Switcher-Programme: Geteilte Freude....

Unter diesem Titel haben wir im vergangenen Jahr das kleine Utility-Programm K-Switch getestet, mit dem es möglich ist, auf einem ST mehrere Programme gleichzeitig im Speicher zu halten und mit einer einfachen Tastenkombination zwischen diesen Anwendungen umzuschalten. Jetzt gibt es gleich drei neue Programme dieser Art. Dieser Test zeigt, ob sie halten, was sie versprechen. Also Vorhang auf für Kumas K-Switch 2, Steinbergs Key-Switcher und Tommy Softwares Multi ST.

Wofür braucht man eigentlich sowas? Beispiel: Sie schreiben einen Text und benötigen Illustrationen. Also greifen Sie zur Software-Säge und teilen Ihren Rechner in zwei Hälften: in die eine laden Sie das Text- und in die andere ein Malprogramm. Jetzt brauchen Sie nicht mehr dauernd ihre Arbeit abzuspeichern, das eine Programm zu verlassen, das nächste Programm einzuladen usw., usw., sondern nur noch schnell zwischen den beiden Programmen umzuschalten. Ein paar Tasten und Sie sind in einem völlig anderen Rechner. Ist das nicht erfreulich? Geteilte Freude ist eben doch doppelte Freude.

Das alte K-Switch-Programm konnte den Rechner nur in zwei Hälften teilen. Wenn Sie aber einen Rechner mit mehr als einem Megabyte Speicher haben, kann es auch sinnvoll sein, den Speicher auf mehr als zwei Programme zu verteilen. Die neueren Programme sind da schon etwas vielseitiger. Der Reihe nach sollen sie nun vorgestellt werden, auf das Kompatibilitätsproblem komme ich dann am Ende für alle drei Programme gemeinsam zu sprechen:

Der Nachfolger: Kuma K-Switch 2

K-Switch 2 ist in der Lage, den Rechner in bis zu fünf Teile zu zerlegen. Wie beim alten K-Switch ist dabei die Größe der einzelnen Teile nicht wählbar. Wenn Sie z.B. vier Megabyte Speicher haben und Sie wollen vier Teile, ist eben jedes knapp 1 Megabyte groß, wenn Sie nur zwei Teile benötigen, wird jedes 2 Megabyte Speicher verwenden.

K-Switch schaltet nicht nur zwischen Programmen um, sondern es erzeugt für jeden Teil einen komplett neuen Desk-top, den Sie vollkommen unabhängig von den anderen Desktops aufräumen und verwalten können. Selbst die Maus wird beim Umschalten zwischen zwei Teilen so verschoben, daß sie immer dort steht, wo sie beim Verlassen des Teiles zuletzt gewesen ist.

Für den Benutzer sieht es tatsächlich so aus, als würde er per Tastendruck auf einen ganz anderen Rechner umschalten. Ein Beispiel für eine Anwendung: Die vielbeschworene Kombination aus Text-und Malprogramm und zusätzlich noch ein Desktop zum Kopieren von Files, oder um kurz eine andere Anwendung ' dazwischenzuschieben’.

Die Bedienung von K-Switch 2 ist denkbar einfach. Man startet das Programm per Doppelklick und muß dann nur noch die Frage beantworten (in einer Dialogbox), in wieviele Teile man den Rechner zerlegen will. Die Dialogbox verschwindet und man findet sich auf dem Desktop wieder. Das war’s. Umschalten kann man nun mit der Tastenkombination cLinke Shifttaste / Rechte Shifttaste / Alternate>. Dabei kann man die gewünschte Ziel-’Hälfte’ nicht direkt anwählen, sondern muß immer der Reihe nach durch alle Teile durch: Von 1 nach 2 nach 3 nach 4 nach 5 nach 1 usw.. Das hat den Vorteil, daß nur eine einzige Tastenkombination benötigt wird, aber auch den Nachteil, daß man eben schlimmstenfalls durch vier Teile durchmuß, die einen überhaupt nicht interessieren. Leider braucht das Umschalten selbst auch so seine Zeit: Zwischen 1 und 2 Sekunden dauert es, bis der ‘neue’ ST erscheint.

Man kann seinen Rechner ohne auszuschalten wieder zusammensetzen, indem man das K-Switch-Programm noch einmal startet. Danach ist man wieder auf dem Desktop. jedoch diesmal auf dem einzigen, dem wahren Desktop. Natürlich geht dabei alles, was eventuell noch in den anderen Rechnerteilen gespeichert war, verloren.

Die Anleitung zu K-Switch 2 ist kurz und schmerzlos, in Anbetracht der einfachen Bedienung ist mehr aber auch wirklich nicht erforderlich. Die resetfeste Ram-disk K-Ram wird übrigens mitgeliefert. Ärgerlich ist es, daß man die Größe der Teile nicht einstellen kann. Wenn man nur ein kleines Utility im Hintergrund haben möchte, braucht es genausoviel Speicherplatz, wie die große, große Datenbank. mit der man eigentlich arbeitet. Das reduziert den Wert eines Switcher-Programmes für Anwendungen, bei denen man nicht zwischen großen Anwendungen, sondern zwischen einem großen und ein paar kleinen Programmen wechseln will, ganz erheblich.

Der Switcher mit dem besonderen etwas: Steinberg Keyswitch

Steinberg in Hamburg ist ein Musiksoftwarehaus. Das merkt man auch dem verhältnismäßig kleinen Produkt, um das es in diesem Test geht, an, obwohl es durchaus auch völlig unmusikalisch nutzbar ist.

Der Steinberg-Switcher arbeitet grundsätzlich anders, als K-Switch 2. Das Programm teilt den Rechner nicht in bis zu fünf eigenständige Desktops auf, sondern erlaubt es, bis zu 10 Programme auszuwählen und zu starten, die dann über das Keyswitch-Programm umgeschaltet werden können.

Dazu erscheint nach dem Start eine Dialogbox, die der Konfigurierung dient. Für jedes der 10 Programme kann angegeben werden, wieviel Speicher es benötigt, sowie der Pfad, auf dem es auf Diskette oder Harddisc (mittels Fileselectorbox) zu finden ist. Außerdem sind noch ein paar Spezialitäten für Musiker eingebaut, doch dazu später mehr.

Wenn man die Programme von Diskette laden will, sollte man das sofort tun. denn bei einem späteren Start muß immer wieder die richtige Diskette im Laufwerk sein (ein Programm wird eben erst dann geladen, wenn man das erste Mal auf dieses Programm umschalten will). Wenn das Programm aber einmal im Speicher ist, wird die Diskette nicht mehr gebraucht.

Die ganze Konfiguration läßt sich natürlich auf Diskette abspeichern und wird beim Starten des Programmes automatisch geladen. Jedes Programm wird dann, wie bereits erwähnt, beim ersten Aufruf geladen. So verbringt man keine unnütze Zeit mit Warten auf ein Programm, das bei der momentanen Arbeit vielleicht gar nicht benötigt wird.

Wenn KeySwitch einmal läuft, gibt es keine Möglichkeit mehr, auf den Desktop zu gelangen. Anders als bei K-Switch ist eben nicht der Desktop die Basis für den Umschaltvorgang, sondern das Key-Switch-Programm selber. Aus einer der 10 Anwendungen schaltet man mit <Control / Linke & Rechte Shifttaste> auf die Keyswitch-Dialogbox, aus der man mit der Maus (durch Anklicken eines der zehn Programme, die in der Dialogbox eingetragen sind) oder mit den Funktionstasten dann ein anderes Programm erreichen kann. Das Umschalten geht schnell, allerdings erfolgt die Reaktion auf die Umschalttasten nicht immer prompt: Erst, wenn die nächste GEM-Funktion in der Anwendung ausgelöst wird, merkt KeySwitch. daß es Zeit fürs Schalten ist. Daraus kann man bereits entnehmen, daß TOS-Anwendungen zwar laufen, aber nicht mehr (außer durch Quit) verlassen werden können. Dies ist übrigens immer die zweite Möglichkeit, wieder zur Switcher-Dialogbox zu kommen: durch Verlassen der jeweiligen Anwendung. Will man sie dann aber wieder aufrufen, muß sie auch wieder von Diskette geladen werden.

Wie K-Switch kann man auch nach Verwendung von KeySwitch zur normalen Arbeitsweise zurückkehren: Es gibt eine 'Quit'-Option, die allerdings nur dann aufgerufen werden kann, wenn alle gestarteten Applikationen ordnungsgemäß beendet wurden.

Nun aber zu den musikalischen Fähigkeiten von KeySwitch. Bei Anwahl eines der zehn Programme kann automatisch ein Midi-Program-Change-Befehl gesendet werden, der angeschlossene Midi-Geräte auf irgendeine Art neu konfiguriert. Gedacht ist das so: Sie haben ein paar Musikprogramme im Rechner, einen Sequencer und ein paar Editoren für ihre Synthesizer. Dummerweise muß das Midi-Setup für die Arbeit mit einem Sequencer meist ganz anders verschaltet sein als für die Arbeit mit einem Editor. Da heißt es Kabel umstecken. Es sei denn, Sie haben eine Midi-Matrix, das ist ein elektronisches Gerät zur Verschaltung von Midi-Leitungen, die sich über Programm-Change-Befehle programmieren läßt. Diese Midi-Matrix könnte Ihr ganzes Setup jetzt beim Umschalten vom Sequencer in einen Editor komplett umkonfigurieren. Es lassen sich aber sicher auch noch andere Anwendungen dafür finden.

Bei den meisten Musikprogrammen nützte das alles aber noch gar nichts, weil diese Programme fast alle durch sogenannte Key-Module, die in den Romport gesteckt werden, kopiergeschützt sind. Glücklicherweise gibt es da aber eine kleine Hardware-Erweiterung von Steinberg, die es den Programmen erlaubt, automatisch die Kopierschutzstecker umzuschalten. Damit ist dann das lästige Umstöpseln total vom Tisch.

Der dritte im Bunde: Multi ST

Das dritte Switcher-Programm von der Firma Tommy Software nähert sich wieder mehr dem Prinzip des Kuma-Switchers: Auch hier wird der ST in mehrere, maximal 10 ‘Desktops’ aufgeteilt. Allerdings wird der Switcher anders konfiguriert. Die Programmdiskette des Multi ST enthält nämlich mehrere Programmversionen für die verschiedenen ST-Konfigurationen, aus denen man sich eine Version für den eigenen Aufbau auf Harddisk oder Diskette zusammenkopieren muß.

Wenn man dies getan hat, fragt Multi ST den künftigen Benutzer nach der Größe des Speichers pro Desktop (nicht für jeden Desktop einzeln, alle Desktops sind gleich groß) sowie nach der gewünschten Umschalttaste, wobei < Shift >, < Control > oder < Alternate > zur Verfügung stehen. Hat man die gewünschten Werte eingegeben, gibt es erstmal einen RESET. Danach meldet sich der erste Desktop.

Nach dem RESET wird selbstverständlich neu von einer eventuellen Platte oder von Diskette gebootet. Einen neuen Desktop kann man jetzt erzeugen, indem man die vorher ausgewählte Umschalttaste und dann eine der zehn Funktionstasten (oder besser neun Funktionstasten, denn den Desktop 1 gibt es ja schon) drückt. Wieder gibt es einen RESET, und nach dem darauffolgenden Booten befindet man sich auf einem neuen, jungfräulichen Desktop. Auf einen bereits existierenden Desktop kann man umschalten, indem man die Umschalttaste und die entsprechende Funktionstaste drückt; ist die Nummer schon belegt, gibt es keinen Reset, sondern nach ca. 2 Sekunden schaltet Multi-ST mit einem scheußlich aussehenden Bild auf den entsprechenden Desktop (bzw. die von dort gestartete Applikation) um.

Für jeden neu erzeugten Desktop wird neu gebootet. Das bedeutet, daß man eventuell im Auto-Ordner befindliche Hardiskcaches oder Ramdisks besser abschalten sollte, weil sie sonst ganz offensichtlich für jeden Desktop neu eingerichtet werden - mit all ihrem Speicherbedarf natürlich.

Die Anleitung zu Multi ST ist zwar ausführlich, aber nicht immer gut verständlich.

Leider kann man auch bei Multi ST wie bei K-Switch 2 nicht die Größe jedes einzelnen Desktops festlegen. Immerhin ist aber die Anzahl der Desktops flexibler, da man die Größe pro Desktop ja zu Beginn festlegen kann. Völlig entfernen läßt sich Multi ST übrigens nur durch Ausschalten des Rechners. Nach einem RESET kann man sich aber nicht darauf verlassen, daß noch alles unversehrt in den einzelnen Desktops vorhanden ist.

Wie gut funktioniert’s???

Jedes der drei Switcher-Programme war bei mir einige Zeit im praktischen Einsatz. Dabei zeigte sich bei allen dreien, daß die Betriebssicherheit bei installiertem Switcher doch etwas abnimmt. Jede Softwaresäge hat dabei so ihre eigenen Probleme.

K-Switch arbeitet sehr zuverlässig, so lange man nicht zuviele Programme über Auto-Ordner startet. Mit einem Harddisk-Cache gab es nie Probleme, aber solche Dinge wie neue Fileselectorboxen und automatische Abspeicherungen innerhalb von Ist Word lassen die Zuverlässigkeit doch stark sinken. Es gibt aber sonst anscheinend keine bestimmte Art von Anwendungen, die K-Switch verabscheut. GEM- und TOS-Programme arbeiteten jedenfalls in meinen Tests weitgehend zufriedenstellend.

Der KeySwitcher von Steinberg ist konzeptbedingt etwas anspruchsvoller. Da er den Rechner nicht in Desktops aufteilt, auf denen dann beinahe passieren kann, was will, sondern die Verteilung der Software selbst übernimmt, ist die Anwendung auf GEM-Programme beschränkt. Selbst GEM-Software wie Signum, die erst den Start eines Install-Programms erfordert, funktioniert nicht. Accessories funktionieren.

Zwei sehr große Vorteile hat der KeySwitcher: Die Verteilung des Speichers ist einstellbar. Und: es ist der einzige Switcher, der wenigstens mit einigen Midi-Musikprogrammen (zumindest allen von Steinberg) zurechtkommt (dabei muß natürlich erwähnt werden, daß die Musiksoftwarehäuser Dr.T's und Hybrid Arts ihre eigenen Switcher-Systeme haben, die aber im Gegensatz zu Key-Switch ausschließlich mit Programmen der genannten Hersteller arbeiten und nicht für den universellen Einsatz geeignet sind).

Auch Multi ST arbeitet nicht immer problemlos. Auf Rechnern mit wenig Speicherplatz ist sein Einsatz immer dann kritisch, wenn Caches, Druckertreiber oder andere Utilities aus Auto-Ordnern gebootet werden sollen, da diese kleinen Helfer dann sehr viel Speicher schlucken. Auch die Installation und Bedienung ist nicht gerade superelegant. Mich persönlich stört die Optik des Umschaltens, aber das ist eine reine Ästhetik-Frage. Ein paar Probleme gibt es mit manchen TOS-Programmen, die nicht immer so wollen, wie sie sollen. Im Betrieb mit GEM-Anwendungen ist Multi ST aber zuverlässig. Sie sehen, jedes der Programme hat so seine Macken. In Tabelle 1 sehen Sie noch einmal ein paar Ergebnisse mit wichtigen Programmen zusammengefaßt. Interessant ist, daß GFA-Basic mit keinem der Switcher zufriedenstellend läuft. Eingegebene Programme funktionieren mit K-Switch oder dem KeySwitcher zwar, aber das Editor-Menü ist in der Horizontalen um ein Bildschirmdrittel oder gar eine ganz Bildschirmhälfte verschoben. Recht unkomfortabel. Mit Multi ST ist der Bildschirm zwar nicht verschoben, aber der Editor geht nicht. Geladene Programme kann man aber laufen lassen.

Zusammenfassung

Wenn Sie einen Switcher für eine bestimmte Anwendung suchen, sollten Sie vorher unbedingt sorgfältig testen, ob er sich mit den entsprechenden Programmen auch verträgt. Eine Funktionsgarantie mit allen Programmen gibt daher auch keiner der Hersteller.

Konzeptbedingt ist der Einsatzbereich des Steinberg Switchers etwas eingeschränkt auf GEM-Programme, dafür ist er am anpassungsfähigsten; keines der beiden anderen Programme erlaubt es, die Rechneraufteilung an den Speicherbedarf der Anwendungen anzupassen. Für Musik-Anwendungen ist der Stein-berg-Switcher sogar prädestiniert. Auch Programme, die ein Installationsprogramm benötigen (z.B. Signum), sind nicht geeignet, mit dem KeySwitch betrieben zu werden. Nur eigenständige GEM-Programme funktionieren, aber dafür mit Komfort und automatischer Konfiguration mit Hilfe einer Setup-Datei. Leider ist die Umschaltung nicht ganz so sauber gelöst wie zum Beispiel bei K-Switch, man muß nach Betätigen der Umschalttasten immer erst eine GEM-Funktion aufrufen, bevor der Switcher merkt, daß er gemeint ist. Manchmal nervt das, aber man wird ja nicht pausenlos umschalten...

K-Switch ist einfach im Handling, allerdings sind Programmwechsel etwas umständlich, wenn mehr als zwei ‘Desktops' verwendet werden. Das Programm funktioniert sehr gut, wenn nicht zuviele Auto-Ordner-Hintergrund-An Wendungen gestartet werden. TOS-Programme und Signum laufen problemlos.

Für Multi ST gilt im Prinzip das gleiche. Gegen Auto-Ordner ist es meinen Versuchen nach weniger empfindlich, dafür macht es aber mit einigen TOS-Programmen Schwierigkeiten. Es ist auch etwas schwieriger zu installieren und braucht gegebenenfalls mehr Speicher, da es für jeden 'Desktop' neu bootet und somit alle Programme eines Auto-Ordners erneut lädt.

CS

Tab. 1: Testergebnisse der Switcher-Programme

Programm K-Switch Keyswitch Multi ST
1st_Word + + +
Degas Elite + + +
STAD + + - 1) +
H_D_U + + +
Signum + - +
GFA-Basic - 2) 2) 2)
Publishing Partner + + +
TOS-Prgs + - + -
Accessor. + + +
  1. Bein Verlassen von STAD gibt es öfter Probleme
  2. Die Probleme mit GFA wurden in Text erwähnt


Aus: ST-Computer 07 / 1988, Seite 54

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