Die Festplatte (Teil I)

Während über die Floppy am ATARI ST inzwischen schon viel Information zur Verfügung steht, ist es um die Festplatte SH 205 bis auf ein paar kurze Testberichte doch recht ruhig geblieben. Ich möchte Sie deshalb einladen, Ihren Platz an der Tafel einzunehmen, und mit mir in dieser Artikelserie ein bißchen von der "Festplatte" zu naschen...

Nachdem ich von einem Bekannten ein 40 MByte-Laufwerk erstanden hatte (zu einem Preis, bei dem ich nicht "Nein danke” sagen konnte), kamen mir doch erste Zweifel, ob ein Umbau meiner SH 205 überhaupt möglich sein würde. Auch das Fehlen von Informationen zu diesem Thema machte ihn nicht gerade leichter. Das Resultat des Umbaus können Sie im nebenstehenden Bild sehen (Wo ist denn nur der Taschenrechner ?...).

Ich möchte Ihnen im Laufe dieser Serie die Informationen und Daten zum Thema Festplatte (soweit sie überhaupt zur Verfügung stehen) vermitteln und auch meinen Umbau detailliert beschreiben, vielleicht haben Sie ja auch einen Bekannten, der... (im übrigen sind die Preise für 40-MByte Laufwerke teilweise schon unter DM 1.000,- gefallen). Ich beginne in dieser Folge mit der allgemeinen Beschreibung eines Festplattenlaufwerks, das nächste mal ist der Controller dran, danach folgt das Zerlegen einer SH 2 05 in ihre Einzelteile (keine Angst - nur im Text). Auch wenn Sie nicht an einen Umbau denken, vielleicht ist für Sie doch die eine oder andere Information dabei.

Es war einmal...

...so um die Mitte der 70er Jahre, als die ersten Festplatten entwickelt wurden. Der in diesem Zusammenhang oft genannte Name 'Winchester Drive' hat nichts mit dem bekannten Mehrlader-Gewehr gemeinsam, es war damals ein Projektname von IBM, die in ihrem 'Winchester-Labatory' einen Kopfträger für Festplatten ent wickelt hatten (Heute wird in der Regel die sogenannte Whitney Technology verwendet). Die Laufwerke waren erst mit 14” (ca. 35 cm), dann mit 8” (ca. 20 cm) großen Platten ausgestattet. Diese Laufwerke waren groß, schwer und teuer und hatten mit den heute erhältlichen nur die prinzipielle Funktion gemeinsam. Erst 1980 wurde von der Firma Seagate ein 5 1/4”-Laufwerk mit umwerfenden 5 MByte vorgestellt; die danach rasant einsetzende Technologieverbesserung erreichte inzwischen Plattengrößen herab bis zu 3 1/2” und Kapazitäten bis knapp 400 MByte. (An dieser Stelle sei mir für die Megabyte-Verwöhnten ein kleiner Nostalgieanflug erlaubt; Mein erster Mikrocomputer, ein PET - auch von Herrn Tramiel -, hatte tierische 8 k RAM; die für DM 1.300,- gekaufte Speichererweiterung von 24 k RAM war natürlich reiner Größenwahn. Welche Programme sollten denn je 32 k belegen ?!...)

Hart oder weich...

Das sollte keine Frage nach Ihren Frühstücksgewohnheiten sein, sondern beschreibt schon den prinzipiellen Unterschied zwischen ’Floppy’ und 'Festplatte’. Im Gegensatz zur Floppy (also weichen) Disk finden wir in der Festplatte (wie der Name eben schon sagt) harte Scheiben aus Aluminium (wegen des Gewichts) vor, auf denen die eigentliche magnetische Schicht aufgebracht ist. Noch kurz etwas zu den unterschiedlichen Namen für Festplatten, als da wären:

Sie beschreiben eigentlich alle dasselbe: 'Fixed Disk’ ist z.B. die offizielle Bezeichnung dieser Platten von IBM im Gegensatz zur ’Floppy Disk’ - eben weil sie im Laufwerk fixiert sind, was aber auch nicht stimmt, weil es ja Festplattenlaufwerke mit wechselbaren Platten gibt - diese sind halt nur fest; aber halt: Gibt es da nicht die neue Sandwich-Methode von 3M, die flexible Platten für Festplattenlaufwerke... Lassen wir das. Wir einigen uns darauf, daß mit Harddisk’s - pardon, Festplatten - das komplette Laufwerk gemeint ist, welches ich nun näher beschreiben möchte.

Jetzt geht's los...

Auf der Festplatte lassen sich, wie auf der Floppy, Daten speichern, wieder abrufen und auch löschen. Was die Festplatte dabei so interessant macht, ist einmal die wesentlich größere Kapazität wie auch der deutlich schnellere Zugriff (ein Beispiel dafür finden Sie in der nebenstehenden Tabelle). Einen Grund dafür hört man, wenn eine solche Festplatte eingeschaltet wird. Während die Floppy in der Regel mit 300 Umdrehungen pro Minute arbeitet, können es bei einer Festplatte über das zehnfache, nämlich 3600 U/min pro Minute sein (Es gibt auch kleinere und größere Umdrehungszahlen, ich will mich bei diesen Angaben aber schon jetzt an die technischen Daten halten, wie sie auch für die SH 205 zutreffen).

Take Off

Wenn Sie mal nachrechnen wollen: Bei dieser Umdrehungszahl ergibt sich bei einer 51/4 "-Platte im Randbereich eine Geschwindigkeit von fast 90 km/h, mit der sich die Scheibe unter dem Kopf bewegt. Betrachtet man die glänzende Plattenoberfläche unter dem Mikroskop, so erkennt man, daß diese doch nicht so glatt ist, sondern eher dem Asphaltbelag einer Straße entspricht. Versuchen Sie doch mal. mit einem Auto ohne Räder auf 90 km/h zu kommen... Was bei dem Floppylaufwerk noch funktioniert - dort liegt der Kopf auf der Diskette auf (auch hier gibt es mit der Zeit einen gewissen Abrieb - weshalb werden sonst so viele Reinigungssets für Floppylaufwerke angeboten ?!) ist bei den Umdrehungszahlen einer Festplat te nicht mehr möglich - ein aufliegender Kopf würde als Schleifklotz fungieren. Wie aber den Kopf von der Platte hochbekommen? Eine Möglichkeit wäre, über die Kopfträger einen konstanten Abstand zu halten - bei allem Respekt vor der Feinmechanik wäre das doch ein zu schwieriges Unterfangen. Der Abstand wäre viel zu groß, um eine intensive Magnetisierung der Schicht zu erreichen, außerdem wäre das Aufzeichnungsformat viel zu grob, die benachbarten Spuren lägen zu weit auseinander. Der Kopf (der geistige), der sich nun einen Trick einfallen ließ, muß wohl begeisterter Flieger sein, denn genau dies machen die Köpfe einer Festplatte - sie fliegen. Durch die Drehung der Scheibe wird aufgrund der Reibung an der Oberfläche der Platte die Luft in Bewegung versetzt. Da die Köpfe zudem noch aerodyna misch geformt sind, reicht die hiermit gewonnene Auftriebskraft zum 'Take Off für die paai Gramm Gewicht von Kopfund Kopfträger aus.

Durch einen gewissen Anpreß-druck des Kopfträgers ergibt sich jetzt eine relativ konstante Entfernung - oder sagen wir lieber Nähe zur Platte, denn bei den heutigen Laufwerken schwebt der Kopf etwa 0,00025 mm über der Plattenoberfläche. Eine Vorstellung von den Größenverhältnissen bekommen Sie beim Betrachten des nebenstehenden Bildes. Dort können Sie auch den Grund sehen, warum sich Ihr Händler weigert, ein solches Laufwerk zu öffnen, z.B. um die Anzahl der Platten nachzuzählen (Sollte er es doch tun, wechseln Sie lieber den Händler...)- Damit kein Staub oder sonstige Verunreinigungen den Flug unseres Kopfes behindern, werden die Festplattenlaufwerke ausschließlich in Cleanrooms montiert und hermetisch versiegelt. (Darum sind Reparaturen an beschädigten Platten auch so teuer, nicht jeder hat einen solchen Raum zur Verfügung. In der BR Deutschland existiert meines Wissens ein einziger in München!).

Runter kommen sie immer...

Leider läßt sich beim Betrieb nicht verhindern, daß hie und da Verunreinigungen auftreten. Nach dem Abschalten der Versorgungsspannung läuft der Motor bewußt langsam aus, um den Köpfen eine weiche Landung zu ermöglichen. Dies geschieht entweder irgendwo (nicht gut) oder definiert auf einer sogenannten Parkspur auf der Platte selbst (schon besser). Hochwertige Laufwerke fahren die Köpfe sogar in eine spezielle Halterung außerhalb der Platte (sehr gut). Bei diesen Landungen kommt es jetzt auf jeden Fall zu einem gewissen Abrieb (Keine Angst, die Hersteller garantieren heute 10.000 und mehr Landungen ohne einen anschließenden Defekt zu produzieren). Damit dieser Dreck jetzt nicht irgendwo in der Festplatte herumirrt oder sich womöglich auf der Oberfläche niederläßt (s.o. - oder stellen Sie sich vor, Sie fahren mit 90 km/h auf der Landstraße, und der vor Ihnen auf der Fahrbahn auftauchen-de Felsblock paßt leider doch nicht unter Ihrem Wagen durch...), haben sich die Herren Ingenieure wieder etwas Feines einfallen lassen. In dem Laufwerk ist ein Mikrofilter eingebaut, welcher Partikel <0,3 ym zu fast 100% herausfiltert. Damit die Luft (und damit der Dreck) auf jeden Fall durch den Filter marschiert, wird der Effekt der Luftbewegung durch die Platten ausgenutzt (ähnlich wie bei einem Tangentiallüf ter); die spezielle Form des umgebenden Rahmens bestimmt dabei die Richtung des Luftstromes und drückt diesen durch den Filter.

Cool bleiben...

Die Aluminiumplatte mit den magnetischen Schichten ist auf einer massiven Achse befestigt. Diese wird wiederum in einem Präzisionslager geführt und von einem Motor im Inneren der Achse direkt angetrieben. Dieser verhältnismäßig hohe Aufwand, verbunden mit einem massiven Gehäuse, soll verhindern, daß Temperaturschwankungen den Betrieb des Laufwerks beeinflussen. Deshalb sollten die Arbeitstemperaturen der Festplatten tunlichst eingehalten werden. Sie können sich ja leicht vorstellen, was Verformungen des Gehäuses oder des Lagers für Auswirkungen haben können. Da dieser relativ hohe mechanische Aufwand bei jedem Festplattenlaufwerk notwendig ist, sind Bestrebungen, die Kapazität weiter zu erhöhen, verständlich. Eine Möglichkeit bezieht sich auf die Platten selber. Die ersten Magnetschichten enthielten Metalloxid, dessen Kristalle (magnetische Dipole) nadelförmig waren und sich bei der Beschichtung beliebig ausrichteten. Dadurch wurde eine relativ "dicke” Schicht notwendig (etwa 0,001 mm stark). Für die Information mußten recht viele benachbarte Kristalle magnetisiert werden, was wiederum zu breiten Abständen benachbarter Informationsbits führte. Erst mit der Einführung des sogenannten Plated Media (das ist die Bezeichnung für diese speziell beschichteten Scheiben) konnten die Abstände deutlich verringert (und damit die Anzahl der Bits pro Spur erhöht) werden. Ohne auf die aufwendigen technischen Einzelheiten einzugehen (Beschuß des Metalloxids durch Edelgas), ist das Resultat eine bei der Produktion exakt zu bestimmende Richtung der magnetischen Teilchen und damit eine geringe Stärke der Magnetschicht. Eine dünnere Schicht (nur noch 0,0001 mm) braucht aber nicht so stark magnetisiert zu werden und liefert trotzdem genauere Informationen.

Köpfchen, Köpfchen...

Bei den alten Köpfen der Win-chester-Technologie werden kleine Spulen verwendet, die um einen Kern mit einem winzigen Spalt gewickelt sind. An diesem Spalt entsteht bei einem Stromfluß in der Spule ein Magnetfeld, welches wiederum die darunterliegende Schicht (der Platte) magnetisiert. Umgekehrt induziert die Information auf der Platte eine Spannung in der Spule. Wie wir in der Schule gelernt haben, erfolgt bei einer Induktion auch eine unschöne Gegeninduktion, die einen schnellen Wechsel des magnetischen Feldes verhindert. Damit ist die Anzahl der Bits auf der Platte beschränkt, wir müssen ja warten, bis das Magnetfeld sich beruhigt hat. Da sich in dieser Zeit die Scheibe aber weiter dreht, verlieren wir kostbare Informationsmengen. Hier hat die Dünnfilmkopftechnik einen Ausweg gebracht. Dieser Kopf besteht aus Permalloy (spezielle Legierung, auch bekannt aus der Hi FiTechnik) und kann sein magnetisches Feld zehnmal öfter als eine Spule wechseln. Außerdem ist das erzeugte magnetische Feld wesentlich exakter und ermöglicht ein engeres Beschreiben einer Spur.

Hochstapelei...

In den heutigen 5 1/4”-Festplat-ten gibt es inzwischen bis zu 8 Platten (allerdings nur bei voller Bauhöhe, in der SH 205 finden wir nur Laufwerke mit halber Höhe). Obwohl es im ersten Moment paradox klingt, sind diese Festplatten automatisch schneller im Zugriff. Warum das so ist? Nun, jede Plattenseite muß logischerweise mit einem eigenen Kopf abgetastet werden. Die Kopfträger sind alle gemeinsam auf einem 'Schlitten’ befestigt, welcher von einem Motor bewegt wird. Und genau dies wird ausgenutzt. Wir versehen nur die oberste Platte (jetzt nur theoretisch zum besseren Verständnis) mit der Spurnummer. Als weitere Angabe brauchen wir jetzt nur noch die Anzahl der Köpfe. Dadurch daß die Köpfe ständig übereinander stehen, werden die gleichzeitig durch die Köpfe abgetasteten Spuren (auf jeder Plätte und Seite) zu einem sogenannten 'Zylinder’ zusammengefaßt. Rein rechnerisch bedeutet das

Byte pro Spur x Anzahl der Köpfe = Byte pro Zylinder

Hat also eine Spur (die wiederum wie bei der Diskette in Sektoren eingeteilt ist) z.B. 8.704 Byte, so hat ein Zylinder in einem Laufwerk mit vier Köpfen die Kapazität von 34.816 Byte. Wieso das schneller sein soll? Ganz einfach - um nun ein File mit einer Größe von 68 kByte zu schreiben, braucht ein solches Laufwerk den Kopfschlitten gerade um eine Spur weiter zu bewegen (Die Elektronik versucht immer erst einen Zylinder vollzuschreiben, bevor sie einen Spurwechsel veranlaßt) . Handelte es sich um eine einseitige Diskette, wären bei dem gleichen File

512 Byte * 9 Sektoren = 4.608 Byte pro Spur

68 kByte / 4.608 BpS = ca. 15 Spuren

notwendig. Hier erkennt man schon einen der Gründe, warum Festplatten schneller sind, denn ein Spurwechsel kostet Zeit (in der Größenordnung von Millisekunden - damit wir uns da nicht falsch verstehen...).

#Schritt für Schritt

Für die Bewegung des Kopf Schlittens gibt es zwei gängige Antriebstypen. Der erste ist ein Schrittmotor, wie er auch im Diskettenlaufwerk Verwendung findet. Es ist ein robuster Antrieb, wobei die schrittweise erfolgende Drehbewegung über ein Metallband an den Kopf übertragen wird. Die Ansteuerung dieses Motors ist relativ ’einfach’, da nur mit Stepimpulsen gearbeitet werden muß. Der jeweilige Drehwinkel wird von dem im Motor vorhandenen Magnetfeld auch ohne angelegte Betriebsspannung gehalten.

Nachteil dieser Antriebsart ist die etwas höhere Spurwechselzeit durch die notwendige Pause zur Beruhigung des Kopfes (ähnlich einer Kugel, die in eine Senke läuft - es dauert einen Moment, bis sie an der tiefsten Stelle zur Ruhe kommt). Laufwerke mit Schrittmotor kommen auf mittlere Zugriffszeiten zwischen 40 und 85 ms.

Die zweite Antriebsart ist der sogenannte Linearmotor (Voi-ce Coil Motor). Ähnlich einem Lautsprecher wird hier die Kraft von einer Spule erzeugt, die sich in einem konstanten Magnetfeld befindet. Je größer der Strom, desto größer die Kraft und damit die Auslenkung. Damit die Elektronik jetzt weiß, wo genau sich die Spule befindet, gibt es einen Servokreis, in dem durch das Magnetfeld wiederum eine Spannung erzeugt wird. Diese wertet die Elektronik aus. Ein anderer Weg scheint auf den ersten Blick etwas verschwenderisch zu sein, hat aber durchaus rationale Gründe. Der elektronische Regelaufwand ist sehr groß und teuer. Da man diese Antriebsart normalerweise nur in Laufwerke mit hohen Kapazitäten einbaut, ’requiriert’ der Hersteller einfach eine Seite aus dem Plattenstapel. Dort wird bei der Herstellung eine Spurinformation aufgezeichnet, anhand deren die Regelelektronik sofort weiß, in welcher Position die Köpfe sich gerade befinden. In beiden Fällen ergeben sich aber geringe Spurwechselzeiten zwischen 5 und 40 ms (Diese Angaben sind mittlere Zugriffszeiten. Es ist klar, wenn der Kopf gerade mal auf die benachbarte Spur ’hüpfen’ muß, geht das schneller, nur falls er halt doch ganz auf die andere Seite muß...). Ein scheinbarer Nachteil - dieser Motor (die Spule) muß ständig von Strom durchflossen sein -wird für den schlampigen Benutzer der Festplatte (ehrlich, wer fährt den schon den Kopf vor dem Abschalten in die Parkspur ?!...) zum Vorteil. Im Moment des Abschaltens wird entweder über eine Feder oder eine Resternergie (Kondensator oder Umpolen des Plattenmotors zum Generator) der Kopfschlitten in eine definierte Position gefahren und dort verriegelt (!). Ohne Strom würden sonst die ”Voice Coil” und damit die Köpfe in der Gegend "rumschlabbern”.

Bit für Bit

Ich will Sie jetzt nicht zum Trinken auffordern, wir wenden uns nur kurz der Aufzeichnungselektronik zu. Am Laufwerk befindet sich ja noch eine große Platine, auf der allerlei Elektronik zu sehen ist. Diese hat aber normalerweise nur die niederen Arbeiten wie Kontrolle der Drehzahl und Steuerung des Kopfantriebes zu erledigen (und noch ein paar andere Sachen, dazu kommen wir beim nächsten Mal). Einen zweiten Teil der Elektronik können Sie sowieso nicht sehen, der befindet sich nämlich im Laufwerk selber. Die durch die Platteninformation in die Köpfe induzierte Spannung ist so gering, daß die ersten Vorverstärker schon auf dem Kopfschlitten sitzen. Halten Sie sich dabei bitte die gewaltigen Datenmengen und Geschwindigkeiten vor Augen. Die Transferrate liegt bei den in der SH 205 verwendeten Laufwerken bei 5 MBit/s (!). Damit ist gleichzeitig auch die Kapazität einer Spur festgelegt:

Die Platte dreht sich 60 mal in der Sekunde unter dem Kopf, d.h.

5 MBit/60 = 83-333 Bit pro Spur

das sind ca. 10,2 kByte pro Spur. Nehmen wir einmal die gleiche Bytezahl pro Sektor, wie wir sie bei der Diskette haben (512 Datenbytes plus ein paar Bytes zum Synchronisieren) , so kommen wir auf etwa 17 -18 Sektoren pro Spur. (Diese Angabe gilt für das MFM-Aufzeichnungsverfahren, wie wir es schon von der Floppy kennen. Da dieses Thema aber stärker mit dem Controller als dem Laufwerk zusammenhängt, möchte ich Sie schon jetzt auf die zweite Folge der Artikelserie verweisen.)

Verbindung

Das Festplattenlaufwerk alleine ist genauso "dumm” wie ein Floppylaufwerk, es braucht zum Betrieb seinen Kontrolleur (wie gesagt, davon mehr im nächsten Lieft) und dieser wiederum ja Daten, die er auf der Festplatte speichern kann. Damit das alles funktioniert, müssen die einzelnen Teile verbunden sein. Und da tauchen sie dann auf - die Schnittstellen (in Neudeutsch: Interface). Betrachten Sie sich im nebenstehenden Schaubild bitte mal den grundsätzlichen Aufbau eines Festplattensystems. Sie erkennen, daß wir mindestens zwei Schnittstellen brauchen (stimmt nicht s.u.), um die Teile zu verbinden - einmal zwischen Computer und Controller und zum zweiten zwischen Controller und Laufwerk. Und da finden sie sich dann, die SASI, SCSI, ACSI, ST506, EDSI und wie sie alle heißen. In der nebenstehenden Tabelle finden Sie die ersten Entschlüsselungen für dieses babylonische Kürzelwirrwarr. Es gibt jetzt allerdings Laufwerke, welche z.B. einen SCSI-Controller gleich eingebaut haben. Funktionell besitzen sie aber den gleichen Aufbau wie ein Laufwerk mit externem Controller. Oder die Computer (das sind die sog. Host) besitzen keinen genormten Anschluß (z.B. DMA-Port von ATARI), dann muß noch ein Host-Adapter eingefugt werden (siehe SH 205). Welche technischen Unterschiede die einzelnen Schnittstellen haben, davon beim nächsten Mal mehr.

HPL

Erklärung der Abkürzungen (alphabetisch):

ACSI = ATARI Computer System Interface. ATARI-Bezeichnung für den DMA (Direct Memory Access)-Port

ANSI = American National Standard Institute Normeninstitut in Amerika, ähnlich unser Deutschen Industrie Norm-Gesellschaft

ESDI = Enhanced Small Device Interface neuere Festplattenschnittstelle, die unglücklicherweise die gleiche Steckkontakte wie die ST 506 hat, aber ansonsten grundverschieden belegt ist. Dreifach schnellere (serielle) Datenübertragung als bei der ST 506, dadurch dreifache Festplattenkapazität möglich.

SASI — Shugart Accociates System Interface, eine von Shugart entwickelte Schnittstelle für Winchester-Laufwerke; Vorläufer der SCSI-Norm

SCSI = Small Computer System Interface. Von der ANSI akzeptierte Standardschnittstelle für parallele Datenübertragung (8-Bit)

ST506 = Seagate Technologies. Das ST 506 war meines Wissen das erste Laufwerk von Seagate mit 5 MByte Kapazität, die hierzu entwickelte Schnittstelle (ähnlich der Shugart-Schnittstelle für Floppylaufwerke) wurde einfach als Standard übernommen.



Aus: ST-Computer 01 / 1988, Seite 54

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