, ist dieses Modul eine schnelle Hilfe. Genau da also, wo die Calamus-internen Snap-Funktionen nur begrenzt einsetzbar sind oder mehrere Wege und Nachmessen nötig ist, bietet die Toolbox mit einen Mausklick auf das entsprechende Icon Hilfe.

Das Modul enthält zwei Bearbeitungsfelder. Im Hauptmenü befinden sich die Icons zur Ausrichtung der selektierten Rahmen (Bündigkeit links/ rechts/oben/unten, vertikal/horizontal/ punktzentriert. Zusätzlich sind weitere Funktionen vorhanden, beispielsweise, um Rahmen schrittweise in den Vorder- oder Hintergrund zu bewegen. Im zweiten Menü befindet sich nur eine Funktion, mit der ein selektierter Rahmen auf die volle Darstel-lungssgröße gezoomt werden kann. Legt man sich diese Funktion auf eine Taste, hat der Calamus eine weitere Zoomstufe!

Eigentlich müßte die Toolbox zum regulären Lieferumfang des SL gehören, da es die im Calamus vorhandenen Rahmenoperationen und somit das Layouten überhaupt sehr sinnvoll ergänzt. Wer dieses Modul bereits benutzt, wird es bei der täglichen Arbeit sicher nicht mehr missen wollen.

Die Toolbox ist nützlich für jeden Anwendungsbereich, für die tägliche Arbeit im Calamus unbedingt empfehlenswert.

LineArt und ClipArt

Über dieses Modul haben wir in den letzten Monaten in unserem LineArt-Workshop (ST Computer 1-3/94) bereits ausführlich informiert. LineArt ist ein sehr umfangreiches Vektormodul, das viele vektororientierte Text- und Gestaltungsarbeiten direkt im Calamus möglich macht und den zum Calamus SL gehörenden Vektoreditor mehr als ersetzt. Die in LineArt bereitgestellten Funktionen zur Generierung von Farbverläufen, Netztransformationen sowie Kreis-und Pfadtext auf beliebigen Vektorpfaden machen den Calamus zum grafischen Werkzeug. Als Pfad für die Schriftlinie kann dabei jeder Vektorpfad benutzt werden, also auch die Pfade bereits vorhandener Vektorgrafiken.

Mit Hilfe des optionalen ClipArt läßt sich im Calamus gesetzter Text in den LineArt-Vektormodus kopieren, weiterverarbeiten oder als Vektorgrafik skalieren, exportieren usw. Das ClipArt Modul läßt sich aber auch ohne LineArt sinnvoll einsetzen. Es ist eigentlich das im Calamus bereits vorhandene Clipboard, nun aber um Lade- und Speicherfunktionen erweitert. So können häufig vorkommende Gestaltungselemente für bestimmte Kunden oder Arbeiten (z.B. Logo- und Anzeigenelemente, Formate usw.) kundenspezifisch als Bibliothek gespeichert werden.

Bridge

Schon kurz nach der Auslieferung des SL vor 3 Jahren war ein „Dataformer-Modul" erhältlich, mit dem Calamus-Objekte und -Seiten auch in viele Formate anderer Computerplattformen und Applikationen exportiert werden konnten. Das Bridge-Modul ist der Nachfolger des Dataformer, der nun als eines der 4 Menüs in Bridge integriert ist.

Toolbox
LineArt
Bridge

Bridge geht über die Bereitstellung reiner Exportmöglichkeiten weit hinaus. Selbst, wer nicht mit anderen Rechnerplattformen kommunizieren muß, findet hier wichtige Werkzeuge für die Gestaltungsarbeit mit Bildern und Texten. Mit Bridge lassen sich alle Rahmentypen des Calamus direkt im Dokument in andere Formate konvertieren und ersetzen. Die 4 Menüs von Bridge beinhalten:

  1. Den bereits erwähnten Dataformer. Unter den Exportformaten, die der Dataformer-Raster in der aktuellen Version zur Verfügung stellt, befinden sich: CRG (Calamus Rastergrafik), IMG, ESM (Cranach), GFA, Tiff, PCX (Paintbrush), Targa (Diabelichter), IFF und einige mehr, wobei sich bei den Farbformaten die Planes zur Farbtiefe bis 24 Bit einstellen lassen.

Eine Änderung von Größe und Auflösung (dpi) der zu exportierenden Objekte ist in jedem Format möglich. Der Dataformer-Vektor liefert an Exportformaten: CVG, GEM, DXF (AutoCad), das Plotter-Format HPGL sowie die Formate PS und EPS für die Postscript-Ausgabe.

  1. Ein Menü zur Postscript-Ausgabe von Calamus-Rahmen, -Seiten und Dokumenten. Hier eröffnet sich nicht nur für einzelne Grafikobjekte, sondern auch für komplett gestaltete Calamus-Dokumentenseiten der Weg in andere Programme und Systeme zur Weiterverarbeitung und Belichtung.

  2. Ein Menü zur Pixel-Bild-Konvertierung nach 1-Bit, 8-Bit (Grau und Farbe), 24-Bit (16,7 Mio) und 32-Bit (4C, hier auch die Ausgabe der einzelnen Farb-Planes). Auch Gruppen- oder Textrahmen können also im Dokument konvertiert werden.

  3. Zur Wandlung in Vektorobjekte. Mit dieser Funktion können auch eine ganze Calamus-Seite oder mehrere selektierte Textrahmen in einem Rutsch in einzelne Vektorobjekte gewandelt werden. Dies betrifft neben Buchstaben auch Linien, Rasterflächen und importierte (oder selber in Calamus hergestellte) Vektorgrafiken. Also sämtliche Objekte, welche intern mittels Vektoren beschrieben werden.

Wer häufig Daten aus dem Calamus an andere Rechnersysteme geben muß, wird Brigde wohl bereits besitzen.

Auch für die rein grafische Arbeit ist dieses Modul seinen Preis allemal wert: Zur Konvertierung und anschließenden Weiterbearbeitung von Pixel- oder Vektorbildern, aber auch zum Umgehen der 32000-Pixel-Grenze des Calamus, wenn bei größeren Vektorobjekten das Ausgabegerät streikt! Solch kritische Situationen (wie auch die Belichtung von Outline-Text für größere Headlines eine sein kann, wenn das Taxometer des Belichters läuft und läuft...) können durch eine Wandlung in ein RGB- oder CYMK-Pixel-Bild schnell und elegant umgangen werden.

Maskenmodul

Der Klassiker unter den Calamus-Modulen, der EBV-Arbeiten wie Maskierungen und Freisteller direkt im Dokument ermöglicht. Alle Calamus-Objekte wie z.B. Rasterflächen, Text, Vektorobjekte lassen sich als Masken verwenden Zum Erzeugen eines Freistellers mit Farbild und Vektormaske benötigt das Modul auf einem TT dann nur wenige Sekunden.

Auf den ersten Blick ist das Maskenmodul nur spärlich ausgestattet. Im Bearbeitungsfeld befinden sich 3 anwählbare Icons zum Erzeugen, Auflösen und Invertieren von Masken. Hier zeigt sich jedoch, daß eine abzählbare Menge von Funktionen noch lange nichts über die Funktionalität und Qualität aussagt, die dahinter verborgen liegen kann. Und in dieser Hinsicht sind die vielfältigen kreativen Möglichkeiten in der Arbeit mit diesem Modul überraschend und durchweg überzeugend.

Beliebige Rahmenobjekte, also Farbbilder, Rasterflächen, Text usw. können als Masken genutzt oder selbst maskiert werden. Eine solche Maske kann man sich auch als „Stanze" vorstellen, mit der beispielsweise ein Bild mit einer Rasterfläche oder/und gesetztem Text quasi „ausgestanzt" wird. Zum Ausmaskieren, einfachen Freistellen oder Aufhellen von Bildelementen lassen sich aber auch im Vektormodul angelegte Vektorpfade nutzen und für spätere Anwendungen im Vektorformat abspeichern. Frei zu definierende Flächen eines Bildes (z.B. mittels Rasterflächenrahmen oder Vektorobjekten) können für das Text-Layout auf gehellt werden, die Farbe eines Textes kann aus dem abgedunkelten Motiv des Hintergrundbildes bestehen und so aus diesem hervorgehoben werden usw.

Entstanden ist dieses Modul übrigens aus der Überlegung, bei schon gedreht gescannten Dias die notwendigen Retouche-Arbeiten (Diarahmen entfernen) direkt im SL vornehmen zu können. Für diesen Zweck kann nun eine entsprechend gedrehte Rasterfläche als Maske aufgezogen und auf den gewünschten Bildausschnitt geschoben werden. Nach erfolgter Maskierung ist nur noch der zuvor mit der Rasterfläche bedeckte Ausschnitt des Bildes sichtbar. Derart maskierte Rahmen werden als „Spezialrahmen” abgelegt; ein Rahmentyp, der in jedem Calamus anwählbar, aber natürlich ohne das entsprechende Modul nicht zu bearbeiten ist. Wird solch ein Rahmen wieder aufgelöst, liegen die einzelnen Elemente in ihrer ursprünglichen Form vor, es wird hier also nichts unwiederbringlich gelöscht. Das Laden und die Weiterbearbeitung von Dokumenten auf einem anderen Calamus SL, der das Maskenmodul nicht geladen hat, ist, wie bei allen anderen Modulen auch, ohne Probleme möglich.

Curve and Line

Bei diesem Modul handelt es sich eigentlich um das im SL zum Lieferumfang gehörende Vektorisierungs-Tool „Speedline”. Vor allem Anwender von Calamus S sollen mit diesem Modul die Möglichkeit erhalten, Vektorisierungen automatisch im Calamus vornehmen zu können. Curve and Line kann jedoch noch mehr als Speedline, das nur monochrome Grafiken zu bearbeiten in der Lage ist. Das Modul vektorisiert auch Graustufen- und Farbbilder mit direkter Unterstützung der Kennlinien, womit es auch für SL-Anwender sehr interessant sein kann.

Mit der Vektorisierung von Farb- oder Graustufenbildern sind natürlich andere Anwendungsmöglichkeiten gegeben und sinnvoll, als dies bei einer Vektorisierung von monochromen Bildern der Fall ist. Vor allem im grafisch-illustrierenden Arbeitsbereich lassen sich mit vektorisierten Färb- und Graustufenbildern sehr interessante und anwendbare Effekte erzielen.

Leider ist Curve and Line in der aktuellen Version noch nicht ausgereift, so daß beim Vektorisieren von Graustufen oder Farben bei größeren Bildern „seltsame Effekte" auftreten, die mit dem Ursprungsbild wirklich nichts mehr zu tun haben! Für diese Anwendungen also nicht empfehlenswert.



Aus: ST-Computer 06 / 1994, Seite 44

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