Editorial - Im Zeichen der Messen


Der Weltraum — unendliche Weiten, Myriaden von Sternen, Galaxien entstehen und vergehen wieder. Ein jährlich wiederkehrendes Sternzeichen am Computerhimmel wird astrologisch repräsentiert durch ein großes „M“ mit einem Pfeil nach rechts (M— >). Im Lexikon der Computeroskopie findet sich dazu folgender Absatz: „...steht das in jüngster Zeit vor allem in Westeuropa und Nordamerika beobachtete Zeichen wahrscheinlich für „Zur Messe geht’s da lang“ oder „Massenhafte Volksbewegungen in dieser Richtung vermutet“. Die unter dem Einfluß dieses Sternzeichen Stehenden treten in der Regel mit wirrem Blick, körperlichen Gebrechen, Atemnot, zerschundenen Füßen und Quetschungen auf. Vereinzelte Exemplare scheinen auch unter Suchterscheinungen zu leiden, denen man in Fachkreisen den Namen „Datenreise-Syndrom“ gegeben hat...“.

Nach dem Messebesuch in London könnte man diesem Abschnitt noch folgenden Satz hinzufügen: „Die Krankheit breitet sich in Form eines Virus aus und ist unbedingt ansteckend“.

Zwei Messen haben wir in den letzten zehn Tagen hinter uns gebracht — die ATARI SHOW in Düsseldorf und die PERSONAL COMPUTER WORLD (PCW) in London. Unter dem direkten Eindruck dieser beiden Messen drängt sich vor allem der grundverschiedene Aufbau dieser beiden Shows auf. Die Unterschiede sind wohl am ehesten durch die gegensätzliche Bedeutung des Atari ST in der Bundesrepublik und in England zu erklären.

In der Bundesrepublik wurde der Atari ST bisher zu rund 80 Prozent mit monochromen Monitoren verkauft. Dies ist ein eindeutiges Zeichen dafür, daß der Rechner hier professionell oder zumindest semiprofessionell genutzt wird. In England ist es genau umgekehrt. Der Atari ST wird dort wegen seines - im Vergleich mit allen anderen 68000er Rechnern - sehr günstigen Preisen fast nur mit Farbmonitor verkauft und hat sich als DER Spielerechner für gehobene Ansprüche durchgesetzt.

Entsprechend ist es auch mit der Software. Die meisten „Inselbewohner“ sind, wenn schon Programmierer, dann in der Spieleproduktion tätig. Entsprechend groß ist die Anzahl der britischen Softwarehäuser, die fast nur Spiele anbieten. Gut ist auch die Qualität vieler englischer Spiele, z. B. Airball (Micro-Deal) oder Terrorpods (Psygnosis). Die Softwarehäuser Kuma und Meta-comco, die sich ausschließlich mit „ernsthaften Anwendungen“ befassen, sind im Vereinigten Königreich eher die Ausnahme.

Dies ist auch der Grund, warum es in puncto Anwendersoftware von der PCW fast kaum Neues zu berichten gibt. Die wirklich guten Programme sind in dieser Sparte im Moment sehr häufig „made in Germany“, d. h. schon bestens eingeführt. Zu sehen waren in London u. a. Programme wie GFA-Basic, Omikron-Basic, Signum! und Aladin. Deutlichstes Zeichen, wie stark ATARI auf den deutschen Programmierermarkt setzt, war die Zusage von Sig Hartmann (Atari USA) in Düsseldorf, den deutschen Softwarefirmen „...jede nur mögliche Unterstützung...“ zu geben, um ihren „...Produkten auch den amerikanischen Markt zu öffnen...“.

Hoffnung und Verheißung sind also wieder einmal die beiden Hauptwörter der neuen Saison. Hoffnung auch auf neue Anwenderprogramme, die -„made in Germany“ - auf der SYSTEMS 87 in München vorgestellt werden sollen. Unsere Tickets sind schon reserviert. Messezeit bedeutet (Daten-)reisezeit.

Harald Egel, Claus Peter Lippert



Aus: ST-Computer 11 / 1987, Seite 3

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