Interview zum HADES 040

Nach der überraschenden Vorstellung des neuen ATARI-Clones "Hades", einem Computer mit PCI-Bus-System und 68040-Prozessor, haben wir uns schnellstmöglich um ein Statement eines der Produzenten bemüht. Lesen Sie in diesem Interview alles über den aktuellen Stand der Dinge.

Eine der größten Messeüberraschungen war die Präsentation des HADES, einem ATARI-kompatiblen Computer, der in Zusammenarbeit der Firmen carasys, MEDUSA Computersystems und mw electronic konzipiert und erstellt wurde. Nähere Daten zum HADES finden Sie im proTOS'95 Messebericht doch die Hintergrundgeschichte zu diesem Superrechner wollen wir in einem kleinen Interview mit Herrn Becker (carasys) klären.

AI:
Herr Becker, soweit ich richtig informiert bin, ist es noch einige Weilchen vor der Messe unklar gewesen, ob das "Projekt HADES" wirklich realisiert würde. Ist die Entwicklung dieses Computers deshalb so lange Zeit geheim gehalten worden, weil Sie nicht genau wußten, wann ein Prototyp präsentierbar sein würde?

FB:
Der entscheidende Grund für die Geheimhaltung dieser Neuentwicklung war in erster Linie eine Frage des Marketings. Aus der Vorgehensweise anderer Firmen gelernt, wollten wir erst dann mit diesem Projekt an die Öffentlichkeit treten, wenn der erste Prototyp läuft und Fragen bzgl. Verkaufsstart oder VK-Preis geklärt sind. Die tatsächliche Entscheidung und damit der Beginn der Entwicklung des HADES war sehr spontan getroffen worden und liegt auch erst ein paar Wochen zurück.

AI:
Laut Ihren Werbeaussagen wird der HADES als kleiner Bruder des MEDUSA-Computers bezeichnet. Warum? Betrachtet man sich die technischen Daten und die Tatsache, dass der HADES ein kompletter PCI-Bus-Rechner ist, dann scheint mir dies gar nicht der Fall zu sein.

FB:
Als "Kleiner Bruder" sehen wir den HADES weil er dem User einerseits einen preiswerten Einstieg in die Rechnerwelt der 68040 Rechnergeneration von MEDUSA COMPUTER SYSTEMS bietet. Andererseits sind nicht alle Features der MEDUSA T40 beim HADES verfügbar. So wird der HADES zumindest beim Verkaufsstart keinen DMA- und VME-BUS haben. Auch der ROM-Port wird noch nicht vorhanden sein. Werden solche Schnittstellen benötigt, wird immer noch der MEDUSA T40 interessant sein. Außerdem kann der Kunde bereits mit 4MB Ram einsteigen, was geringe Geschwindigkeitseinbußen (ca. 40%) im Vergleich zur MEDUSA T40 zur Folge hat.

AI:
Kann man schon Genaueres zur Performance des HADES sagen? Die Tatsache, dass das komplette Board mit einem 32-Bit-Bus und einer 32MHz-Taktfrequenz ausgestattet sein wird ist sehr vielversprechend.

FB:
Generell kann gesagt werden, dass ähnliche Leistungsdaten wie bei der MEDUSA anstehen. Für die Techniker unter Ihren Lesern: Der 68040 bietet 26 MIPS und 4 MFLOPS. der 68O6~Prozessor, 100 MIPS und 10 MFLOPS.

AI:
Um es auch den technisch etwas weniger versierten Lesern unserer Zeitschrift zu verdeutlichen: Bedeutet die Tatsache, dass dies ein PCI-Bus-Rechner ist auch gleichzeitig, dass man z.B. handelsübliche PCl-Busgrafikkarten (z.B. für PCs) auch im HADES verwenden kann?

FB:
Ja. Dies war mit ein wichtiger Punkt bei der Entwicklung des HADES: möglichst große Kompatibilität zur "Massenhardware" der PC-Welt So kann der Käufer von dem großen Angebot in diesem Markt und damit dem günstigen Preis profitieren. Selbstverständlich muss auch erwähnt werden, dass eine entsprechende Treibersoftware vorhanden sein muss. Hier sind also die Programmierer gefragt. Von unserer Seite aus wird natürlich auch in Richtung Kompatibilität und Softwaretreiber gearbeitet, damit z.B. auch Netzanbindungen an gängige Netzwerke etc. geschaffen werden.

AI:
Dies ist eine sehr erfreuliche Tatsache, die sich zugegebenermaßen kostenminimierend auf die Anschaffung des Equipments auswirkt. Ist es absehbar, dass Sie auch eine DSP-Karte für den HADES entwickeln werden, so dass der Einsatz im Musikbereich möglich wird?

FB:
Zunächst arbeitet Fredi Aschwanden noch an den Feinheiten des Boards, so wie es jetzt vorgestellt wurde. Je nach Bedarf in dieser Richtung nach dem Verkaufsstart, wäre es denkbar, später eine professionelle Sound-Lösung via PCI-Bus zu schaffen.

AI:
Zu welchem Zeitpunkt rechnen Sie mit der Auslieferung der ersten Seriengeräte?

FB:
Wie bereits angesprochen wurde, wollten wir mit der Präsentation und der Veröffentlichung des HADES warten, bis ein Verkaufsstart feststeht. Dieser wird also im April 1996 sein. Bis dahin werden wir alle Interessenten mit einer regelmäßigen Mailingpost über den aktuellem Entwicklungsstand unterrichten. Um in den Verteiler für diese Mailings zu kommen, reicht eine kurze Mitteilung an uns unter der Telefonnummer 0681/967 290 oder Fax 0681/967 291 0 aus. Das nächste Mailing wird wahrscheinlich zeitgleich mit dem Erscheinungstermin dieses Interviews veröffentlicht.

AI:
Bis dahin werden wir uns zwangsgedrungen in Geduld üben und schließen das Gespräch mit der abschließenden Frage: Wie sind Sie auf den Namen HADES gekommen?

FB:
Begonnen hat die Namensgebung sicherlich mit der MEDUSA. Nach der griechischen Mythologie war HADES der Gott und Bewacher der Unterwelt in Form einer Wolfsgestalt.

AI:
Der "Wolf im Schafspelz also"! Vielen Dank für das Interview.

PS. Wie uns in letzter Sekunde von der Firma mw-electronic mitgeteilt wurde, bezieht sich der angepeilte Verkaufspreis von DM 3.400 nicht wie auf der Messe angekündigt, auf das einzelne Main-Board, sondern auf ein Komplettsystem mit Mini-Tower-Gehäuse, Harddisk, 4MB-Ram und PCI-Grafikkarte (1 MB)!



Aus: Atari Inside SH / 1996, Seite 40

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite