Vom Entwurf bis zum Druck (3): Druckverfahren

Offsetdruck: Der Film, der von unserem DTP-Dokument ausgegeben wurde, ist auf eine Druckplatte kopiert worden, die gerade eingespannt wird.
Offsetdruck: Vor dem nächsten Druckvorgang: das Feuchtwerk wird gewechselt.

Unterschiedliche Druckverfahren und Druckmaschinen erfordern mitunter auch völlig unterschiedliche Druckvorlagen, die wir von unserem fertig gestaltetem Dokument in der DTP-Software anlegen müssen. Schon bevor die Gestaltungen aus dem Rechner und auf den Film kommen, ist es also wichtig zu wissen, wie der Drucker arbeitet und welches Druckverfahren angewandt wird.

Grundsätzlich sollten auch in dieser letzten Phase der Druckvorbereitung Kontrollausdrucke auf dem Laserdrucker gemacht werden; nur so kann eine annähernd realistische Einschätzung über das spätere Druckerzeugnis gewonnen werden. Ein neu gestalteter Briefbogen sieht im Monitor vielleicht ganz hübsch aus; aber erst dann, wenn man ihn im korrekten Format in der Hand hält, ist eine optimale Beurteilung möglich. Die in einer Gestaltung anfallenden Stapel Papier werden daher auch in Zukunft die immer noch beworbene „papierlose Zukunft" durch den Rechner Lügen strafen.

Offsetdruck

Die beiden wichtigsten Druckverfahren, mit denen Sie in Ihrer Gestaltungsarbeit immer wieder zu tun bekommen, sind der Offsetdruck und auch der Siebdruck. Wenn Sie sich vornehmlich mit Geschäftsdrucksachen und anderen Massendrucksachen (Handzetteln, Prospekten usw.) beschäftigen, werden Sie aber sicher nur Offsetdrucker kennenlernen.

Der Offsetdrucker kopiert den von Ihnen gelieferten Film auf eine Aluminiumplatte, die auf einen Zylinder gespannt wird. Um in diesem Druckverfahren einen randscharfen Druck zu erreichen, muß das belichtete Dokument auf einem seitenverkehrten Film vorliegen (wenn Sie den Film so betrachten, daß Sie den vorhandenen Text lesen können, liegt die Schwärzung hinter dem Filmträger). Bei der Belichtung über einen Belichtungsservice muß man in der Regel nur das Druckverfahren „Offsetfilm" angeben, den Rest erledigt der Belichter. Wenn aber zum Beispiel vom Laserausdruck ein Repro für den Offsetdruck gemacht wird, muß man schon selbst auf diese Dinge achten. Würde beispielsweise von einem seitenrichtigen Film eine Plattenkopie für den Offsetdruck gemacht, liegt das Filmmaterial zwischen den schwarzen Stellen des Films und der Platte, und es gibt beim Kopieren eine Unterstrahlung, bei der feine Textstriche und Rasterpunkte verdünnen oder sogar ganz verschwinden.

In der Druckmaschine werden dann die Stellen, die nicht gedruckt werden sollen, durch ein Feuchtwerk farbabstoßend gemacht. Die druckenden, wasserabstoßenden Stellen (das sind die Stellen, die auf Ihrem Film „schwarz" sind) werden dann nicht direkt auf das Papier gedruckt, sondern zuerst auf einen Gummizylinder übertragen, der das seitenverkehrte Bild nun seitenrichtig auf das Papier überträgt.

Im Offsetdruck wird nicht das Format gedruckt, das Sie später in Händen halten. Da die Maschine einen „Greifrand" braucht, wird grundsätzlich auf ein etwas größeres Papierformatgedruckt und erst nach dem Druck auf das gewünschte Maß geschnitten. Aus diesem Grund ist es auch nicht möglich, schon fertige Briefbogen nachträglich mit einem Zusatz bedrucken zu lassen. Schnittmarken sollten also auf allen Dokumenten gesetzt sein, auch auf Gestaltungen in den gängigen DIN-Formaten, Passermarken immer dann, wenn mehrere Filme übereinandergelegt „passen" müssen, also im Mehrfarbendruck.

Siebdruck: Vor dem Druckvorgang wird das Sieb mit einem lichtempfindlichen Mittel beschichtet.
Siebdruck: Da auf einem Sieb oft gleich mehrere Filme belichtet werden, z. B. für die verschiedenen Farben einer Drucksache, muß der Stand der Filme sehr präzise kontrolliert werden.
Siebdruck: Ohne Handarbeit geht es auch im Siebdruck nicht. Nach der Belichtung des Siebes müssen Belichtungsfehler von Hand korrigiert werden.

Siebdruck

Auch im Siebdruck werden Filme gebraucht. Hier gibt es neben der Ausgabe auf Laserbelichter jedoch noch einen anderen Weg, um zu den fertigen Filmen zu kommen. Ein Problem in der Filmherstellung für den Siebdruck sind beispielsweise die in diesem Druckverfahren oft benötigten Formatgrößen. Bei Formaten von etwa 160x120cm ist eine normale Belichtung wie für den Offsetdruck von vornherein ausgeschlossen, es sei denn, man läßt das Dokument mit den Teiledruckrahmen des Calamus SL portionsweise belichten und montiert die einzelnenTeile nachher wieder mit Klebefilm zusammen.

Eine elegantere und vor allem oft auch billigere Lösung bietet sich bei derart großen Formaten mit dem Einsatz eines Schneideplotters an. Die Gestaltung wird in diesem Fall 1:1 aus schwarzer Klebefolie ausgeschnitten und auf einen durchsichtigen Montagefilm geklebt. Da im Siebdruck im Gegensatz zum Offsetdruck seitenrichtige Filme benötigt werden, kann auf diese Art und Weise problemlos gearbeitet werden, ohne die Formatbegrenzungen einer Belichtung. Es gibt auch im Folien-Cut-Bereich inzwischen einige Firmen, die einen entsprechenden Service für alle gebräuchlichen Vektorformate anbieten können.

Im Siebdruck wird der fertige Film auf ein mit einem lichtempfindlichen Mittel beschichtetes Sieb aufgelegt und anschließend belichtet. Die Stellen im Sieb, die nicht von den schwarzen Bereichen des Films bedeckt sind, werden durch die Belichtung gehärtet, unter den abgedeckten Flächen bleibt die Beschichtung des Siebes dagegen weich. Nach kurzer Zeit wird das Sieb mit einem Wasserstrahl abgespritzt, wobei die zu druckenden weichen Stellen sauber ausgewaschen werden. Mit einer Rakel wird dann die Farbe über das Sieb gezogen und durch die offenen Stellen im Sieb auf das Papier oder die Folie gepreßt.

Rasterungen in Siebdruckvorlagen

Da das Sieb bereits eine „Rasterung" aufweist (eben die Maschen desselbigen), sollte man bei Entwürfen, die für den Siebdruck vorbereitet werden, auf gerasterte Elemente lieber verzichten und wenn möglich lieber auf eine zusätzliche Flächenfarbe aus-weichen (z.B. „Hellblau", anstelle „Blau im 40% Raster"). In vielen Fällen, so beim Entwurf für den Laserausdruck, wird eine Rasterfläche ja auch nur stellvertretend für eine Farbfläche angelegt, die im Siebdruck dann als Vollfläche gedruckt werden könnte.

Wenn dennoch Rasterungen in der Vorlage notwendig sind, sollten diese ein 30er Raster nicht überschreiten (die Größe, die nach meiner Erfahrung von den meisten Sieben im manuellen Siebdruck noch gedruckt werden kann, währe etwa ein 23er Raster, recht grob also). Wird ein zu hoher Rasterwert gewählt, „suppt" die Farbe, bedingt durch die relative Größe der Siebmaschen, beim Druck so zusammen, daß kein einheitlicher Farbwert aufgetragen werden kann und die Arbeit somit nicht mehr zu gebrauchen ist. Lediglich im maschinellen Siebdruck können höhere Rasterwerte verarbeitet werden, er lohnt sich aber hur in sehr hohen Auflagen.

Vermieden werden sollten aus den gleichen Gründen auch Rasterüberlagerungen in mehrfarbig angelegten Dokumenten. Wenn man keine eigenen Erfahrungen in der Kunst des Siebdruckens hat, werden fast immer Moiree-Bildungen die Folge sein und den Druck schließlich unbrauchbar machen. Da die Maschengröße der normalerweise im manuellen Siebdruck verwendeten Siebe in etwa der Auflösung eines 300-dpi-Laserdruckers entspricht, kann man jedoch, anders als im Offsetdruck, ein vom Laserausdruck erstelltes Repro als Film direkt für den Siebdruck verwenden. Für diesen Zweck sind auch Spezialpapiere erhältlich, die, vom Laserdrucker bedruckt, direkt als Belichtungsvorlage für den Siebdruck verwendbar sind.

Mehrfarbige Vorlagen

Für die Entscheidung Siebdruck oder Offsetdruck sind eigentlich nicht nur die Auflage oder das Druckformat ausschlaggebend, obwohl gerade in geringen Auflagen im manuellen Siebdruck kostengünstiger produziert werden kann als im Offsetdruck. Der Hauptanwendungsbereich für den Siebdruck sind aber sicherlich Folien für die Außenwerbung (das Nationalitätenkennzeichen am Auto, der Firmenaufkleber am PKW usw.). Sollen Aufkleber vorzugsweise im Außenbereich Verwendung finden, kommt man um den Siebdruck erst gar nicht herum. Würde so ein Aufkleber im Offsetdruck erstellt werden, wären die Kosten - abhängig von der Größe (z.B. kleines Format) und der Auflage (z.B. hohe Auflage) - zwar deutlich geringer. Nachdem das KFZ aber 3-4mal die Waschstraße durchfahren hätte, würde von den Farben nicht mehr viel zu erkennen sein!

Auch bei der Vorbereitung eines mehrfarbigen Entwurfs für den Siebdruck gibt es einige Unterschiede zum Offsetdruck zu beachten. Nehmen wir einmal an, unsere „Eberhard-Gestaltung", die uns in den letzten beiden Monaten begleitet hat, soll genauso auch für größere KFZ-Aufkleber und noch größere Bauplanen genutzt werden. Also: Formatgröße im Calamus einstellen, Gruppenrahmen mit allen Entwurfselementen proportional vergrößern, Farben separieren, und fertig ist - vielleicht der Siebdrucker, wenn er die Filme von Ihnen bekommt!

Die wichtigsten Punkte, die es bei der Druckvorlagenerstellung für den Siebdruck zu beachten gilt, sind:

  1. Die Filme müssen „seitenrichtig" vorliegen.
  2. Rasterungen: maximal 30er Raster; besser gar keins.
  3. Mehrfarbanlagen benötigen eine größere Überfüllung als im Offsetdruck.

Daß dort, wo in einer Gestaltung verschiedene Farben aneinanderstoßen, mit Überfüllungen gearbeitet werden muß, haben wir bereits in der letzten DTP Praxis ausführlich behandelt. Werden Farbanlagen für den Siebdruck erstellt, muß eine noch größere Überfüllung eingestellt werden. Das hat hier jedoch keine so gravierenden Auswirkungen wie im Offsetdruck. Da dort mit lasierenden Farben gearbeitet wird, werden in den überdruckten Rändern bei einer zu großen Überfüllung die schönsten Mischtöne sichtbar. Nicht so im Siebdruck, da hier deckende Farben verwendet werden. Werden diese Dinge beim Anlegen der Druckvorlage einmal vergessen, kann durch die erheblich größeren Formate im Siebdruck eine Differenz in der Standgenauigkeit von wenigen Zehntel Millimetern am anderen Ende der Druckfläche leicht in mehrere Millimeter gehen. Eigentlich sollte das eherein Problem des Siebdruckers sein, wie sorgfältig er seine Arbeiten erledigt. Aber auch hier ist Zeit Geld, und ich habe da so meine Erfahrungen ...

Um aus unserem Logo-Element zu einer plottfähigen Vorlage für den Siebdruck zu kommen, hilft der Font-Editor TypeArt: Die automatische Erzeugung einer Outline und das Entfernen überflüssiger Vektorlinien für den Schatten erledigt diese Software schnell und komfortabel.

Siebdruckvorlagen im Folien-Plott

Wenn für zwei unterschiedliche Formatgrößen ein und dieselbe Vorlage benötigt wird, bietet es sich natürlich an, .alle vorhandenen Elemente auch als Vektorobjekte zur Verfügung zu haben. Diese brauchen dann nur in einen Gruppenrahmen gesetzt und proportional auf die gewünschten Größen gezogen zu werden.

Im Falle unserer Eberhardt-Gestaltung liegen im Calamus nun aber nur Textobjekte und Rasterflächen vor, auch das gescannte „m" wurde, wie im letzten Monat beschrieben, bereits im Vorfeld der Gestaltung mittels Font-Editor zu einem „Mini-Vektor-Font" bearbeitet. Wie müßten wir jetzt also Vorgehen, um aus dieser Gestaltung eine Vektorgrafik anzulegen, die sich auch noch für den Siebdruckfilm nach Farben separieren läßt?

In der Grundausstattung des Calamus kann ein Text nicht direkt als Vektorobjekt abgelegt werden. Die einzige Möglichkeit, nämlich einen gesetzten Text durch das Modul „Speedline" zu vektorisieren, scheidet aus, da in der hohen Vergrößerung für unser Vorhaben zu viele Unsauberkeiten der automatischen Vektorisierung deutlich sichtbar werden. Die saubere Möglichkeit, einen Text, der ja schon intern als Vektorobjekt vorliegt, in seinen eigenen Vektorpfaden als Objekt abzulegen, wird im Moment nur durch drei zusätzliche Module ermöglicht, als da sind: Dataformer, Bridge und das neue LineArt in Verbindung mit dem ClipArt-Modul. Mit allen drei Modulen kann unser Gruppenrahmen mit Rasterflächen- und Textrahmen in ein Vektorobjekt gewandelt werden.

Ein Problem bleibt dennoch offen und läßt sich im Moment auch durch externe Module noch nicht lösen. Für unser Siebdruckvorhaben KFZ-Aufkleber und Planen mit immerhin 160x 120cm Größe müssen wir auf die bereits erwähnte Alternative „Folienplotter" ausweichen und für diesen Arbeitsgang das „m" mit einer „echten" Outline versehen. Daß heißt, daß die Strichstärke der Outline nicht durch Pixel errechnet, sondern durch Vektoren auf beiden Seiten der Linie beschrieben werden muß. Auf diesen Vektoren schneidet das Messer des Plotters.

Für diesen Arbeitsgang bietet sich der Font-Editor TypeArt an, den wir ja bereits beim Anlegen unseres Mini-Fonts kennengelernt haben. Hier können wir auch gleich in einem Arbeitsgang die Outline mit dem Schatten des „m" verbinden und die für den Siebdruck notwendige etwas größere Überfüllung der gelben Innenfläche anlegen.

Siebdruck: Unsere DTP-Arbeit in der alltäglichen Realität Inzwischen wissen wir ja, was für eine Arbeit hinter diesem Endergebnis steckt.

Vektorarbeiten

Ans Werk! Als erstes wollen wir um das „m" eine echte Outline legen. Das erledigt TypeArt automatisch. Das entsprechende Icon wählen, in dem nun erscheinenden Formular „Outline" und z.B. 0.5pt angeben, und unser Objekt ist um einen zusätzlichen Vektorpfad reicher. Diese Outline, und nicht das innere „m" ist auch die maßgebende Größe des nun folgenden Schattens, der ja wie die Outline schwarz gedruckt wird und somit aus einem Objekt bestehen kann. Eine Kopie des gerade erzeugten Pfads wird mit der Kopierfunktion (Clipboard) diagonal nach unten rechts verschoben.

Nun liegen gleich drei Pfade übereinander, das soll uns aber weiter nicht stören. Mit der Join-Funktion werden beide Pfade angewählt und zu einem Pfad verschmolzen. Schon jetzt haben wir ein sauber angelegtes Vektorobjekt für einen 2farbigen Folienplott, den wir nun so abspeichern könnten, wäre da nicht die Sache mit der Überfüllung. Für diese muß die später gelb zu druckende Innenfläche etwas in der schwarzen Outline stehen. Würden wir auf diese Maßnahme verzichten, wären durch die beim Druck immer vorhandenen Verschiebungen Blitzer zwischen den Farben vorprogrammiert.

Aber die Sache ist in TypeArt ja auch ganz einfach. Wir kopieren den inneren Pfad auf das Clipboard und legen ihn auf einen anderen Zeichenplatz. Nun rufen wir wieder unser „geheimes" Formular zur Outline-Generierung auf und wählen „Bold" und beispielsweise 0.2, um das Zeichen um diesen Wert fetter zu machen. Auf einem Zeichenplatz liegt nun die Plottvorlage für den Schwarzdruck, auf dem anderen die für den Gelbdruck. Im Plottprogramm werden beide Objekte, die wir aus TypeArt heraus als CVG-Vektorobjekte gespeichert haben, übereinandergelegt, gruppiert und auf die gewünschte Größe skaliert.

Derart erzeugte Vorlagen können dann für alle Druckanlagen genutzt werden. Für den Offsetdruck, den Siebdruck und Folienbeschriftungen arbeitet man dann immer mit identischen Gestaltungselementen.


Jürgen Funcke
Aus: ST-Computer 11 / 1993, Seite 72

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