Packet Radio

Packet Radio, das bedeutet DFÜ per Funk. Wie Sie auf diesem Wege viele Telefon-Gebühreneinheiten sparen und dabei mit der ganzen Welt kommunizieren können, wird Ihnen dieser Artikel verraten.

Einleitung

Bis vor kurzem wäre dies ein Bericht über eine besondere Art von Funkern, über die Amateurfunker und deren Funk-DFÜ-Netz gewesen. Die Amateurfunker unterscheiden sich von ihren Kollegen auf dem CB-Band ("Jedermannsfunk", oft auch "Chaos-Band" genannt) durch ihre große Anzahl von Rechten: Sie müssen sich nicht um Posthörnchen scheren, dürfen basteln, experimentieren und auf einer großen Anzahl von Frequenzen funken. Doch vor das Funkparadies haben die Götter bzw. das Bundesamt für Post und Telekommunikation (BAPT) eine Lizenzprüfung gesetzt, die wegen ihrer hohen technischen Ansprüche auch nicht gerade jedermanns Sache ist.

Der Stand der Dinge

Im Oktober gab es dann eine kleine Sensation: Das BAPT erlaubte den CB-Funkern auf den Kanälen 24 und 25 den Betrieb von Packet Radio. Und jetzt, kurz vor Redaktionsschluss, gab es erneut eine Sensation seitens des BAPT: Ab 1.1.1996 (also in knapp einem Jahr) werden weitere 40 Kanäle freigegeben, darunter 3 Kanäle für Packet Radio. Es besteht also Hoffnung, dass sich auch auf CB eine kostenlose DFÜ-Welt für jedermann entwickeln wird.

Aber kehren wir wieder zu den Amateurfunkern und der notwendigen Hard- und Software zurück. Als erstes benötigt man natürlich einen Computer und ein Funkgerät. Dazwischen muss dann noch ein Funkmodem. Und hier ist eine Schwachstelle des Packet Radios auf dem Atari.

Die Konverter

Einmal gibt es die TNCs (Terminal Net Conroler). Sie besitzen schon einen Mikroprozessor und übernehmen vollständig die Aufbereitung für den Computer. Am Computer würde man nur noch ein Terminalprogramm, wie für Telefon-DFÜ, benötigen, was aber nicht so luxuriös ist. Man zieht hier spezielle Terminalprogramme für Packet vor. Eine andere Art von Funkmodems sind die sogenannten "simpelst Konverter". Hier wird nur das Allernotwendigste im Modem aufbereitet, den Rest muss die Software im Computer machen. Der große Vorteil ist, dass diese Modems billiger sind. Leider gibt es hierfür aber noch keine ausgereifte Software auf dem Atari. Mehrere Treiberprogramme werden zur Zeit entwickelt. Sobald sie stabil laufen und für jeden erhältlich sind, werden wir darüber wieder berichten.

Also leisten wir uns halt ein TNC und schließen es an eine serielle Schnittstelle des Ataris an. Wenn wir uns mit 1200 bzw. 2400 Baud begnügen wollen - es kostet ja nichts - schließen wir das TNC einfach noch an den Mikrofoneingang und Lautsprecherausgang des Funkgerätes an. Wer 9600 oder gar 19200 Baud erreichen will, muß sein Amateurfunkgerät umbauen. Aber auch hier experimentieren die Amateure an einem neuen Übertragungsprotokoll, denn der Umbau ist nur dazu da, mit 9600 bzw. 19200 Baud senden zu können. Da man in Mailboxen meistens empfängt und nur wesentlich weniger sendet, wäre ein Protokoll mit verschiedenen Sende- und Empfangsgeschwindigkeiten denkbar.

Das Telefonmodem

Wer ein Telefonmodem besitzt, weiß, dass er theoretisch mit jedem anderen Telefonmodem eine Verbindung aufbauen kann. Es wird immer automatisch die größte Geschwindigkeit, die beide Modems noch schaffen, gewählt. Zusätzlich sind sämtliche Übertragungsprotokolle genormt. Packet Radio wurde in seiner heutigen Form von Amateurfunkern, die gerne experimentierten, entwickelt. Deshalb muss man froh sein, dass sich wenigstens einigermaßen ein Standard-Protokoll durchgesetzt hat. Dennoch ist es hilfreich, wenn man ein paar EPROMs mit anderen Protokollen zur Hand hat.

Warum heißt Packet Radio Packet Radio

Ganz einfach: Alles wird in Datenpaketen übermittelt. Jedes Datenpaket enthält Prüfsummen, das Rufzeichen des Absenders und das des Empfängers. Dadurch kann eine Frequenz von mehreren Stationen gleichzeitig benutzt werden: Das TNC nimmt nur die Pakete an, die an seinen Besitzer adressiert sind. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Man kann sein TNC auch in einen Monitor-Modus schalten, damit alle Datenpakete angezeigt werden. So kann man mitlesen, wenn sich zwei seiner Freunde gerade über ein interessantes Thema unterhalten. Oder man kann sich sämtliche Pakete, die von einer Mailbox ausgesendet werden, in eine Datei schreiben lassen. Mit einem Programm, wie z.B. MonA-ST (Bild 1), kann man sich den riesigen Mitschrieb eines Tages sortieren lassen.

Und für was soll das gut sein? Ganz einfach: Viele Dateien, die man vielleicht auch möchte, werden mehrmals täglich von anderen Amateuren aus der Mailbox geholt. Und die häufige Überbelegung der Mailboxen und Digipeater führt zu einem starken Absacken der Geschwindigkeit - die 1200 Baud sind zur Übertragung von Programmen schon langsam genug. Hier kann es durchaus sinnvoll sein, sich die gewünschten Programme aus dem Mitschnitt zu extrahieren und nicht auch noch aus der Mailbox herauszuholen. Eine andere Benutzergruppe sind die Nicht-Amateure, die Aussendungen der Amateure, in diesem Fall derer Mailboxen, empfangen, aber selber nichts senden dürfen.

Die Kosten einer Funkanlage, um von München aus eine Mailbox in Hamburg oder gar in Amerika zu erreichen, würden natürlich nicht zu jedem Hobbygeldbeutel passen. Außerdem würde durch die vielen Störungen auf der langen Funkstrecke die Geschwindigkeit erheblich sinken. Deshalb hat man in jeder größeren Stadt einen sogenannten Digipeater auf einer UKW-Frequenz (im 70cmBand, 430-440MHz) aufgebaut. Die Digipeater sind untereinander auch mit Funkverbindungen auf noch höheren Frequenzen (23cm- Band, 1.26-1.3GHz) mit 9600 Baud und mehr - evtl. sogar über Amateurfunksatellit - verbunden. Diese hohen UKW-Frequenzen sind sehr störungsarm, ihre Reichweite ist aber gering, was ein dichtes Netz von Digipeatern notwendig macht. Es genügt nun, den nächsten Digipeater zu erreichen. Dann kann man sich von Digipeater zu Digipeater bis zu seiner Zielmailbox weiterverbinden lassen. Wenn man z.B. eine Verbindung von Ulm mit einem Funkfreund in Göppinia 2gen haben möchte, so tippt man "c DH3SBW v DB0AAL v DBOLAI v DB0RBS v DB0ID v DB0GPP" ein. "c" steht für connect, DH3SBW ist das Rufzeichen des Funkfreundes, "v" steht für via, DB0AAL ist ein Einstiegsdigi in Ulm, DBOLAI, DB0RBS und DB0ID sind Digipeater auf dem Weg und DB0GPP ist der Einstiegsdigipeater des Funkfreundes in Göppingen. Um sich einen Verbindungsweg zu suchen, gibt es s.g. Linkkarten.

Bild 2 zeigt aus so einer Karte einen Ausschnitt. Nachdem man sich etwas eingearbeitet hat, kommt man mit ihnen, nach anfänglicher Verwirrung, sehr gut zurecht. Interessant sind auch sogenannte "Gateways", mit denen man in andere Netze, z.B. das Internet kommt. Doch leider ist das Errichten und Benutzen solcher Gateways in Deutschland verboten.

Und Funksoftware für den Atari?

Die gibt es zum Glück zum größten Teil als PD, Free- oder Shareware. Und dazu hat sich Reinhard Spangehl, DL2LAS, die Mühe gemacht, sämtliche Atari Amateurfunk Free- und Shareware zu sammeln und in einem kostenlosen (!) PD-Service zu verbreiten! Das ist unseres Wissens einzigartig in der Computerwelt. Und da die Programme zum größten Teil auch noch sehr gut sind, Zieht es neidische Blicke aus der DOS-Welt auf sich. Hier noch einmal ein Dank im Namen aller Anwender an Reinhard Spangehl und seine Helfer. Und natürlich auch noch ein Dank an die Autoren der Programme. Im Folgenden sollen 2 Programme für Packet Radio noch etwas näher vorgestellt werden: PacketMaster und DP.

PacketMaster

Zum Test lag mir die Version 3.1 vor. In dem README.TXT erfährt man dann, dass dem PacketMaster keine Anleitung mehr als ASCII-Text, sondern in Form von TEX-Dateien beiliegt. Was dem Nicht-TEX-Besitzer zum Nachteil wird, ist dem TEX-Besitzer von Vorteil: Nach dem Ausdruck auf einem Laserdrucker ergibt sich ein Handbuch, das in seiner Qualität das Handbuch von so manchem kommerziell vertriebenen Programm in den Schatten stellt. Und auch am Inhalt gibt es nichts zu bemängeln: Der Anfänger wird gut in das Programm und nebenbei noch etwas in die Grundlagen von Packet Radio eingeführt.

Aber nur zum Programm: Es läuft leider nur in ST-Hoch. Nach dem Start erscheint erst einmal ein hübsches Begrüßungsbild (Bild 3) und dann der Arbeitsbildschirm (Bild 4). Er wurde gut durchdacht und zeigt stets alle wichtigen Informationen. Die Bedienung ist anfangs etwas schwierig, da auf eine Menüleiste verzichtet wurde, geht später aber flott. Nicht nur für den Anfänger interessant ist die Möglichkeit, im Programm eine Zinkkarte aufrufen zu können (Bild 2).

Natürlich besitzt PacketMaster auch eine kleine Mailbox, in die Funkfreunde in Abwesenheit des Besitzers Nachrichten hinterlassen, und Dateien senden oder empfangen können. Auch kann man PacketMaster vollkommen fernsteuern.

Eine gute Idee war das beiliegende Accessory Packet ACCess, das in der Version 1.0 vorliegt. Es handelt sich hierbei um eine abgespeckte Version von PacketMaster, die als Accessory läuft und somit stets zu Diensten steht.

FAZIT

Im ganzen kann man PacketMaster wegen seines ausgezeichneten deutschen Handbuches, das man bei den Autoren auch für 40 Mark gedruckt bekommen kann, und seines übersichtlichen Funktionumfanges Anfängern empfehlen. Aber auch die Tatsache, dass PacketMaster keine Festplatte verlangt und Packet ACCess als Accessory läuft, ist für den Profi interessant.

DigiPoint (DP)

DP ist ein extrem umfangreiches und mächtiges Packet Programm. Nach der Installation belegte DP auf meiner Festplatte 2.3 MB. Ein Arbeiten mit Disketten ist somit nicht mehr sinnvoll. Was des Profis Freude, ist des Anfängers Leid: Ein Einsteiger wird von dem Funktionsumfang beinahe erschlagen. Dazu kommt, dass nur ein englisches Handbuch als ASCII-Text beiliegt. Dafür hat DP eine ausführliche deutsche Online-Hilfe. Diese liegt aber gepackt vor, was zu unangenehmen Entpackzeiten führt. Desweiteren braucht DP relativ viel Arbeitsspeicher, was bei 1 MB Rechnern immer wieder mal zu der Meldung "Nicht genug Speicher" führt.

Aber nun genug der Kritik.

DigiPoint ist voll in das GEM eingebunden (Bild 5), es läuft somit auf allen Ataris in allen Auflösungen. Besonderer Erwähnung bedarf auch die Mailbox, die extrem umfangreich ist (Bild 6). Auch der Satelliten-Tracker glänzt in GEM (Bild 7).

FAZIT

DigiPoint ist ein Muß für alle Packet Radio Profis auf dem Atari. Für Anfänger ist es meiner Meinung nach zu umfangreich und vor allem wäre hier eine deutsche Anleitung wünschenswert. Aber da beide Programme PD sind, kann sich jeder Packet-Interessierte beide besorgen und dann selber sein Lieblingsprogramm auswählen.

Informationen DeutscherAmateur-Radio-Club e.V (DARC)

Postfach 1155

34216 Baunatal



Aus: Atari Inside 03 / 1995, Seite 37

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