Atari in Großbritannien

Englisches Wetter für Atari

Amstrad sorgt für Turbulenzen im Höhenflug des ST

Hier bei uns war 1986 das Atari-Jahr, aber für Großbritannien traf dies nicht ganz zu. Die Herausforderung von Amstrad durch den neuen PC mit Werbekampagnen und Medien-Beeinflussung mag dazu beigetragen haben, zweifellos auch Personaländerungen auf höchster Ebene. Das Ergebnis war ein beträchtliches Durcheinander. Zeitweise war es so schlimm, daß sogar Atari selbst hinsichtlich des Geschehens verunsichert zu sein schien. Es hatte den Anschein, als ob praktisch eden Monat neue Modelle mit einer verwirrenden Reihe von Serien-Nummern angekündigt würden, von denen die meisten nie verwirklicht wurden. Im Januar war es der 1040 ST, während der noch relativ junge 260 ST herausgenommen werden sollte. Der März brachte zwei neue Modelle, den 520 ST und den 520 STFM. Im April sollte der 520 ST durch den 1040 STF abgelöst werden. Die Möglichkeit eines 32-Bit-ST als Konkurrenz zum Amiga wurde im Juni angedeutet. Im September folgte eine Ankündigung an den Handel mit den Modellen 2M, 4M, 2080 STS und 4160 STS und im November wurde vertraulich vorausgesagt, daß der 520 STEM (Sie erinnern sich an den März?) :m Januar erhältlich sein werde.

Unfair ist allerdings, daß man Amstrad zum Helden erklärte, während Atari als Amstrads einziger ernsthafter Konkurrent nur Tadel erntete. Schließlich hatte Amstrad die Existenz des PC 1512 derart massiv geleugnet, bis dann das neue Produkt doch erschien. Auch die Nachfrage nach den Hard-Disc-Modellen wurde derart falsch eingeschätzt, daß es zu einem sechsmonatigen Lieferverzug kam. Selbst auf der Personal-Computer-Weltshow im Olympia in London, wo Atari den bei weitem größten Stand mit 1000 m2 innehatte, den die Firma mit 40 Lieferanten aus angrenzenden Bereichen teilte, wurde Atari in den Schatten gedrängt. Es gab eine derart massive Werbung für den ersten Auftritt des PC 1512 von Amstrad, der genau einen Tag vor Eröffnung der Show auf den Markt gebracht wurde.

Vor der Show meinte Ataris derzeitiger Marketing-Manager, Bob Harding, man wolle beweisen, daß der ST ein vielseitiges vertrauenswürdiges Produkt sei. Atari werde in der Hauptsache nicht über die zukünftige Technologie sprechen, sondern über die Technologie, die sie bereits hätten. Betrachtet man die Produktionsverzögerungen beim PC 1512, ist dies eine tiefsinnige Aussage!

Ein riesiges Schild lud die Besucher ein, ”die Atari-Welt zu betreten”, und viele der Besucher folgten der Aufforderung. Man befand sich in einem "Dorf”, das gänzlich allen verschiedenen Produkten für die Atari-Computer gewidmet war, angefangen mit Spielen und Zubehör bis zu Handelsverpackungen und Büchern. Es waren einige der bedeutendsten Software-Hersteller vertreten. "Wild Bill” Stealey, der Direktor von Microprose war z.B. persönlich dabei. Er führte voller Begeisterung ein schwieriges Spiel für Erwachsene vor. Ein führender Journalist beschrieb den Atari ST als ”den Computer, der allen die Show stahl”. Trotzdem bleibt es eine Tatsache, daß auf der Show und während des ganzen Jahres Amstrad die Schlagzeilen galten. Wir werden sehen, ob 1987 Atari die Erfolge von vor zwei Jahren wiederholen kann - ein guter Start wäre der langerwartete 520 STFM.


Peter Cornforth
Aus: Atari-Magazin 02 / 1987, Seite 25

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