Publishing Partner Master - Professionelles Desktop Publishing auf dem ST?

Publishing Partner? Moment, das Programm kennen wir doch schon! Ja, richtig, schon im April 1987 haben wir es testen können, damals in der Version 1.01. Doch seitdem sind einige Jahre ins Land gegangen. Haben Sie für das Programm etwas Neues gebracht? Diese Frage wollen wir im folgenden beantworten.

Geschichte

Bereits Ende 1986 konnte man die Urversion von Publishing Partner erstehen. Schon damals hatte der Programmierer (jawohl, nur einer) Erstaunliches geleistet. Immerhin unterstützte bereits diese Version die Seitenbeschreibungssprache PostScript, mit der auch verschiedene Satzmaschinen arbeiten. Als Hauptmanko hoben wir damals die fehlende Trennhilfe hervor, die oft zu unmöglich groben Zwischenräumen führte, und die fehlende UNDO-Funktion. Ein weiteres großes Manko waren die häufigen Abstürze. Publishing Partner konnte sich jedenfalls in Deutschland nicht durchsetzen, zumal es in Calamus einen wirklich deutschsprachigen Konkurrenten hatte. Es wurde ziemlich ruhig um das Produkt.

In den USA ging die Entwicklung jedoch weiter. Mitte 1988 erschien eine neue Version des Programms, vollständig überarbeitet und unter dem neuen Namen PageStream, da der ursprünglich gewünschte Name Publishing Partner Professional aufgrund eines Rechtsstreites mit einer weiteren Software-Firma nicht gewählt werden durfte. Dieses neue Programm machte eine stürmische Entwicklung durch. Ende 1988 war es bereits in der Version 1.51 zu haben. Auf diese Zwischenversion konnte ich auch einen Blick werfen. Seit 1989 ist PageStream ( = Publishing Partner Master) auch für den AMIGA erhältlich.

Nachdem für die Version 1.5x kein Distributor für Deutschland gefunden werden konnte - verschiedene Firmen hatten abgelehnt, weil das Programm in ihren Augen immer noch zu absturzgefährdet war - wurde Mitte 1989 eine Kooperation mit Upgrade Systems in Paris vereinbart. Diese Firma stellte das Programm dann auch 1989 auf der ATARI Messe in Düsseldorf vor, blieb allerdings ziemlich unbeachtet.

Inzwischen ist man mit der Versionsnummer bei 1.80 angelangt, wobei man allerdings zwischen einer Euro- und der US-Version unterscheiden muß. In der Euro-Version fehlt zur Zeit noch die Rechtschreibhilfe. Ein deutscher Vertrieb hat sich inzwischen auch gefunden, so daß in Kürze mit einem vollständig eingedeutschten Programm zu rechnen ist.

Testpark

Zum Test zur Verfügung stand die englischsprachige Version von Publishing Partner Master (1.80). Zum Lieferumfang gehören 4 doppelseitige Disketten, von denen der Löwenanteil mit Zeichensätzen belegt ist (mehr als 2 MByte), ein Handbuch im Schuber und eine Registrierkarte. Außerdem lag noch ein rosafarbenes Addendum zum Handbuch bei, das die Installation des Programmes erklärte. Das Programm ist nicht kopiergeschützt. Getestet wurde auf einem MEGA 4 mit 80 MB-Festplatte, und die Ausdrucke wurden auf einem Epson LQ-850 und einem Fujitsu PostScript-Laserdrucker gefertigt.

Was man schwarz auf weiß besitzt

Das Handbuch von Publishing Partner Master (PPM) hat einen ausreichenden Umfang, auch wenn es stellenweise sehr knapp wirkt. Es ist in 13 Kapitel untergliedert, wobei in der Einleitung erklärt wird, was ein Anwender lesen sollte, je nach Erfahrungsgrad in DTP und im Umgang mit Vorläuferprodukten von PPM. Leider fehlt ein Stichwortverzeichnis; es gibt zwar einen Index nach Menüfunktionen, der immerhin schon eine gewisse Hilfe ist, aber ansonsten ist man auf sein Gedächtnis angewiesen, wenn man spezifisch etwas nachschlagen möchte. Das Handbuch muß man auf jeden Fall einmal durchblättern, da an vielen Stellen wichtige Tips zum Umgang mit der Software gegeben werden. Neben einer sehr guten, allgemeinen Einführung in DTP und wichtigen Hinweisen am Ende enthält das Handbuch auch zwei Übungsabschnitte, die einem einen Überblick über die vorhandenen Funktionen und die Möglichkeiten des Programms vermitteln. Ansonsten ist das Handbuch ein Beispiel für übersichtliches und sauberes Layout und gut strukturierte Darstellung von Zusammenhängen.

Wann geht’s los?

Bevor man Publishing Partner Master das erste Mal starten kann, muß es installiert werden. Das Programm benötigt mindestens 1 Megabyte RAM und ein doppelseitiges Laufwerk. Man kann wirklich mit 1 MByte Speicher vernünftig arbeiten, aber insbesondere beim Drucken sind erheblich längere Ausgabezeiten in Kauf zu nehmen. Das Programm läuft auch auf Großbildschirmen, was sofort überprüft wurde. Es gab keine Probleme bei der Verwendung von Overscan, der größere Bildschirm wurde auch sofort richtig ausgenutzt. Obwohl PPM auch in der mittleren Auflösung arbeitet, wird die Verwendung eines monochromen Monitors empfohlen.

Anwender, die eine Festplatte ihr eigen nennen, können die Installation automatisch durchführen lassen, es werden dann rund 2,7 MByte Platz auf der Platte benötigt, wenn man sowohl die PostScript- als auch die Matrix-Fonts verwenden möchte. Im Lieferumfang befinden sich insgesamt 22 Zeichensatzfamilien, die aber nicht alle ganz vollständig sind. So fehlen bei den Effekt-Fonts die kursiven Typen. Für Besitzer von PostScript-Druckern ist natürlich interessant, daß die 11 Schriften, die die LaserWriter von Apple kennen, immer als druckerinterne Zeichensätze erwartet werden. Nur für die übrigen Zeichensätze gibt es Definitionsdateien, die in den Drucker geladen werden. Eine Übersicht über die mitgelieferten Zeichensätze finden Sie in Bild 2.

Die automatische Installation dauert rund 20 Minuten, also genug Muße, erst mal einen Blick auf die einführenden Seiten des Handbuchs zu werfen.

Jetzt geht’s los

Der Programmstart von PPM dauert auch seine Zeit. Bis zu dreißig Sekunden vergehen, bis der Startbildschirm erscheint. In dieser Zeit sucht PPM nach einer Datei namens FONTLIST, in der alle zur Verfügung stehenden Zeichensätze aufgeführt sein müssen. Ältere Versionen von PPM haben immer erst nach allen Zeichensätzen gesucht, so daß der Programmstart unhaltbare 5 Minuten in Ansprach nehmen konnte. Die Einrichtung der FONTLIST führt allerdings auch dazu, daß bei Erwerb neuer Fonts diese zunächst im Font-Manager angemeldet werden müssen, bevor sie benutzt werden können. Auch müssen Zeichensätze, die nicht mehr vorhanden sind, abgemeldet werden, sonst hagelt’s Bomben. Ist keine FONTLIST vorhanden, wird von Publishing Partner Master eine erstellt. Das dauert dann, je nach Anzahl der Zeichensätze und Speichermedium bis zu 5 Minuten. Überhaupt ist die Verwaltung der Zeichensätze inzwischen ziemlich elegant gelöst. Man kann sich mehrere “Schubladen” (beim ST Ordner) anlegen, in die man die Zeichensätze für verschiedene Anwendungen verfrachtet. So kann man beispielsweise die Zeichensätze für PostScript-Drucker von denen für Matrixdrucker trennen, oder, falls man im Alltagsschriftverkehr nur wenige Zeichensätze benutzt, kann man diese in eine eigene Schublade packen, und nur diese laden lassen. Bei besonderer Gelegenheit kann man eine weitere Schublade aktivieren.

Bei der Darstellung von Zeichen geht Publishing Partner Master herkömmliche Wege. Während für die Ausgabe auf Drucker Vektorzeichensätze benutzt werden, stehen für die Wiedergabe auf dem Bildschirm die Zeichensätze als Bitmaps in verschiedenen Größen zur Verfügung und werden interpoliert. Dieses Verfahren hat den bekannten Nachteil, daß die Ausgabe auf dem Bildschirm nicht immer die gleiche gute Qualität besitzt, die der spätere Ausdruck hat.

Die Dateien für PostScript-Drucker enthalten entweder Zeiger auf druckerinterne Zeichensätze oder komplette Zeichensätze, die in den Drucker geladen werden können. Im Lieferamfang von Publishing Partner Master finden sich neben Treibern für PostScript-Drucker und Satzmaschinen (Linotronic) auch noch verschiedenste Treiber für Nadel-, Tintenstrahl- und Laserdrucker (ATARI und andere). Um die hohe Auflösung von Satzmaschinen (bis zu 2540 Punkte pro Zoll) erreichen zu können, werden intern alle Linien auf 1/50 Punkt (Setzereinheit) aufgelöst. Ein Punkt entspricht 1/72 Zoll. Damit ein Benutzer sich jedoch nicht unbedingt mit diesen Einheiten auseinandersetzen muß, stehen auf der Anwenderseite die verschiedensten Einheitensysteme zur Verfügung (vgl. Bild 1).

Bild 1: Publishing Partner Master arbeitet mit verschiedenen Maßsystemen.
Bild 2: Die mitgelieferten Zeichensätze
Bild 3: Layoutspielereien

Seitengestaltung

Bevor man sich aufmacht und eine Zeitung oder ein Flugblatt entwirft, sollte man sich zunächst ein grobes Layout aufzeichnen. Man spart dadurch bei der Erstellung des Dokumentes viel Zeit, weil man weiß, was man will.

Zunächst muß entschieden werden, welche Ausmaße eine Seite haben soll. Laut Handbuch sind die Maximalmaße 48 x 48 cm. Falls man jedoch Ausgabedateien für eine Satzmaschine erstellen möchte, gelten andere Grenzen, die von der Auflösung abhängig sind. Ein Dokument darf in jedem Fall bis zu 254 Seiten haben, falls der Speicher reicht! Mit Publishing Partner Master lassen sich Dokumente mit einer oder zwei sog. Masterpages erstellen. Auf einer Masterpage kann man Vorgaben machen, die auf jeder Seite im Dokument erscheinen sollen, z.B. die Seitennummer (diese wird automatisch verwaltet). Die Verwendung von Masterpages ist immer dann sinnvoll, wenn man ein mehrseitiges Dokument entwirft, dessen Seiten ein einheitliches Aussehen haben sollen. Bei Postern oder anderen Dokumenten, deren Seiten sich stark unterscheiden, sollte man darauf verzichten. Neben den Masterpages bietet PPM nämlich noch eine ganze Reihe weiterer Möglichkeiten, Seiten sauber zu gestalten. So gibt es ein Raster mit getrennt definierbarer vertikaler und horizontaler Weite, das sich bei Bedarf aktivieren läßt, weiter kann man zusätzliche Führungslinien definieren, an denen man Objekte ausrichten will, und schließlich gibt es die Möglichkeit, verschiedene Objekte aneinander oder an den Seitengrenzen auszurichten (Bild 3).

Text

Das wichtigste Element in einem Dokument ist meistens der Text. Publishing Partner Master kennt zwei Sorten davon. Zunächst ist da die Textspalte, ein Objekt, das mit Text gefüllt werden kann. Dabei ist der Text unabhängig von der Definition der Spalte gestaltbar. Textspalten werden immer dann verwendet, wenn ganze Textabschnitte geschrieben werden müssen.

Neben den Textspalten existieren noch die Textobjekte. Diese verwendet man meistens für Überschriften. Im Gegensatz zu den Textspalten wird bei den -Objekten die Größe des Textes verändert, wenn man die Größe des Textobjektes ändert. So kann man leicht die Größe einer Überschrift an eine nachfolgende Textspalte anpassen. Überhaupt ist der Text äußerst vielseitig gestaltbar. So ist es möglich, für ihn unabhängig voneinander Textbreite und -höhe zu definieren. Wenn man Stilattribute ändern will, kann man dies entweder für einen Ausschnitt tun, den man mit der Maus markiert, oder für ganze Textspalten oder das gesamte Dokument. Eine Übersicht der vorhandenen Stilattribute finden Sie in Bild 4. Text in Spalten kann sowohl linksbündig als auch zentriert, als Flatter- oder Blocksatz oder rechtsbündig formatiert werden. Ein- und Ausrückungen sind ebenfalls möglich.

Alle Zeichensätze stehen als Proportionalschrift zur Verfügung. Wenn man Tabulatorsprünge im Text verwendet, werden diese nicht in Leerzeichen umgewandelt. Leider gibt es keine Dezimaltabulatoren, so daß man beim Erstellen von Tabellen viel Zeit benötigt, wenn diese ordentlich aussehen soll. Es ist nämlich möglich, wie auch bei vergleichbaren Produkten, den Zeichenabstand zu ändern. Bei diesem Kerning werden entweder automatisch oder von Hand feste Leerräume zwischen bestimmte Zeichenpaare eingefügt. Durch manuelles Kerning lassen sich (mit viel Zeitaufwand) nicht nur Tabellen ordentlich ausrichten. Normalerweise wird das Kerning automatisch durchgeführt, um ein ansprechendes Textbild zu erreichen. So wird ein 'e' z.B. leicht unter ein 'T' geschoben. Die Zeichenpaare, die gekernt werden sollen, können auch vom Benutzer (um-)definiert werden.

Text wird standardmäßig nach Zeichenabständen ausgerichtet. Falls - besonders bei schmalen Spalten - die Zeichenabstände zu groß werden, kann man auch eine Ausrichtung nach Worten oder eine kombinierte Ausrichtung erzwingen. Falls das Ergebnis immer noch nicht befriedigt, läßt sich der Text mit der halbautomatischen Trennhilfe bearbeiten. Der Testversion lagen nur ein amerikanischer und ein französischer Trennalgorithmus bei, da es sich aber um ein Programmodul handelt, darf man wohl auch mit einer deutschen Version rechnen. Bis dahin sollte man sich mit dem Ausnahmelexikon behelfen können. Allerdings werden die typisch deutschen Besonderheiten dann noch nicht berücksichtigt werden können. Ich denke da u.a. an die Trennung von 'ck’ zu 'k-k'.

Wie bisher auch, kann man mehrere Spalten zusammenschalten, so daß Text automatisch von einer Spalte in die gewünschte nächste fließt. Dieses Routing können Sie sich anzeigen lassen, was besonders nützlich ist, wenn man ein so sprunghaftes Layout erzeugt, wie das bekannte Massenblatt mit den vier Buchstaben. Leider gibt es immer noch nicht die Möglichkeit, einen Umbruch in die nächste Spalte zu erzwingen, so daß man immer noch selbst Witwen und Waisen (einzelne Zeilen eines Absatzes am Spaltenende oder -anfang) suchen muß. Immerhin gibt das Handbuch Tips, wie man durch geringfügige Manipulationen der Textspalten solche Probleme vermeiden kann.

Für alle die, die trotzdem nicht mit Publishing Partner Master ihre Texte erfassen wollen, gibt es eine umfangreiche Auswahl an Importmodulen für die verschiedensten Textverarbeitungsprogramme. Importiert man Text mit diesen Modulen, werden, soweit das möglich ist, die Textparameter aus der Originaldatei übernommen. Leider wurden aber z.B. beim Importieren der Testseite von 1st Wordplus die Informationen für die Textbreite nicht übernommen, was darauf deutet, daß die Lineale von 1st Wordplus (noch?) nicht ausgewertet werden. Neben WordPlus gibt es Importmodule für WordPerfect, Redakteur und ASCII Dateien.

Grafik

Wie auch schon sein Vorgänger verfügt Publishing Partner Master über einige grafische Fähigkeiten. Zunächst hat der Anwender die Möglichkeit, grafische Objekte, wie wir sie aus EasyDraw und anderen vektororientierten Zeichenprogrammen kennen, in seinem Dokument zu erzeugen. Publishing Partner Master kennt insgesamt 10 Objekttypen: Rechteck, Rechteck mit runden Ecken, vertikale oder horizontale Linie, freie Linie, Kreis, Ellipse, Kreisbogen, Ellipsenbogen, geschlossenes und offenes Polygon und “Freihandzeichnung”. Diesen Objekten können jeweils verschiedene Attribute zugeordnet werden. So lassen sich die Farbe die Liniendicke und -art sowie ein eventuelles Füllmuster frei bestimmen. Konsistent ist das Programm auch beim Freihandzeichnen. Nachdem dort ein Strich gezogen wurde, läßt er sich nur noch als ganzes Objekt ändern, nicht aber mehr die einzelnen Punkte.

Zum Aufpeppen des Layouts sind diese Funktionen allemal ausreichend, auch wenn man ein Dokument etwas aufwendiger gestalten möchte. Neben diesen Zeichenfunktionen besteht aber natürlich auch die Möglichkeit, verschiedenste Grafiken zu importieren. Der Testversion lagen insgesamt 10 Importmodule für verschiedene Grafikarten bei, darunter Encapsulated PostScript (EPS), Metafiles, DEGAS (auch mit Farbe) und IFF.

Publishing Partner Master unterscheidet beim Import von Grafiken zwischen objektorientierten Dateien (Metafiles oder PostScript) und punktorientierten Grafiken. Bei punktorientierten Grafiken besteht die Möglichkeit, die Grafik in ein spezielles Grafikfenster zu laden und dann nur einen Ausschnitt in das Dokument zu übernehmen. Natürlich kann man die importierte Grafik beliebig in der Größe ändern. Aufgrund der hohen internen Auflösung von 3600 Punkten pro Zoll sehen auch stärkere Verzerrungen noch ordentlich aus. Diese Funktion ist somit hervorragend geeignet, aus den überall angebotenen Clip Art-Bibliotheken Elemente zu übernehmen.

Im Gegensatz zu manchen Grafikprogrammen, interpretiert Publishing Partner Master Metafiles richtig und kann so auch Füllmuster und Linienattribute übernehmen.

Objekt

Alle Elemente, die zur Gestaltung einer Seite dienen, sind Objekte. Jedes Objekt, sei es eine Textspalte, ein Textobjekt, eine Grafik oder nur eine Linie, kann einzeln selektiert und verändert werden. Eine besondere Rolle spielen dabei die Textspalten. Bei diesen handelt es sich immer um Rechtecke, die mit einem weißen Hintergrund gefüllt sind. Es ist aber möglich, diese Einstellung zu ändern, und so Durchscheineffekte zu erzeugen. Die Attributeinstellungen für die Textspalte (als Objekt) sind aber unabhängig von den Einstellungen für den Text in der Spalte. Am Anfang ist dies ein wenig verwirrend, aber wenn man das Prinzip mal verstanden hat, winkt die völlige gestalterische Freiheit.

Für alle Objekte gilt: sie lassen sich zu beliebigen Gruppen zusammenfassen, man kann Objekte übereinander stapeln, und es ist möglich, Objekte oder Gruppen gegen Veränderungen zu schützen.

Mit diesem Wissen ist Publishing Partner auch für andere Dinge zu gebrauchen, als nur für die Erstellung von Briefbögen. Ich habe mir einen Grundriß meiner Wohnung gemacht und ummöbliert.

Hilfe bei der Arbeit

Dabei kamen mir einige Aspekte von Publishing Partner Master besonders zugute. Das gesamte Programm (seltsamerweise mit Ausnahme des Font-Managers) ist vollständig über die Tastatur steuerbar, auch die Knöpfe in den Dialogfeldern. So kann man für die wichtigsten, immer wiederkehrenden Arbeitsschritte die zehn Funktionstasten mit Makros belegen.

Ein weiterer Aspekt, den einige Leser vielleicht von anderen Programmen her kennen, sind die Absatz und Seitenformate. Mit den Absatzformaten (engl. tags) kann man sämtliche relevanten Attribute für Textabschnitte festlegen. So ist es z.B. möglich, für Überschriften eine Schmuckschritt in der Größe 36 Punkte zu wählen, doppelt unterstrichen, linksbündig, einfach gesperrt, drei Punkte Zeilensperrung, die Buchstaben mit einem Füllmuster gefüllt und das ganze in Rot. Wenn wir uns ein solches Absatzformat mit dem Namen 'ÜBER' erstellen, brauchen wir später in einem Text nur noch einen Abschnitt zu markieren und dieses Format auszuwählen. Mit Absatzformaten ist es ein leichtes, auch längeren Texten ein einheitliches und doch vielfältiges Aussehen zu geben, ohne zig Parameter im Kopf haben zu müssen. In einem Dokument dürfen bis zu 255 verschiedene Absatzformate definiert werden.

Eine große Hilfe sind auch die vielen Formate, in denen PPM eine Seite auf dem Bildschirm darstellen kann. Mit Hilfe des variablen Zooms kann man notfalls auch eine beliebige Vergrößerung zwischen 15% und 1500% einstellen. Die Darstellungsqualität gegenüber den Vorgängerversionen hat sich zumindest bei den mit gelieferten Zeichensätzen erheblich verbessert, was auf die größere Zahl verfügbarer Bildschirm-Fonts zurückzuführen ist. Eine letzte, leider nicht ganz gelungene, Hilfe ist die UNDO-Funktion. Nicht ganz gelungen ist sie, weil sich nicht alle Operationen zurücknehmen lassen. Da kann schon mal Frust aufkommen, wenn man im Objektmodus mal aus Versehen die Delete-Taste drückt und eine sorgfältig gestaltete Spalte sang- und klanglos ins Datennirwana entschwindet.

Viel Verwaltungsarbeit

An dieser Stelle ist es vielleicht angebracht, etwas über die Verwaltung der Attribute im Text zu sagen. Publishing Partner legt bei Anwahl eines neuen Attributes ein unsichtbares Zeichen im Text ab, so daß der gesamte nachfolgende Text dieses neue Attribut erhält. Wurde ein Block markiert, wird am Blockende ein weiteres unsichtbares Zeichen eingesetzt, das das Attribut wieder löscht. Genauso ist es mit Absatzformaten, nur daß in einem Absatzformat viele Attribute umdefiniert werden können. Löscht man nachträglich Text, werden auch die darin enthaltenen Attributzeichen und Formatzeichen entfernt, so daß nachfolgender Text eventuell ein völlig anderes Aussehen erhält. So läßt sich auch eine Funktion von Publishing Partner Master erklären, die eigentlich selbstverständlich ist, aber in der Urversion noch nicht existierte: das automatische Anpassen von Attributen. Wenn man in bestehende Textelemente Text einfügt, erhält dieser immer die gleichen Attribute wie der letzte vorstehende Buchstabe, auch wenn in den Menüs andere Parameter eingestellt sind.

Bild 4: Hier werden die Textattribute demonstriert.

Bonbons

Neben dem bisher Aufgezählten bietet Publishing Partner Master noch drei weitere neue Möglichkeiten, die helfen, das Layout interessant zu gestalten. Zunächst ist da der automatische Textfluß um Objekte. Um jedes geschlossene, beliebig geformte Objekt kann man Text herumfließen lassen. Falls das gewünschte Objekt keine geschlossene Umrißlinie hat, z.B. bei punktorientierten Grafiken, kann man mit dem Polygonzug schnell eine unsichtbare Linie erzeugen. Es empfiehlt sich allerdings, zunächst einmal mit dieser Option ein wenig zu experimentieren, bevor man sie in eigenen Dokumenten einsetzt. Die Beschreibung im Handbuch läßt ein wenig zu wünschen übrig, der amerikanische Hersteller hat jedoch einen Newsletter herausgebracht, der diesen Mangel behebt. Bleibt zu hoffen, daß er auch in Europa zu bekommen sein wird.

Die zweite Option, die sich sehr vorteilhaft einsetzen läßt, ist die Möglichkeit, Text in Gradwinkeln rotiert in den Text einzufügen. Dabei kennt Publishing Partner die Möglichkeit, nur die Grundlinie des Textes oder auch die Buchstaben selbst zu drehen. Die Winkelangaben entsprechen denen des aus der Schule bekannten xy-Koordinatensystems. Alle Eingaben zur Drehung von Text werden nach Abschluß der Rotation so optimiert, daß immer möglichst kleine Winkel im Dialogfeld stehen.

Farbe

Publishing Partner ist in der Lage, auch farbige Dokumente zu erstellen. Eine Einschränkung sind dabei die vom Computer darstellbaren Farben. Mit dem monochromen Monitor bringt es der ATARI nur auf zwei, der AMIGA, auf dem das Programm auch läuft, ist da wesentlich besser ausgestattet. Publishing Partner kann daher den Farben, die später gedruckt werden sollen, eine Bildschirmfarbe zuordnen, auch verschiedenen Farben die gleiche Bildschirmfarbe. Über die Anzahl von Farben, die Publishing Partner auf einmal verwalten kann, schweigt sich das Handbuch leider aus. Da aber theoretisch insgesamt über 282 Millionen Farbtöne erzeugt werden können, dürften es eine ganze Menge sein.

Doch wie wird die Farbe erzeugt? Wer in seinem Kopf mal ganz unten kramt und sich an den Kunstunterricht oder Physik erinnert, weiß noch, daß man Farben durch Mischung erzeugt. Dazu kennt man die additive Farbmischung, wie bei einem Lichtstrahl, bei dem aus den Primärfarben Rot, Grün und Blau als Produkt Weiß entsteht. Mischt man die Primärfarben in verschiedenen Verhältnissen, so erhält man die Sekundärfarben Türkis, Violett und Gelb. Diese Sekundärfarben sind die Primärfarben der zweiten Form der Farbmischung, der subtraktiven. Die subtraktive Farbmischung spielt in unserem Alltagsleben eine noch größere Rolle als die additive, weil sie unser Farbsehen immer bestimmt, wenn ein Objekt (diese Seite z.B.) Licht reflektiert. Werden die Primärfarben bei der subtraktiven Farbmischung gemischt, entsteht als Summe Schwarz, weil kein Licht mehr reflektiert wird.

Publishing Partner kennt noch drei weitere Farbmischsysteme, darunter auch das der amerikanischen Fernsehnorm NTSC. Man unterscheidet darüber hinaus noch zwei Farbtypen: Farben, die nicht durch Farbmischung entstehen können, wie Metallic-Effekte oder Gold und Silber, und trennbare Farben, die sich mit einem der erwähnten Verfahren aufteilen lassen.

Und auf dem Papier?

Die Qualität eines Desktop-Publishing-Programmes steht und fällt mit dem Druckergebnis. Dieser Tatsache ist man sich bei SoftLogik und Upgrade offensichtlich bewußt, hat sich doch bei der Qualität der Ausdrucke viel getan. Diejenigen von Ihnen, die noch die Aprilausgabe der ST-Computer von 1987 besitzen, können ja mal einen Blick auf die Seiten 111 und 113 werfen. Der wichtigste Punkt bei der Verbesserung der Druckqualität war offensichtlich eine Überarbeitung der mitgelieferten Zeichensätze, insbesondere hinsichtlich des Kernings durch PPM. Die Ausgabe auf dem 24-Nadeldrucker konnte durchaus überzeugen, auch wenn ein Vergleich mit dem Ausdruck des Laserdruckers natürlich hinkt. Allerdings wurden auch die druckereigenen Zeichensätze verwendet. Leider war der Treiber für die LQ-Drucker von Epson noch nicht in der Lage, die höchste Auflösung von 360*360 Punkten pro Zoll zu nutzen.

Die Dateien für den PostScript-Drucker wurden übrigens zunächst auf Diskette geschrieben, auf eine 5 1/4-Zoll-Diskette im IBM-Format gearct und dann bei einem nahegelegenen Computerladen auf einem PC wieder ausgepackt und schließlich an den Drucker geCOPYt. Das lief wie am Schnürchen, jedenfalls solange nicht zuviele ladbare Zeichensätze auf einmal in den Drucker geschickt wurden. In diesem Fall traten Probleme auf. Probeweise habe ich auch eine Vierfarbtrennung von einem Dokument mit bunten Bildern gemacht. Beim Ausdruck von Farbbildern gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man kann entweder für jede Farbe einen einzelnen Druckdurchgang oder für die separierbaren Farben zusammen eine CMYK-Trennung machen und nicht separierbare Farben auf je einer zusätzlichen Seite ausdrucken. Für die Besitzer von echten Farbdruckern besteht auch die Möglichkeit, ohne Farbtrennung zu drucken.

Zeitweise wolkig

Bei so viel guten Eigenschaften des Programmes muß auch irgendwo ein Pferdefuß sein, denn fehlerfreie Software gibt es bekanntlich nicht. Auch Publishing Partner Master ist nicht die rühmliche Ausnahme. Zwar gab es während des Tests selber nur einen Absturz, aber der ließ sich nicht einwandfrei reproduzieren, was ihn so besonders unangenehm macht. Es fielen dabei auch keine Bomben, aber selbst nach 45 Minuten war der Rechner zu keiner Reaktion zu bewegen. Das Grundproblem scheint mir bei diesem Absturz die Verwaltung des Speichers zu sein. Wie wir gesehen haben, ist es mit PPM möglich, auch Textobjekte zu drehen. Diese behalten aber auch bei einer Drehung um 90 Grad ihre ursprüngliche Breite bei, da sie um den Mittelpunkt des Objekts gedreht werden. Leider ist das auf dem Bildschirm nicht zu sehen, und so kann es passieren, daß man ein Objekt zu nah an den Seitenrand rückt, wo es dann plötzlich verschwindet und nicht wieder sichtbar gemacht werden kann. Aus diesem Grund wird im Handbuch auch empfohlen, solche Objekte durch Einfügen von Leerzeilen vor dem Drehen quadratisch zu machen. Trotzdem sind mir einige Objekte auf diese Art abhanden gekommen, bis sich irgendwann nichts mehr tat.

Die andere Unart des Programms war der Absturz, der bei Verwendung des LQ-Treibers regelmäßig nach dem Ausdrucken der ersten Seite auftrat. Dieses Phänomen ließ sich auch auf einem eilends herbeigeschafften, zweiten Rechner repoduzieren, schieben wir’s also auf den Druckertreiber. Hier sollte nochmals eine sorgfältige Überprüfung stattfinden. Dieses Problem entstand übrigens immer nur mit dem EPSON-LQ-Treiber. nicht bei der Verwendung des PostScript- und des ATARI-Laser-Treibers.

Na und?

Sie haben sich also bis hierher durchgekämpft - nein? Dann aber schnell zurück an den Anfang - und wollen wissen, wieviel Sie für solch ein Stück Software anlegen müssen? Die Antwort lautet: 798.-DM. Dieses Geld ist aber bestimmt gut angelegt, erhält man doch ein weitgehend ausgereiftes Produkt, das - dies sei besonders betont - wirklich einfach zu bedienen ist, wenn man auch am Anfang wie bei jedem Programm eine gewisse Lehrzeit einkalkulieren muß. Die Philosophie des Programmes ist durchgängig, wenn auch nicht ganz eng an den Maßstäben der Zunft der Setzer angelegt. Denen würde es nie einfallen, einen Zeichensatz einfach beliebig zu verzerren; wo bleiben denn da die gefälligen Proportionen?

Für den Anwender mit gehobenen Ansprüchen ist jedoch ein (PostScript-) Laserdrucker unverzichtbar, vielleicht tut es ja auch der Laserdrucker von ATARI, wenn er endlich einmal ULTRASCRIPT (ein PostScript-Clone) versteht. Die vorliegende Version des Programmes kann man jedenfalls empfehlen, im Gegensatz zu vielen Vorgängern, die sehr viel stärker absturzgefährdet waren.

Ausblick und Dank

Nachforschungen jenseits des großen Teiches ergaben übrigens interessante Neuigkeiten. Für Ende des Jahres ist die Version 2.0 von Publishing Partner geplant, dann mit Vektorzeichensätzen von CompuGraphic und anderen namhaften Zeichensatzmachern auch für den Bildschirm. Falls der deutsche Vertrieb die gute Update-Praxis des Mutterhauses übernimmt, braucht man aber trotzdem nicht zu warten.

CSM

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Heidelberger Landstr. 194
6100 Darmstadt



Aus: ST-Computer 09 / 1990, Seite 35

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